Sie üben die Gesten, die Schritte, den Blick,
spieln mit andern und spielen mit sich.
Dabei falln sie herein auf den uralten Trick
des Toreros und fangen den Stich.
So erfahrn sie von einem zum anderen Mal,
was sie wollen und wer sie nicht sind.
Doch dann ist es schon wieder, als gäb’s keine Wahl,
und die Liebe, die Liebe macht blind.
Wenn sie weinen, wird’s besser. Sie stellen sich tot,
wie die Dame, die umfällt beim Schach.
Schwarz und Weiß und darüber im triefenden Rot
kommt die Sonne gerutscht übers Dach.
So erfahrn sie von einem zum anderen Mal,
was sie wollen und wer sie nicht sind.
Doch dann ist es schon wieder, als gäb’s keine Wahl,
und am Ende schreit schließlich ein Kind.
Hören nicht, was sie hörn, sehen nicht, was sie sehn,
wollen nur, daß sie jemand versteht,
und das Schlimmste von allem, was sie nicht verstehn,
ist der Wind, wenn er plötzlich sich dreht.
So erfahrn sie von einem zum anderen Mal,
was sie wollen und wer sie nicht sind,
und dann ist es schon wieder, als gäb’s keine Wahl.
Etwas endet und etwas beginnt.
Alles Heute ist Zufall, doch morgen ist Kunst.
Was danach kommt, weiß keiner genau.
Nur ein Traum geht davon und verschwindet im Dunst,
und heraus tritt ein Mann, eine Frau.
Manchmal fassen zwei Alte sich noch bei der Hand,
denn dem Abend folgt langsam die Nacht.
Sie wolln nur noch, was einer im anderen fand,
und die Liebe, die macht, was sie macht.
September 2020
Schlagwörter: Henry-Martin Klemt