22. Jahrgang | Nummer 18 | 2. September 2019

Bemerkungen

Fälschen durch Verschweigen

Vor wenigen Tagen bezog der russische Botschafter in Deutschland, Sergej J. Netschajew, in der Zeitung junge welt Position zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939. Anlass waren im Umfeld des 80. Jahrestages des Vertrages immer wieder auftauchende Behauptungen, dass erst dieser das Tor zum Zweiten Weltkrieg geöffnet habe und die Sowjetunion daher „im gleichen Maße“ für den Kriegsausbruch verantwortlich sei. Dass der Botschafter diese Behauptungen zurückweist, ist verständlich.
Unverständlich ist, dass seine Argumentation auf die stalin-molotowschen Muster der späten 1940er Jahre zurückgreift. Netschajew erklärt, dass der Vertrag für die Sowjetunion (verharmlosend spricht er von einer „Vereinbarung“) erzwungen war und „taktischen Charakter hatte“. Sicher, durch die Verweigerung eines gemeinsamen Vorgehens gegen den potenziellen deutschen Aggressor seitens Großbritanniens und Frankreichs – der damalige Londoner UdSSR-Botschafter Iwan Maiski beschreibt diese dramatische Situation en détail in seinen Erinnerungen – stand die Sowjetunion allein einem möglichen Zusammenstoß mit der Wehrmacht gegenüber. Weshalb die UdSSR dadurch aber einen Zweifrontenkrieg vermieden habe, bleibt ein Geheimnis des russischen Außenministeriums. Im August 1939 war klar, dass die japanische Expansion im Fernen Osten erst einmal gestoppt war. Es stimmt allerdings, dass die siegreichen Truppen Georgi Shukows im Westen erst Ende 1941 zur Verfügung standen, nachdem Richard Sorge hinsichtlich eines immer noch befürchteten japanischen Eingreifens vor der Entscheidung im Westen Entwarnung gegeben hatte. Vor einem Zweifrontenkrieg musste nur eine Seite Angst haben: Hitler und seine Generäle. Ab dem 23. August 1939 nicht mehr. Aber darüber heute beckmessernd richten zu wollen, steht gerade aus der erheblichen zeitlichen Distanz und der heute vorhandenen Quellenkenntnis niemandem zu.
Jedoch zu behaupten, dass die Sowjetunion dadurch Zeit gewonnen habe, „um ihre Streitkräfte zu modernisieren, die Verteidigung zu stärken und sich auf einen andauernden Konflikt vorzubereiten“, das ist schon ein starkes Stück. Die Sowjetunion war auf den deutschen Angriff am 22. Juni 1941 mitnichten vorbereitet. Die Rote Armee erwischte es eiskalt. Alle vorherigen Warnungen waren im Kreml ignoriert worden. Weshalb Netschajew diese Binsenwahrheiten vom Tisch wischt, ist ein Rätsel. Dafür, dass den Völkern der Sowjetunion dennoch der grandiose Sieg des Jahres 1945 gelang, ist ihnen unter diesen Umständen nicht genug zu danken!
Noch fragwürdiger für den in Rede stehenden Kommentar ist allerdings das, was der Autor verschweigt. Mit keinem Wort geht er auf das „Geheime Zusatzprotokoll“ des Nichtangriffsvertrags ein. Mit keinem Wort erwähnt er den am 28. September 1939 diesem folgenden deutsch-sowjetischen „Grenz- und Freundschaftsvertrag“ inklusive der drei (!) geheimen Zusatzprotokolle, mit denen nicht nur „Interessensphären“ abgegrenzt wurden, sondern wie unter Räubern gleichsam die Beute aufgeteilt wurde: Polen, Estland, Lettland, Litauen, Bessarabien, Teile Finnlands. Besonders perfide Folgen hatte wahrscheinlich die Festlegung, dass man keine „polnische Agitation“ dulden werde, „die auf die Gebiete des anderen Teils“ hinüberwirke. Im Frühjahr 1940 kam es stattdessen zu den Massakern von Katyn.
Man kann die Geschichte auch durch Verschweigen verfälschen. Nicht nur aus tagespolitischen Erwägungen heraus ist dies „absolut unverantwortlich und gefährlich“.

Günter Hayn

Teure Freunde

Der deutsche Steuerzahler hat die Streitkräfte der USA hierzulande in den vergangenen sieben Jahren mit mehr als 240 Millionen Euro subventioniert – unter anderem durch  Versorgungsleistungen für ehemalige Mitarbeiter und die Bewirtschaftung von Immobilien. Das war aber erst die kleinere Partie.
Von den 480 Millionen Euro, die die Regierung von 2012 bis 2019 für militärische Baumaßnahmen von NATO-Verbündeten in Deutschland zur Verfügung gestellt hat, entfällt fast der Gesamtbetrag ebenfalls auf die USA. Das weist eine Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Brigitte Freihold aus, über die in den Medien berichtet wurde.
Darin sind auch die derzeitigen Stationierungszahlen enthalten: Derzeit halten sich rund 35.700 Soldaten in vier Bundesländern auf – 18.459 in Rheinland-Pfalz, 11.689 in Bayern, 3036 in Baden-Württemberg und 2471 in Hessen. Nach Information der USA-Botschaft sind bei den amerikanischen Streitkräften hierzulande überdies 17.000 amerikanische und 12.000 deutsche Zivilangestellte beschäftigt.

am

Vertragstreue à la Washington?

Der INF-Vertrag zwischen den USA und Russland von 1987 verbot beiden Seiten langestützte (nukleare wie konventionelle) Mittelstreckenwaffen (ballistische Raketen und Marschflugkörper) mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern und schrieb die Vernichtung der vorhandenen Träger- und Startsysteme (nicht der Sprengköpfe) binnen drei Jahren vor. Nach übereinstimmender Auffassung beider Vertragsparteien ist das auch geschehen.
Am 2. August dieses Jahres haben die USA den INF-Vertrag endgültig verlassen, Russland hat sich diesem Schritt angeschlossen. Als offizielle Gründe mussten gegenseitige Vorwürfe von Vertragsverletzungen herhalten. Aus russischer Sicht betrafen die unter anderem die Aufstellung von US-amerikanischen Startsystemen Mark (MK) 41 (Aegis Ashore) für Raketenabwehrflugkörper in Rumänien (und künftig auch in Polen), die von ihrer Konstruktion her auch zum Verschluss von landgestützten Marschflugkörpern ausgelegt und dafür auf Kriegsschiffen seit längerem auch im Einsatz sind. Letzteres fiel, da seegestützt, nicht unter den INF-Vertrag. Das Blättchen hat über Aegis Ashore in den Ausgaben 4 und 5/2019 berichtet.
Nur drei Wochen nach Austritt aus dem Vertrag haben die USA nun mittels eines landgestützten MK 41-Systems erfolgreich einen neuen Marschflugkörper mit INF-Reichweite getestet. Damit dürften einerseits die russischen Befürchtungen im Hinblick auf Aegis Ashore, die von den USA immer zurückgewiesen worden waren, bestätigt sein. Andererseits dauert die Entwicklung neuer Großwaffensysteme in der Regel Jahre und Jahrzehnte und auch eine Adaption seegestützter Marschflugkörper vom Typ Tomahawk für einen Einsatz von Land aus dürfte kaum über Nacht zu bewerkstelligen gewesen sein. Daher drängt sich der Verdacht auf, dass die USA das neue System bereits in der Hinterhand hatten, als Präsident Donald Trump den Ausstieg aus dem INF-Vertrag im Jahre 2018 erstmals ankündigte.

am

Schüler finden Paten

Die Hüpfburg auf dem Hof der Alten Münze wurde an diesem Augustsonntag stark in Anspruch genommen. Auf einer kleinen Bühne war eine Zauberin zugange, nachdem dort etliche stolze Kinder Urkunden über ihre Lernerfolge in Empfang genommen hatten. Geschwister, Eltern und Großeltern beklatschten sie. Die Kleinen sollen es besser haben als die Großen, die oft Schwierigkeiten haben, die deutsche Sprache zu lernen. Denn sie alle kommen aus arabischen Ländern nach Berlin, viele geflohen aus syrischen Kriegsgebieten. Einige Kinder eigneten sich in einem anderen Raum Kenntnisse in Seidenmalerei an – liebevoll betreut von der Schülerpatin Dorin Weigel, die alle Materialien als Spenden eingeworben hatte.
Damit sind wir beim Anlass: In der Alten Münze feierte der Verein Schülerpaten Berlin e.V. sein zehnjähriges Jubiläum. Geschäftsführerin Charlotte Schippmann, im angestammten Beruf Historikerin, erzählt von den Anfängen. Damals kam eine arabische Frauengruppe mit dem Wunsch nach Nachhilfeunterricht auf eine Gruppe von Studenten im Nachbarschaftsheim in Schöneberg zu. So bildete sich heraus, dass jeweils ein Erwachsener sich einmal wöchentlich der Arbeit mit seinem persönlichen Patenkind widmet. Dabei entstanden natürlich auch Freundschaften über kulturelle Grenzen hinweg. Seit 2016 ist der Verein, der sich wesentlich aus Spenden finanziert, eigenständig, und seit 2019 bekommt er endlich im Rahmen des Bundesprogramms „Menschen stärken Menschen“ eine Förderung des Bundesfamilienministeriums. Charlotte Schippmann ist schon klar, dass hier bürgerschaftliches Engagement Aufgaben wahrnimmt, aus denen sich der Staat weitgehend heraushält, indem er gleiche Bildungschancen nicht gewährleistet. „Am besten wäre es, wenn wir uns überflüssig machten“, lächelt sie, „aber es ist wohl noch lange nicht so weit!“
Der Schülerpaten e.V. hat inzwischen Ableger in sechs westdeutschen Großstädten. Und die Schüler, längst nicht alle aus Flüchtlingsfamilien, schaffen es mit vereinter Hilfe oft aufs Gymnasium. Wenn sich noch mehr Paten finden, kann immer mehr Kindern geholfen werden. Informationen gibt es unter https://schuelerpaten-berlin.de.

F.-B. Habel

Zauberhaft …

Die Buchhändlerin kassierte und kommentierte meinen Kauf mit „zauberhaft“. Ich war verwundert, das Wort passte irgendwie nicht zu ihr, einer resoluten, sachlichen Frau. Zauberhaft klang so verspielt…
Dann las ich und mit jeder Seite wurde das zauberhaft die einzig passende Charakterisierung der Kurzgeschichten „Alles kein Zufall“ von Elke Heidenreich. Skurril, tragisch, lustig – Elke Heidenreich beschreibt Momente ihres offensichtlich nicht immer einfachen Lebens mit wenigen Worten. Sie schreibt über Männer, Freundinnen, Partner, Marotten, über ihre Mutter. Sie schreibt mit Witz und Wehmut, bringt Sinn in skurrile Situationen. „Marie fährt nicht mit der Straßenbahn, denn sie hat geträumt, sie werde in einer Straßenbahn sterben“, ist über Marotten zu lesen. Und „ […] ich weiß: Wenn ich die blauen Schuhe anziehe, passiert etwas Schönes.
Ich zieh sie nur an, wenn es wirklich nötig ist, man soll es nicht übertreiben.“
Zauberhaft. Dieses Buch ist nicht so neu, aber man sollte es unbedingt lesen.
Elke Heidenreich: Alles kein Zufall. Kurze Geschichten. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main, 2017, 238 Seiten, 9,99 Euro.

mvh

Magisches aus Thüringen

Die Autoren und Fotografen Ilona und Peter Traub, deren Namen vom Gestalter in kleiner Schrift an den oberen Buchrand gequetscht wurden, haben ein Buch zum Wandern durch Thüringen, vom Schiefergebirge bis zum Eichsfeld, vorgelegt. Es handelt sich um den dritten Teil einer Buchreihe, die bekannte und weniger bekannte Orte in Mitteldeutschland vorstellt: Landschaften, Klöster, Burgen, Parks, Dome. Das Bändchen ist in fünf Kapitel, in „Routen“, unterteilt, die an den Plothener Teichen, am Rennsteig, in der Eisenacher Drachenschlucht bei der Wartburg, am Leubinger Fürstengrab sowie im Weimarer Ilmpark beginnen. Der wandernde Leser möge herausfinden, wie die Routen weiter verlaufen und wo sie enden. Fünf Karten am Beginn jedes Abschnitts können sich als hilfreich erweisen.
Anschaulich und liebevoll werden die zauberhafte Flora und Fauna in Worten und wundervollen Fotografien vor Augen geführt. Alte christliche Bauwerke stellt das Autorenpaar akribisch vor. Der Text lebt auch vom Thüringer Sagengut, von Legenden.
Was dem Thüringen-Wanderbuch indessen fehlt, ist ein tieferer Bezug zur schöngeistigen Literatur. Dies ist insofern verwunderlich, als Ilona und Peter Traub das Leipziger Literaturinstitut absolviert haben. Natürlich wird im Dornburg-Kapitel an Goethe erinnert, auch kann der „Faust“-Dichter im Weimarer Gartenhaus nicht unerwähnt bleiben, selbstredend wird er zitiert. Dies sei geschenkt, könnte Abiturwissen sein. Aber man kann in einem Natur- und Kulturführer Thüringens nicht über den Kleinen und Großen Gleichberg schreiben, ohne die Dichter zu nennen und zu Wort kommen zu lassen, die diesen Ort besangen. Dass man zeitgenössische Dichter wie Harald Gerlach und Walter Werner „vergisst“, stimmt traurig, aber dass Friedrich Hölderlin unerwähnt bleibt, ist unverzeihlich. „Eine Dominanz in diesem Gebiet sind die beiden Gleichberge, seit Friedrich Hölderlins Besteigung im Jahre 1794 literarisch geadelt und inzwischen zum thüringischen Olymp avanciert“, notiert der bedeutende „Landschafter“ Wulf Kirsten.
Drei Viertel der Quellen sind aus dem Netz. Diese Faktensammelei genügt nicht, um die wirklichen Zusammenhänge zu ergründen.
Dennoch ist den Traubs ein lesbares und für den Wanderer nützliches Buch gelungen.
Ilona und Peter Traub: Magische Orte in Mitteldeutschland III – Zwischen Thüringer Schiefergebirge und Rhön, Eichsfeld und Altenburg. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2019, 160 Seiten, 12,50 Euro.

Ulrich Kaufmann

Berliner Debatte Initial aktuell

Das vierteljährlich erscheinende „Sozial- und geisteswissenschaftliche Journal“ hat dem aktuellen Heft 2/2019 den Titel „Die Ästhetik des Kommunismus – Lothar Kühne“ gegeben. Kühne (1931–1985) war Kulturphilosoph, Ästhetiker und Architekturtheoretiker und wirkte als Hochschullehrer zunächst an der Technischen Hochschule Dresden, dann an der Berliner Humboldt-Universität. Seine Vorlesungen über die Grundlagen der marxistisch-leninistischen Philosophie galten als legendär. Mit seinen originären wie originellen Bezügen auf die Marxsche Theorie, etwa der Bestimmung von Arbeit als Gestaltungsprozess, prägte Kühne die Debatten zu Architektur und Stadtplanung sowie zur Ästhetik in der DDR. Er versuchte, Ästhetik mit Kommunismus zu verbinden und Theorie mit Praxis.
Im Editorial betonen die Herausgeber des Schwerpunkts, Martin Küpper und Thomas Möbius, es wäre irreführend, „sein Fragen auf die Suche nach der Ästhetik des Kommunismus zu zentrieren“. Ihn leitete „die Anteilnahme an einer Bewegung, die aus dem Sozialismus die kommunistischen Konsequenzen für die Ästhetik zieht: Welche gesellschaftlichen Herausforderungen benötigen Ästhetik? Und welche Anforderungen sind an die Ästhetik gestellt, um gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen?“ Entwicklungen und Veränderungen in Architektur und Design waren die Grundlage, „von der aus Kühne die Selbstbeschränkung der Ästhetik als Nachvollzug der Künste aufbrach und sie auf die Sphäre praktischer Lebensvollzüge orientierte“. Kühne ging es um das Wechselspiel von Industrie, Vergesellschaftung und Arbeitsteilung, aus dem er die Notwendigkeit der Ästhetik ableitete und programmatisch unter dem Begriff „Funktionalismus“ fasste.
Die Beiträge im Heft stellen Kühne im „intellektuellen Haushalt“ der DDR dar, der zugleich Impulse gab für die politischen Reformdebatten der 80er Jahre und die Suche nach einem alternativen, „modernen Sozialismus“. Michael Brie schreibt über die „Dialektik des Kommunistischen und Bürgerlichen“, Martin Küpper über „Behutsamkeit“ als „Maß der Freiheit“ bei Kühne, Jörg Petruschat über den Begriff der „Resonanz“ bei Kühne und Achim Trebeß über „Funktionalismus“ als soziales Programm. Christine Weckwerth wählte als Überschrift für ihren Artikel eine Gedichtzeile von Heiner Müller: „In der Zeit des Verrats sind die Landschaften schön“; Kühne hatte diese Zeilen seiner Aufsatzsammlung „Haus und Landschaft“ vorangestellt, die 1985, noch vor Perestroika und Glasnost erschien.
Das Heft enthält auch zwei Kühne-Texte: „Über die Historizität des Subjektiven“ und über „Perspektiven des Bauens“. Außerdem die Dokumentation eines Vortrags, den Bruno Flierl 2001 zum 70. Geburtstag Kühnes hielt, sowie einen Text des Designtheoretikers Heinz Hirdina, der mit Kühne oft zusammengearbeitet hatte, über Raumkonzepte am Bauhaus.
Außerhalb des Schwerpunkts finden sich drei aufschlussreiche Text zum Bezug Wolfgang Harichs auf Arnold Gehlen. Das Heft ist alles in allem nicht nur ein Beitrag zur Geschichte der DDR, sondern auch voller aktueller Bezüge.

BR

Aus anderen Quellen

„Die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat als zentrale verteidigungspolitische Äußerung bei ihrer Vereidigung im Bundestag ein klares Bekenntnis zur Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels abgelegt“, beginnt Herbert Wulf und fährt fort: „Auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts soll also der Verteidigungshaushalt steigen. Damit löste Kramp-Karrenbauer innerhalb der Koalition und bei der Opposition Protest aus. Als einzige Begründung diente der Hinweis, Deutschland habe sich im Rahmen der NATO dazu verpflichtet, mit Zustimmung der SPD im Übrigen. Damit hat sie Recht. Aber nur deswegen wird ein unsinniges politisches Ziel nicht richtiger. Durch permanente Wiederholung im Übrigen auch nicht.“
Herbert Wulf: Das goldene Kalb der AKK,
ipg-journal.de, 25.07.2019. Zum Volltext hier klicken.

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Da westliche Mainstream-Medien zwar intensiv über Tanker-Zwischenfälle am Persischen Golf berichten und dabei Iran fest im Visier haben, aber die britische Piraterie in der Straße von Gibraltar mit Stillschweigen übergehen, hat Hans-Jochen Luhmann eine völkerrechtliche Bewertung des letzteren Vorganges vorgenommen. Er gelangt zu folgendem Fazit: „Man kann nur hoffen, dass das allgemeine Beschweigen dieses Präzedenzfalles Ausdruck dessen ist, dass überall im Westen betroffen und lautlos die Köpfe geschüttelt werden. Ob das reicht im Verhältnis zu anderen Anrainern von Meerengen, insbesondere zum Iran? Vermutlich steht eine explizite Entschuldigung und Rücknahme der Positionierung Großbritanniens durch seinen Vertreter in Gibraltar an. Es geht um ein sehr hohes Rechtsgut.“
Hans-Jochen Luhmann: Das Ende der Ordnung von Hugo Grotius, IIP-Papiere, 14/2019. Zum Volltext hier klicken.

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Oliver Thränert vermerkt zum von den USA ausgelösten und von Russland nicht nur passiv akzeptierten Ende des INF-Vertrages: „Washington und Moskau wären […] gut beraten, zunächst einmal zum Pflaster zu greifen und ‚New START‘ zu verlängern. In der Tat bietet der Vertrag, gerade auch aus amerikanischer Perspektive, eine Reihe wichtiger Vorteile. Russlands derzeitiger Modernisierung seiner strategischen Nuklearwaffen […] würde bis 2026 eine Obergrenze gesetzt. Ferner garantiert ‚New START‘ eine gewisse Transparenz im Zuge von vertraglich vereinbarten Meldungen und Vor-Ort-Inspektionen.“
Oliver Thränert: Die Rüstungskontrolle ist tot. Sie lebe hoch! Wie sie sich neu und multilateral aufstellen lässt, ipg-journal.de, 18.07.2019. Zum Volltext hier klicken.

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Vor dem Hintergrund des Scheiterns des INF-Vertrages offenbart Theo Sommer, der dem Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt als Chef des Planungsstabes gedient und später langjährig mit Schmidt bei der Zeit zusammengearbeitet hat, ein spätes Bekenntnis des ehemaligen Bundeskanzlers über Ost-West-Konfrontation im Kalten Krieg: „Einige Jahre vor seinem Tod sagte er mir: ‚Ich habe nie darüber geschrieben und auch nicht darüber geredet, aber meine innere Überzeugung muss spätestens mit der Übernahme des Oberbefehls so gewesen sein, dass ich für den Fall, dass auf deutschem Boden die erste Atomwaffe explodiert, bereit war, die weiße Fahne aufzuziehen.‘ Er hätte sich ‚genau so verhalten wie Kaiser Hirohito‘; das war seine ‚japanische Option‘. Er setzte hinzu, sein Generalinspekteur Ulrich de Maizière habe das nicht gewusst. ‚Das wusste auch Loki nicht.‘“
Theo Sommer: Von den Atomwaffengegnern verkannt, zeit.de, 06.08.2019. Zum Volltext hier klicken.