19. Jahrgang | Nummer 2 | 18. Januar 2016

Bemerkungen

Rascher Abschied

2016 – verdammt noch mal, wieso denn das? Eben hatten wir doch noch das gute alte 2015, bekannt aus Funk und Fernsehen und beliebt bei jedermann! Ich bin durchaus kein Freund des Immergleichen, aber es wäre doch gut gewesen, dieses wohlvertraute 2015 wenigstens um drei Monate zu verlängern. Zumal die Garantiezeit meines Wissens längst nicht abgelaufen ist. Wir hätten noch dies und das in aller Ruhe erledigen können – draußen am Waldesrand, am Försterhaus, wo der Kuckuck klebt, oder in der Liebeslaube auf der Streuobstwiese. Hatte es nicht im November erst geheißen: 2015 – wir sind Spitze! und: 2015 – da weiß man, was man hat!? Aber jetzt ist das anscheinend alles vergessen. Jetzt zählt nur noch das Neue. Vielleicht ist mal die Frage gestattet: Wer hat denn dieses ach so tolle 2016 gewählt oder bestellt, vom Bezahlen gar nicht zu reden?
Die Strippenzieher bleiben, wie üblich, hinter den Kulissen; wahrscheinlich wieder einmal diese weltweit agierenden Kraken mit den Sonnenbrillen. Nur ihre Helfershelfer, an allen Tarifverträgen vorbei zum Judaslohn bezahlt, hampeln auf der Bühne herum, hantieren mit Tricks ganz tief aus der Mottenkiste. Hier, haltense mal. Ein Karton der Jumbo-Klasse wird einem aufgedrängt. Ja, was soll ich denn damit? Bloß mal n Moment halten – im Tonfall klingen deutlich die Worte du Blödmann mit. Nichtsahnend greift mancher zu, verdammt schwer, das Ding, auf einmal ist der Kerl verschwunden. Wohin jetzt damit? Feierliche Stimme von oben: So, mein Herr, nun gilt es Verantwortung zu übernehmen! An der Seite klebt die sogenannte Bau- und Gebrauchsanleitung für das Jahr 2016: Punkt 354: Rцschen Herzuch Lasche 232 über Knüfel 71 … Punkt 769 Ringwüde 1017 in Poschen KL bringen … Aber ehrlich gesagt, es sind nur wenige, die diesem Bauernfänger auf den Leim gehen. Die meisten jiepern doch geradezu nach diesem 2016. Kriegen wieder mal den Hals nicht voll. Und zuletzt das große Gejammer: 2016 – warum nur, warum? oder 2016 – musste das sein? Allerdings. Wenn man sich derart dämlich verhält, dann muss das sein. Dann kann das gar nicht anders enden. Mitleid überflüssig, immer feste druff!

Erhard Weinholz 

Mit Kopf und Herz

Günter Reisch (1927-2014) zählte zu dem Halbdutzend der wichtigsten Spielfilmregisseure der DEFA – wichtig nicht unbedingt in der Zahl von Filmen, die Vollendung waren, wichtig aber als einer, der zeigte, dass man Humor haben kann, obwohl man parteilich ist, und dass man ein Humanist sein kann, und doch für den Kampf, den Kampf für die Allgemeinheit, für eine bessere Welt brennen kann. Glücklicherweise hat der Schwerkranke seine Memoiren begonnen, aber dass er sie nicht vollenden konnte, wird durchaus aufgewogen durch die Arbeit der Herausgeber Peter Warnecke und Beate Reisch (der in allen Künsten bewanderten Witwe des Filmemachers).
Das Buch „Günter Reisch … will Regisseur werden“ liegt seit einem halben Jahr vor und verbunden mit Reischs Biografie gibt es authentische Einblicke in die Geschichte der DEFA mit allen Höhen und Tiefen. Nach dem Tod seines väterlichen Freundes Kurt Maetzig, 1946 Mitbegründer der DEFA und vitaler Zeitzeuge bis zu seinem Tod 2012 im 102. Lebensjahr, galt Reisch vielen als der letzte Zeuge der Frühzeit der DEFA, zu der der Potsdamer Junge als Volontär 1947 gestoßen war. Bescheiden wie er war, wies er immer darauf hin, dass der zwei Jahre jüngere Regisseur Joachim Kunert (der heute die Öffentlichkeit meidet), schon kurz vor ihm hier seine Laufbahn begann.
Zuvor liegen aber die prägenden Kriegserlebnisse, die Reisch erzählt und auch nicht ausspart, wie er – ähnlich wie andere Gleichaltrige – zum verkappten NSDAP-Mitglied gemacht wurde. Mit Leidenschaft setzte sich Reisch ab 1945 für ein neues, besseres Deutschland ein und blieb bei aller kritischen Distanz bis ans Lebensende davon überzeugt, es in der DDR gefunden zu haben. Nach Regieassistenzen unter anderen bei Gerhard Lamprecht und Kurt Maetzig kann Reisch ab 1955 eigene Filme drehen und pendelt bis zum Ende seiner Regielaufbahn 1987 zwischen heiteren und historischen Stoffen. „Maibowle“ (1959) oder „Ein Lord am Alexanderplatz“ (1967) laufen gelegentlich noch im Fernsehen, während es schwerere Stoffe wie „Gewissen in Aufruhr“ (1961), die beiden Liebknecht-Filme (1965/72) und Reischs Meisterwerke „Wolz – Leben und Verklärung eines deutschen Anarchisten“ (1974) und „Die Verlobte“ (1980) kaum in die Programme schaffen. Fast nüchtern und doch nicht ohne Stolz schreibt Reisch auch über die Tragikomödie „Anton der Zauberer“ (1979), die sowohl bei der Kritik als auch beim Publikum ein Erfolg wurde.
Wichtiges Anliegen war Reisch immer, seine Erfahrungen an junge Leute weiterzugeben. Schon in jungen Jahren lehrte er an der Babelsberger Filmhochschule, und bis ins 80. Lebensjahr nahm er seine Honorarprofessur an der Bauhaus-Universität in Weimar wahr. So wird das letzte Kapitel des Buches von seinen Schülern getragen, darunter von Andreas Dresen, der 1986 Reischs Assistent in „Wie die Alten sungen“ war. Er sagte von seinem verehrten Lehrer: „Filme macht man natürlich auch mit dem Kopf, aber zuallererst macht man sie mit dem Herzen. Das habe ich von ihm gelernt.“

F.-B. Habel

Peter Warnecke, Beate Reisch (Herausgeber): Günter Reisch … will Regisseur werden, Verlag Neues Leben, Berlin 2015, 288 Seiten, 19,99 Euro.

Auf ein Neues!

Berlins modernes Volkstheater, das Prime Time Theater, schreitet mit dem aktuellen Stück seiner Sitcom „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ (GWSW) neuen Zeiten entgegen. Die immerhin 100. Folge aus zwölf Jahren ging im Herbst über die Bühne. Alle hatte die Mitbegründerin Constanze Behrend geschrieben und inszeniert. Nun hat sie sich vom Fernsehen abwerben lassen, aber die von ihr geschaffenen Figuren sind dem Theater geblieben. Da hat das Ensemble selbst das Heft in die Hand genommen. Schauspieler schreiben Stücke? Die sollen sich mit den genialen Einfällen der Erfinderin messen können? In der 101. Folge „Auf ein Neues!“ erweist sich, dass Behrends Schule Früchte trägt.
Ihr langjähriger Co-Regisseur Philipp H. Lau hat diese Folge geschrieben, zusammen mit Hausherrn Oliver Tautorat inszeniert, und es erweist sich: Die Charaktere sind stark genug, dass sie ohne Einbuße weiterentwickelt werden können. Nach der Feuerkatastrophe hat Ahmed seine bisherige Imbissbude zu einem „Döner Diner“ veredelt, und die schwangere Sabrina (Alexandra Marinescu) scheint mit Curly (Oliver Tautorat) glücklich zu werden – wenn sie nur nicht unter so starken Stimmungsschwankungen leiden würde! Die Freunde Tömmle und Üwele aus dem Prenzlauer Berg haben nach der Männerstillgruppe nun die Mäbamme, die männliche Hebamme, ins Leben gerufen. Was die Schauspieler Daniel Zimmermann und Philipp Lang als Schwangerengymnastik mit dem jungen Paar anstellen, wird so fröhlich ausgekostet, dass ein Stammzuschauer bestätigte, er habe schon lange in diesem Theater nicht mehr so gelacht – und das will etwas heißen!
Während zuletzt das eine und andere Mal bei GWSW einzig der fröhliche Kalauer regierte, ist die neue Folge kabarettistischer geworden. Da gibt es Anspielungen auf aktuelle Ereignisse in Neukölln und Köln, und Ahmed wünscht sich, dass seine Tochter Ratte (Cynthia Buchheim) erste Präsidentin der Türkei wird, denn mit Erdogan sei er nicht recht einverstanden. So etwas hat man hier lange nicht mehr gehört und wünscht sich mehr davon!

Frank Burkhard

Gutes Wedding, schlechtes Wedding, Folge 101: Auf ein Neues!, bis 19.2. täglich außer dienstags und mittwochs, 20.15 Uhr, Prime Time Theater Wedding, Müller-/Burgsdorfstraße

Film ab

Man könnte Zeitgenossen, die keine Western mögen, diesen Film trotzdem empfehlen, denn grandiosere Landschaftsaufnahmen von der im Wesentlichen noch unberührten Natur des Westens der USA, ohne dass das totgefilmte Monument Valley auch nur dabei wäre, gab es bisher schwerlich. Aufnahmen, die, auch wenn sie in Argentinien entstanden, verdeutlichen, dass der Wilde Westen auch in dieser Hinsicht seinen Namen zurecht erhielt.
Naturliebhaber allerdings sind häufig besonders sensible Menschen, und solche sollten sich diesem Film keinesfalls aussetzen, denn er geht mit dem, was da Menschen und Tieren widerfährt und angetan wird, über die Grenze des Erträglichen um einiges und wiederholt hinaus. Etwa wenn die von Leonardo DiCaprio gegebene Hauptfigur, die historische Trapperlegende Hugh Glass, sein zu Tode gestürztes Pferd ausweidet, um sich darin zu verkriechen und so der tödlichen Kälte einer Winternacht zu entgehen.
Der Filmtitel gibt sich lakonisch, aber „This Way The West Was Won“ hätte besser gepasst – als brutalst-reale Reminiszenz an „How The West Was Won“ von 1962. Der hatte die Eroberung des amerikanischen Westens von 1840 bis 1890 durch weiße Desperados, Goldsucher, Jäger und Heerscharen von Siedlern auf ziemlich idealisierende Weise in Szene gesetzt. Dass der Wilde Westen den vielfach heroisierenden Klischees, die von ihm immer noch im Schwange sind, nicht entsprach, weiß man lange. In jüngster Zeit haben Filme wie „The Homesman“, Serien wie „Hell on Wheels“ oder „Deadwood“ und der wiederentdeckte großartige Roman „Butcher‘s Crossing“ von John Williams die Axt mit besonderer Schärfe an diese Klischees gelegt. Aber „The Revenant“ mit seiner gnadenlosen Bilderwucht übertrifft sie alle. Homo homini lupus könnte durchaus die Quintessenz auch dieser Periode gewesen sein, und die amerikanischen Ureinwohner hatten, bei aller Berechtigung ihres Kampfes gegen die weißen Eindringlinge, ebenfalls einen Anteil daran, was Regisseur und Drehbuch-Mitautor Alejandro Gonzalez Iñárritu nicht ausspart.
DiCaprio ist vor „The Revenant“ bisher viermal für den Oscar nominiert worden, davon dreimal als bester Hauptdarsteller. Erhalten hat er keinen. Auch wenn DiCaprio in etlichen seiner Interviews zum Film den Eindruck zu vermitteln suchte, das Spielen dieser Rolle wäre der Härte der gezeigten Realität nicht unähnlich gewesen und damit etwas dick aufgetragen hat – sollte er dieses Mal wieder leer ausgehen, dann: „Fuck the whole Oscar circus!“

Clemens Fischer

„The Revenant“, Regie: Alejandro Gonzalez Iñárritu. Derzeit in den Kinos.

Bewegungspflicht

Das Kölner Publikum wird auf die „Bewegungspflicht“ hingewiesen. Bloßes Vergnügen reicht eben nicht aus… Aber die dargebotene Musik bleibt auch nicht in den Gehörgängen stecken, sondern geht direkt in die Beine. Ruhiges Zuhören im Sitzen oder im Stehen ist hier wirklich ein Ding der Unmöglichkeit.
Zwar haben sich Fiddler’s Green in den 25 Jahren ihres Bestehens noch nicht den Bekanntheitsgrad der irischen Kultband Dubliners erspielen können, doch sie haben mittlerweile deutschlandweit eine beachtliche Fangemeinde, die ihren Stil irischer Volksmusik, der sehr rockig unterlegt ist, schätzen. Das Sextett aus Erlangen bezeichnet diese Musik als „Irish Speedfolk“, eine kreative Mischung aus Folk, Rock, Reggae, Ska und Punk.
Auf dem Livealbum „25 blarney roses“ bieten sie einen Querschnitt ihres musikalischen Schaffens. Neben original irischen Kompositionen (etwa das titelgebende „Blarney Roses“) gibt es eine Vielzahl an eigenen Stücken. Die fränkische Combo pflegt in authentischer Manier die Lebensfreude der Grünen Insel.
Schon Heinrich Böll hatte ja in seinem „Irischen Tagebuch“ eine literarische veredelte Ode an das aus Sicht eines Kontinentaleuropäers kauzig anmutende Inselvölkchen geschrieben.
So denken Deutsche bei negativen Erlebnissen oder Ereignissen immer in Katastrophendimensionen. Die Iren dagegen hätten, so Böll, eine Haltung kultiviert, die da lautet: „It could be worse!“ Es könnte noch schlimmer kommen …
Vielleicht ist es gerade ihre Musik, die vor allzu depressiven Anwandlungen schützt? Mit Gitarre, Geige, Banjo, Mandoline und Akkordeon gelingt es Fiddler’s Green, in ihren Konzerten diesen irischen Musik- und Lebensstil auf die Bühne zu zaubern.
Und die CD hält ihr Kölner Konzert auch für die Nichtanwesenden fest. Aber auch für CD-Hörer gilt natürlich: Bewegungspflicht!

Thomas Behlert

Fiddler’s Green: 25 blarney roses – Live in Cologne, CD 2015,(eine DVD-Veröffentlichung ist ebenfalls erhältlich), Label: Deaf Shepherd Recordings/Indigo, 17 Euro.
PS: Im April 2016 treten Fiddler’s Green auch in Potsdam, Bonn, Halle und Karlsruhe auf.

Aus anderen Quellen

Wäre der dritte Weltkrieg Ende der 1950er Jahre ausgebrochen, dann hätte es auf den Ostteil von Berlin, Bernau, Hennigsdorf, Oranienburg, Potsdam, Schönwald und Velten womöglich 91 US-Atombomben gehagelt. So viele Ziele jedenfalls weist eine Atomwaffenbedarfsstudie des amerikanischen Strategic Air Command von Juni 1956 auf, die aus dem amerikanischen Nationalarchiv in College Park (Bundesstaat Maryland) kurz vor Weihnachten erstmals frei gegeben wurde.
Die meisten Bomben sollten auf Ziele fallen, die als militärisch relevant galten: Bahnanlagen, Treibstofflager, Hafenanlagen, Militäreinrichtungen sowie Rundfunksender. Für jede Ortschaft war aber auch jeweils eine Bombe gegen die Zielkategorie 275 vorgesehen: Bevölkerung. Ob dabei auch ein Gedanken an das Schicksal Westberlins verschwendet wurde, ist nicht bekannt.
Im Gesamtbereich des Warschauer Vertrages plus China summieren sich die Ziele auf 2.200 – davon 1.000 Flugplätze und 1.200 Städte; letztere zum Teil vielfach anvisiert (zum Beispiel Moskau: 179 Einzelziele, Leningrad: 145).
Diese Zielplanung, meint der Autor in Springers Hauspostille, „ergab […] durchaus Sinn – natürlich nur im Rahmen eines strategischen Denkens, das den Einsatz von Kernwaffen für grundsätzlich zulässig hielt.“ Wie der Autor selbst dies beurteilt, wird aus seinem Nachsatz nicht wirklich klar: „Aus heutiger Sicht, die bereits kleinere friedenssichernde militärische Einsätze für mindestens genauso problematisch hält wie den ganzen Zweiten Weltkrieg, ist dieses Denken jedoch verstörend und unverständlich.“
Sven Felix Kellerhoff: Hunderte Ziele von US-Atombomben in der DDR,
Die Welt (online), 23.12.2015. Zum Volltext hier klicken.

*

Seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts befinden sich die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland in einem mehr oder weniger offen konfrontativen Zustand. „Ein Merkmal dieses veränderten Beziehungsumfelds“, schreibt Nathalie Schüler in der Einleitung ihrer Studie, „ist die Zunahme von direkten militärischen Begegnungen und Beinahe-Zusammenstößen zwischen Streitkräften der NATO und Streitkräften Russlands […].“ Ihr Fazit: „Das Ziel einer strategischen Partnerschaft der NATO und Russland scheint vorerst gescheitert und der ordnungspolitische Konflikt unüberbrückbar.“
Nathalie Schüler: Aufrüstung der NATO-Ostflanke. Die Umstrukturierung der NATO-Politik vor dem Hintergrund von Ukraine-Konflikt und Russland-Krise, IMI-Studie, Nr. 11/2015 – 11.12.2015. Zum Volltext hier klicken.

*

„Zu einer erfolgreichen Integration“ von Flüchtlingen, vermerkt Ludger Wößmann, „gehören viele Dimensionen – Sprache, Kultur, Grundwerte und vieles mehr. Aber letztlich wird Integration in all diesen Dimensionen nur gelingen, wenn es auch gelingt, die Integration in den Arbeitsmarkt zu schaffen. […] Die Migrationsforschung hat wiederholt belegt, dass Spracherwerb und berufliche Qualifikationen der Migranten entscheidende Faktoren für die Integration am Arbeitsmarkt sind. Dies gilt besonders am heutigen deutschen Arbeitsmarkt, auf dem 20 Prozent der Personen ohne berufsqualifizierenden Bildungsabschluss arbeitslos sind – im Vergleich zu fünf Prozent der Personen mit mittlerem Qualifikationsniveau, z.B. einer Berufsausbildung, und 2,5 Prozent der Personen mit Hochschulabschluss.“
Ludger Wößmann: Integration durch Bildung. Für eine realistische Flüchtlingspolitik, Forschung & Lehre, 1/16. Zum Volltext hier klicken.

*

„Der großformatige Zweibänder wiegt 5,2 Kilogramm und umfasst 1966 Seiten. In soldatisch-feldgraues Leinen gebunden, prangt darauf der in dezentem SA-Braun eingeprägte Titel ‚Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition‘.“ Eine Rezension, die mit solch einem ersten Satz beginnt, man ahnt es, endet nicht in einem Verriss – sie ist ein Verriss. In diesem Fall von Götz Aly, und der weiß dies nachvollziehbar zu begründen.
Götz Aly: Die neue „Mein Kampf“-Edition erstickt im Detail, Berliner Zeitung (online), 12.01.2016. Zum Volltext hier klicken.

*

Verfügen Sie etwa immer noch über Geld, das Sie mittels profitgieriger Banken noch nicht verzockt haben? Dann sollten Sie das spätestens jetzt vielleicht besser von Ihrem Kreditinstitut holen und in den Sparstrumpf unterm Kopfkissen stecken oder den Kindern, respektive Enkeln, mit (noch) warmer Hand schenken oder den Obdachlosen und den nicht immer nur unterhaltsamen Straßen- und ÖPNV-Musikanten mal mehr als nur eine 20-Cent-Münze zukommen lassen. Denn: „Knapp sieben Jahre nach Beginn der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise“, so skizzieren Frédéric Lemaire und Dominique Plihon die aktuelle Horrormeldung für alle Klein- und Mittelsparer, „steht die nächste Deregulierungswelle bevor. Die Panik, die im Herbst 2008 die Chefetagen der Banken erfasst hat, ist nur noch ferne Erinnerung, ebenso die seinerzeit geplanten Maßnahmen gegen diverse halsbrecherische Finanzoperationen. EU-Finanzkommissar Jonathan Hill meint, es sei an der Zeit, in Europa ‚alte Schranken einzureißen und den freien Kapitalverkehr zwischen allen 28 Mitgliedstaaten zu erleichtern‘ – weshalb die EU-Kommission der Kapitalmarktunion höchste Priorität einräumt.“
Frédéric Lemaire / Dominique Plihon: Eine finanzpolitische Zeitbombe. Die geplante Kapitalmarktunion setzt auf noch mehr Deregulierung in der EU, Le Monde diplomatique, 07.01.2016. Zum Volltext hier klicken.

Kultursoziologie aktuell

Das nach dem Ende des Kalten Krieges geweissagte Ende der Geschichte ist nicht gekommen – auch nicht in Osteuropa. Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Kultursoziologie ist den utopischen und realen Zusammen- wie Umbrüchen im europäischen Osten nach 1989/1990 gewidmet. Insbesondere das Scheitern von Utopien in den Transformationsprozessen postkommunistischer Staaten und die historischen sowie ideologischen Bedingungen des ungarischen Nationalismus der Gegenwart werden unter die Lupe genommen.

Christoph S. Widdau

Kultursoziologie Nr. 3/15 (Zeitbrüche im Osten), Verlag WeltTrends, Potsdam, 98 Seiten, 9,90 Euro. Bestellung via Internet.

WeltTrends aktuell

Angesichts der derzeitigen Probleme in Europa und im Nahen Osten geraten die Krisen in anderen Weltregionen in den Medien oft ins Hintertreffen. Auf dem afrikanischen Kontinent halten jedoch Bürgerkriege, wirtschaftliche und soziale Probleme an – Grund genug, im Thema Konfliktursachen und Versuche zu deren Reduzierung zu analysieren. Während Werner Ruf die bürgerkriegsähnlichen Verhältnisse in Mali untersucht, beschäftigen sich Kwesi Aning und Mustapha Abdallah mit der Rolle regionaler Organisationen wie der ECOWAS. Nkwachukwu Orji wirft einen Blick auf die Herausforderungen, vor denen der neue nigerianische Präsident Muhammadu Buhari steht. Die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen auf dem Kontinent fasst Robert Kappel zusammen; Rita Schäfer untersucht die Lage der Frauen auf dem Kontinent.
Der WeltBlick beschäftigt sich vor allem mit der Lage in Syrien, die Hans-Joachim Giessmann, Alexander Neu und Vladislav Belov in Beiträgen beleuchten.
Im Forum äußern sich Autoren aus Griechenland, Russland und der Türkei zu „Athen zwischen Moskau und Ankara”.
Die Intransparenz beim geplanten TTIP-Abkommen kritisiert Jürgen Trittin im Kommentar. Er warnt vor einem neoliberalen Diktat und fordert, Freihandel fair und demokratisch zu gestalten.

am

WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 111, Januar 2016 (Schwerpunktthema: „Blackbox Afrika“), Potsdam / Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.