Mit meiner Tasche
voll Nacht in der Hand
schloß ich die Tür und
machte mich auf
den Weg. Die Straßen
rollte ich vor mir aus.
Der Quelle zwischen meinen
Schlüsselbeinen entsprang
ein Rinnsal, wurde Fluß,
der Geröll vor sich her
schob wie etwas, das
vergessen sein sollte: daß du
nicht nur Abschied warst,
auch Ankunft, nicht nur
Traum, auch Wirklichkeit.
Wir saßen an einem Tisch.
Wie Essen und Trinken
warst du. Wir lagen im
Gras, du warst wie
Hunger und Durst, als ich
lächelnd das Dunkel
zu sammeln begann auf
unseren Höhlenflügen. Jetzt
presse ich die Tasche
an mich, schiebe sie unter
den Kopf, wenn ich schlafe,
lasse sie nicht aus den
Händen. So haben die Hände
zu tun. Die Finger entgleisen
mir nicht, wie trostlose Züge,
denen sich ein verrückter
Baum in den Weg wirft. (Draußen
weht der Wind, aber wo
ist Draußen?) Jetzt
fehlen noch Schiffe und Meer,
die mir sagen könnten: Ich bin
weit genug weg von dem
Schornstein ohne Rauch, dem
Rauch ohne Feuer, dem
Feuer ohne Wärme, das
wie ein Buschbrand durch
die Städte rast. Ich sehe mich
um, als hoffte ich, daß jemand
mir die Tasche entreißt, daß
die Nacht zu Boden sinkt, während
wir kämpfen um sie. Die Wüste
fehlt jetzt noch, die sagenhafte,
voller Reiter und Rosen aus
Sand, die mir erzählen, daß
ich weit genug weg bin, mich
in die Nacht hüllen kann oder
sie ausbreiten mitten im
Nichts, für ein Mahl mit
Niemand, und ich bewirte
uns mit unseren tausend
Namen, die wir uns gaben,
bevor ich ging.
Februar 2020
Schlagwörter: Henry-Martin Klemt