27. Jahrgang | Nummer 20 | 23. September 2024
Poem
von Selma Merbaum Die Bäume sind von weichem Lichte übergoßen, im Winde zitternd, glitzert jedes Blatt. Der Himmel, seidig-blau und glatt, ist wie ein Tropfen Tau vom Morgenwind vergoßen. Die Tannen sind in sanfte Röte eingeschloßen und beugen sich vor … Weiterlesen
27. Jahrgang | Nummer 18 | 26. August 2024
Pas de deux
von Henry-Martin Klemt Sie warten draußen. Ich weiß. Sie lassen den Motor laufen und die Lichter brennen. Wir könnten ihnen Kaffee hinunterbringen. Hinterher, Liebster, vielleicht. Wilde Vögel stürzen durch das Blätterdach. Der Mond hat eine offene Luke entdeckt am Giebel. … Weiterlesen
27. Jahrgang | Nummer 18 | 26. August 2024
Vorahnung
von Renate Hoffmann (für E. P.) Wolken ziehn, Winde wehn, Felder liegen leer und still. Die Schwalbe und der Star finden sich zur Schar. Irgendetwas treibt sie um, und sie wissen nicht warum. Lockt der Süden schon als Ziel? Ach, … Weiterlesen
27. Jahrgang | Nummer 13 | 17. Juni 2024
Schöne Junitage
von Detlev von Liliencron Mitternacht, die Gärten lauschen, Flüsterwort und Liebeskuss, Bis der letzte Klang verklungen, Weil nun alles schlafen muss – Flussüberwärts singt eine Nachtigall. Sonnengrüner Rosengarten, Sonnenweiße Stromesflut, Sonnenstiller Morgenfriede, Der auf Baum und Beeten ruht – Flussüberwärts … Weiterlesen
27. Jahrgang | Nummer 10 | 6. Mai 2024
Bemerkungen
Abrüstung Im Vorwort des von der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegebenen „Atlas der Abrüstung. Daten und Fakten gegen die Kriege von heute und morgen“ heißt es: „Siege für den Frieden waren stets hart erkämpft. Hieran erinnerte UN-Generalsekretär António Guterres auf der Genfer Abrüstungskonferenz … Weiterlesen
27. Jahrgang | Nummer 10 | 6. Mai 2024
Fluch des Frühlings
von Rainer Maria Rilke Zugleich mit Sonnenschimmer, mit Blüte, Sang und Bach, da werden leider immer viele Dichterlinge wach. Ein mächtiger Gedanke Lässt sie nicht ruhn, o Graus, sie graben aus dem Schranke die alte Leier aus. ‘s will sie … Weiterlesen
27. Jahrgang | Nummer 7 | 25. März 2024
Der Regenbogen
von Renate Hoffmann Am letzten Mittwoch, ungelogen, sah ich den ersten Regenbogen. Anfangs wölbte er nur sachte, als ob er sich Gedanken machte, wo soll der Bogen denn beginnen, von außen oder doch von innen? Oder aus der Mittellage? Stehn … Weiterlesen
26. Jahrgang | Nummer 19 | 11. September 2023
Septembertage
von Renate Hoffmann Braune Früchte fallen von allen Bäumen, die Kastanien heißen. Auf leisen Sohlen kommt der Herbst daher. Er schiebt ganz unverhohlen Astern und Gladiolen vor sich her, als wär der Sommer noch in lichtem Glanze. Das Ganze ist … Weiterlesen
26. Jahrgang | Nummer 19 | 11. September 2023
Haltendes Lied
von Henry-Martin Klemt Was ist es denn, was uns hier hält mit allen unsren Klagen? Der Himmel könnte doch sein Zelt uns überall aufschlagen. Die Bäume laufen nicht davon. Sie wachsen und sie reden und werfen lange Schatten schon auf … Weiterlesen
26. Jahrgang | Nummer 8 | 10. April
FRÜHLING ODER WAS
von Blanche Kommerell Du fragst was heißt denn Frühling in dieser Welt der Kriege der Unsicherheit all wo auf unserer Erde was So sage ich dir nicht nur die Glöckchen unterm Schnee die Vögel im Gestrüpp die rote Sonne über … Weiterlesen
26. Jahrgang | Nummer 5 | 27. Februar 2023
Hypatia
von Eckhard Mieder So viel du liest in deinem Leben, du wirst nicht allzu viel erfahren, und lernen wirst du beinahe nichts. Jemand nahm dich bei der Hand, du lerntest das Laufen. Jemand wiederholte dein erstes Wort solange, bis du … Weiterlesen
26. Jahrgang | Nummer 2 | 16. Januar 2023
Wie immer
von Henry-Martin Klemt „… denn Chaos ist dort, wo ein Gedanke fehlt in der Ordnung …“ (Jewgeni Jewtuschenko: „Mutter und die Neutronenbombe“) Wie immer trugen wir im Herzen eine Zeit, die es nicht gab, nicht einmal, die wir sahen, wie … Weiterlesen
25. Jahrgang | Nummer 24 | 21. November 2022
Ungerufen
von Henry-Martin Klemt Nach Odessa sollten wir fahren, Ungerufene und Ungefragte, nach Sankt Petersburg, New Orleans. Nicht um einäugigen Präsidenten ins Auge zu sehen, sondern den Völkern ins Herz. Wir sollten das Meer für unendlich halten, wie uns in diesem … Weiterlesen
25. Jahrgang | Nummer 14 | 4. Juli 2022
Geburt einer Libelle
von Renate Hoffmann Eine Larve fiel vom Baum, sie träumte einen seltnen Traum. Es war ihr gleich, wohin sie fiel, sie kannte nur das eine Ziel, sich endlich zu entblößen und aus der Hülle lösen. Man hatte ihr gesagt, wenn … Weiterlesen
25. Jahrgang | Nummer 10 | 9. Mai 2022
Geduld
von Renate Hoffmann Die Schlehen, die Schlehen sind schön anzusehen. Die Ersten im Lande in weißem Gewande. Die Weiden, die Weiden beneiden die Schlehen ums weiße Geschehen. Denn Grün zeigen alle! In diesem Falle wär Gelb doch adretter, sie fänden’s … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 26 | 20. Dezember 2021
Schneeflocken zählen
von Henry-Martin Klemt Für Sören Bollmann Die Katze sitzt auf der Lehne des blauen Sessels und zählt Schneeflocken. Für mich fallen sie viel zu schnell und zu dicht. Die Katze aber durchschaut den Dezember. Was ich lernen will, ist Geduld. … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 26 | 20. Dezember 2021
Tannengrün und Mistelzweig
von Renate Hoffmann Herr Andersen aus Dänemark war im Dichten ziemlich stark. Und da es kurz vor Weihnacht war, wurde es Hans Christian klar, was die Welt von ihm erwartet: dass er ’ne Geschichte startet; vom Tannenbaume, reich geschmückt, der … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 23 | 8. November 2021
Machtkampf
von Renate Hoffmann Mit Gezitter und Gezappel steht die alte Zitterpappel liebevoll vom Herbst verwöhnt über Nacht in Gold getönt. Doch am Montag früh um drei Ist es mit der Pracht vorbei. Traurig liegt der goldne Segen unten auf den … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 19 | 13. September 2021
Wie
von Henry-Martin Klemt Für Ante. Für Vé. Die Freiheit von der Farbe meiner Augen Luis Cernuda Wie die jüngste Tochter des Mondes kleine Dummheiten sagte, mir zu gefallen, zugefallen mir. Ihr Schatten noch beleuchtete das Gras, wo ich sie schweigen … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 17 | 16. August 2021
Papierschiffchen Lied
von Henry-Martin Klemt Ich muss noch einmal auf die Reise gehn von mir zu mir, um heimzukommen, von bösen Riesen und von guten Feen gejagt und in den Arm genommen. Mein Schatten lehnt noch an der Kellerwand. Hilft mir, die … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 17 | 16. August 2021
Traumbilder
von Renate Hoffmann Vorm Fenster steh’n zwei Bäume, im Zimmer steh ich allein. Auf Bäume reimen sich Träume, die stellen sich sachtsam schon ein. Sie sprechen von dunklen Wäldern, von rauschenden Bächen und Seen, von blumigen Wiesen und Feldern, von … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 11 | 24. Mai 2021
Niederschläge im Mai
von Renate Hoffmann Vom Himmel fallen Perlenschnüre. Warme Tropfen, die still und stetig, als führe sie an unsichtbarer Hand der Weg zu Blumenbeeten und in schmale Gassen. Sie mehren Duft und füllen Regenrinnen. Das bringt Paulinen fast von Sinnen. Sie … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 5 | 1. März 2021
Weiterlesen – Wiederlesen
von Renate Hoffmann Der ungewöhnliche Brief kam von einer Freundin ins Haus. Sie fragte an, was mir das Lesen von Büchern bedeute, was es auslöse, bewirke, welche Empfindungen daran geknüpft wären, welchen Einfluss ihm einzuräumen sei. Die Briefschreiberin gab gleichzeitig … Weiterlesen
24. Jahrgang | Nummer 4 | 15. Februar 2021
Atlas
von Eckhard Mieder Den habt ihr nicht gekannt, wir haben Ihn Kleiner Dummbatz genannt. Er sprang Nicht, er lief nicht, er fiel als Knabe immer Auf die Nase. Sein Gesicht sah aus wie ein Teller Aus zerbeultem Kupfer. Ihm lief … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 24 | 23. November 2020
mein vaterland (II)
von Jens Gerlach dein name ist gelöscht wie nenn ich dich mein vaterland? ich krall mich in der erde fest: was halt ich in der hand? mein hirn ist hier mein herz ist dort ich hatte ein zuhaus ich irr … Weiterlesen
23. Jahrgang | Nummer 4 | 17. Februar 2020
Urwürmer
von Renate Hoffmann Auf den breiten Treppenstufen im Hotel zum Halben Mond fand ich Würmchen, die dort schlufen, als ich kürzlich dort gewohnt. Eingebettet im Gestein, welches einst am Meeresgrunde, Urgewürm von groß bis klein verwandelt hat in spät’re Funde. … Weiterlesen
22. Jahrgang | Nummer 22 | 28. Oktober 2019
Aus dem Schoß
von Peter Will Was ist da Aus dem Schoß Gekrochen Der lange schon Ausgetrocknet Schien Braunverschmiert Ins offne Licht Ausgeburt Die wächst und wächst Pöbelt brüllt und droht Laut und lauter Pocht Herr B. Aus seinem Zink
22. Jahrgang | Nummer 18 | 2. September 2019
Als Kind weinte ich
von Eckhard Mieder Als Kind weinte ich, wenn ich mir den Tod oder die Unendlichkeit des Alls vorstellte. Das eine war das andere, ungefähr, niemand erklärte mir den Unterschied zwischen Sekunde und tausenden Kilometern weit weg; niemand auf dieser unerklärlichen … Weiterlesen
22. Jahrgang | Nummer 10 | 13. Mai 2019
Das kürzeste Gedicht der Welt
von Bettina Müller Exitus. Ein preußisches Heldenepos Aus! Maus! Von Comtesse Crescentia Augusta Wilhelmine Beatrice von Bommel, Erbherrin auf Schloss Strychnin in Pommern, 13. Vorsitzende des Katzenschutzbundes Deutschland, schreibt auch unter dem Pseudonym „bibo“ oder „Rattenfänger von Hameln“. Presse- und … Weiterlesen
22. Jahrgang | Nummer 9 | 29. April 2019
Frau auf Treppe – Frau auf Fahrrad
von Peter Will Frau jung Sitzt auf Treppe Vor Kirche Raucht Frau jung Fährt auf Fahrrad Vorüber Ruft: (Sie kennen sich) Sie rauchen ja! Frau auf Treppe Laut: Nicht weitersagen! Frau auf Fahrrad Schon enteilend: Das geht gar nicht! Frau … Weiterlesen
21. Jahrgang | Nummer 17 | 13. August 2018
Schwimmendes Lied
von Henry-Martin Klemt Durch Moskau schwimmen drei Fische im Regen. Sind dort die Mädchen noch immer so schön wie ihre Mütter es waren, weswegen wir diese seltsamen Fische gesehn? Oder vergaß der Arbat seine Lieder, etwa die Herzenstraße gar mich? … Weiterlesen
21. Jahrgang | Nummer 13 | 18. Juni 2018
Bemerkungen
Der Ausweg Eine Ameise lief rechts herum im Kreise. Auf ihre Weise wollte sie wo hin. Dann ging’s ihr durch den Sinn, dass sie nicht mehr recht wusste, wohin sie denn nun musste. Sie dachte sachte nach. Und dann, mit … Weiterlesen
21. Jahrgang | Nummer 10 | 7. Mai 2018
Das ungleiche Paar
von Renate Hoffmann Und es ist wahrhaftig wahr! Auf einem kleinen Teiche im Naturschutzreiche, zwischen Schilf und Binsen und den Wasserlinsen, Teichfroschquaken, wilden Schnaken, gelben Mummeln, Hummelsummeln – schwimmt ein Schwan, schwarz angetan. Und dahinter, ganz in Weiß, eine Schwänin, … Weiterlesen
21. Jahrgang | Nummer 6 | 12. März 2018
Fragen an Herrn G.
von Renate Hoffmann Ich ging im Walde So für mich hin, Und nichts zu suchen, Das war mein Sinn … So dichtete Herr J.W.G. und hatte dabei nichts im Sinn, als sinnlos durch den Wald zu geh’n. Und warum ging … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 23 | 6. November 2017
November
von Heinrich Seidel (1842–1906) Solchen Monat muss man loben; Keiner kann wie dieser toben, keiner so verdrießlich sein, und so ohne Sonnenschein! Keiner so in Wolken maulen, keiner so mit Sturmwind graulen! Und wie nass er alles macht! Ja, es … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 19 | 11. September 2017
Spätsommer
von Renate Hoffmann Es glüh’n die schönen Dahlien, die Sonnenblumen strahlien. Welch seltener Genuss. Die Äpfel an den Bäumen beginnen schon zu träumen, vom leck’ren Apfelmus. In den milden Lüften mühen Rosen sich um’s düften, doch bald ist’s aus. Von … Weiterlesen
20. Jahrgang | Nummer 12 | 5. Juni 2017
Vom Altern
von Peter Will Ich höre Das Knirschen Der Erdachse Ich ahne den Rost Die Erde wird älter Jeden Tag Wie ich Die Bäume reden Digital Ich verstehe sie nicht.
20. Jahrgang | Nummer 2 | 16. Januar 2017
Zum Jahresbeginn
von Renate Hoffmann Das neue Jahr wie’s immer war, beginnt am ersten Januar. Dann folgt der zweite und der dritte – und schon ist es Jahresmitte. Rasch schreiten die Geschicke fort. Dann ist man wieder eben dort, wo der kühne … Weiterlesen
Verse zum Advent
von Theodor Fontane Noch ist Herbst nicht ganz entflohn, Aber als Knecht Ruprecht schon Kommt der Winter hergeschritten, Und alsbald aus Schnees Mitten Klingt des Schlittenglöckleins Ton. Und was jüngst noch, fern und nah, Bunt auf uns herniedersah, Weiß sind … Weiterlesen
19. Jahrgang | Nummer 26 | 19. Dezember 2016
Zwischen Weihnachten und Silvester
von Renate Hoffmann Gans hinter mir Karpfen vor mir Punsch in mir Sternhimmel über mir Glatteis unter mir und neben mir … mutter- und vaterseelenallein ein Fetzchen Weihnachtspapier.
19. Jahrgang | Nummer 8 | 11. April 2016
Das Tor
von Renate Hoffmann In der Landschaft steht ein Tor, nichts dahinter, nichts davor. Einsam steht es so herum. Ganz stumm. Es denkt: Hier müsste eine Tafel steh’n: „Sie können hier ein Tor beseh’n, welches seinesgleichen sucht. Und jedermann ist auch … Weiterlesen
19. Jahrgang | Nummer 4 | 15. Februar 2016
Der Außenseiter
von Renate Hoffmann Auf dem großen Bahnhof Leipzig da verreist man – oder bleibtzig. Und vom Kinde bis zum Greise eilt jeder hier von Gleis zu Gleise. Eile her und Eile hin, und ich selber mittendrin. Es ist der fünfte … Weiterlesen