26. Jahrgang | Nummer 16 | 31. Juli 2023

Bemerkungen

Zitiert

 

Michael Maier stellte seinen Rückblick auf den jüngsten NATO-Gipfel in Vilnius in der Berliner Zeitung vom 15./16. Juli 2023 unter die Überschrift „Eskalation in den Köpfen“ und vermerkte vor dem Hintergrund, dass „sich der Krieg nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ausweiten könnte und eine direkte Konfrontation zwischen den USA und Russland denkbarer erscheinen lässt als zuvor“, unter anderem: „Weil keine westeuropäische Nation sich in den vergangenen Jahrzehnten so aufgestellt hätte, dass sie sich heute selbst verteidigen könnte, ist der Einsatz von Technologie das Mittel der Wahl. Auch der Einsatz von Atomwaffen ist vermutlich bald kein Tabu mehr – wie das Beispiel der Streumunition für die Ukraine zeigt. Obwohl Deutschland die Ächtung dieser perfiden Waffen ratifiziert und sich im Rahmen der Vereinbarung verpflichtet hat, alles zu tun, um die Nicht-Unterzeichner von der Verwendung abzuhalten, sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Deutschland dürfe ‚in der gegenwärtigen Situation den USA nicht in den Arm fallen‘. Wie verdreht das Denken manch eines Politiker ist, zeigt Steinmeiers absurde Begründung: Er sei ‚befangen‘, weil er sich für die Ächtung der Streumunition eingesetzt habe. Daher muss er sich jetzt der Stimme enthalten? Wenn alle Entscheider so denken, kann auch der Einsatz von Atomwaffen gerechtfertigt werden – im übrigen auch auf Seiten der Russen, die ja auch dem Kriegsherrn Putin ‚in der gegenwärtigen Situation nicht in den Arm fallen‘ können.“

ws

Gegen den Bundespräsidenten ist wegen seiner Äußerungen zur US-amerikanischen Lieferung von Streumunition an Kiew Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bonn erstattet worden – zu einer ausführlichen Berichterstattung hier klicken.

 

Witz im Sommerpalais

 

Der witzigste Karikaturist der DDR war wohl der 1928 in Wittgendorf geborene Henry Büttner. Zunächst als Schaufensterdekorateur in einem Chemnitzer Warenhaus arbeitend, verschrieb er sich dann später der Kunst und begann witzige Bilder für Zeitungen zu zeichnen. Bald schuf er Woche für Woche herrliche Ideen für die Humorzeitschrift „Eulenspiegel“ und veröffentlichte in schöner Regelmäßigkeit Bücher für selbigen Verlag. Die Titel der Druckerzeugnisse sagten schon viel aus und waren immer thematisch geordnet: „Der Mann mit dem runden Hut“, „Mahlzeit! – Karikaturen zwischen Messer und Gabel“ und „Unsere Menschen in Protzendorf“ oder auch „Unsere Hausherren von morgen“. Hier trafen Männer mit Strohhüten, Hosenträgern und weiten Hosenbeinen auf Frauen mit nach oben toupierten Haaren, kräftigen Körpern und schwatzhaften Freundinnen. Nie waren die unverkennbaren Karikaturen politisch, sie nahmen vielmehr den Leser mit in Parks, Gärten, Wälder und Wohnungen. Oftmals kam der in sich zurückgezogene, sensible und äußerst kreative Henry Büttner ganz ohne Bildunterschriften aus. Der Spaß ist sofort erkennbar, es wird nicht mehr gezeigt als unbedingt Notwendiges, nur was man für das Verständnis der Situation, des Witzes braucht. Es könnten Skizzen sein, denn da ist ein Haus, ein Zaun, ein Fenster, ein Sofa oder auch mal eine Treppe oder ein vorbeifahrender Zug. Die typisch eckigen Geschlechter entstanden mit den Jahren und wurden Büttners typischer Stil. Genannt sei ein Beispiel: Ein Mann, natürlich mit rundem Hut, will die Türklingel betätigen, doch ein anderer Mann ragt aus dem Fenster und schlägt mit einem Stock auf die klingelnde Hand. Büttner zeichnete ganz im Sinne Christian Morgensterns, der einmal äußerte: „Wenn ich die Welt durchs Prisma meines Witzes fallen lasse – wievielmal ihr Bild gebrochen wird – oft weiß ich selbst es kaum“. Nun schenkte Henry Büttner im vergangenen Jahr dem Satiricum im Greizer Sommerpalais eine Sammlung von 1600 Zeichnungen, darunter auch einige seltene frühe Aquarelle. Daraus wählte der Meister 160 Arbeiten für eine Ausstellung aus, falls denn das Satiricum im Sommerpalais nach den bisherigen Personalausstellungen 1978, 1987 und 2013 überhaupt noch Interesse an einer weiteren hätte. Doch sofort war klar: Unbedingt soll diese neue Büttner-Schau sein und zwar gleich in doppelter Ausführung, denn die Schmuckstücke werden Mitte August aus konservatorischen Gründen ausgetauscht. So hat man die einmalige Gelegenheit Henry Büttners Originale in zwei Ausstellungen zu genießen.

Thomas Behlert

„Henry Büttner. Eigene Auswahl“,bis 31.10.2023, Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz, dienstags-sonntags 10-17 Uhr.

 

Osteuropäische Kultur erkunden

 

Osteuropa – oft hören wir davon nur, wenn es um Kriege, Krisen und Konflikte geht. Viel seltener ist die Rede davon, dass der Osten Europas einen geschichtlichen Raum für kulturellen Reichtum, religiöse und ethnische Vielfalt darstellt. Das vor kurzem erschienene Buch „Adieu, Osteuropa, Kulturgeschichte einer verschwundenen Welt“ des Historikers und Publizisten Jacob Mikanowski möchte diese Verengung durchbrechen.

Mikanowski, 1982 als Kind eines polnisch-jüdischen Vaters und einer ungarischen Mutter in den USA geboren, nimmt uns in seiner kulturgeschichtlichen Zeitreise mit von den Einflüssen in der Römerzeit und dem Auftauchen der Slawen bis hinein in die Ereignisse der Gegenwart. Aufgrund seiner familiären Herkunft hat er einen sehr persönlichen Zugang zum Thema, weshalb ich seine Schilderungen als authentisch empfinde.

Mikanowski hat vermutlich die erste Kulturgeschichte des gesamten osteuropäischen Kulturraums von der Oder bis Sibirien, vom Balkan bis zur Krim geschrieben. Einen Schwerpunkt des Buchs bilden das neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert mit den großen Umbrüchen, Verbrechen aber eben auch technischen und kulturellen Revolutionen. Exemplarisch schildert der Autor hierbei das Leben aus der Sicht damaliger „normaler Menschen“ wie auch berühmter Persönlichkeiten. Für mich war es neu zu lesen, dass der weltbekannte „Kirchenfenstermaler“ Marc Chagall als erster Direktor der Witebsker Volkskunstschule fungierte. Im Buch erfährt der Leser, wie sich Chagall, als ein glühender Revolutionär im Jahr 1918 und im Auftrag eines Sowjets –deem von der Roten Armee im weißrussischen Witebsk organisierten Rat der Selbstverwaltung – für den kostenlosen Zugang breiter Volksschichten zu Bildung und Kultur einsetzte. Über diese Bildungseinrichtung gibt es bis heute keinen deutschsprachigen Wikipedia-Eintrag.

Auch über viele weitere Länder und Landstriche im osteuropäischen Kulturraum Europas, wie Bulgarien, Rumänien und Polen, erfährt der Leser Spannendes und-jedenfalls für mich-völlig Unbekanntes. Mikanowski stellt Sari Saltuk vor, den vielschichtigsten aller islamischen (sic!) Heiligen Osteuropas aus dem 13. Jahrhundert. Um ihn haben sich im Balkan-Islam bis heute fortlebende Mythen gebildet. Ebenso räumt Mikanowski mit falschen Legenden auf. Er beschreibt z.B. die wahren Hintergründe des antisemitischen Pogroms im polnischen Kielce im Jahr 1946. Bei diesem Pogrom wurden über vierzig Menschen jüdischer Abstammung ermordet und „man“ (offen bleibt, wer „man“ ist, S.G.) versuchte, die Schuld dafür im Nachhinein u.a. dem sowjetischen NKWD oder gar „den Zionisten“ zu geben. Mikanowski benennt faktenbasiert die wahren Täter: die „ganz normalen“ Bewohner des Orts. Doch nicht nur die abstoßenden Gräuel des Antisemitismus, sondern auch die großartigen Leistungen jüdischer Künstler und Gelehrter Osteuropas finden ihren Platz in diesem Buch, das keinesfalls von A bis Z durchgelesen werden muss, um seinen Sinnzusammenhang zu verstehen. Vielmehr kann der Leser das Buch gemäß seiner besonderen Interessen „querlesen“ und sich daran erfreuen. Schade nur, dass der Titel „Adieu Osteuropa“ lautet. Ich fände für den Titel „Bienvenue Osteuropa“ passender, weil das Buch den kulturellen Reichtum Europas im hellen Licht erstrahlen lässt, der sonst oftmals vom „kommerziell dominierten Scheinwerferlicht eines kulturellen Blockbuster Einheitsbreis“ überblendet wird.

Stephan Giering

Jacob Mikanowski: Adieu Osteuropa, Kulturgeschichte einer verschwundenen Welt, Rowohlt Verlag, Berlin 2023, 508 Seiten, 34,00 Euro.

 

Sie wollte immer nur spielen

 

„Ulli Wittich-Großkurth gehört zu den kreativsten und produktivsten Keramikerinnen Deutschlands. Geprägt von ihrer Zeit und getrieben von ihrem Temperament hat sie ein umfangreiches Werk geschaffen, das in vielen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten ist“, schreibt die Kunsthistorikerin Doris Weilandt.

Handwerkliches Können, Liebe zum Werkstoff Ton, Ideenreichtum, Experimentierfreude, Themenoffenheit und künstlerische Neugier. Dies alles zeichnet die Grande Dame der Keramik aus, denn so nennt man sie in Fachkreisen.

Gebürtige Thüringerin. Im Jahr 1947 Beginn der Ausbildung bei Walter Gebauer in der traditionsreichen Töpferstadt Bürgel. Gesellen- und Meisterprüfung. Dazwischen Besuch der Fachschule für angewandte Kunst in Erfurt. 1957 Eröffnung einer eigenen Werkstatt in Jena. Ihre vielgestaltigen, von hoher schöpferischer Kraft getragenen Arbeiten werden geschätzt. Sie bringen Ulli Wittich-Großkurth in rascher Folge die Anerkennung als Kunsthandwerkerin ein und die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler (VBK) der DDR. Sie übernimmt den Vorsitz der Sektion im VBK, Bezirk Gera. Und stellt sich mit großem persönlichem Einsatz den damit verbundenen Herausforderungen. Teilnahme an nationalen und internationalen Ausstellungen und Symposien; sie erhält Preise und Diplome.

Ungeachtet dessen entstehen unter ihren Händen beständig neue Kreationen. Sie findet zu einer Verfahrensweise, der sogenannten „Wickeltechnik“, mit der sie die Strenge ihrer Schöpfungen auflöst und ihnen Beschwingtheit verleiht: Verschlungene Bänder, Samen, Früchte und Blüten. Hie und da lugt ein Getier hervor oder ein Gesicht. Die Künstlerin entdeckt den Reiz des Ginkgoblattes, mit dem sie Gefäße, Kugeln und Würfel schmückt.

Sie wendet sich der Plastik zu und schafft Figürliches, geformt als Relief oder freistehend. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Architektur in ihrem Werkverständnis Einzug hielt. Großflächige, themenbezogene Wandgestaltungen entstanden und Brunnen wurden gebaut. – Sie dreht, formt, modelliert, baut, dekoriert und lässt die Arbeitsgänge ineinanderfließen. Eine Vielfalt, die keine Grenzen kennt. – Wenn man die Meisterin nach ihrem Arbeitsstil fragt, so antwortet sie: „Ich wollte immer nur spielen!“ Ein bewundernswertes Spiel, welches in hohem Maße erstaunt, erbaut und erfreut.

Das Stadtmuseum Jena gewährt in einer Schau Einblicke in die Überfülle von Ulli Wittich-Großkurths Lebenswerk. Der Titel der Ausstellung: „Ich wollte immer nur spielen“, widerspiegelt das Ansinnen der Keramikerin.

In einer durchscheinenden Stellage, einem Setzkasten gleich, sind keramische Winzigkeiten versammelt: Väschen, Döschen, Schälchen, Früchtchen. Wer ahnt schon, dass die Wandgestaltung „Baumlandschaft“ (Foto) in den Ausmaßen von 3 x 6 Metern derselben schöpferischen Kraft entstammt wie die Miniaturen? Wen überrascht es nicht, wenn aus den leeren Fensterhöhlen der Plastik „Totenstadt“ die Trauer weht? Und wer empfindet nicht helle Freude beim Betrachten der „Taubensäule“, dekoriert mit Knospen, Schleifen, Blüten und dem Geturtel der Vögel? Die Kunstwerke, ob groß ob klein, tragen in sich eine vollendete Formgebung. – Gefäße, Kugeln und Würfel mit flachmodelliertem Blattwerk begeistern und zeigen zugleich, den starken Einfluss der Natur auf die Motivwahl.

Zu den „Früchtchen“ gesellen sich Früchte, prall, üppig und in edlem Grün gehalten

(Kupferglasur); Keramiken in Blau-Weiß, einem Markenzeichen von Ulli Wittich-Großkurth (weißdeckende Seidenglanzglasur mit untergelegter Engobe); bunte Masken „Karneval in Venedig“ (gebaute Collagen, plastisch gestaltet, mit Engobetechnik). Schöpferdrang und Fantasie quellen über. – Man gönne sich diesen Kunstgenuss.

Renate Hoffmann

Ausstellung bis 3. September 2023 im Stadtmuseum Jena, Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr.

 

Längst vergessen?!

Fundstücke aus DDR-Jahrgängen der Weltbühne, die dank einer Spende aus Leserhand nunmehr im Blättchen-Archiv stehen. Die Redaktion

 

Sie können es nicht lassen

Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, daß das Statistische Bundesamt und seine Präsidentin Hildegard Bartels zu denen gehören, die sich mit der Realität der beiden deutschen Staaten und dem Status von Westberlin nicht abzufinden vermögen. Die Dame und ihr Amt scheinen etwas zurückgeblieben zu sein und sollten ein wenig Nachhilfeunterricht erhalten.

Am Beginn des Statistischen Jahrbuchs 1975 der BRD befindet sich eine Karte, in die Westberlin in der gleichen Weise eingezeichnet ist wie die Länder Bayern, Hessen usw. In den „Zusammenfassenden Übersichten” wird Westberlin als 11. Land der BRD aufgeführt. Der Abschnitt „Gebiet und Bevölkerung” annektiert ganz einfach Land und Leute von Westberlin.

Wohnbevölkerung, Geborene und Gestorbene, Eheschließungen und -Scheidungen, überall ist Westberlin einbezogen. Ob Schulen oder Schüler, Lehrer, Studenten, Universitäten und Hochschulen, ob Volkshochschulen oder Kinos, Kirchen und Kraftfahrzeuge, ob Gerichte, Strafanstalten oder Unternehmen, gleichviel, worum es sich handelt, immer ist Westberlin dabei.

Vielleicht hat es sich noch nicht bis Wiesbaden herumgesprochen, daß Westberlin laut internationalen Verträgen nicht zur BRD gehört und auch nicht von ihr regiert werden kann. Das sollte eigentlich auch für die Statistiker gelten.

Am tollsten aber ist es, daß Hildegard Bartels Auslandsreisende aus der DDR schlicht und einfach der BRD „angliedert”. Im Abschnitt „Reiseverkehr“ des Teils „Internationale Übersichten“ des Jahrbuches heißt es sowohl unter „Staatsangehörigkeit der Auslandsgäste“ wie unter „Wohnsitzland der Auslandsgäste“ in einer unscheinbaren winzigen Fußnote zu „Bundesrepublik Deutschland“ kurz und bündig: „einschl. Reisende aus der Deutschen Demokratischen Republik und Berlin (Ost)“. Wenn ein Bürger der DDR, sei es ein Rentner oder ein Staatsfunktionär, nach Frankreich reist, wird er von der westdeutschen Statistik als Bürger der BRD gezählt. Wir verzichten freilich auf diese zweifelhafte „Ehre“.

Die Dame in Wiesbaden sollte sich einmal an den gutfrisierten Kopf fassen und sich vergewissern, in welcher Zeit sie lebt. Es ist bekannt, daß die BRD-Statistik der Wirklichkeit immer bedauerlich hinterherhinkt und beträchtlichen Tempoverlust hat. Aber allerspätestens seit der Aufnahme der DDR in die UN sollte man auch in Wiesbaden begreifen, daß es mit der Alleinvertretungsanmaßung und Ansprüchen der BRD auf die DDR endgültig vorbei ist. Das sollte man sich auch im Statistischen Bundesamt hinter die Ohren schreiben.

S.K.

Weltbühne, 18/1976

Leider ist es der Redaktion nicht gelungen, den Autor zu identifizieren. Wir bitten daher darum, sich gegebenenfalls mit uns in Verbindung zu setzen.

 

Blätter aktuell

 

In der August-Ausgabe zeigt Sonja Eismann am Beispiel der Vorwürfe gegen die deutsche Rockband „Rammstein“, wie junge Frauenkörper zur Wegwerfware degradiert werden. Ida Dominijanni beschreibt, wie Silvio Berlusconi die politische Landschaft Italiens über seinen Tod hinaus verändert hat. Norbert Frei analysiert den Umgang der deutschen Deutungseliten mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Wladislaw Subok sieht mit Prigoschins Aufstand gegen Putin in Russland eine neue „Zeit der Wirren“ anbrechen. Katajun Amirpur erinnert an den Putsch gegen Irans demokratisch legitimierten Premier Mohammad Mossadegh vor 70 Jahren. Und Steffen Vogel entdeckt in der Literatur zum Klimawandel erste Umrisse konkreter Utopien.

Weitere Themen: Gemeinsam nach unten: Das Elend der Ampel, Heizungsdebakel: Die Kommunen müssen es richten, AfD oder: Der Kampf um die ostdeutsche Zivilgesellschaft, Geisterschiff Großbritannien: Verdrängen ohne Ende, Spanien auf dem rechten Weg, Kita – Krise – Kollaps?, Kosovo, Serbien und das Appeasement des Westens, BRICS: Angriff auf den Dollar, Der neue Berliner Autowahn, Zwei Jahre Taliban-Herrschaft in Afghanistan …

Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, August 2023, Sommer-Probeabo: Drei Monate print und digital für 15,00 Euro. Weitere Informationen im Internet.

 

WeltTrends aktuell

 

Das Sommerheft der Zeitschrift für Internationale Politik, Nr. 197, erscheint mit dem Schwerpunktthema BRICS und die neue Weltordnung. Die Rolle der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) in den internationalen Beziehungen wächst, ob das nun in der westlichen Welt anerkannt wird oder nicht. Das nächste Gipfeltreffen findet vom 22. bis 24. August in Johannesburg statt. Die Erklärung des Treffens von 2022 betont das Streben nach einer multipolaren Welt. Damit formiert sich immer stärker ein Gegenpol zur globalen Dominanz der westlichen Welt, so Herausgeber Erhard Crome. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit der Politik der einzelnen Teilnehmerstaaten. Der Artikel des bekannten russischen Politologen Dmitri Trenin beleuchtet authentisch die russische Sicht, denn ohne Moskau ist nun mal eine inklusive und kooperative Sicherheitsordnung schwer vorstellbar.

Im WeltBlick geht es um die Außenpolitik der Ampelkoalition, die Aufgabe der Neutralität durch Finnland und Schweden und die Lage in der Türkei nach den jüngsten Wahlen. Zur Ampel schätzt Günther Maihold (SWP) ein, dass es noch nicht gelungen ist, ihr eine starke außenpolitische Kontur zu verschaffen. Im Kommentar analysiert Fritz Edlinger, Publizist und Herausgeber der Wiener Partnerzeitschrift INTERNATIONAL den „International Summit for Peace in Ukraine“ (Wien, 10.-11. Juni 2023). Trotz aller unterschiedlichen Meinungen zu den Ursachen des Konfliktes sei zu hoffen, dass die europäische Friedensbewegung die Gefahren der Spaltung durch Intensivierung des Dialogs überwinden kann.

Die Potsdamer Zeitschrift ist zu beziehen über das Internet, digital 5,00 Euro. Druck 10,00 Euro.

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Aus anderen Quellen

 

Zur US-amerikanischen Lieferung von Streumunition an die Ukraine vermerkt Herbert Wulf: „Um die Entscheidung zu rechtfertigen, verweisen die Befürworter des Weiteren darauf, dass Russland bereits mehrfach Streumunition bei Angriffen auf Städte der Ukraine verwendet hat. Jens Stoltenberg, der Generalsekretär der NATO, erklärte, dass beide Seiten bereits Streumunition eingesetzt haben. Doch kann die inhumane Kriegsführung der einen Seite das eigene Verhalten rechtfertigen? Damit stellt die westliche Allianz ihre immer von ihr betonte moralische Überlegenheit selbst in Frage. Auch die Begründung, der Einsatz der Streumunition durch die Ukraine sei weniger problematisch, da sie sie nur auf dem eigenen, von Russland besetzten Territorium, verwende, wird den Generationen, die später unter den Blindgängern zu leiden haben, kaum ein Trost sein.“

Herbert Wulf: Blankoscheck für die USA, ipg-journal.de, 18.07.2023. Zum Volltext hier klicken.

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Zu den Gründen der Aussetzung des Getreidedeals mit der Ukraine durch Russland verweist die Website german-foreign-policy.com darauf, „dass die westlichen Russland-Sanktionen immer noch russische Getreide- und Düngemittelexporte behindern. Zwar hat der Westen beides formal von seinen Zwangsmaßnahmen ausgenommen. Doch werden die Lieferungen weiterhin von den Sanktionen gegen die russische Finanz- und Transportbranche behindert: Getreide und Dünger dürfen zwar theoretisch geliefert, können aber weder transportiert noch bezahlt werden. Die im vergangenen Jahr vereinbarten Ausnahmeregeln greifen in der Praxis nicht; dies träfe laut russischer Einschätzung auch auf ein neues Ausnahmeangebot zu, das die EU kürzlich präsentiert hat. Im Ergebnis sind die russischen Düngemittelexporte im vergangenen Jahr zurückgegangen […].“

„Meister der Doppelmoral“, german-foreign-policy.com, 19.07.2023. Zum Volltext hier klicken.

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„Seitdem ich in den USA lebe, führe ich in Gedanken Tagebuch“, bekennt Johanna Roth und fährt fort: „Es trägt den Titel: ‚Mein Leben als Umweltsau‘. Denn eine solche wird man, zieht man in dieses Land, es geht gar nicht anders. Das fängt mit der Mobilität an: Zugverbindungen sind rar, langsam und veraltet. Also muss man fliegen […].“ Und: „Man bekommt in vielen Coffeeshops und sogar in manchen Restaurants auch dann Papierbecher, Pappteller und Plastikbesteck, wenn man dine in statt to go wählt. An Hotelbuffetts, bei Tagungen, bei Einladungen zum Picknick sowieso: Am Ende wird alles samt Essensresten weggeworfen, das ist so schön praktisch.“

Johanna Roth: Mein Leben als Umweltsau, zeit.de, o.D. Zum Volltext hier klicken.

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Friedrich Dieckann hat die Ausstellung „Macht Raum Gewalt. Planen und Bauen im Nationalsozialismus“ in der Berliner Akademie der Künste besucht und stieß dabei auf Befremdliches: Eine Galerie mit Porträtfotos von „Akteuren“ (so das Begleitbuch) umfasste auch „Menschen wie den späteren DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph und den im Bauministerium der DDR tätigen Walter Pisternik; beide waren im Widerstand aktiv und hatten allenfalls in ihrem Beruf als Maurer beziehungsweise Techniker mit dem Bauen des Hitler-Regimes zu tun. Alle diese und viele andere – zum Beispiel der Architekt Ernst Scholz, der 1937 emigrierte, im Spanischen Bürgerkrieg und in der französischen Résistance kämpfte und in der DDR 1963 Bauminister wurde, der Architekt Kurt Junghanns, der, 1933 zur illegalen KPD stoßend, seit 1937 Gefängnis und KZ-Haft erlitt, […] –, sie alle stehen in alphabetischem Reih und Glied nicht nur mit Architekten dieser trostlosen Periode wie Paul Troost und Wilhelm Kreis, sondern auch mit Architektur-Organisatoren verbrecherischen Formats wie Fritz Todt und den in Nürnberg angeklagten Robert Ley, Fritz Sauckel, Albert Speer und Ernst Seldte. […] bizarre Nachbarschaften ohne Ende.“

Friedrich Dieckmann: Bizarre Nachbarschaften – Wie der Architekt Paulick in die Nähe von NS-Größen geriet, berliner-zeitung.de, 04.07.2023. Zum Volltext hier klicken.

Zusammengetragen von Wolfgang Schwarz.