28. Jahrgang | Nummer 18 | 20. Oktober 2025

Bemerkungen

Drohnen, Raunen, Rüsten

In seiner Nürnberger Gefängniszelle erklärte Hermann Göring gegenüber dem amerikanischen Psychologen Gustave Mark Gilbert: “Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg; weder in Russland, noch in England, noch in Amerika, und ebenso wenig in Deutschland. Das ist klar. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. […] [D]as Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.“

Diese Beobachtung eines Hauptkriegsverbrechers lässt sich durchaus verallgemeinern, auch im Hinblick auf aktuelle Geschehnisse. Ein Beispiel? Die aktuelle Drohnenpanik. Offensichtlich eignet sie sich hervorragend, um die „DNA einer pazifistischen Bevölkerung“ auszumerzen, was die ARD-Moderatorin Caren Miosga hinsichtlich des Ukraine-Krieges so formulierte: „Wie können wir diesen Code schneller überschreiben?“

Im französischen Fernsehen wird Klartext geredet. Dort äußert der franco-helvetische Journalist Richard Werly in einer Talkrunde im Fernsehsender LCI eine bedenkenswerte These: „Man kann sich sehr gut vorstellen, dass prowestliche militärische Kräfte durch Drohnenattacken, die kein reales Risiko darstellen, die Finanzierung von Aufrüstung vorantreiben.“

Daraufhin entgegnet Gesprächsgast Général François Chauvancy mit einer nur wenig überraschenden Antwort: „Ich würde sagen, dass man Ihren Ansatz nicht ausschließen kann.“

Immer öfter stellt sich nach gewisser Zeit heraus, dass die vermeintlichen Drohnenattacken sich als Aktivitäten von Zigarettenschmugglern oder Hobbydrohnenpiloten entpuppen.

In Kriegszeiten gibt es Propaganda und Täuschungsmanöver auf allen Seiten, das ist klar und keine neue Erkenntnis. Nur sollte man sich öfter ihrer vergewissern. Kühle Köpfe sind in der Gesellschaft, insbesondere auch in den Medien, jetzt wichtiger als schnelle Beschuldigungen nach immer dem gleichen Schema, von denen die oft gehörte sibyllinische Formulierung „Ich kann keineswegs ausschließen, dass Russland schuld ist“ noch die harmloseste ist.

jühau

„Was folgt auf Frieden?“

Eine mehrseitige Reportage unter dieser Überschrift in der Ausgabe 42/2025 des Wochenmagazins FOCUS hat das Blatt mit folgendem Anreißer versehen: „Die Nato steht unter Anspannung, seitdem Moskau das Verteidigungsbündnis mit Manövern, Jets und Drohnen provoziert. Wann beginnt Krieg? Besuch an der Ostflanke“. Immerhin vier (namentlich genannte) Textredakteure waren am Werk.

Das Team teilt unter anderem mit: „Aus russischer Sicht geht es im Krieg in der Ukraine letztlich nicht um ein paar Städte und Gebiete in Donezk, Luhansk oder Saporischschja, sondern um die Vorherrschaft über den ganzen Kontinent.“

Und im Detail: „Seit Wochen kommt es in Europa zu Zwischenfällen, die Militärexperten Russland zuordnen und die das Sicherheitsgefühl auf dem Kontinent erschüttern. In Oslo, Kopenhagen und gerade erst in München mussten nach Drohnensichtungen am Himmel Flughäfen geschlossen werden. […] In Schleswig-Holstein flogen mehrere unbemannte Fluggeräte offenbar systematisch sensible Infrastruktur ab und spähten Kliniken, Kraftwerke, den Landtag und Marinestützpunkte aus. Im benachbarten Mecklenburg-Vorpommern lösten Berichte über ähnliche Vorfälle Verunsicherung aus. Mittlerweile hat die Bundeswehr die Darstellungen zurückgewiesen [Hervorhebung – S.].“

Das hindert die Autoren wenig später jedoch nicht an folgendem Fazit: „Das ist also die innenpolitische Lage in Deutschland, nachdem ein paar Drohnen – mutmaßlich auf Veranlassung Russlands [Hervorhebung – S.] – am Himmel aufgetaucht sind.“ Und gegen Ende des Beitrages – didaktischer Grundsatz: Verfestigen durch Wiederholung – heißt es: „Das Kalkül im Kreml [Hervorhebung – S.], mit Drohnenflügen […], die Luftraumgrenzen zu verletzen, Europa zu verunsichern und die Angst vor einem bewaffneten Konflikt mit Russland zu steigern, droht aufzugehen.“

Ob den Verfassern die Widersprüchlichkeit ihrer Berichterstattung selbst gar nicht mehr auffällt oder ob sie mit dem Satz zur Bundeswehr auf fast schon subversive Weise zu verstehen geben wollten, was sie vom Popanz der von Politik, Geheimdiensten und Medien allenthalben beschworenen militärischen Bedrohung durch Russland* tatsächlich halten, muss an dieser Stelle leider offenbleiben.

Bestätigt sehen dürfte sich durch solche Medienbeiträge jedenfalls André Mielke, Kolumnist der Berliner Zeitung, der das Prinzip, nach dem da gearbeitet wird, jüngst auf den Punkt brachte: „Ich verstehe, dass Drohnen erst recht vom Feind kommen, wenn sich dafür keine Belege finden lassen. Hybridkriegslist. Der Beweis ist der Mangel an Beweisen.“

* – Siehe dazu ausführlicher Blättchen 7/2025.

Sarcasticus

Film ab

Der Terminus technicus für die großflächigen Scharrbilder im Wüstenboden in der Nazca-Wüste in Peru lautet Geoglyphen. Angelegt von einer untergegangenen Zivilisation in der Zeit von 2000 bis 800 vor Christus, verdankt sich Ihre archäologische Entdeckung, ansatzweise Enträtselung und Erhaltung in entscheidendem Maße der Dresdnerin Maria Reiche. Die war eine Tochter aus gutsituiertem Hause, hatte Mathematik, Physik, Geographie, Philosophie und Pädagogik studiert und Deutschland in den 1930er Jahren wegen des Treibens der Nazis verlassen. In Lima verdiente sie zunächst als Lehrerin ihren Lebensunterhalt. Ein Zufall brachte sie mit der Nazca-Wüste in Berührung. Was dann geschah, schildert Rüdiger Nehberg in seinem Vorwort zu Viola Zetzsches und Dietrich Schulzes „Bilderbuch der Wüste. Maria Reiche und die Bodenzeichnungen von Nasca“ folgendermaßen: „Wo einige Wissenschaftler und Schreiber sich nur wenige Tage des antiken Wunders annahmen, fand Maria Reiche ihre Lebensaufgabe. Zweiundfünfzig Jahre ihres Lebens hat sie der Lösung des Rätsels im Andenvorland und der Erhaltung dieses ungewöhnlichen Kulturdenkmals gewidmet. Ein langer Kampf. Denn bevor ihr Anerkennung zuteil wurde, hat sie unsägliche Entbehrungen auf sich genommen. Nichts wurde ihr geschenkt. Kein anderer hat es so lange in der Einsamkeit der peruanischen Steinwüste ausgehalten. Zur ihrer Einsamkeit kam die materielle Armut. Jahrzehnte lang erfuhr sie keinerlei Unterstützung. Weder Helfer noch High Tech Equipment, weder Hilton noch Klimaanlage. Nicht einmal Taschengeld. Sie lebte von der Hand in den Mund. Maria Reiche war ärmer als manche Kirchenmaus, die immerhin noch irgendwo Oblaten und Messwein stibitzen kann. Sie musste sich jeden Centavo selbst verdienen, logierte in ärmlichsten Unterkünften, besaß gerade mal ihre Kleidung am Körper und ein Paar Autoreifen-Sandalen, lebte von dem, was saisonbedingt preiswert war und kämpft sich mit Besen und einer Flasche Wasser in glühender Hitze Meter um Meter, Jahr für Jahr, durch die endlosen Gravuren auf dem Wüstenboden. Von Horizont zu Horizont.“

Jetzt hat der in Paris lebende Schweizer Schauspieler Damien Dorsaz Maria Reiche ein filmisches Denkmal gesetzt.

„Maria Reiche: Das Geheimnis der Nazca-Linien“, Regie und Drehbuch (Mit-Autor): Damien Dorsaz; jetzt in den Kinos.

*

Kathleen Hildebrand (Süddeutsche Zeitung) hat es in ihrer Besprechung auf den Punkt gebracht: „Auch im neuen, angeblich allerletzten Film […] sagt irgendwann wieder jemand, wohlgemerkt aus der Dienerschaft, dass ‚die Vergangenheit ein angenehmerer Ort sei als die Gegenwart‘. Nostalgie war immer das Hauptverkaufsargument für ‚Downton‘. […] Es spricht nach diesem soliden ‚Finale‘ wirklich gar nichts gegen ein prächtiges ‚Christmas Special‘ in fünf, sechs Jahren.“ Und wenn es nach der weltweiten Fangemeinde des very britischen Serienmegahits geht (52 Folgen in sechs Staffeln, von denen fünf jeweils mit einem Christmas Special endeten, sowie drei Kinofilme), darf die Frist gewiss auch deutlich verkürzt werden. Obwohl – wer alt genug ist, um bereits in den 1970er Jahren „Das Haus am Eaton Place“ (68 Folgen in fünf Staffeln) und 2001 „Gosford Park“ gesehen zu haben, wofür Downton-Erfinder Julian Fellows sein Erfolgsrezept schon einmal in ein Drehbuch für Robert Altman verwandelt hatte, der hat vielleicht irgendwann auch mal die Nase voll von adeligen Seifenopern …

„Downton Abbey: Das große Finale“, Regie: Simon Curtis; jetzt in den Kinos.

Clemens Fischer

Nachrichten aus dem deutschen Vereinsleben

Tüchtig? Süchtig?

In Berlin hat sich eine „Patriotische Initiative Staatstreuer Traumatisierter Opfer Rigorors-Infamer Unterstellungen“ (kurz: PISTORIU) gegründet. Die Initiative wehrt sich gegen die Unterstellung, die Befürworter des Begriffs „kriegstüchtig“ seien kriegssüchtig. Deshalb fordert sie mit einer Unterschriftensammlung die Kultusministerkonferenz und die Duden-Redaktion auf, alle Zusammensetzungen mit „…-süchtig“ durch solche mit dem Suffix „…-tüchtig“ zu ersetzen. Mit der Zeit werde man sich an Begriffe wie „alkoholtüchtig“, „mondtüchtig“ und „sehntüchtig“ gewöhnen.

 

„Gefahr aus dem Osten“ – seit 1519 falsch verstanden

Eduard X., Vorsitzender des Vereins „HOMOHOHI“ (Hochmotivierte Hobby-Historiker) zur Herkunft der Legende von der „Gefahr aus dem Osten“:

Die Quellenlage ergibt, dass diese Legende vor rund 500 Jahren im 1224 gegründeten Augustinerkloster Bernsberg bei Hüttenstedt entstand. Ein heilkundiger Mönch des Klosters, Frater Anselm, fand ab 1519 heraus, dass seine Mitbrüder nicht so alt wurden wie die Dörfler ringsum. Er führte dies auf der Mönche übermäßigen Genuss der aus klostereigenen Apfel- und Birnbäumen gewonnenen, für die Dorfbewohner aber unerschwinglichen Moste zurück. Ohne je etwas von Fruchtzucker gehört zu haben, warnte er nachdrücklich vor der „Gefahr aus den Mosten“.

Damit machte sich Frater Anselm den Grafen von Unteroberau zum Gegner, der als Klosterhauptmann das Vermögen des Klosters verwaltete und unheimlich daran verdiente, Moste heimlich an Ratsherren und Kaufleute in der nahen Stadt zu verschieben. Der Klosterschreiber, Frater Calamum, an den schmutzigen Geschäften beteiligt und dem Klosterhauptmann schwer hörig, stellte sich schwerhörig, als Frater Anselm „die Gefahr aus den Mosten“ diktierte und brachte „die Gefahr aus dem Osten“ aufs Pergament.

Rainer Rönsch

Arschkriecher – Wettern der Woche

Das Wort Arschkriecher gilt ja eigentlich als „bäbä“, also nicht sagbar, wenn auch machbar. Dennoch taucht es in der dünner werdenden Tagespresse und ihren Bierzelten, ja gar in noch größerer Literatur auf. Weder Schiller und Hegel noch Goethe, weder Mozart noch Heino, weder Luther, Ebert oder Noske haben sich gescheut, diese dreiste, aber folgerichtige Beschreibung so mancher Mitmenschen zu nutzen.

In diesen Zeiten erfährt die Anwendung weltweit großen Zuspruch. Der kommt aus allen Kreisen, selbst den gebildeten. Viele der vornehmsten Zeitgenossen unserer Jahrgänge gesellen sich freiwillig zur Gruppe A, ohne Scham und Schande. Nehmt nur die Kriechologen der EU, die vor einem Psychopathen und Oberarsch den Kotau machen: Sie warten im Vorzimmer bei lauwarmen Tee, geduldig wie Schafe vor der Schur, während der Friedensnobelpreisträger in Spe sein Zahnfleisch reinigt und sich über die Wartenden königlich amüsiert.

Es gibt wenig rühmliche Ausnahmen – nahezu alle Präsidenten, Könige, Autokraten, Autofahrer, Paschas und Minister lecken dem weißen Mann im Weißen Haus die Stiefel. Und im ihrem Gefolge die Könige und Kaiser der größten Unternehmen der Erde, Medienmogule, hundertfache Milliardäre. Es fehlt nur noch der Papst. Nein, die bereits vor Jahren wortreich angekündigte schonungslose Demontage des Staates, der Institutionen, von Recht und Ordnung, die gnadenlose und rechtsfreie Verfolgung aller Kritiker und Gegner macht Mensch und Maschine in der ältesten Demokratie der Welt fassungslos. Der große Weiße Mann pfeift auf Sitte und Anstand, auf Fairness und Regeln, und mit ihm jubeln die Pseudochristen, die Gotteskrieger im großen Halleluja, knien nieder vor dem Selfmade-Heiland, der ihnen das Neue Testament um die Ohren haut.

Sollen wir nun also unsere Freundinnen und Freunde, Republikaner der guten Art, Demokraten, alle Freigeister und Humanisten jenseits des Großen Teiches zum Widerstand rufen, ihnen vielleicht Asyl anbieten bei Söder? Oder besser Handfeuerwaffen gegen der Zerstörer? Sollen wir den in Seenot geratenen Schiffen im Golf von Mexiko mit Frontex zur Hilfe eilen? Sollen wir mit unseren christlichen Schwestern und Brüdern die Kirchentüren in Chikago, New York oder Los Angelos verrammeln, hinter denen sich die People of Color verschanzen?

Oder einfach nur wie immer „Solidarität mit den Verfolgten“ rufen? Kennen wir ja auswendig. „Junge, ich weeeß ooch nich“, tät meine Omi Glimbzsch in Zittau sagen.

Peter Grohman

Für Fußballliebhaber und Kunstfans

Nach nun 35 Jahren ist das kulturelle und sportliche Leben der DDR noch lange nicht abgearbeitet. Die Besserwessibücher sind geschrieben und von Zeitungen, die ihren Sitz in Hamburg oder München haben, gewürdigt. Nun endlich erscheinen die feinen und kleinen Bücher, die sich mit Hintergrundwissen an die gescheiten Leser wenden oder mit humorvollen Texten punkten. So schrieb der Sportjournalist Frank Müller über den Fußball in seinem neuen Buch „Abseits und andere Fallen“ und schildert dabei „seltsame Begebenheiten aus dem Fußball-Osten“, wie es auf dem Titelblatt steht.

Einige Fragen bleiben allerdings offen: Auf dem Buchumschlag streckt sich der Nationaltorwart der DDR-Mannschaft, der Zwickauer Jürgen Croy, nach dem Ball. Leider kann man nichts über ihn und seine Stammmannschaft Sachsenring Zwickau lesen.

Die Geschichten über Mannschaften, Spieler, Trainer, Funktionäre und Schiedsrichter der DDR sind gut geschrieben, sehr lesenswert und beleuchten auf ironische Weise Vorgänge, die Fußballfans der DDR bisher nicht kannten, von Manipulationen, kuriosem Elfmeterschießen, einem illegalen Kick von Altenburger Senioren mit einer BRD-Mannschaft. Leider sind die Texte etwas sachsenlastig (Chemie Leipzig, Lok Leipzig). Es fehlen Geschichten zum Beispiel über Erfurt, Rostock oder Halle.

Wer mit Fußball nichts am Hut hat, sich noch mal mit der DDR beschäftigen möchte und kleine Geschichten mag, wird hier fündig und greife zu „Deckweiß für alle!“. Der Autor Manfred Jendryschik (1943-2025) präsentiert wundervolle Miniaturen, die sich lustig und vergnügt mit Künstlern und der Kunst der DDR beschäftigen. Typische Anekdoten eben über den eitlen Hermann Kant, den Maler Wolfgang Mattheuer, der seinen Nürnberger-Ausstellungskatalog nicht behalten durfte, über Verlagslektoren, die gegen die Zensur kämpften und darüber, warum „Deckweiß für alle!“ eine Plakatforderung wurde. Jendryschik schildert aber auch kurz und aufrüttelnd schlimme Begebenheiten, die sich am 17. Juni 1953 zutrugen, als Menschen für Freiheit und Demokratie kämpften, dafür ins Gefängnis kamen und von Polizisten gedemütigt und sogar geschlagen wurden.

Frank Müller: Abseits und andere Fallen. Verlag neues leben, Berlin 2025, 240 Seiten, 20,00  Euro.

Manfred Jendryschik: Deckweiß für alle! oder Eine plötzliche Liebe mit Hintergedanken. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 2025, 264 Seiten, 24,00 Euro.

Thomas Behlert

17 Hippies

Der Titel des in diesem Kalenderjahr erschienenen Albums „Clowns & Angels“ deutet es schon dezent an: Ganz spaßbefreit geht es bei der Band „17 Hippies“ beileibe nicht zu. Und selbst den Bandnamen sollte man nicht ganz ernst nehmen – denn aktuell besteht das Berliner Künstlerkollektiv aus zehn Musikern.

Die Bandbreite der zum Einsatz kommenden Musikinstrumente ist höchst vielfältig: von Klarinette bis Posaune, von Akkordeon über Ukulele bis Querflöte.

Der Musikstil changiert zwischen Pop, Jazz, Country und Chanson. Sehr gefühlvoll muten besonders die drei Instrumentalstücke an. Ungewöhnlich ist die Cover-Version „Das Model“ der Elektronik-Pioniere Kraftwerk. Der kühle Originalsound bekommt durch die akustische Aufbereitung und den weiblichen Gesang eine amüsant-hintersinnige Note.

Apropos Gesang – sprachlich vielfältig sind die Liedtexte der „17 Hippies“ auch: Ihr Repertoire umfasst deutsch, hessisch, englisch und französisch.

Unterm Strich eine witzig-spritzige Veröffentlichung, die nur einen Schwachpunkt hat. Der Gag mit dem sogenannten Hidden Track, ein verborgener Song am Ende des Albums zündet absolut nicht. Nach acht Leerminuten folgt noch ein halbminütiger Schluss-Song. Stattdessen empfiehlt es sich, die vorangehenden elf Lieder nochmals anzuhören: „Let Clowns and Angels sing …“

17 Hippies: „Clowns & Angels“. CD Label: Hipster Records, 2025, ca. 15,00 Euro.

Thomas Rüger

 

Aus anderen Quellen

„‚Kriegstüchtigkeit‘ ist für mich das Unwort des Jahrzehnts“, stellt Johannes Varwick fest. „Das ist ein verhängnisvoller Irrweg: eine Militarisierung der Außen- und Sicherheitspolitik […].“

Johannes Varwick: „Die Nato befindet sich faktisch im Krieg“, Berliner Zeitung, 29.09.2025. Zum Volltext hier klicken.

*

Zu Björn Höcke, dem Rechtsaußen der AfD, schreibt Helmut Ortner, der führe heute „nicht nur die AfD in Thüringen. Er ist der prominente Schattenmann der AfD, hinter Alice Weidel und Tino Chrupalla, die im Deutschen Bundestag der AfD-Fraktion, die mittlerweile 151 Abgeordneten umfasst, vorsitzen. Dabei hatte er nie eine Funktion in der Bundespartei. Aber das musste er auch nicht. Er prägte die AfD auch so, mit Parteitagsanträgen, mit Personalintrigen, mit weitläufigen Netzwerken wie dem ‚Flügel‘. Er machte auf diese Weise die Partei mit zu dem, was sie heute überwiegend ist: rechtsextrem.“

Helmut Ortner: Der rechte Extremist, Ossietzky, 20/2025. Zum Volltext hier klicken.

*

„Der saudisch-pakistanische Verteidigungspakt verschiebt die Machtbalance im Mittleren Osten“, vermerken Marcus Schneider und Felix Kolbitz. Und: „Der unausgesprochene Antagonist der Allianz sitzt in Tel Aviv. Angesprochen fühlen darf sich aber auch die Weltmacht Amerika, welcher der einst enge saudische Verbündete damit unmissverständlich signalisiert: Es gibt auch andere Optionen. Für Pakistan ist vor allem die mögliche saudische Unterstützung gegen den langjährigen Rivalen Indien ein strategischer Erfolg.“
Der Sicherheitsexperte Moeed Yusuf hingegen wiegelt ab: „Was wir hier sehen, ist die Kodifizierung einer Beziehung, die es schon lange gibt. Pakistan hat seit Jahrzehnten Truppen in Saudi-Arabien stationiert, während Saudi-Arabien für Pakistan stets eine der wichtigsten Quellen wirtschaftlicher Unterstützung war. Deshalb wirkt dieses Abkommen in der Berichterstattung manchmal dramatischer oder weltbewegender, als es in Wirklichkeit ist.
Marcus Schneider / Felix Kolbitz: Geopolitischer Paukenschlag, ipg-journal.de, 22.09.2025. Zum Volltext hier klicken.
Niels Hegewisch: „Der größte Teil der Welt denkt nicht in solchen Kategorien“,
ipg-journal.de, 02.10.2025. Zum Volltext hier klicken.

*

„Was glauben Sie“, fragt Alexander Teske, „war das Topthema der ZDF-Hauptnachrichten-Sendung ‚heute‘ zwischen Januar 2023 und Juni 2025? Es war der Sport –noch vor dem Thema Innere Sicherheit und Internationale Konflikte. Zwölf Prozent der Sendezeit verwenden die Macher der Sendung in Mainz auf Sport. […] Aber was heißt schon Sport – 77 Prozent der Berichte […] widmeten sich allein dem Fußball. Andere Sportarten, die begeistert von Millionen Deutschen ausgeübt werden, finden kaum einen Platz in den Nachrichten. Diese erstaunlichen Zahlen hat das Schweizer Forschungsinstitut Media Tenor ermittelt.“

Alexander Teske: Die Verweigerer, Berliner Zeitung, 29.09.2025. Zum Volltext hier klicken.

*

„Es sind die kleinen Gemeinheiten der politischen Rhetorik, die ein Land entlarven“, beginnt Holger Elias und fährt fort: „Wenn in diesen Wochen von ‚schmerzhaften Einschnitten‘ die Rede ist, weiß jeder Bürger, dass nicht der Ministerialdirektor gemeint ist, sondern der Rentner, die Alleinerziehende oder der Arbeitslose. Sozialpolitische Sparmaßnahmen – Bürgergeld kürzen, Renten dämpfen, Pflegeleistungen ‚anpassen‘ – stehen stets schneller auf der Agenda als die Frage, ob man im aufgeblähten Beamtenapparat ein wenig Luft herauslassen könnte. Es ist, als sei die Republik in ihrer Mitte unkündbar – nicht etwa die Demokratie, sondern ihre Beamten.“

Holger Elias: Die letzte Kaste – Beamte, Ossietzky, 19/2025. Zum Volltext hier klicken.

*

Zur diesjährigen Verleihung des Friedensnobelpreises merkt die Plattform german-foreign-policy.com an: „Die langjährige Umsturzpolitik der neuen Trägerin des sogenannten Friedensnobelpreises ist von einer deutschen Parteienstiftung über lange Zeit gefördert worden.“ Gemeint ist die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung. Zur Preisträgerin selbst heißt es, dass die ultrarechte venezolanische Oppositionspolitikerin María Corina Machado „mehrfach in Putschversuche in Venezuela involviert war und sich für Sanktionen ausspricht, die vor allem die Bevölkerung ihres Landes treffen. Sie arbeite heute „zudem mit dem Rechtsaußenbündnis Patriots for Europe (PfE) zusammen, dem etwa die französische Partei Rassemblement National (RN) und die Partei Fidesz von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán angehören“.

Der Umsturznobelpreis, german-foreign-policy.com, 13.10.2025. Zum Volltext hier klicken.

Zusammengetragen von Wolfgang Schwarz.

Letzte Meldung

Boris Pistorius, dem Bundesverteidigungsminister, ist aufgefallen, in der Rüstungsindustrie herrsche „schon fast so etwas wie eine ‚Goldgräberstimmung‘“. Das gab er via Handelsblatt der Öffentlichkeit zur Kenntnis. Und fügte hinzu: „Die Rüstungsindustrie erzielt gerade beachtliche Gewinne.“

Die größte deutsche Waffenschmiede ist die Rheinmetall AG (Umsatz 2024: 9,75 Milliarden Euro); der Chef des Unternehmens (CEO) heißt Armin Papperger und ist somit unter den Goldgräbern der Spitzenreiter. Siehe auch eine Antwort im Blättchen (Heft 11/2023).

Passend zu dieser Lage lautete die Schlagzeile von The Pioneer am 16. Oktober 2025: „Rheinmetall-CEO: Mann des Jahres ’25“.

am