22. Jahrgang | Nummer 15 | 22. Juli 2019

Bemerkungen

Film ab

Die Sommerferien sind natürlich besonders prädestiniert zur Enkelbespaßung, denn so viel Urlaub, um die Zeit komplett dem Nachwuchs zu widmen, hat ja kein sozialversicherungspflichtig beschäftigter Elternteil, um von Selbständigen mit ihren häufig noch ganz anderen Zwängen gar nicht erst zu reden. Doch auch die Kondition rüstigster Großeltern-Rentner hat ihre Grenzen, und da bietet das Kino allemal die Möglichkeit hochwillkommener Atempausen.
Der Enkel traf die Wahl – „TKKG“. Hatte ich noch nie gehört und entpuppte mich damit nicht etwa als hinter dem Mond, sondern eher als hinter dem Saturn. Denn Tim, Karl, Klößchen und Gaby sind ja ganz alte Jugendbuchhasen. Das Detektivquartett ist bereits seit 1979 im Rennen, und nach diesem Film sollte man als anspruchsvoller Cineast mit Kritik durchaus zurückhaltend und vielmehr dankbar dafür sein, dass es nach 14 Millionen verkauften Büchern und 33 Millionen verkauften Hörspielen erst der dritte Spielfilm auf die Kinoleinwand geschafft hat …
Langweilig war es trotzdem nicht, schon gar nicht für den Enkel, der in seinem sehr juvenilen Alter noch frei von jeglichen „Tatort“-Erfahrungen mit all den hanebüchenen Handlungs- und Ermittlungsvolten ist, die einem da bisweilen zugemutet werden. Der macht sich auch nichts daraus, dass hochkarätige Schauspieler wie Milan Peschel und Tom Schilling in „TKKG“ eher unterfordert sind.
Trotzdem sollten Kinder und Jugendliche den Streifen besser in Begleitung eines Erwachsenen anschauen, damit man auf dem Heimweg dann ganz in Ruhe gleich mal alle die Dinge rekapitulieren kann, auf die man als Heranwachsender im richtigen Leben besser verzichtet – wie den nächtlichen Ausstieg aus dem eigenen Zimmer im dritten Stock durch Abseilen oder wie das handgreifliche Attackieren missliebiger Lehrer mittels einer Drohne.

Clemens Fischer

„TKKG“ – Regie und Drehbuch (Mit-Autor): Robert Thalheim. Derzeit in den Kinos.

Bip bei der DEFA

„Man lernt sehen, indem man ihm zusieht“, schrieb Rudi Strahl, als der Franzose Marcel Marceau in den sechziger Jahren mehrfach in der DDR gastierte. Mit der stummen Kunst der Pantomime, die in jeder Sprache zu verstehen ist, galt er als „ein Botschafter der Völkerverständigung“. Das war der weltweit gefeierte Künstler schon zu Beginn der fünfziger Jahre, wenn auch damals noch als Geheimtipp.
Anlässlich seiner Gastspiele 1951/52 bannte ein Kollektiv der DEFA, zu dem in erster Linie Regisseur Wolfgang Schleif und Kameramann E.W. Fiedler zählten, Marceaus Studien und zwei Inszenierungen aufs Zelluloid – sogar in Farbe! Leider schieden sich in einer Zeit, als man den angeblichen Formalismus debattierte, auch an der Pantomime die sozialistischen Geister. Die Filme kamen verzögert und eher versteckt in die Kinos, nachdem Regisseur Schleif die DDR schon verlassen hatte.
Der rührige DVD-Vertrieb absolutMEDIEN legt jetzt endlich in Zusammenarbeit mit der DEFA-Stiftung die weitgehend vergessenen Filme der Öffentlichkeit vor und ergänzt die drei Mittelmetrage-Filme durch Sujets aus der Wochenschau Der Augenzeuge. Wie es heißt, war eine akribische Sucharbeit nötig, um die Filme zu finden. Dabei gab es eben diese Zusammenstellung der Filme (nicht ganz so umfangreich) in den achtziger Jahren in der DDR schon. Als „Marcel-Marceau-Programm“ wurde sie vom Staatlichen Filmarchiv verliehen.
Mit der von Marceau bereits 1947 erfundenen Figur des tragikomischen Clowns Bip im Ringelhemd und mit zerbeultem Hut samt Blume zeigte der Pantomime bei der DEFA Stilübungen – etwa das Hinauf- und Herabsteigen auf einer imaginären Treppe, Radrennen ohne Räder oder einen 1500-Meter-Läufer. Prachtstück dieser frühen Filme ist eine -Inszenierung der Compagnie Marcel Marceau von Gogols „Der Mantel“ als Mimodrama. Schleif und Fiedler verkniffen sich hier nicht alle formalen Spielereien, besonders eindrucksvoll im Schattenspiel, das aber nicht überstrapaziert wird. Wie es heißt, waren die „Freunde“, die sowjetischen Berater der DEFA, mit der Umsetzung des russischen Klassikers ohne Worte nicht zufrieden.
Marceau selbst fand die filmische Auflösung äußerst gelungen, während er den Film „Der Sonntagsmaler“ als schwach betrachtete. Der wurde, weil man bei der DEFA (wahrscheinlich nicht ganz zu Unrecht) glaubte, eine stumme Handlung verstieße gegen die Sehgewohnheiten, mit heiteren Versen um einen Amateurmaler, der sich in eine Feldschönheit verliebt, unterlegt. Die Verse schrieb der Kabarettist und jahrzehntelange Weltbühnen-Autor Karl Schnog. Der erstklassige Sprecher war (anders als auf dem Cover angegeben) der frischgebackene Nationalpreisträger Werner Peters. Doch die Geschichte bediente Ressentiments. Der junge Maler wollte mit verschobener Perspektive formal Neues ausprobieren, was das einfache Volk nicht begriff und korrigierte. „Willst du ein wahrer Künstler werden, bleib mit den Beinen auf der Erden“, resümierte Schnog den Ausbruchsversuch.
Diese Zusammenstellung, die – mit Bundesmitteln digital restauriert – in bester Bildqualität vorliegt, ist ein amüsantes Beispiel für die Kunst der Pantomime, gespiegelt im Film der fünfziger Jahre, und ein Dokument der frühen Schaffensphase eines der größten Künstler des 20. Jahrhunderts.
Marcel Marceau – Die Kunst der Pantomime, Regie Wolfgang Schleif, DDR 1951-69, absolutMEDIEN, Sonderpreis 9,90 Euro.

F.-B. Habel

Das Bundeskabinett – ein Hort von Legasthenikern

Die jüngsten Angaben der Bundesregierung zu den deutschen Rüstungsexporten geben Auskunft darüber, wer die Legastheniker im Bundeskabinett sind.
Ein illustrer Kreis, dem, angeführt von der Bundeskanzlerin, auch die Bundesminister Maas (Auswärtiges, SPD), (bisher) von der Leyen (Verteidigung, CDU), Scholz (Finanzen, SPD), Seehofer (Inneres, CSU), Lambrecht (Justiz, SPD) und Altmaier (Wirtschaft) angehören.
Diese Damen und Herren bilden den sogenannten Bundessicherheitsrat, in dem meist für, selten gegen Rüstungsexporte entschieden wird.
Im Koalitionsvertrag der jetzigen GroKo vom 7. Februar 2018 ist dazu festgeschrieben: „Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“
Insgesamt hat der Bundessicherheitsrat bis Juni Rüstungsexporte in Höhe von 5,3 Milliarden Euro und damit mehr als im gesamten Vorjahr (4,8 Milliarden) genehmigt. Zweitgrößter Empfänger ist Ägypten (801,8 Millionen), sechstgrößter sind die Vereinigten Arabische Emirate (206,1 Millionen). Beide Länder sind aktive Kriegsbeteiligte im Jemen.

am

Ökoschizophren

Experten haben eine neue Pandemie ausgemacht – Ökoschizophrenie. Politik, Krankenkassen und Marburger Bund zeigen allerdings immer noch eine befremdliche Zurückhaltung, die Sache angemessen ernst zu nehmen.
Dabei ist es für den Einzelnen kinderleicht festzustellen, ob er selbst bereits infiziert ist. Er muss dafür lediglich zur Mehrheit der deutschen Wähler gehören, bei denen einschlägigen Meinungsumfragen zufolge das Thema Klimaschutz auf Platz eins rangiert. Wenn der Betreffende dann auch nur eines der folgenden Kriterien erfüllt, ist die Grunderkrankung bereits eingetreten:

  • Urlaub auf Kreuzfahrtschiffen. (Der Boom der Branche ist ungebrochen; 2018 kreuzfahrten 2,3 Millionen Deutsche, doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor.)
  • SUV oder gleich Geländewagen fahren. (Die Anzahl der Neuzulassungen in Deutschland hat sich seit 2013 mehr als verdoppelt. Der Marktanteil von Hybrid- und Elektroantrieben stagniert hingegen bei 2,6 Prozent.)
  • Flugreisen unternehmen. (Das Passagieraufkommen an deutschen Flughäfen ist seit 2001 um rund 74 Prozent gestiegen.)
  • ungebremst Fleisch konsumieren. (Der Pro-Kopf-Verbrauch der Deutschen liegt aktuell bei rund 60 Kilo im Jahr. Wie schon vor 14 Jahren!)

Dabei gibt es mindestens ein leuchtendes Vorbild – unsere Bundeskanzlerin. Ein CO2-Fußabdruck Angela Merkels existiert praktisch nicht: Im Urlaub unternimmt sie seit jeher keine Flugreisen, sondern bewegt sich auf Schusters Rappen im Gebirge. SUV hat sie keinen. Ihr Ausspann-Domizil liegt in der Uckermark nicht im Tessin oder auf Ibiza. Auch dienstlich ist sie topp, seit ihre Bundeswehrmaschine wegen immer neuer Ausfälle meist schnell wieder vom Himmel ist oder gleich am Boden bleibt. So buchstabiert sich Nachhaltigkeit.

gm

Es geht auch noch teurer

Das Kostenzählwerk für Berlins teuerste Pleite, den neuen Flughafen in Schönefeld (BER) stand am 16. Juli, um 10:22 Uhr, als diese Zeilen zu Papier gebracht wurden, bei 5.405.686.415 Euro, was 6.640.892 Kita-Plätzen entsprach oder 451.904 Monatsgehältern des brandenburgischen Ministerpräsidenten.
Nach bereits sieben gecancelten Eröffnungsterminen steht Presseberichten zufolge auch der achte – Oktober 2020 – intern bereits wieder zur Debatte. Wegen andauernder technischer Probleme.
Der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, als (ab 2006) Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft einer der Hauptverantwortlichen für jene Weichenstellung, die zum BER-Debakel führte, nämlich die größenwahnsinnige Annahme der Bauherren, auf einen Generalunternehmer verzichten zu können (siehe dazu Blättchen 14/2018), ist mit dem unsterblichen Bonmot in Erinnerung geblieben: „Es ist nicht so dramatisch, wie viele immer sagen, dass die ganze Welt nur noch über Berlin lacht. Das ist Quatsch.“ Das war zu einer Zeit, als die erste Eröffnungsverschiebung anstand.
Doch mag es kommen, wie es will – eine Chance auf die teuerste Pleite der Welt hat der BER nicht wirklich. Dieser Rang gebührt zweifelsohne dem Flugzeugträger USS „Gerald Ford“, dem 337 Meter langen und 78 Meter breiten Flaggschiff einer neuen Generation derartiger Kriegsmaschinen, zu der Commander-in-Chief Donald Trump anlässlich der Indienststellung der „Gerald Ford“ im Jahre 2017 meinte: Wo immer auch einer dieser Träger „am Horizont erscheint, werden unsere Verbündeten ruhig schlafen und unsere Feinde vor Furcht erzittern“.
Derzeit allerdings können auch die Feinde derzeit noch ziemlich ungestört schlafen, denn seit Sommer 2018 liegt die „Gerald Ford“ wieder in der Werft und wird dort mindestens bis Oktober bleiben. Dafür haben gravierende Pannen in zentralen Bereichen des Carriers gesorgt. Weder funktionieren die elektromagnetischen Aggregate für die Flugzeug- sowie Drohnenstarts und -landungen störungsfrei, noch die ebenfalls elektromagnetisch betriebenen Aufzüge, die Fluggeräte und Lenkwaffen aus ihren unter Deck liegenden Hangars und Depots nach oben befördern sollen. Auch mit der Mechanik des auf zwei Atomreaktoren beruhenden Schiffsantriebs, der die „Gerald Ford“ auf bis über 50 Kilometer pro Stunden bringen soll, hapert es.
Da alle diese Probleme bereits 2014 bekannt waren, sind, um es mit Albert Einstein zu sagen, Prognosen schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.
Veranschlagt war die „Gerald Ford“ zu Baubeginn vor zehn Jahren mal mit der irren Summe von rund acht Milliarden US-Dollar. Tatsächlich verausgabt worden sind mittlerweile knapp 18 Milliarden. Dafür hätte man 13 Elbphilharmonien hinklotzen können.
Weder die Kosten, noch die unbewältigten technischen Probleme konnten den US-Kongress, der die Finanzen bewilligt, und das Pentagon, das als Auftraggeber fungiert, jedoch daran hindern, bereits drei weitere Schiffe der „Gerald Ford“-Klasse auf Kiel zu legen oder zumindest zu beschließen.
Doch wie meinte schon Kurt Tucholsky so schön? „Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.“

am

Shit happens

Sicherheitspolitische Experten in einschlägigen wissenschaftlichen Einrichtungen und bei den Medien hatten hierzulande eigentlich nie Zweifel daran, wo die restlichen bis zu 200 (von während des Kalten Krieges mal einigen tausend) taktischen US-Kernwaffen in Europa gelagert sind – in der Bundesrepublik (D), in den Niederlanden (NL), in Belgien (B), Italien (I) und in der Türkei (T). Auch die entsprechenden Stützpunkte waren kein wirkliches Geheimnis – Büchel (D), Kleine Brogel (B), Volkel (NL), Aviano und Ghedi (I) sowie Incirlik (T).
Eines gab es allerdings nie, weder vonseiten der USA, noch der NATO, noch auch nur der Stationierungsländer – eine offizielle Bestätigung dafür. Die ist, einem Bericht der Washington Post vom 16. Juli zufolge, nun aus Versehen nachgeholt worden. In einem veröffentlichten, „Eine neue Ära der nuklearen Abschreckung? Modernisierung, Rüstungskontrolle und alliierte Atomstreitkräfte“ betitelten kanadischen Bericht für den Verteidigungs- und Sicherheitsausschuss der Parlamentarischen Versammlung der NATO. In dem hieß es: „Diese Bomben werden an sechs […] Stützpunkten gelagert – Kleine Brogel in Belgien, Büchel in Deutschland, Aviano und Ghedi-Torre in Italien, Volkel in den Niederlanden und Incirlik in der Türkei.“
Nachdem der Lapsus ruchbar geworden war, wurde der Bericht berichtigt, die entsprechende Passage getilgt.
Aber warum eigentlich? Es stand doch nichts wirklich Neues drin.

Sarcasticus

Adel verpflichtet! Zu maßlosen Forderungen

Jetzt wurde bekannt, dass ähnlich den sächsischen Wettinern, den Welfen, den Obotriten und anderen deutschen Adelshäusern auch die Hohenzollern von der Bundesrepublik die Restitution einzigartiger Kunstwerke und anderweitiger historischer Artefakte aus Museen, Bibliotheken und Archiven fordern. Da kann man doch wirklich nur sagen: Einmal Schmarotzer, immer Schmarotzer! Denn die historisch angeeigneten Einkünfte, Besitzstände und Vermögen des Adels hatten ja nun zu keinem Zeitpunkt auch nur das Entfernteste mit eigener Hände Arbeit zu tun, sondern beruhten immer komplett auf der Ausplünderung derer, die das Pech hatten, ihr Leben als Untertanen oder – nach erfolgreichen Raubkriegen – als Besiegte fristen zu müssen.
Darüber, was die Nachfahren des ehemaligen preußischen Königs- und Kaiserhauses mit den Objekten ihrer Gier vorhaben, besteht ebenfalls keine Unklarheit. 2012 ließen sie den „Beau Sancy“, einen Diamanten aus dem Bestand der preußischen Kronjuwelen, bei einer Auktion in Genf versilbern. Und im vergangenen Jahr verscherbelten sie bei Sotheby’s in London Ausstattungsstücke aus dem Berliner Schloss, ohne der Öffentlichen Hand auch nur die Gelegenheit zu einem Vorkauf einzuräumen.
Die Dreistigkeit der Hohenzollern übertrifft dabei noch die anderer Adelshäuser, fordern sie doch zugleich auch dauerhaftes mietfreies Wohnrecht im Potsdamer Schloss Cecilienhof oder zwei anderen Schlossvillen sowie Zugriff auf die Darstellung der eigenen Geschichte in Ausstellungen und Museen.
Namens der Bundesregierung hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) den Forderungen der Hohenzollern zwar eine Absage erteilt, scheint das aber zu bedauern, da sie ihr Schreiben mit einem „leider“ versah. Zu Ende dürfte die Geschichte damit jedoch nicht sein, denn die Forderer werden nun voraussichtlich die Gerichte bemühen.
Es ist zwar ein aus bekannten Gründen wertgeschätztes Merkmal von Rechtsstaaten, keine Gesetze mit rückwirkender Geltungskraft zu erlassen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind aber sowohl international wie auch in deutschem Rahmen bereits verhängt worden. Anderenfalls hätten die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse ebenso wenig stattfinden können wie die nachträgliche pauschale Abrechnung mit besonders staatsnahen Funktionseliten der DDR mittels reduzierter Strafrenten. Im Hinblick auf die deutschen Adelshäuser sei daher ein Gesetz angeregt, um diese für ihre nicht selten Jahrhunderte umfassenden Herrschaftszeiten zunächst einmal ordentlich zu besteuern.

Hannes Herbst

Wirsing

Die SPD ist in der Politik weitgehend erfolglos, aber es gibt neue Ideen auf einem anderen Feld, wie man einer Meldung der Tagesschau entnehmen konnte. Die Partei wechselt ihr Tätigkeitsfeld von der Politik in die Publizistik, wenn man den Nachrichten glauben darf: „Die kommissarische SPD-Chefin Dreyer bekräftigte den Führungsanspruch ihrer Partei in der Rheinischen Post.“ Die SPD hat jetzt also den Anspruch, eine Düsseldorfer Tageszeitung zu führen. Noch hat die eine Auflage von fast 300.000. Das dürfte sich nun erledigt haben …

Fabian Ärmel

Aus anderen Quellen

Gottseidank halten uns besorgte Experten – unterstützt von den Qualitätsmedien – auf dem Laufenden über die russische Bedrohung. (Siehe dazu auch „Brief aus Moskau“ in dieser Ausgabe.) Steht der Iwan also erst wieder in Berlin, dann jammere niemand, er habe von nichts gewusst.
Gerade haben die Kassandren Heinrich Brauß und Joachim Krause – der eine Generalleutnant a. D. der Bundeswehr und gewesener beigeordneter NATO-Generalsekretär, der andere Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel – wieder Alarm geschlagen: Die russische Militärdoktrin sehe „unter anderem vor, dass konventionelle und nukleare Kräfte und Mittel einen integrierten Verbund bilden und dass auch der Einsatz von Nuklearwaffen oder die Drohung mit ihnen ein Mittel der operativen Kriegsführung darstellen“. Im Falle eines bewaffneten Konflikts könnte Moskau versuchen, „Überraschungsangriff mit begrenztem Ziel zu führen, der durch nukleare Drohung untermauert würde, bevor die Nato effektiv reagieren kann“.
Leider ist der betreffende Beitrag in der Welt am Sonntag vom 14.07.2019 (Tenor: „Russland bereitet sich auf regionale Kriege in Europa vor“) nicht frei im Internet zugänglich. Aber dankenswerter Weise haben sich Thomas Pany und Tilo Gräser en detail damit auseinandergesetzt.
Thomas Pany: Nato vs. Russland: Wer hat die Eskalationsdominanz?,
heise.de, 14.07.2019. Zum Volltext hier klicken.
Tilo Gräser: Will Russland Krieg in Europa? – Transatlantiker mit absurder „Räuberpistole“, sputniknews.com, 15.07.2019. Zum Volltext hier klicken.

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„Russland ist […] von Klimaveränderungen mehr betroffen, als jedes andere Land der Welt, denn in Sibirien tauen Permafrostböden auf und Wetterextreme häufen sich“, schreibt Thomas Röper. Trotzdem werde in Deutschland „immer behauptet, Russland sei der Klimaschutz egal, Russland würde gar den (menschengemachten) Klimawandel bestreiten. Den Klimawandel bestreitet Russland keineswegs, aber es wird in Frage gestellt, ob und wie stark der Mensch dafür verantwortlich ist und ob es überhaupt möglich, den CO2-Ausstoß so zu reduzieren, wie es in Deutschland propagiert wird.“
Röper hat auf seiner Website „ANTI-SPIEGEL. Fundierte Medienkritik“ daher eine Putin-Rede zum Thema Klima und zu anderen globalen Problemen dokumentiert.
Thomas Röper: Putin im O-Ton über Klimawandel und globale Probleme der Zukunft, anti-spiegel.ru, 14.07.2019. Zum Volltext hier klicken.

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„Die vom Iran erhofften wirtschaftlichen Vorteile, die ihm im Gegenzug zur Begrenzung des Atomprogramms zugesagt wurden, sind nicht eingetreten“, hält Andrey Baklitskiy fest. „Und so ist Teheran nun bereit, nach dem Prinzip ‚weniger gegen weniger‘ zu handeln. Es baut sein Atomprogramm wieder aus, um den USA zu zeigen, dass deren Druck kontraproduktiv ist – und um sein Potenzial für weitere Deals zurückzugewinnen.“
Andrey Baklitskiy: Warum sich Moskau an keiner Kampagne beteiligen wird, die den Iran weiter unter Druck setzt. Eine russische Perspektive auf den Atomkonflikt, ipg-journal.de, 09.07.2019. Zum Volltext hier klicken.

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Der Geist habe zwei schlimme Feinde, so stellt Heribert Prantl ein Aperçu des vielseitigen Gelehrten, sozialistischen Schriftstellers, Übersetzers, Pazifisten und Revolutionärs Gustav Landauer an den Anfang seiner Laudatio auf denselben: „Erstens die Dummheit und zweitens den Verstand. Oft finden sie sich vereinigt in Form kluger Geistlosigkeit […].“ Landauer war pazifistischer Anarchist und einer der Vordenker der Münchner Räterepublik. Sein Freund Kurt Eisner, der erste Ministerpräsident des Freistaats Bayern, war schon vor der Ausrufung dieser Republik (am 7. April 1919) von der Reaktion ermordet worden – am 21. Februar 1919. Landauer teilte dieses Schicksal am 2. Mai 1919.
Heribert Prantl: Prantls Blick – die politische Wochenvorschau, sueddeutsche.de, 28.04.2019. Zum Volltext hier klicken.

Letzte Meldung

Es haben mal wieder Menschen auf dem Trottoir genächtigt und zu (dieses Mal nur) Hunderten am Morgen im strömenden Regen gestanden, um zum Zeitpunkt der Geschäftsöffnung ganz vorn am Zugang zum Nirwana zu stehen.
Der jetzige Anlass war kein gehyptes Apple-Gadget und auch keine neu eröffnende schlüpferosane Shopping-Mall in Berlin, sondern – Karel Gott. Die güldene Stimme aus Prag. Zu dessen 80. Geburtstag editierte ein Plattenladen im Zentrum der tschechischen Hauptstadt einen „Null-Euro“-Ehrenschein mit dem Konterfei des – für die einen göttlichen, für andere gottvollen – Barden. Zum Schnäppchenpreis von zwei Euro.
Drängt sich da nicht wieder einmal die Frage auf, wieso eigentlich die anmaßende Erhebung des Menschen zur Krone der Schöpfung noch immer im Schwange ist?

Alfons Markuske