von Henry-Martin Klemt
Wien hatte lange gewartet auf uns
mit Naschmarkt und Cello am Graben.
Das Schönste vom Schönen hat längst sich verkauft.
Nur Wien ist für alle,
nur Wien ist für alle,
für alle und keinen zu haben.
Sissi thront vorn auf dem Droschkenbock,
aber mit schneeweißen Zähnen.
Knallt ihre Peitsche, seh ich im Wind
flattern die rapsgelben Strähnen.
Den Altenberg seh ich im Café Central
die hölzernen Ohren noch spitzen.
Er liebte die Damen, die nie er besaß,
und wollt sie nicht lieblos besitzen.
Setzt hinter der Albertina zum Sprung
schon an das vergangene Grauen,
jagt’s Hrdlicka wild in den Marmor zurück
und träumt von den High Heels der Frauen.
Gen Mitternacht über das Katzenkopfpflaster
traben die Pferdchen, die müden, zum Stall.
sitzen wir über den Dächern von Wien.
Ach, wie der Mond,
ach, wie der Mond,
ach, wie der Mond auf uns schien.
Von Hundertwasser nach Tausendstein:
Die S-Bahn kreuzt sämtliche Zonen.
In Ottakring wird bald am Fahrstuhl gebaut.
Wir hörn es auf allen Stationen.
Ich treffe Allende am Donauturm,
er spricht aus sich wiegenden Halmen,
derweil UNO-City erstarrt zur Hommage
auf Städte, die Menschen zermalmen.
Die Pandas im Tiergarten lassen sich Zeit.
Sie knabbern am Bambus und schauen
auf Guccitäschchen und Breitlinguhrn
der Pinguine und Pfauen.
Gen Mitternacht über das Katzenkopfpflaster
traben die Pferdchen, die müden, zum Stall.
sitzen wir über den Dächern von Wien.
Ach, wie der Mond,
ach, wie der Mond,
ach, wie der Mond auf uns schien.
Das Glück ist ein fast schon vergessener Kahn
zerrt müde an eisernen Trossen.
Im Prater vom Riesenrad können wir sehn
die Berge wie riesige Flossen.
Wenn Mozart sie küsst im Hardrockcafé
muss Andersons Flöte erklingen.
Beim Zettler beginnt der Poet im Exil
ein Lied aus der Heimat zu singen.
Dann fängt das Bermudadreieck uns ein.
Im Kakadu mixt Egon Schiele
das Gelb und das Blau und das Grün dieser Welt
zum Vorspiel der menschlichsten Spiele.
Gen Mitternacht über das Katzenkopfpflaster
traben die Pferdchen, die müden, zum Stall.
sitzen wir über den Dächern von Wien.
Ach, wie der Mond,
ach wie der Mond,
ach, wie der Mond auf uns schien.
Wien hatte lange gewartet auf uns
mit Naschmarkt und Cello am Graben.
Das Schönste vom Schönen hat längst sich verkauft.
Nur Wien ist für alle,
nur Wien ist für alle,
für alle und keinen zu haben.
Juli 2017
Schlagwörter: Henry-Martin Klemt, Wiener Lied