Berliner Schulmeisterkarrieren
In der kleinen Erzgebirgsstadt Lauenstein – sie gehört heute zu Altenberg – befindet sich ein etwas groß geratenes Schloss. In diesem ist das sehenswerte Osterzgebirgsmuseum untergebracht. Einige liebevoll eingerichtete Räume befassen sich mit dem wohl berühmtesten Lauensteiner, George Bähr. Bähr kam aus ärmlichsten Verhältnissen, ging hier zur Schule und erlernte in Lauenstein das Zimmermannshandwerk. Die Museumsleute verweisen stolz auf die Qualität der Ausbildung, die der kleine George genießen konnte: „In einer Zeit, wo in anderen Orten jeder Beliebige Schulmeister werden konnte, wenn er nur zu lesen und zu schreiben vermochte, bemühten sich die Lauensteiner Bürger um eine gute Schulbildung für ihre Kinder.“ In einer Zeit? Es handelt sich um die 70er Jahre, allerdings des 17. Jahrhunderts. Das Meisterwerk Bährs ist die Dresdener Frauenkirche.
Warum, zum Teufel, fühlt man sich als Berliner beim Lesen des zitierten Täfelchens sofort auf den Schlips getreten? Zum gerade begonnenen zweiten Unterrichtshalbjahr wurden in Berlin rund 960 Lehrkräfte für die öffentlichen Schulen neu eingestellt. Davon sind knapp die Hälfte sogenannte Quereinsteiger. Die als „jeden Beliebigen“ abzustempeln wäre gemein. Es sind Leute, die durchaus studiert haben, aber eben aus einer anderen Berufspraxis heraus in den Schuldienst wollen. Von den 425, die jetzt in Berlin diesen Schritt gingen, sind allerdings nach Informationen des Interessenverbandes Berliner Schulleitungen e.V. 145 „,Lehrer ohne volle Lehrbefähigung‘, da sie ein Fach studiert haben, das nur Teilbereiche eines Schulfachs abdeckt, z. B. Astrologie [sic! – d.Verf.] statt Physik oder Archäologie statt Geschichte. Ein berufsbegleitendes Referendariat dürfen sie daher nicht besuchen.“ Letzteres heißt ganz praktisch: Diese Kollegen kommen ohne jede pädagogisch-psychologische Ausbildung, und sie bleiben auch aus dienstrechtlichen Gründen ohne eine solche. Das ist ungefähr so wie ein Brückenbauingenieur, der sein Studium ohne das lästige Fach Statik absolviert hat und jetzt tapfer zu bauen beginnt. Viele werfen nach kurzer Zeit das Handtuch, da sie an den niedrigsten Hürden des Schulalltags scheitern, ja scheitern müssen.
Aber wo bleiben die Leute mit einer solchen Ausbildung? Für das aktuell angelaufene Halbjahr hatten sich in Berlin nach den Angaben des zitierten Interessenverbandes 1000 Lehramtsstudentinnen und -studenten um ein Referendariat beworben. In den Schulen angekommen sind rund 500. Die anderen haben etwas Besseres gefunden. Nicht in Berlin. In Berlin werden die Referendare schlechter bezahlt als in den anderen Bundesländern, verbeamtet werden sie auch nicht. Auch das rot-rot regierte Brandenburg verbeamtet inzwischen. So manche Schule im „Speckgürtel“ ist für Berliner mit dem Fahrrad erreichbar … In den nächsten Jahren überrollt zudem die Stadt eine heftige Pensionierungswelle. Jedes Jahr müssten jetzt rund 3000 neue Lehrkräfte eingestellt werden. Nach vorsichtigen Schätzungen – der Gesamtpersonalrat hält diese Zahlen für untertrieben – verlassen derzeit jährlich 400 bis 500 Lehrkräfte Berlin, weil sie eben nicht verbeamtet werden, dazu kamen allein im Jahr 2018 500 ausgebildete Lehrer, die aus anderen Gründen gekündigt haben. Nicht jede und jeder hat die Kraft, sich den hiesigen Zuständen auf Dauer auszusetzen.
Worum bemühten sich doch gleich die Lauensteiner Bürger so wenige Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg? Aber das war in einem anderen Land in einer anderen Zeit und ist somit überhaupt nicht vergleichbar!
Günter Hayn
Gewerkschaftsforum: Niedriglohn und geringfügige Beschäftigung führen in die Sackgasse
Wie die vorgebliche Notwendigkeit der Lohn- und Rentenaufstockung durch öffentliche Mittel zeigt, ist die Lohnpolitik der letzten Jahrzehnte für die Beschäftigten und Rentenbezieher vor die Wand gefahren worden, als Preis für die Exportweltmeisterschaft und Vermögenbildung bei den Reichen.
Das Vorhaben, die Grundrente einzuführen, wird den Niedriglohnsektor weiter vergrößern, so, wie es mit der Hartz-IV-Einführung auch vorgesehen war.
Auf dem Rücken der Beschäftigten und alten Menschen werden den Unternehmen die Personalkosten erspart und die Lohn- und Rentendrückerei wird vom Staat auch noch subventioniert.
Die zur Schaustellung von Handlungsbereitschaft der Großen Koalition mit dem 3. Anlauf der Einführung der Grundrente soll verdecken, dass die öffentliche Hand geringfügig entlohnte Beschäftigte mit Milliardenbeträgen unterstützen muss, weil diese Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können und dass die Geschichte von der Brückenfunktion der Mini-Jobs ein Märchen ist, weil kaum jemand es schafft, über diese Beschäftigung den Um- und Aufstieg in ein sozialversicherungspflichtiges Vollzeitarbeitsverhältnis zu erreichen.
Laurenz Nurk
Mehr Informationen im gewerkschaftsforum-do.de.
Die Bundesregierung – ein Eldorado für Berater
Vor Jahrzehnten ging Reinhard Mey in einem bissigen Chanson der nur rhetorisch gestellten Frage nach „Was kann schöner sein auf Erden, als Politiker zu werden?“, denn der Künstler selbst hatte eine facettenreiche Antwort zur Hand, die unter anderem diesen Aspekt ans Licht hob:
Du kannst dir auf leisen Sohlen
Dein Schäfchen ins Trock’ne holen.
Prost! Es lebe die Partei!
Frisch und fromm und steuerfrei!
In dieser Hinsicht rangieren unsere gewählten Volksvertreter jedoch längst unter „ferner liefen“. Dabei ganz besonders den Rang abgelaufen hat ihnen augenscheinlich eine ganz besonders unverfrorene Spezies vom Stamme „Nimm!“, der Berufsstand der sogenannten Berater. Das jedenfalls legen jüngst bekannt gewordene Zahlen nahe.
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Matthias Höhn hatte eine entsprechende Anfrage ans Bundesfinanzministerium gerichtet, das daraufhin seinerseits beim Kanzleramt und den 14 Bundesministerien Erkundigungen einholte. (In diesen Behörden werden immerhin über 20.000 Mitarbeiter dafür bezahlt, deren Aufgaben zu erledigen.)
Das Ergebnis: Seit 2006 wurden mindestens 1,2 Milliarden Euro für mehr als 6000 Verträge mit externen Beratern verausgabt. An der Spitze das Finanzministerium selbst (258 Millionen), gefolgt vom Innenministerium (208 Millionen). Wie die Schlusslichter in diesem Ranking, das Gesundheitsministerium (6,1 Millionen Euro) und das Kanzleramt (4,0 Millionen), da eigentlich ihren Job gemacht haben wollen, das will man besser gar nicht wissen …
Und warum „seit 2006 mindestens“?
Weil, so die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hagedorn, die Zahlen unvollständig und nicht vergleichbar seien.
Wie das?
Der Hauptgrund, so Hagedorn, liege darin, dass maßgebliche Akten nach geltenden Verwaltungsvorschriften nur fünf Jahre aufbewahrt werden müssen. Für die Jahre bis 2014 würden deswegen zum Teil „keine oder nur lückenhafte Unterlagen“ vorliegen.
Für die Zeit mit noch vollständige Akten, also ab 2014, ergibt sich allerdings, dass die Berater-Ausgaben sich in wenigen Jahren locker fast vervierfacht haben – von 63 Millionen Euro (2014) auf 248 Millionen Euro (2017).
Und dann wäre da noch diese Petitesse: In der jetzigen Aufstellung rangiert das Haus von der Leyen (BMVg) mit Ausgaben von 34 Millionen Euro seit 2006 für Beratungs- und Unterstützungsleistungen ziemlich weit hinten. Anfang Dezember hatte das BMVg auf eine andere parlamentarische Anfrage das Volumen allein der laufenden Beraterverträge aber noch auf 207 Millionen beziffert.
Vielleicht sollte man dieser wundersamen Ausgabenverminderung im Wege einer weiteren parlamentarischen Anfrage auf den Grund gehen?
Sarcasticus
Maliziöses – Der Schwarze Kanal 2.0
Bei einer Anhörung im US-Kongress hat Alexandria Ocasio-Cortez, Abgeordnete der Demokraten im US Repräsentantenhaus, Ethikexperten der Regierung befragt.
Konkret wollte sie unter anderem wissen, ob ihr die Gesetze des Landes gestatteten:
- sich ihren Wahlkampf komplett von Lobbygruppen bezahlen zu lassen;
- im Wahlkampf Schmiergelder zu zahlen;
- nach ihrer Wahl Gesetze im Interesse ihrer Geldgeber (etwa Gas- oder Ölkonzerne, Pharmaunternehmen) und unter Ignorierung von Interessen des amerikanischen Volkes einzubringen;
- sich persönlich durch das Halten von Aktien der betreffenden Unternehmen zu bereichern, indem sie Gesetze formuliere, um diese Wirtschaftszweige zu deregulieren und damit den Aktienkurs in die Höhe zu treiben?
All diese Fragen wurden von den Ethikexperten der Regierung vorbehaltlos und uneingeschränkt bejaht. (Zum Video hier klicken.)
Sollte Karl-Eduard von Schnitzler in seinem Sarg WLAN haben, dann dürfte er nach dieser Vorführung wohl immer noch rotieren.
Höchst freudig natürlich.
am
Lästern
10. Februar 2019, 19:00 Uhr, Berlin, Bar jeder Vernunft (ausverkauft): Premiere.
„Erste Überlebensregel: Nie die Mehrheit mobben!“ ist eine der harmloseren Pointen, die Lisa Eckhart in ihrem neuen Programm „Die Vorteile des Lasters“ abfeuert, in dem es durchweg schärfer und härter zugeht. Es gilt bis zum Schlussapplaus: „Laster ist kein LKW.“ Und das verwundert nicht, denn die einzelnen Kapitel von Eckharts erst zweitem Soloabend folgen der Liste der sieben christlichen Todsünden, die ist allerdings heute nicht einfach zu haben in einer Welt, in der alles erlaubt ist – von unverbrämter Aufforderung zur Völlerei in Gestalt von All-You-Can-Eat Buffets bis zu Polyamorie, durch die die gute alte verruchte Wollust zur stiko Blaupause für jedermann verkommen ist. Auch zu Zorn, Neid, Hochmut, Trägheit und Habgier hat die 26-jährige hochgebildete und bös‘ intelligente grazile frühere Poetry Slammerin, von der man gar nicht wissen möchte, wie sie zu ihrer Lebenserfahrung gekommen sein mag, einiges zu sagen. Übrigens auch über die Demokratie – dieses „schönste Gastgeschenk des Westens“.
Lisa Eckhart wird im Mai mit dem Salzburger Stier den renommiertesten Kleinkunstpreis im deutschsprachigen Raum entgegennehmen. Als man sie telefonisch darüber informierte, sei auch der Hinweis erfolgt, bei dem halbstündigen Programm, das von den Preisträgern erwartet werde, dürfe sie machen, was sie wolle, nur ein Kriterium sei zu beachten: Der Auftritt müsse jugendfrei sein. Als Eckhart dies mitteilt, stockt dem Publikum im Spiegelzelt der Atem. „Ja, was haben die sich von mir eigentlich angesehen? Wofür wollen die mir den Preis geben“, fragt Eckhart und löst damit die kollektive Apnoe, um anschließend zu verkünden, sie werde dort wohl für eine Überraschung sorgen … Am 11. Mai kann via Radio der Preisverleihung beigewohnt werden.
Lisa Eckhart: „Die Vorteile des Lasters“ – Tourneetermine im Internet.
Thaddäus Faber
Zufluchtsort DDR?
„Damals in der DDR“ träumten Millionen Menschen davon, wenigstens einmal im Leben in die große weite Welt zu fahren. Zur gleichen Zeit flohen Menschen aus einem weiten Land in die DDR und baten dort um politisches Asyl. Viele von ihnen bekamen es und wurden erfolgreich in die DDR-Lebenswelt integriert. Fake News? Mitnichten. Sebastian Kochs Buch „Zufluchtsort DDR? Chilenische Flüchtlinge und die Ausländerpolitik der SED“, erschienen im Verlag Ferdinand Schöningh Paderborn, widmet sich diesem in der gesamtdeutschen Öffentlichkeit weithin unbekannten Thema. Das hatte nach der Wende Folgen: Das demokratische Chile gewährte 1993 nun seinerseits aus Dankbarkeit dem Ehepaar Honecker Asyl. Die Frage mag ketzerisch klingen: Können wir aus den Erfahrungen der Chilenen in der DDR etwas Positives in die Debatte um die heutige deutsche Asylpolitik einbringen? Meine Antwort ist nach der Lektüre von Kochs Buch Ja und Nein zugleich. Nein, weil auch die Chilenen von der Stasi bespitzelt und von der SED zu Propagandazwecken benutzt wurden. Ja, wenn es beispielsweise um eine medizinisch angemessene Gesundheitsfürsorge für Asylanten geht.
Bei den Chilenen in der DDR handelte es sich um eine zahlenmäßig überschaubare Personenzahl von rund 2000 Menschen. Sie wurden schulmedizinisch bestens versorgt und bei Bedarf individuell rehabilitiert. Das erklärt zum großen Teil den guten Ruf, den das DDR-Gesundheitssystem in Chile heute noch besitzt. Zugleich zeigt das Buch auf, dass sich bei den chilenischen Asylanten in der DDR Auswirkungen psychischer Belastungen durch erlittene Verfolgungen & Folter, beispielsweise Traumamastörungen und Depressionen, häuften. Dies wurde zuerst als „Emigranten-Psychose“ abgetan. Nach damaliger Auffassung würde die sich mit der Erlangung guter deutscher Sprachkenntnisse von selbst „ausheilen“. Das war jedoch nicht der Fall. Koch zeigt anhand seines gut aufbereiteten Datenmaterials auf, dass 90 Prozent der chilenischen Frauen fluchtbedingte ernsthafte psychologische Probleme hatten. Zu diesem Ergebnis kam eine Potsdamer Untersuchung. Denn monatlich mussten die DDR-Bezirke über den Gesundheitszustand der Chilenen an das DDR-Gesundheitsministerium berichten. Die SED-Führung reagierte darauf und gründete auf höchster politischer Ebene eine Arbeitsgruppe zur Behandlung des Problems.
Die politisch Verantwortlichen des heutigen Deutschlands haben sich für die Aufnahme von Menschen aus dem Ausland aus „humanitären Gründen“ in weitaus größerer Anzahl entschieden. Diese Entscheidung hat Konsequenzen, insbesondere auch für die Gesundheitsfürsorge dieser Menschen. Bei der Suche nach Lösungen sollte auf so gut recherchierte Fakten wie von Sebastian Koch nicht verzichtet werden.
Stephan Giering
Pervers
Wenn das nicht pervers ist: Da betrügen Autokonzerne die Öffentlichkeit und damit die Käufer mit falschen Angaben über den Schadstoffausstoß ihrer Produkte, das kommt dann raus und verursacht einen entsprechenden Skandal. Als nun parallel dazu längst überfällige Maßnahmen erwogen werden, den Schadstoffausstoß zu reduzieren und man dafür auch partielle Fahrverbote in Aussicht nimmt, geschieht was? Nein, keine Massendemonstrationen vor den Toren der Betrüger. Dafür Demonstrationen gegen die genannten Konsequenzen. „Gegen Willkür!“, „Für Diesel!“, „Gegen Enteignung!“, „Stoppt grüne Jobkiller!“, „Rettet den Diesel!“, „Die Politik hat versagt!“, „Stoppt die Lügner!“, „Gegen grüne Khmer!“ (!) „Ja zum Diesel/Feinstaubalarm ist Volksverdummung!“ – Alles Originalplakate einer Demo in Stuttgart.
Es ist nun keine Frage, dass man – etwa als Halter eines Diesels und damit als negativ Betroffener – ob der nunmehrigen Gemengelage stinksauer sein kann oder gar muss. Auf die Betrüger, oder? Aber nein, der Wutbürger ist stinksauer auf die, die nun auf das Desaster zu reagieren versuchen. Eine Glanzleistung der Manipulatoren und ihrer Lobby! Erich Kästner fällt einem dazu mal wieder ein: „Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken“. Wieder mal zu spät, lieber Kästner …
HWK
Aus anderen Quellen
Nikolaus Bernaus Architekturkritik die neue BND-Zentrale in Berlin betreffend ein Verdikt zu nennen, wäre eine Untertreibung. Bernaus Fazit: „Kein auch nur halbwegs auf Erfolg ausgerichtetes kommerzielles Unternehmen, und schon gar keines, das wie der BND mit Informationen von und über Menschen handelt, würde sich heute noch eine solche Architektur errichten […]. Hoffentlich rankt sich bald irgendwo ein Efeu oder ein Wein an den glatten Fassaden hoch, um diesem Monument des Ordnungswahns wenigstens einen Hauch von lebendiger Anarchie zu geben. Und hoffentlich ist der BND intern nicht so geisttötend monoton strukturiert, wie er sich jetzt nach außen darstellt.“
Nikolaus Bernau: Architektur der neuen BND-Zentrale: Geisttötend monoton strukturiert, berliner-zeitung.de, 08.02.19. Zum Volltext hier klicken.
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„‚Ich kann mir vorstellen, dass künftig jeder, der ein selbstfahrendes Auto besteigt, in eine App seine moralischen Präferenzen eingeben muss.‘ Wenn Sie versuchen“, schreibt Harald Welzer in einem Essay über Künstliche Intelligenz, „diesen Satz zu entschlüsseln, kommen Sie schnell drauf: Es geht hier um die Frage, ob das selbstfahrende Auto in seiner etwaigen Rolle als verunfallendes Auto lieber eine Gruppe Rentner oder ein Kleinkind überfahren soll, wenn es die Wahl hat.“ Soweit, so perfide. Doch es kommt noch besser: „Wer nämlich hat den obigen Satz gesagt? 1.) Jemand, der von Moralphilosophie noch niemals ein Sterbenswörtchen gehört hat? 2.) Jemand, der von den Grundlagen eines Rechtsstaats keinen Schimmer hat? 3.) Ein Start-up-Honk, der die Moralische-Präferenz-App entwickelt hat? Die richtige Antwort ist 4): Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, ein Professor für Systematische Theologie namens Peter Dabrock.“
Harald Welzer: Ethik in Zeiten der Digitalisierung. Künstliche Dummheit, taz.de, 11.12.2018. Zum Volltext hier klicken.
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Mit Planungen für eine weltraumgestützte Raketenabwehr lebt in den USA das alte SDI-Konzept aus der Präsidentschaft Ronald Reagans in den 1980er Jahre wieder auf. Dazu Andreas Rüesch: „Präsident Trump ließ es sich […] nicht nehmen, den Pentagon-Bericht zur neuen Raketenabwehrpolitik persönlich vorzustellen. Dabei erklärte er mehrmals, Kern seiner Strategie sei es, jede feindliche Rakete entdecken und zerstören zu können. Als wäre dies nicht weitreichend genug, schwadronierte er auch darüber, dass es bei der Raketenabwehr nicht nur um Verteidigung, sondern auch um Angriff gehe.“ Rüesch zu den Konsequenzen: Russland und China hätten Grund zu der Annahme, dass die USA ihnen die Fähigkeit zu einem nuklearen Gegenschlag rauben wollten; sie sähen sich dann gezwungen, ihr Offensivarsenal stark aufzurüsten.“
Oliver Thränert, Sicherheits-Experte an der ETH Zürich, schätzt ein: „Die USA will die Möglichkeit haben, in regionalen Szenarien – zum Beispiel bei einer Auseinandersetzung mit China um Taiwan oder zwischen der Nato und Russland um das Baltikum – durch Raketenabwehr den Schutz der eigenen Streitkräfte und der eigenen Bevölkerung besser sicherstellen zu können.“
Andreas Rüesch: Trump spielt mit dem Gleichgewicht des Schreckens, nzz.ch, 18.1.2019. Zum Volltext hier klicken.
„Es geht nicht um Raketenabwehr in einem großen Krieg“ (Interview mit Oliver Thränert), srf.ch, 18.01.2019. Zum Volltext hier klicken.
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Die Befreiung Südafrikas vom Apartheid-Regime unter Führung des damals von Nelson Mandela geführten ANC bleibt ein historisches Verdienst. Doch die Entwicklung seither hält einem solchen Maßstab nicht stand. Korruption ist eine der heutigen Geißeln des Landes und im Zentrum des Geschehens – der ANC. Darüber berichtet Johannes Dieterich: „Dutzende von ANC-Funktionären wurden mit monatlichen Zuwendungen in einer Gesamthöhe von bis zu sechs Millionen Rand versorgt […]: Darunter auch Präsident Zuma selbst, dem Monat für Monat 200.000 Rand (rund 13.000 Euro) zugesteckt worden sein sollen.“ Und: „Die Kernfäule des Afrikanischen Nationalkongresses […], der Partei Nelson Mandelas, geht noch viel tiefer als schon lange befürchtet: In den 25 Jahren ihrer Herrschaft hat sie den südafrikanischen Staat an den Rand des Ruins gebracht
Johannes Dieterich: Einblick in die Geldwaschmaschine, fr.de, 05.02.2019. Zum Volltext hier klicken.
Letzte Meldung
Als die chinesische Sonde auf der Rückseite unseres Erdtrabanten gelandet war, informierte die FAZ über die längerfristigen Ziele Pekings: „Noch vor 2030 soll eine bemannte Forschungsstation auf dem Mond aufgebaut werden.“
Sollte er also doch noch in Erfüllung gehen, der alte Witz aus DDR-Tagen?
Dem Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzenden des Staatsrates der DDR wird bei der Morgenlage mitgeteilt, dass es eine gute und eine schlechte Nachricht gebe.
Der Generalsekretär: „Erst die schlechte.“
Antwort: „Die Chinesen sind auf dem Mond.“
Der Generalsekretär: „Das ist aber ärgerlich. Und die gute Nachricht.“
Antwort: „Alle.“
Alfons Markuske
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