Ich muss noch einmal auf die Reise gehn
von mir zu mir, um heimzukommen,
von bösen Riesen und von guten Feen
gejagt und in den Arm genommen.
Mein Schatten lehnt noch an der Kellerwand.
Hilft mir, die Leichen rauszutragen.
Die haben auch ein Stückchen Heimatland.
Dort werde ich sie jetzt begraben.
Die Brücken lass ich stehen hinter mir.
Sind noch so viele auf dem Wege.
Ich steige auf mein Schiffchen aus Papier,
wo ich mich in die Koje lege.
Mein Notquartier, mein Admiralspalast,
zum Sterben schön und zum Verlieben.
Vom Kiel hab ich es bis zum höchsten Mast
bis heut mit eigner Hand beschrieben.
Damit ich lesen kann, wer mich verstieß
und wer mich jämmerlich verraten,
wer mich geliebt hat und dann doch verließ
und wie ich warten lernte, warten.
Wer mich erkannte und wem ich vertraut,
wohin mich führten all die Straßen.
Wann wir den Baum gepflanzt, das Haus gebaut
und mit dem Sohn am Feuer saßen.
Und was ich aufzuschreiben nicht vermocht,
steht trotzdem zwischen meinen Zeilen,
wie ich mit Freunden wie mit Feinden focht
und Wunden schlug, die nicht verheilen.
Hier sang ich leise den Piratenblues,
wenn es auf Biegen ging und Brechen.
Auf meine Narben ließ ich mir Tattoos
mit Anker, Herz und Rose stechen.
Hier kann ich Sterne sehn. Das Meer hält still.
Der Sturm ist Herr. Der Wind ist Diener.
Doch jeder Mann, wenn er nach Hause will,
muss durch die Straße von Messina.
Als Souvenir bring ich ein Zähnchen mit.
Das hat sich Skylla ausgebissen
als ich mit meinem Schiff vorüber ritt.
Mehr wollt ihr gar nicht davon wissen.
Ich muss noch einmal auf die Reise gehn
von mir zu mir, um heimzukommen,
von bösen Riesen und von guten Feen
gejagt und in den Arm genommen.
(Juli 2021)
Schlagwörter: Gedicht, Henry-Martin Klemt, Lied, Papierschiffchen