von Henry-Martin Klemt
Herr, es ist Zeit. Sehr frei. Und heiß. Und gut.
Wir haben selbst uns auf dem Rost gewendet
und unser Fett verschwendet an die Glut.
Was hier nicht reifte, wird herangefahren
von Süd nach Nord und stündlich, Sack um Sack.
Der Mensch. Der Held. Nach zehn Millionen Jahren
kann er schon saufen aus dem Tetrapack.
Wer hier ein Haus baut, lebt auch auf Kredit,
und wer kein Dach kriegt, muss den Himmel tragen.
Den Donner hat der Blitz noch nie erschlagen.
Wer einsam bleibt, weiß, dass ihm Recht geschieht.
Er wird, wenn wir längst schlafen, ohne Ruh
aus dem Papierkorb unsre Lügen klauben.
Mit denen deckt er bis zum Hals sich zu.
Sie wärmen ihn. Er braucht sie nicht zu glauben.
Die Briefe, die er schreibt, schickt er nicht los.
Es fehlen das Kuvert ihm und die Marken.
Er schreibt sie nicht einmal. Sein Kopf ist groß.
Die wirren Sätze können darin parken.
Nur seine Finger wandern hin und her
auf den vom ersten Frost bemalten Scheiben,
bis ihn die Hunde früh um sechs vertreiben.
In den Alleen siehst du ihn nicht mehr.
(Mit freundlicher Genehmigung des Autoren entnommen aus: Henry-Martin Klemt, Was ich will – Lieder und andere Begegnungen, Publishers, Frankfurt/Oder 2008.)
Schlagwörter: Henry-Martin Klemt, Herbstlied