Im Heizungskeller der Betrunkene,
der sich anschnauzen läßt,
herzerwärmend, ist vielleicht
ein Dichter. Der Totengräber ein
Philosoph, der sich aus Giftschränken
nährt und ahnt, was Leben hätte
gewesen sein können, im Schatten
der Trauergemeinde. Die schwangere
Gärtnerin zwischen Kohlrabi und
Astern auf ihrem ungepflasterten
zweiten Bildungsweg riecht Frühling
im schwelenden Herbst. Kirchen sind
lange schon Gottes exterritoriales
Gelände. Er spielt seinen langhaarigen
Kindern den Blues, an den sie
leichter glauben können als an ihn,
während Ernteschlachten geschlagen
werden und Pläne übererfüllt an den
Kampfplätzen himmlischen Friedens.
Dieses Fresko erklärt sich keinem
von selbst und der andere Flügel
gilt als verschollen vorerst. Der
Museumsführer zeigt auf Gesichter,
seltsam verdrehte Arme und Beine,
deutet freundlich die Blicke aus
versteinerten Augen. Sagen wird man
über unsre Tage, daß sie gezählt
waren. Ob erfaßt oder nicht: Sie
gingen vorbei, wie Besucher an diesem
Altar ohne Helden, ohne Ruhm, der hier
stehen könnte, wo aber immer noch
Pergamon steht.
Januar 2022
Schlagwörter: Henry-Martin Klemt, Museums Insel