Radio Wanderbühne
Liebe Leserinnen und Leser,
Sie werden es in der vorangegangenen Ausgabe bereits bemerkt haben: Einige Beiträge sind nun jeweils auch „für die Ohren“ im Angebot. Das verdanken wir unserem neuen Kooperationspartner Radio Wanderbühne, der in Rudolstadt sein Domizil hat. Radio Wanderbühne bestreitet mit diesen Beiträgen zugleich eine eigene, Das Blättchen betitelte Sendung, die darüber hinaus auch anderen freien Radiosendern zur „Nachnutzung“ zur Verfügung gestellt wird.
Die Sendung läuft zunächst im Praxistest. In Abhängigkeit davon, wie das Angebot von den Hörern angenommen hat, soll das Projekt verstetigt und gegebenenfalls ausgebaut werden.
Die Redaktion
Realität als Satire
Wir werden täglich mit Informationen zugedröhnt. Hören wichtige Prominews, erleben Hofberichterstattung. Was fehlt sind Informationen und Analysen, die wesentlich sind, um Entwicklungen zu verstehen. Verantwortungsvoller Journalismus muss, von wenigen Ausnahmen ausgenommen, irgendwo unterwegs verloren gegangen sein. Wichtiges im Überblick, Verbindungen, Ursachen aufzeigend kann man derzeit oft nur noch beim politischen Kabarett finden. Dieses wiederum braucht keinerlei Überspitzung der Dinge mehr – das Leben bringt alles in solcher Form, dass keine Übertreibung mehr möglich scheint. Erlösendes Lachen wird seltener, es ist oft eines, das einem im Hals stecken bleibt.
„Die Anstalt“ mit Claus von Wagner und Max Uthoff klärt den Fernsehzuschauer auf und überschreitet angesichts fehlender journalistischer Alternativen mehr und mehr Genregrenzen. Man denke an den Chor der syrischen Flüchtlinge, der die letzte Sendung abschloss. Andere Kabarettisten gehen auf Tour mit ihrem Aufklärungsprogramm. Volker Pispers war jetzt in Berlin mit seinem Programm „Bis neulich 2014“. (Karten für seine Vorstellungen sind besser ein Jahr im Voraus zu bestellen.) Pispers „unterhielt“ über drei Stunden lang sein Publikum – mit Politik und Aufklärung über den Kapitalismus als solchen und speziell das Wesen der Bankgeschäfte und von Verschuldung. Tja, er schafft seine Lacher mit der absurden Realität, mit Fakten über Fakten. Von der geschönten Arbeitslosenstatistik, die alle Kranken, Bildungskursteilnehmer – und vor allem auch die Hartz IV-Empfänger herausrechnet und uns den guten Zustand der Gesellschaft suggeriert, informiert über sieben Millionen Analphabeten, die das deutsche Bildungssystem produziert hat, teilt mit den Zuschauern das große Wundern, dass in demokratischen Wahlen Muslime muslimische Parteien wählen -– ein kurzer Vergleich mit Bayern … Die Demokratie dort sei aber schon weiter entwickelt, Wahlen zählten nichts mehr, wenn was nicht passt, wird die Demokratie per Putsch gerettet. Nicht nur in Ägypten. Man erfährt, dass die Ukraine über 30 Prozent der weltweit begehrten besten Schwarzerde verfügt… Ach ja – und Pispers wünscht sich statt eines Präsidenten der Herzen einen der Hirne. Der Zuschauer erfährt von der klugen deutschen Doppelstrategie: man exportiert Waffen und Prothesen, sozusagen das Knowhow für Bein ab und Bein dran. 40 Prozent der Deutschen werden sich ab 2030 mit Altersarmut herumschlagen. Pispers ist absolut recht zu geben, wenn er die Journalistenkaste angeht mit der diese sicher verblüffenden neuen Information: Die Leute sind arm, aber nicht blöd!
Vielleicht sollte Volker Pispers Workshops für Journalisten über das Wesen des Journalismus abhalten. Damit die ihren Job nochmal lernen können. Und das Kabarett wieder zur maßlosen Übertreibung der Satire übergehen kann.
Margit van Ham
Ibsen im Brackwasser
Konstanze Lauterbach ließ 2002 im Deutschen Theater Berlin den Familienkrieg in Eugene O’Neills „Trauer muss Elektra tragen“ in einer Brackwasserwanne toben. Das hatte etwas. Jetzt griff Stephan Kimmig im selben Haus zu Henrik Ibsens „Die Frau vom Meer“. Das spielt bekanntermaßen am Rande eines brackigen Fjordes – und Katja Hass fiel nichts Besseres ein, als für das Bühnenbild die übliche verschiebbare „Schaubühnen“-Wohnzimmerkiste (nur weniger edel aussehend) zusammenzimmern zu lassen. Der Fjord, in dem Ellida Wangel (Susanne Wolff) als verkappte Seejungfrau ihr tägliches Schwimmritual zelebriert, wird auf einen Baumarktduschkopf reduziert, unter dem wenigstens Wangels Tochter Hilde unter dünnem Strahl bedeutungsvoll duschen darf.
Bedeutung? Zumindest im Programmheft wird sie behauptet: Stephan Kimmig setze – so Julia Barbara Köhne – „an der Unergründlichkeit weiblicher Innenwelten an und betont das Dunkle, Zwiespältige und Verwickelte an deren Geheimnisstruktur“. Um Gottes Willen! Verschwurbelter geht’s nimmer, das ist das Frauenbild des späten 19. Jahrhunderts. So was gab sich mal avantgardistisch und zementierte doch nur die althergebrachte Geschlechterhierarchie. Ein Gutes hat die aktuelle DT-Inszenierung aber: Kimmig wurde dem von seiner Dramaturgie gesetzten Anspruch mitnichten gerecht. Er scheiterte schlichtweg und hob sich mit der „Frau vom Meer“ einen Bruch. Über weite Strecken Albernheiten á la: „Jetzt verrenken wir uns mal ganz komisch!“, oder „Wir sagen jetzt einmal einen Satz fünfmal hintereinander mit unterschiedlicher Bedeutung auf!“, oder „Wir duschen jetzt bedeutungsvoll!“ Gut, hatten wir schon.
Zweifellos ist Ipsens Text spröde, und seine Emanzipationsdramatik scheint von der Geschichte längst überholt. Wie will man das spielen? Also kreierte Kimmig eine eigene „Spielfassung“ und packte eine Portion ranzigen Symbolismus in Ibsens – bei genauerem Lesen alles andere als erledigten – Text hinein. Er sollte das künftig unterlassen. Nach gefühlten drei Stunden, es sind nur anderthalb, endlich die böse Szene, in der sich Wangels Tochter Bolette (Franziska Machens) dem altersgeilen Lehrer Arnholm (Michael Goldberg) verkauft, weil der ihr verspricht, sie aus dem drögen Kaff am Fjord herauszuholen. Ein Lichtblick. Nur: Mit Hilke Altefrohnes Bolette und Robert Kuchenbuchs Arnholm (2006 in der Inszenierung von Armin Petras am Gorki) darf man das nicht vergleichen. Überhaupt Petras: Ein Jammer, dass der Mann aus Berlin vertrieben wurde!
Mit der „Frau vom Meer“ scheint das DT überhaupt Pech zu haben: 2003 setzte Maike Gintersdorfer das Stück in der Kammer schon einmal auf die Riffe. Thomas Langhoffs legendäre Inszenierung aus dem Jahre 1989 kam an den Münchner Kammerspielen heraus. Das DT hatte 1990 lediglich Glück, dass es zum Spielort des Berliner Theatertreffens wurde.
Aber seien wir gerecht, eine tolle Szene gibt es. Ganz am Schluss: Ellida Wangel erklärt ihrem Mann (Steven Scharf), dass sie ihn verlassen will. Der „gibt“ sie frei und löffelt siegesgewiss seine Suppe weiter aus – Frau Wolff geht nach hinten ab. Spot aus, Schluss. Respekt!
Bei dieser Schlussszene hätte es Stephan Kimmig belassen sollen. Der vorhergehende Rest ist abgestandenes Brackwasser.
Günter Hayn
Das fehlende Meer – schottische Exilmusik in Franken
„Frankn licht nedd am Meer“ heißt ein Gedichtband des fränkischen Poeten Helmut Haberkamm. Für einen Menschen, der das wirkliche Meer gewohnt ist, ist das Frankenland dann manchmal doch eine sehr beengte Provinz. Doch diesen Zustand des Fehlens und des Nichtzufriedenseins kann man kreativ zwar nicht lösen, aber doch bewältigen.
Doch der Reihe nach: Die Schottin Janet M. Christel studiert in ihrer Heimatstadt Glasgow Germanistik. Sie nutzt die Partnerschaft Glasgows mit der fränkischen Metropole Nürnberg, um eben dort eine längere Zeit zu verbringen. Pikanterweise weisen das schottische „R“ und die fränkische Variante hierzu eine markante Ähnlichkeit auf. Aber für den weiteren Lebensweg von JMC ist es wohl viel entscheidender, dass sie sich in „Herman the German“ verliebt … die schottische Germanistin intensiviert die Städtepartnerschaft durch eine private Partnerschaft und zieht infolgedessen komplett ins Frankenland.
Es begannen dann die kreativen Schübe, um das fehlende Meer musikalisch zu kompensieren. Sie scharte vor etwa zehn Jahren drei musikalische talentierte Männer um sich, die sich der schottischen und keltischen Musik verschrieben hatten. Und mit dem Bandkomponisten Ralf Trautner (Gitarren, Keyboard et cetera) sowie Jerry Röschmann (Bass, Percussion) und Udo Schwendler (Akkordeon, Saxofon, Flöten und anderes) hat sie unabhängig von einem Plattenlabel, die CD „JMC 3“ herausgebracht.
JMC erfindet den schottischen Folkrock nicht neu. Aber ihr sympathische und natürliche Art korrespondiert bestens mit der Musik, deren Fröhlichkeit ansteckenden Charakter hat, die aber nichts mit der tumben Gute-Laune-Musik sattsam bekannter Provenienz zu tun hat.
Und während sich die Musik mal balladesk-getragen, mal in flotten Rhythmen präsentiert, handeln die Texte von der Liebe in unterschiedlichen Formen. Die verpasste Liebe zum lautstarken „Fred“, die kurze Liebe eines Sommers, deren Erinnerung sich in einem „Souvenir“ manifestiert … oder besonders gelungen der „Moon over Glasgow“, der sich am wolkenlosen Himmel als finale Hoffnung zeigt, während auf Erden die käufliche Liebe praktiziert wird.
Sehr poetische Worte über das Heimkommen aus der großen weiten Welt findet JMC im Lied „Going Home“. Neben den Eigenkompositionen haben auch zwei Traditionals auf „JMC 3“ Platz gefunden: „Annie Laurie“ und das klassische „Auld Lang Syne“.
Das Instrumental „The Undanced Wedding Waltz“ zum Schluss gibt den Hörern die Gelegenheit, in eigenen Erinnerungen zu schwelgen … mit wem man im Laufe des Lebens gern einen Hochzeitswalzer getanzt hätte.
Thomas Rüger
Janet M. Christel: JMC 3. Bezug über die Homepage der Künstlerin. 15,00 Euro plus 2,00 Euro Porto.
100 Jahre Erster Weltkrieg
Der Hauptmann Prasch steht vor seiner Deckung, ganz mit Blut bestrichen, er hält über seinem Kopf einen Kopf, den er auf einen Stock gespießt hat. Er spricht:
Das ist mein erster italienischer Gefangener, mit meinem eigenen Säbel habe ichs getan. Meinen ersten russischen Gefangenen habe ich vorher martern lassen. Am liebsten gehe ich auf Tschechen. Ich bin ein gebürtiger Grazer. Wer mir in Serbien begegnet ist, den habe ich auf der Stelle niedergeknallt. Zwanzig Menschen, darunter Zivilisten und Gefangene, habe ich mit eigener Hand getötet, mindestens hundertfünfzig habe ich erschießen lassen. Jeden Soldaten, der sich beim Angriff verspätet oder während des Trommelfeuers versteckt hat, habe ich eigenhändig niedergeknallt. Ich habe meine Untergebenen immer ins Gesicht geschlagen, sei es mit dem Stock, sei es mit der Faust. Aber ich habe auch viel für sie getan. In Serbien habe ich ein serbisches Mädchen vergewaltigt, aber dann den Soldaten überlassen und am nächsten Tag das Mädchen und seine Mutter auf einem Brückengitter aufhängen lassen. Die Schnur riß und das Mädchen fiel noch lebend in das Wasser. Ich zog meinen Revolver und schoß auf das Mädchen so lange, bis es tot unter dem Wasser verschwand. Ich habe stets meine Pflicht erfüllt, bis zum letzten Hauch von Mann und Roß. Ich wurde ausgezeichnet und befördert. Ich war stets auf dem Posten. Der Krieg erfordert ein straffes Zusammenfassen aller Kräfte. Man darf den Mut nicht sinken lassen. Kopf hoch!
(Er hebt den Stock höher.)
Karl Kraus
Aus: „Die letzten Tage der Menschheit“, V. Akt, 55. Szene – „Liebesmahl bei einem Korpskommando“.
Eidgenössische Steueridylle
Seit 1989 zieht das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz auch Bilanz über die Reichtumsverteilung in der Alpenrepublik. Wies diese erste Rangliste der damals 100 erfassten Reichsten ein Vermögen von 66 Milliarden Franken aus, so verfügen 25 Jahre später allein die zwei ersten jener Reichsten über 69 Milliarden Fränkli. (Ein Euro entspricht derzeit gut 1,2 Franken.). Die Top 300, die mittlerweile per anno ausgewiesen werden, haben 589 Milliarden auf der Kante, womit sie fast so viel besitzen, wie die Schweiz in einem Jahr insgesamt erwirtschaftet. Beinahe jeder zweite der Top 300 ist aus dem Ausland zugezogen. „Vor allem den Deutschen behagt offenbar das meteorologische und steuerliche Klima in der Schweiz“, wird in der Neuen Zürcher Zeitung aufschlussreich kommentiert. Weltweit werden insgesamt 2.039 Milliardäre und 286 Milliardärinnen ausgewiesen. Mit 133 Milliardären wohnt immerhin jeder 17. Schwerreiche in der kleinen Schweiz …
HWK
Splitter
Wissen ist Macht, heißt es.
Unwissenheit ist aber auch eine, und zwar eine viel größere.
Wenn der Mensch wirklich die Krone der Schöpfung ist, müsste der HERR mindestens wegen groben Unfugs belangt werden.
Was kümmert es die Eiche, wenn sich ein Schwein daran reibt, heißt es.
Genau, zumal das Schwein im Gegensatz zur Eiche nicht mal einen festen Standpunkt hat.
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut vernetzt.
Ein Mann, der den Genossen O. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert.“
„Oh!“ sagte Genosse O. und errötete stolz.
HWK
Aktuelles über einen einstigen Sport
„Wir haben das Spiel seit Anfang Oktober vorbereitet“, hat Lorenz Kubitz, Pressesprecher von Hansa Rostock, nach der gewalttätigen „Fußball“-Begegnung mit Dynamo Dresden mitgeteilt. Dass der – aus Steuermitteln bezahlte – Einsatz von 1.700 Polizisten für ein Drittliga„spiel“ überhaupt der „Vorbereitung“ bedarf, sollte schlimm genug sein. Dass Polizisten und zivile Unbeteiligte durch den Vandalismus der „Fans“ verletzt wurden, ist noch schlimmer. Es dürfte vermutlich bald so sein, wie es der Kabarettist Georg Schramm einst satirisch bitter formuliert hat: „Mich interessieren die Ergebnisse der Fußballspiele nicht, ich will wissen, wie viele Tote es gegeben hat […].“
P.S.: Kaum waren die eben gelesenen Zeilen verfasst, war am vergangenen Sonntag bei Spiegel-Online zu lesen: „Bei Ausschreitungen zwischen Anhängern des spanischen Meisters Atlético Madrid und Deportivo La Coruna ist ein 43 Jahre alter Mann gestorben. Nach Angaben der Rettungskräfte erlitt der Fan der Gästemannschaft bei der Auseinandersetzung schwere Kopfverletzungen sowie eine Unterkühlung, nachdem er in den Fluss Manzanares geworfen worden war.”
Hans Jahn
Film ab
„Paddington“ ist ein Familienfilm im doppelten Sinne: Er spielt erstens in einer Londoner Familie (Mutter, Vater, zwei halbwüchsige Geschwister, Haushälterin), und er kann zweitens in kompletten Familienverbänden besucht werden, gegebenenfalls samt illegaler ausländischer Haushaltshilfe, so die nur des Deutschen einigermaßen mächtig ist. Klein und Groß kommen bei dieser britischen, also zwangsläufig teilweise auch schwarzhumorigen Komödie gleichermaßen auf ihre Kosten. Dabei werden große Themen wie Freundschaft, Ethik, Toleranz und Verantwortungsbewusstsein keineswegs ausgespart, sondern vielmehr auf so bezaubernd unmoralinsaure Weise mit behandelt, dass man wünscht, die Filmemacher mögen sich allein deswegen aus den inzwischen 26 Büchern über den Helden recht bald den Stoff für „Paddington II“ heraussuchen.
Apropos Held: Kreuzworträtselfans werden vielleicht zunächst etwas hadern, denn obwohl eine Bastion der Wissenschaft wie das gewaltige Naturhistorische Museum in London, errichtet im romanisch-byzantinischen Stil und eröffnet 1881, eine zentrale Rolle in diesem Film spielt, lassen dessen Macher den Zuschauer über die exakte Gattungsbezeichnung des Helden im Unklaren. Mit etwas zoologischer Detektivarbeit lässt sich das Geheimnis jedoch lüften: Es handelt sich um einen kleinwüchsigen Bären einer hochzivilisierten (eigene Orangenmarmeladenproduktion), überraschend sprachbegabten (fließend Englisch in Wort und Schrift) sowie Prêt-à-porter-affinen (blauer Dufflecoat und Hut) Spezies aus dem dunkelsten Peru. Damit ist dem Kenner klar, es kann sich nur um ursus microincrementus melanoperuensis handeln.
Und natürlich liefert auch dieser Streifen – was an britischen Filmkomödien ja schon von alters her geschätzt wird, man denke nur an Klassiker wie „Cleo, Liebe und Antike“ oder „Das Leben des Brian“, – einige ganz praktische Lebensregeln von durchaus globaler Relevanz. Dieses Mal sind es unter anderem die folgenden:
Wenn Du unbekannte Besucher offenkundig exotischer Provenienz in Deinen eigenen vier Wänden hast, verdoppele Deine Hausratversicherung umgehend und handle dabei entschlossen und zielführend!
Wenn Du unbekannte Besucher offenkundig …, lasse sie auf gar keinen Fall bloß mit der lapidaren Bemerkung, nach langen Reisen mache man sich etwas frisch, mit zeitgenössischen zentraleuropäischen Sanitäreinrichtungen allein!
Wenn Du unbekannte …, dann trage Deine Zahnbürste am besten immer bei Dir!
Wer sich übrigens verwundert die Augen reibt, weil Nicole Kidman als Bösewichtin höchstens 25 ist, und sich folglich fragt, warum er den Film nicht schon vor 20 Jahren gesehen hat, so irrt sich der: Hugh Bonneville als Familienvater ist ebenso alt wie als Earl of Grantham in der jüngsten Staffel von „Downton Abbey“.
Clemens Fischer
„Paddington“, Regie: Paul King; derzeit in den Kinos.
Blätter aktuell
Sei es das „Movimiento 15-M“ in Spanien oder die Occupy-Bewegung: Immer wieder bricht sich in den liberalen Demokratien ein tief sitzendes Unbehagen gegenüber dem Parlamentarismus Bahn. Chantal Mouffe plädiert für einen alternativen, „agonistischen“ Umgang mit dieser Radikalisierung: Nicht die Abschaffung repräsentativer Institutionen ist die Lösung, sondern die konzertierte Zusammenarbeit parlamentarischer und außerparlamentarischer Akteure.
Die Welt steuert auf eine noch nie da gewesene Wasserkrise zu: Schon heute kommen Jahr für Jahr mehr Menschen durch zu knappes oder verseuchtes Wasser zu Tode als durch Gewalttaten. Die kanadische Aktivistin und Publizistin Maude Barlow geht den Ursachen der Krise auf den Grund. Ihre erschreckende Erkenntnis: Seit Anfang der 90er Jahre führen Vereinte Nationen und Weltbank in der Wasserwirtschaft einen regelrechten Kreuzzug der Privatisierung, allein im Interesse multinationaler Konzerne.
Seit 2008 hat sich die Weltökonomie drastisch verändert: Während der globale Norden noch immer mit den Folgen der Finanzkrise ringt, verzeichnet manches „Entwicklungsland“ immense Wachstumsraten. Der Wirtschaftswissenschaftler Jörg Goldberg sieht darin ein Zeichen für das Scheitern der entwicklungspolitischen Großtheorien. Anstatt sich weiter der Illusion westlich-neoliberaler Überlegenheit hinzugeben, komme es darauf an, endlich von den Erfahrungen des Südens zu lernen.
Dazu weitere Beiträge – unter anderem: „Rechts außen: 50 Jahre NPD“, „Kein Frieden ohne Interessenausgleich“ und „Mafiastaat Mexiko“.
am
Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, Dezember 2014, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.
So scherzen Finanzdienstleister
Woran erkennt man einen Millionär?
Er schöpft seinen Sparerfreibetrag voll aus.
js
Aus anderen Quellen
Zur – laut Medienberichten zunehmenden – Pro-NATO-Mitgliedschaft-Stimmung in der ukrainischen Öffentlichkeit sagte der Außenminister Frank-Walter Steinmeier, mit bestimmten Schritten könne man zusätzlich Öl ins Feuer gießen, er sei für Klarheit in dieser Frage: „Ich sehe die Ukraine nicht auf dem Weg in die NATO.“ Und: „Wir wollen […] dafür sorgen, dass die wenigen Gesprächskanäle, die es noch gibt zwischen Europa und Russland, einigermaßen erhalten bleiben.“
ZDF-Interview mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Zum vollen Wortlaut hier klicken.
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„Die größte Wirtschaftsnachricht des Jahres“, schreibt Jeffrey D. Sachs, Professor an der Columbia University in New York, „ist beinahe unbemerkt geblieben: Laut Internationalem Währungsfonds hat China die USA als weltgrößte Volkswirtschaft überholt. Und während Chinas geopolitisches Gewicht parallel zu seiner Wirtschaftsmacht rapide zunimmt, verschwenden die USA ihre globale Führungsstellung weiter. Die Gründe hierfür sind die unkontrollierte Gier ihrer politischen und wirtschaftlichen Eliten und die selbst gegrabene Grube eines permanenten Krieges im Nahen Osten.“
Jeffrey D. Sachs: Alle Wege führen nach Peking. Während sich die USA verzetteln, baut China eine neue Weltordnung, IPG. Internationale Politik und Wirtschaft, 25.11.2014. Zum Volltext hier klicken.
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Welche Folgen die Sanktionen der EU gegenüber Russland auch haben, beleuchtet J. Falkner: „Das Reich der Mitte hatte im vergangenen Jahr einen Anteil von 16,7 Prozent an den russischen Importen, Deutschland brachte es auf 11,9 Prozent. In diesem Jahr werden die deutschen Firmen weiter an Boden verlieren. Während die deutschen Lieferungen nach Russland im ersten Halbjahr 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um über 13 Prozent schrumpften, stiegen die chinesischen Exporte um 3,4 Prozent. In diesem Jahr wollen die Chinesen beim Handelsvolumen mit Russland die 100-Milliarden-US-Dollar-Marke knacken.“
J. Falkner: Zug um Zug nach China, Ost-West-Contact, 11/2014. Zum Volltext hier klicken.
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Den Ukraine-Konflikt analysiert John J. Mearsheimer, Politikwissenschaftler an der University of Chicago, und gelangt zu dem Fazit: „Die Hauptschuld an der Krise tragen die USA und ihre europäischen Verbündeten. An der Wurzel des Konflikts liegt die NATO-Osterweiterung, Kernpunkt einer umfassenden Strategie, die Ukraine aus der russischen Einflusssphäre zu holen und in den Westen einzubinden. Dazu kamen die EU-Osterweiterung und die Unterstützung der Demokratiebewegung in der Ukraine durch den Westen, beginnend mit der Orangenen Revolution 2004.
John J. Mearsheimer: Putin reagiert. Warum der Westen an der Ukraine-Krise schuld ist, IPG. Internationale Politik und Wirtschaft, 01.09.2014. Zum Volltext hier klicken.
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Der „Begriff des Putin-Verstehers“, kommentiert Holger Schmale, diene „als demagogische Waffe gegen alle, die sich nicht der plumpen Freund-Feind-Betrachtung eines komplizierten, widersprüchlichen Interessengeflechts unterwerfen wollen“. Und zum „Denken in Einflusszonen“, das der Westen Moskau vorhält: „Die fatalsten Beispiele haben dafür zuletzt eher die USA denn Russland oder China gesetzt, vor allem mit dem in jeder Hinsicht desaströsen Krieg im Irak.“ Schmale konstatiert: „Erst langsam wächst im Westen die Erkenntnis, dass die Ukraine-Krise nicht allein von Moskau ausgelöst und angeheizt worden ist. […] In dieser Situation sich des weitsichtigen Willy Brandt und seiner Methoden zu erinnern, der Europa aus einer gefährlichen Ost-West-Konfrontation in eine Phase der Entspannung geführt hat, ist nichts anderes als klug.“
Holger Schmale: Europa muss sich vom Feindbild lösen, Berliner Zeitung (Online-Ausgabe), 25.11.2014. Zum Volltext hier klicken.
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Mit der Rolle von Journalismus und Medien hierzulande im Kontext des Ukraine-Konflikts befasst sich Malte Daniljuk: „Im Kern bietet der journalistische Umgang mit der Ukraine ein Modell dafür, wann Kriegsberichterstattung zu kriegerischer Berichterstattung wird, die Journalisten also nicht mehr als Reporter, sondern als Teilnehmer des Konflikts eingestuft werden müssen, dafür, wann Medien als kriegführende Partei wahrgenommen werden sollten.“
Malte Daniljuk: Rückblick auf ein besonderes Jahr für den Kriegs- und Krisenjournalismus, www.heise.de, 25.11.2014. Zum Volltext hier klicken.
Wirsing
Nur sehr alte Leute können sich an eine Zeit erinnern, in der Till Backhaus noch nicht Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern war. Dabei scheinen seine Ziele nicht immer auf das Wohl der Bevölkerung gerichtet zu sein. Auf Phoenix nahm er zum Auftreten der Vogelgrippe Stellung und erklärte: „Wir müssen verhindern, dass Menschen davon nicht betroffen sind.“ Vor allem sollten wir verhindern, dass der Minister sich nicht ansteckt!
Fabian Ärmel
Schlagwörter: Außenhandel, Blätter für deutsche und internationale Politik, China, Clemens Fischer, Deutschen Theater, Entspannung, Erster Weltkrieg, Fabian Ärmel, Fußball, Günter Hayn, Henrik Ibsen, Janet M. Christel, Journalismus, Kabarett, Karl Kraus, Krieg, Krise, Margit van Ham, Medien, Menschheit, Ostpolitik, Paddington, Radio Wanderbühne, Russland, Sanktionen, Satire, Schweiz, Thomas Rüger, Ukraine, Willy Brandt, Wirsing