Nach Odessa sollten wir fahren,
Ungerufene und Ungefragte, nach
Sankt Petersburg, New Orleans. Nicht
um einäugigen Präsidenten ins
Auge zu sehen, sondern den Völkern
ins Herz. Wir sollten das Meer
für unendlich halten, wie uns
in diesem Augenblick. Mögen
es Küsten umschließen; in ungezählten
Liedern strömt es landein zu den
Quellen, den unversiegten. In Budapest
sollten wir uns, in Bogota, treffen,
in Genua auf dem Platz der
vollkommenen Liebe und nicht
erschrecken, wenn wir sie dort
nicht finden. Vielleicht hat sie
sich in den Schatten gelegt an de
Klagemauer oder unter der
Glienicker Brücke. Das Paradies ist
verriegelt. Jede Nacht träumen
in einer anderen Sprache. Jeden Tag
erwachen an einem anderen Ort. Auf
drei Steinen zwischen Ruinen ein
dampfender Kessel: Ich habe die dünne
Suppe gerochen, so wie mein Segel
den Wind.
Oktober 2022
Schlagwörter: Gedicht, Henry-Martin Klemt