23. Jahrgang | Nummer 26 | 21. Dezember 2020
SCHNEEFELD
von Henry-Martin Klemt Für Rita Den schwarzen Schnee. Den weißen. Und den roten. Ich kenne jeden, auch den aschegelben. Den Schnee der Lebenden und den der Toten. Die gleichen Flocken, aber nie dieselben. Schnee meiner Kindheit, erster Liebe Schnee, in … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 25 | 7. Dezember 2020
Wenn sich die Zeiten neigen
– Für Jens Gerlach
von Henry-Martin Klemt Winter 1947/48 Morgens, vier uhr: vertrautes dämmern überm fischmarkt: minus zwanzig grad. Mein vater sagt: der waggon. Steht draußen: vierzig kisten holen. Die kisten müssen raus: es wird hart, junge… wir stehen vorm waggon, reißen die schwere … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 22 | 26. Oktober 2020
Früher Walzer
von Henry-Martin Klemt Sie üben die Gesten, die Schritte, den Blick, spieln mit andern und spielen mit sich. Dabei falln sie herein auf den uralten Trick des Toreros und fangen den Stich. So erfahrn sie von einem zum anderen Mal, … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 17 | 17. August 2020
FREUNDLICHES LIED
von Henry-Martin Klemt Lass uns was zusammen machen, Buden bauen oder Drachen, nackt mit Wasser uns bespritzen, nachts am Lagerfeuer sitzen und den Sternenspuren folgen durch die Länder, übers Meer. Lass uns was zusammen machen, stärker werden mit den Schwachen, … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 14 | 6. Juli 2020
Mitsommerliches Lied
von Henry-Martin Klemt Nun wird’s immer früher schon dunkel. Das war heut die kürzeste Nacht des Jahres. Im Sternengefunkel hab ich wie ein Fremder gelacht. Hier hüten die Wölfe die Schafe. Auf glühenden Kohlen der Bär tanzt zwischen Belohnung und … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 13 | 22. Juni 2020
JUNIBAND
von Henry-Martin Klemt Dem Klatschmohn folgen wir auf alten Straßen nach Norden. Erinnerst du dich, wie uns die Führer verrieten an den Hunger, die Angst? Die Grenzen öffneten sich. Aus den Wahlurnen hüpften der Neid, die Häme, die Gier, um … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 11 | 25. Mai 2020
GEWÖHNUNG
von Henry-Martin Klemt Gewöhnst du dich an die Liebe, gewöhnt sich die Liebe an Dich. Sie öffnet die Fenster zur Welt. Sie öffnet den Sorgen die Tür, vervielfacht das Leben. Sie meint nur dich und niemals nur dich. Was du … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 6 | 16. März 2020
Tasche voll Nacht
von Henry-Martin Klemt Mit meiner Tasche voll Nacht in der Hand schloß ich die Tür und machte mich auf den Weg. Die Straßen rollte ich vor mir aus. Der Quelle zwischen meinen Schlüsselbeinen entsprang ein Rinnsal, wurde Fluß, der Geröll … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 5 | 2. März 2020
Wo ich ende, bist du mein Beginn
von Henry-Martin Klemt Den Puhdys gelang 1976 ein Mitsinge-Hit. „Alt wie ein Baum möchte ich werden, genau wie der Dichter es beschreibt“, hatte Burkhard Lasch der Band getextet – und sich dabei an ein Gedicht von Louis Fürnberg (1909 bis … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 3 | 3. Februar 2020
Para la guerra nada
von Henry-Martin Klemt Für die Liebenden die Sterne. Für den Suchenden den Weg. Für die Unrast eine Ferne und ein Haus, wo sie sich legt. Einen Bahnhof für die Züge, die uns tragen in die Welt. Für die Hoffnung ohne … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 2 | 20. Januar 2020
Nachtbar nach Sonnenaufgang
von Henry-Martin Klemt Das sind die großen Kinder, die manchmal auf die Welt geworfen werden. Die alles durchschauen und gar nichts verstehen. Die ihr Spielzeug an die Wand schmeißen und Liebe verlangen, aber sie kriegen nur ein neues Toy in … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 1 | 6. Januar 2020
Zeit für Gundermann in Europa
von Henry-Martin Klemt Es ist an der Zeit für Gundermanns Lieder. Für seine einzigartige Poetik, in der sich Vorstellung, Verantwortung und Vision verbinden, seine Weltschau, die auf Versöhnung des Menschen mit dem Menschen und des Menschen mit der Natur – … Weiterlesen
22. Jahrgang | Nummer 19 | 16. September 2019
BEGINNENDES LIED
von Henry-Martin Klemt … denn meine Liebe allein ist kein Beweis. Volker Braun Wo andre Häuser bauten, hab ich mich gesehnt als dunkler Vogel über ihre Stadt zu fliegen, und wo die Jäger standen, an den Baum gelehnt, wollt ich … Weiterlesen
22. Jahrgang | Nummer 2 | 21. Januar 2019
Geständiges Lied
von Henry-Martin Klemt Ist nicht alles, was wir lieben, nur ein großes Funkenstieben einer Lok aus Kindheitstagen, ohne Ziel und ohne Wagen? Alles, was ich dir geschrieben, schrie: Ich wäre gern geblieben Funken, Feuer, Kohle, Holz, Baum, schon vor Millionen … Weiterlesen
21. Jahrgang | Nummer 20 | 24. September 2018
Bemerkungen
Elfter September Wie hat mein Kinderherz vor Hass gebrannt als die Moneda brannte, und Allende, wir waren doch einander gut bekannt, sprach noch einmal zu mir vor seinem Ende. Da waren Orte: Vietnam, Griechenland und Chile, die ich von der … Weiterlesen
21. Jahrgang | Nummer 17 | 13. August 2018
Schwimmendes Lied
von Henry-Martin Klemt Durch Moskau schwimmen drei Fische im Regen. Sind dort die Mädchen noch immer so schön wie ihre Mütter es waren, weswegen wir diese seltsamen Fische gesehn? Oder vergaß der Arbat seine Lieder, etwa die Herzenstraße gar mich? … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 25 | 4. Dezember 2017
LIED DER MATROSEN
von Henry-Martin Klemt Der Rücken ist krumm. Nach Salz schmeckt das Meer. Woran du jetzt denkst, ist so lange her. Die Planken sind alt und leer das Geschütz. Jetzt ist nur noch dreckiger Schaum in der Pütz. Und ob es … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 16 | 31. Juli 2017
Wiener Lied
von Henry-Martin Klemt Wien hatte lange gewartet auf uns mit Naschmarkt und Cello am Graben. Das Schönste vom Schönen hat längst sich verkauft. Nur Wien ist für alle, nur Wien ist für alle, für alle und keinen zu haben. Sissi … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 10 | 8. Mai 2017
Ballade von der Heimkehr
meines Vaters aus dem Krieg
von Henry-Martin Klemt Für Johannes und Vera Als mein Vater glaubte, es wär Zeit, kroch er heimlich durch den Stacheldraht. Rigas Trümmer warn nicht mehr verschneit. Manche Felder trugen junge Saat. Und er lief, wie er noch nie gelaufen zwischen … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 8 | 10. April 2017
Bleibendes Lied
von Henry-Martin Klemt Zähle nicht die Stufen. Zähle nicht die Schritte. Zähle nicht die Jahre. Es gibt kein Zuviel. Frage die Gezeiten nach der goldnen Mitte, Frühling, Sommer, Herbst und Winter nach dem Ziel. Wie die Dünen wandern, wie die … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 7 | 27. März 2017
Heldisches Lied
von Henry-Martin Klemt Gestern ist mein letzter Held gegangen, blies die Luft aus und ist abgetaucht. Weiß nicht mehr, wann hat es angefangen, dass ich ihn geliebt hab und gebraucht. Manchmal istʼs ein Klang nur, eine Zeile, die uns trifft … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 6 | 13. März 2017
„Kein leichtes Land…“ Ein Äthiopien-Tagebuch
von Wolfgang Brauer Seit Ende 1976 entwickelte sich die Zusammenarbeit zwischen der DDR und Äthiopien intensiv. Man versuchte alles, um dessen afrikanischen Sozialismus-Versuch zum Erfolg zu verhelfen. Das Land wurde wichtig auch für den Einsatz von FDJ-Freundschaftsbrigaden. Im September 1987 … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 3 | 30. Januar 2017
Einfaches Lied
von Henry-Martin Klemt Wenn Mauern brechen und wenn Planken faulen, bleibt Sand, bleibt Meer. So einfach lasse ich mich nicht vergraulen und irgendwer kommt doch gegangen oder angeschwommen. Vielleicht bist duʼs. Hast du das Leben dir noch nicht genommen, dann, … Weiterlesen
19. Jahrgang | Nummer 20 | 26. September 2016
ELFTER SEPTEMBER
von Henry-Martin Klemt Wie hat mein Kinderherz vor Hass gebrannt als die Moneda brannte, und Allende, wir waren doch einander gut bekannt, sprach noch einmal zu mir vor seinem Ende. Da waren Orte: Vietnam, Griechenland und Chile, die ich von … Weiterlesen
19. Jahrgang | Nummer 11 | 23. Mai 2016
Brandenburg
von Henry-Martin Klemt Heimat ist blau und grün. In ihre Seen legt sich der Himmel zur Ruhe. In ihren Flüssen schwimmen die Tage zum Meer. In ihren Wäldern liegen Schätze vergraben. Kindheit rauscht in den Kronen. Weil ich nicht fliegen … Weiterlesen
19. Jahrgang | Nummer 10 | 9. Mai 2016
Das Jahrtausend begann
von Henry-Martin Klemt DAS JAHRTAUSEND BEGANN an einem Tag, als rings die Vaterländer nach Menschenrechten in der fremden Erde bombten. Die Steinkadaver von einst Guernica, Dresden, Hiroshima waren abgefallen von meiner Zeit, zur trocknen Lehre geschrumpft: Dieses war und … Weiterlesen
19. Jahrgang | Nummer 7 | 28. März 2016
UND DAS
von Henry-Martin Klemt und das war angst und war daraus erwachen und raserei gerann und zeit blieb stehn und das war süßes weinen bittres lachen und atemloses sich im kreise drehn und das warn hände die nach allem greifen und … Weiterlesen
18. Jahrgang | Nummer 25 | 7. Dezember 2015
BAHNHOF FÜR ZWEI
Für Eldar Rjasanow (18.11.1927 – 30.11.2015)
von Henry-Martin Klemt Von Westen nach Osten, die Züge fahrn, von Osten nach Westen, vorbei, begegnen einander und halten doch nie an auf dem Bahnhof für zwei. Wo sie einander begegnen, schlägt die doppelte Peitsche aus Licht heraus aus der … Weiterlesen
18. Jahrgang | Nummer 22 | 26. Oktober 2015
Bemerkungen
Keuners Enkel Der Enkel von Herrn Keuner wird von einem Journalisten gefragt, wie seine Bilanz nach 25 Jahren deutscher Einheit denn nun ausfalle. O, sagt der Enkel von Herrn Keuner, ich bin höchst zufrieden. Alle Urteile, die ich mir in … Weiterlesen
18. Jahrgang | Nummer 21 | 12. Oktober 2015
Postkommunistisches Sonett
von Henry-Martin Klemt Kein Gott, kein Kaiser… und schon kamen wir ins Stottern. Wir wussten doch: Die Sache ist nicht schlecht und wenn sie Kommunisten nicht verlottern, dann werden alle endlich frei sein – und gerecht. Das ist so schwer … Weiterlesen
18. Jahrgang | Nummer 17 | 17. August 2015
Sommer-Lied
von Henry-Martin Klemt Wie ein Sturmball wird die Sonne aufgezogen und die Flut spült die zerbrochnen Schiffe an, tote Seelen, um ihr Paradies betrogen. Länder brennen vor und hinterm Ozean. Der Asphalt klebt fest an den Allwetterreifen. Langsam rollt mein … Weiterlesen
18. Jahrgang | Nummer 15 | 20. Juli 2015
EUROPA
Europa, meine Schöne, so ist die Macht gestrickt: Ein Tier hat dich genommen, damit ein Gott dich fickt. Die Leidenschaft des Stieres so stark und sprungbereit: nur Taschenspielereien der satten Eitelkeit, der Heimat dich zu rauben aus Geilheit und aus … Weiterlesen
18. Jahrgang | Nummer 9 | 27. April 2015
Flüchtiges Lied
von Henry-Martin Klemt Die Straßen der Welt sind so lang, besonders die fremden. Wir wechselten öfter das Land als unsere Hemden. chorus: Ruh aus, Cyprien, und nimm meine Hand. Die Wüste, der Hunger, das Meer und Salz in der Kehle … Weiterlesen
18. Jahrgang | Nummer 5 | 2. März 2015
Zuschauendes Lied
von Henry-Martin Klemt Wir, die uns an grauen Mauern stießen, sind in bunter Ödnis aufgewacht, lernen es, die Fremde zu genießen. Unsre Heimat sind die Züge in der Nacht. Wir, die uns erkennen als Gespielen aus den Märchen hingeflossner Zeit, … Weiterlesen
16. Jahrgang | Nummer 26 | 23. Dezember 2013
Therapie
„Gedichte entstehen aus der Untröstlichkeit“ Paul Wiens von Henry-Martin Klemt Ich habe viele therapeuten behandelt. Ich habe sie behandelt, wie jemanden aus der familie. Aus der kaputten familie. Aus der explodierten familie, deren teile über die welt verstreut wurden. Ohne … Weiterlesen
16. Jahrgang | Nummer 23 | 11. November 2013
Vera Lied
von Henry-Martin Klemt Dort, wo ich mit Mama geträumt habe: Du kommst zur Welt, da waren die Straßen kaputt und die Felder bestellt. An Brot wird’s nicht fehlen, an Freundlichkeit, Wärme und Licht. Dort warn wir zu Hause, ein anderes … Weiterlesen
16. Jahrgang | Nummer 12 | 10. Juni 2013
Babyfotos in der Zeitung
von Henry-Martin Klemt Fast in jeder Ausgabe in unserer Wochenzeitung Der Blickpunkt haben wir Fotos von Babys, die im Klinikum Frankfurt-Markendorf zur Welt kamen. Wer schaut sich solche Bilder an? Natürlich die Mütter und Großmütter, die Väter und Großväter, sicher … Weiterlesen
15. Jahrgang | Nummer 11 | 28. Mai 2012
So weit das Auge reicht
von Henry-Martin Klemt 1826 nahm Joseph Nicéphore Niépce von seinem Arbeitszimmer aus das erste bekannte Foto der Weltgeschichte auf. Acht Stunden Belichtungszeit auf einem fotochemischen Träger aus Asphalt auf einer Zinnplatte. Entwickelt wurde diese Heliographie mit Lavendelöl und Petroleum. Der … Weiterlesen
14. Jahrgang | Nummer 22 | 31. Oktober 2011
HERBST-LIED. Nach Rilke
von Henry-Martin Klemt Herr, es ist Zeit. Sehr frei. Und heiß. Und gut. Wir haben selbst uns auf dem Rost gewendet und unser Fett verschwendet an die Glut. Was hier nicht reifte, wird herangefahren von Süd nach Nord und stündlich, … Weiterlesen
Des Blättchens 4. Jahrgang (IV), Berlin, 15. Oktober 2001, Heft 21
Countdown
von Henry-Martin Klemt Die Wahl von Afghanistan als Hauptfeind kommt nicht von ungefähr. Politische Verbündete haben die Taleban praktisch nicht. Ihr Regime ist mit allem überworfen, womit es sich überwerfen läßt. Die Zerstörung von Weltkulturerbe, die Verletzung der Menschenrechte, insbesondere … Weiterlesen