Vertrauter Gefährte im Dichtergarten
Vor wenigen Tagen am 7. Februar starb Gerhard Wolf im Alter von 94 Jahren in seiner Berliner Wohnung „mit der Lesebrille in der Hand“. Als junger Flakhelfer überlebt er den Krieg, tritt 1946 in die neu gegründete SED ein, und studiert zunächst in Jena, später in Berlin Germanistik und Geschichte. 1951 heiratet er seine Kommilitonin Christa Ihlenfeld. Mit Christa Wolf ist er bis zu deren Tod 2011 verheiratet. Beide leben überwiegend in Berlin und haben zwei Töchter.
Es ist eine Dichterehe wie kaum eine andere, über sechzig Jahre bearbeiten beide gemeinsam Dichters Garten. Sie als bald viel gelesene prominente Autorin. Er als Lektor und Förderer Junger Dichter.
Gerhard Wolf wirkte anfangs als Essayist, Kritiker und Autor von Filmdrehbüchern, vor allem jedoch als Lektor des Mitteldeutschen Verlags und in den 1960er Jahren als Herausgeber und Förderer der jüngeren DDR-Lyrikergeneration: Es sind Lyriker wie Sarah Kirsch, Günter Kunert, Adolf Endler, Volker Braun und Karl Mickel aus deren Arbeitsbeziehungen zu Wolf Freundschaften werden. Er editiert in diesen Jahren auch das Werk Louis Fürnbergs. Oder schreibt sein beliebtes Bobrowski-Buch „Beschreibung eines Zimmers“.
Die massive Zäsur im Kulturleben der DDR, den die Ausbürgerung von Wolf Biermann im November 1976 markiert, bedeutet einen Bruch auch in seiner Biografie. Christa und Gerhard Wolf gehörten zu den Autoren und Künstlern, die in einer Petition gegenüber der DDR-Führung darauf drängen, die Entscheidung zu revidieren. Etliche von ihnen verlassen bald das Land. Nicht so die Wolfs. Die Staatssicherheit wird sie bis 1989 intensiv observieren. Gerhard Wolf wird aus der SED ausgeschlossen.
In den 1980er Jahren gibt er gemeinsam mit Günter de Bruyn die Reihe Märkischer Dichtergarten heraus, die eine wichtige Rolle bei der Rezeption der deutschen Romantik in der DDR spielt. Von 1988 bis 1991 erscheint im Aufbau-Verlag die von Wolf betreute und herausgegebene Serie Außer der Reihe mit Werken zahlreicher Autoren der im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg lebenden Gruppe von Lyrikern und DDR-Dissidenten, die so erstmals offiziell gedruckt werden können. Dazu gehören Jan Faktor (sein Schwiegersohn), Reinhard Jirgl, Gabriele Kachold oder Ines Eck.
Nach dem Ende der DDR gründet Wolf 1991 mit 61 Jahren den Verlag Gerhard Wolf Janus Press. Für seinen Verlag gewann er zum Beispiel die sorbische Dichterin Róža Domašcyna, die in einem Interview mit dem MDR die wohlmeinende Zusammenarbeit mit Gerhard Wolf anschaulich beschreibt, auch wie er Maler und Grafiker (Angela Hampel, Cornelia Schleime, Helge Leiberg, Ralf Kerbach und A.R. Penck) zum Verlag holte.
Die Enkelin der Wolfs, die Reporterin und Schriftstellerin Jana Simon, veröffentlichte 2013 Gespräche mit den Großeltern in dem Buch „Sei dennoch unverzagt“, das tiefe private Einblicke in das gemeinsame Leben von Christa und Gerhard Wolf ermöglicht.
Sein umfangreiches literarisches und herausgeberisches Werk wird bleiben. Die 330 Regalmeter mit Büchern und Zeitschriften aus der privaten Bibliothek beider Wolfs wurden noch zu seinen Lebzeiten an die Humboldt-Universität zu Berlin übereignet, bei der eine Arbeitsstelle eingerichtet und auch die Christa-Wolf-Gesellschaft angesiedelt ist.
Nun erst recht …
Wie jedes Jahr
im Februar:
die Zaubernuss –
Vorfrühlingsgruß.
Gelbe Wonne
wie die Sonne.
Auf allen Wegen
dem Grau entgegen.
Den Minusgraden
sehr zum Schaden.
Kein Gewinn
dem trüben Sinn.
Ist der Lebensgeist geschwächt,
dann meint der Gruß:
Und nun erst recht!
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„Früher hoffte ich, dass alles besser wird. Heute hoffe ich, dass alles so bleibt, wie es ist. Morgen werde ich hoffen, dass nicht alles noch schlechter wird.“
(Günter Kunert)
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„Meine Meinung habe ich über verschiedene Dinge in meinem Leben oft geändert und hoffe es, wenn mir Gott Leben und Verstand erhält, noch mehrmals zu tun. Es freut mich immer, wenn ich Gründe dazu habe, denn so komme ich in meinem Wissen vorwärts. Ich halte den für einen Toren, der in Erfahrungssachen seine Meinung zu ändern nicht geneigt ist.“
(Albrecht Daniel Thaer)
Binders Buch-Basar
Warum soll kein Kind die Zunge rausstrecken, sie ist doch der sauberste Körperteil des Kindes? Warum gibt es bei 0 Grad abwärts nicht frostfrei, wenn es doch bei 30 Grad aufwärts hitzefrei gibt? Wenn Kinder merken, dass ihre Fragen nerven, rät Ellentie: „Ihr müsst immer weiterfragen und wenn der Papa wütend sagt: ‚Frag doch nicht immer: warum?‘ dann antwortet: ‚Warum nicht?‘“
Wer zwischen 1983 und 1991 das DDR-Kinderfernsehen verfolgte, kennt Ellentie. Die alterslose, bunt gekleidete Person hätte gut eine größer gewordene Pippi Langstrumpf sein können. Erdacht wurde sie von der Autorin Inge Trisch, die die Figur ihrer Freundin, der Schauspielerin und Kabarettistin Ellen Tiedtke (1930-2022) auf den Leib schrieb. Ellentie war ein bißchen verrückt und wurde Liebling der Kinder. Mädchen wünschten sie sich als Mama, Jungen wollten sie heiraten. Niemand kam auf die Idee, dass der kecke Wirbelwind schon Oma sein könnte.
Begleitend zu ihren Auftritten als Ellentie verfasste Ellen Tiedtke kleine Geschichten voller phantasievollem Witz. Sie schrieb über das Seelenleben des Spielzeugs, wenn die Familie die Puppen und Stofftiere allein zu Haus ließ, über Bonbons, die Langeweile, Geschenke, die man ganz gut selbst gebrauchen könnte, Hunde, Fußballer und das Eislaufen. Die erfrischenden Geschichten wurden in ihrem Nachlass gefunden und wirken kein bißchen angestaubt (wenn man darüber hinwegsieht, dass Kinder vor dreißig Jahren mit dem Walkman statt dem Smartphone spielten).
Zu einem Kinderbuch gehören farbige Illustrationen. Herausgeber Jürgen Klammer hatte die Idee, diese Aufgabe Leipziger Kindern zu überlasen. 23 Acht- bis Zehnjährige wurden kreativ und schufen über 70 Zeichnungen, die Buchgestalterin Susanne Weigelt zu einem witzigen kleinen Wunder werden ließ.
Ellen Tiedtke: Mit etwas Fantasie, herausgegeben von Jürgen Klammer, 56 Seiten, zahlr. farbige Abb., Selbstironieverlag, Leipzig 2022, 18,70 Euro.
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Ein Fernsehprominenter, der als Teenager zum Entertainer wurde und auch schreiben kann, hat im November anlässlich seines 70. Geburtstages ein neues Buch vorgelegt. „Nehmen Sie’s persönlich“ fordert Ilja Richter in Texten, die er zuvor teilweise in Zeitschriften veröffentlichte. So entstand ein ziemlich buntes, aber auf intelligente Weise unterhaltsames Sammelsurium, das vordergründig viel über Künstler erzählt, denen Ilja im Laufe seiner sechzigjährigen Laufbahn begegnete, aber unterschwellig doch viel Zeitgeist und Geschichtsbewusstsein vermittelt.
Immerhin kam Ilja in einem antifaschistischen Elternhaus in Berlin-Karlshorst zur Welt. Seine Mutter war Jüdin, sein Vater hatte als Kommunist neuneinhalb Jahre lang deutsche KZs durchleben müssen. So verwundert es nicht, dass er gerade Weggefährten und Bekannte hervorhebt, mit denen es besondere Schnittpunkte gab, etwa mit Georg Kreisler, Georg Stefan Troller und besonders Hans Rosenthal, den Ilja schon Ende der fünfziger Jahre beim RIAS kennenlernte, als die Familie im Westen angekommen war.
Kinderstar wie er war Curt Bois – aber schon vor dem Ersten Weltkrieg, lange bevor er als Jude verfolgt in die USA floh. Peter Bosse war Kinderstar vor dem Zweiten Weltkrieg und begegnete Hitler in der Reichskanzlei, bevor er als „Halbjude“ nicht mehr auftreten durfte. Diese Männer haben Ilja Richter ebenso beeindruckt, wie es Mary Gerold-Tucholsky tat. Ihr und dem von ihm besonders geliebten Kurt Tucholsky widmet der Autor mehrere Seiten und zitiert ihn ausführlich. Dabei verzichtet er auch nicht auf deutliche Verweise in die Gegenwart mit Seitenhieben auf Harald Schmidt oder Jan Böhmermann, bei dessen Schmähgedicht auf Erdogan „in seiner plumpen Eindimensionalität“ verwunderlich ist, dass es dafür 2016 den Grimme-Preis gab.
Ob das Buch dem literarischen Vergleich mit Tucholsky standhält, sei dahingestellt – eine augenöffnende Lektüre ist es allemal!
Ilja Richter: Nehmen Sie’s persönlich: Porträts von Menschen, die mich prägten. Elsinor Verlag, Coesfeld 2022, 176 Seiten, 19,00 Euro.
Die Ruinen von Peenemünde
Es gibt Orte, von denen geradezu untrennbar Schrecken wie Faszination ausgehen. Orte, die sich einem eindeutigen intellektuellen Zugriff zu entziehen scheinen und immer wieder zu neuer Bewertung und Deutung herausfordern. Die inzwischen an vielen Stellen überwuchertte und kaum noch erkennbare Militär- und Rüstungslandschaft – zu deren Erschließung gehörten 80 Kilometer Schienennetz! – zwischen Karlshagen und dem Peenemünder Haken auf der Insel Usedom gehört dazu. In der DDR ein weitestgehend unzugänglicher Ort, gab es nach 1990 intensive Versuche, die Geschichte Peenemündes als „Wiege der Raumfahrt“ positiv umzudeuten.
Das Historisch-Technische Museum Peenemünde versucht seit vielen Jahren, dem durch eine solide gearbeitete, den aktuellen Forschungsstand präsentierende Ausstellungstätigkeit zu begegnen. Viele der noch sichtbaren Artefakte können durch die Konfrontation mit künstlerischen Arbeiten „zum Sprechen“ gebracht werden. So werden derzeit 47 großformatige Bilder des Berliner Fotografen Lorenz Kienzle gezeigt. Kienzle, er stellt inzwischen zu dritten Mal in Peenemünde aus, hielt den Zustand der Ruinen Peenemündes in den Jahren zwischen 2018 und 2022 fest. Das Museum konfrontiert die Arbeiten des Künstlers mit historischen Fotos und Bodenfunden aus der Umgebung dieser Anlagen. „Die Kombination dieser Exponattypen weist auf den Wert der historischen Landschaft Peenemündes für das Verständnis der Geschichte hin und macht das Arbeiten und Leben der tausenden Menschen sichtbar, die nicht an exponierten Stellen – und viele von ihnen unter Zwang – arbeiteten.“ So beschreibt das Museum die Zielstellung seiner neuen Exposition. Ein Nachdenken der Besucher über die Sinnlosigkeit von „Rüstungsfortschritten“ zu provozieren, liegt durchaus in der Wirkungsabsicht der Ausstellungsmacher. In Zeiten neuer politischer und medialer Waffengeilheit ist das ein mutiger und hervorhebenswerter Ansatz.
Die Ruinen von Peenemünde – Vom Werden und Vergehen einer Rüstungslandschaft. Mit Fotos von Lorenz Kienzle, Historisch-Technisches Museum Peenemünde (HTM), Sonderausstellung bis zum 31. März 2024.
Manfred Krugs grantelnde Tagebücher
Als Manfred Krug (1937-2016) mit knapp sechzig Jahren 1996 anfing, ein Tagebuch zu führen, wusste er nicht, wie dramatisch die folgenden Jahre für ihn werden würden. Anfang 2022 erschien der erste Band, „Ich sammle mein Leben zusammen“, der bis dahin unbekannten Tagebücher des Schauspielers und Sängers. In den Tagebucheinträgen bis 1998 drehte sich vieles um das Liebesverhältnis mit einer 25 Jahre jüngeren TV-Kleindarstellerin und das verheimlichte Doppelleben. Bis schließlich der Ehebruch aufflog. Außerdem starb im März 1997 sein langjähriger Freund Jurek Becker.Drei Monate später erlitt Krug einen schweren Schlaganfall. Am Krankenbett begegneten sich Ehefrau und Geliebte samt Tochter.
Nun ist im Berliner Kanon Verlag mit „Ich bin zu zart für diese Welt“ der zweite Band erschienen, der die Tagebücher der Jahre 1998-1999 versammelt. Aus insgesamt 800 eng beschriebenen Tagebuchseiten hatte die Herausgeberin und enge Vertraute Krugs, Krista Maria Schädlich, eine Auswahl zu treffen, die den Charakter der Notizen nicht verfälschte und trotzdem den ganzen Manfred Krug zeigte. Darin gibt Krug wieder private Einblicke in zwei bewegte Jahre. Er will neu anfangen und distanziert sich von seiner Geliebten. Krug berichtet von den Besuchen bei seinem hochbetagten, kranken Vater, der bald stirbt. „Jetzt bin ich ein Waise“, notiert er am 14. November 1998.
Krug hadert in diesen Jahren mit seinen massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die er aber nach außen überspielt. Er hat einen Herzschrittmacher und kann sich nach dem Schlaganfall die Drehbuchtexte seiner Rollen nicht mehr merken, daher schreibt er sie auf Zettel, die er überall im Studio und auch außerhalb anbringt. Er leidet unter verstörenden Träumen, die oft voller Absurdität und Selbstironie sind. Sie bringen aber auch längst Vergessenes wieder ans Licht.
Daneben verfolgt Krug mit Aufmerksamkeit das politische und gesellschaftliche Leben in den beiden Jahren – z.B. die Bundestagswahl im September 1998. Große Sorge bereitet ihm die Entwicklung des Krieges auf dem Balkan und immer wieder kommt er fast hellseherisch auf Russland zu sprechen. So notiert er am letzten Tag des Jahres 1999: „Boris Jelzin, der alte Tanzbär, tritt zurück und übergibt an das schmale Jüngelchen Wladimir Putin, der jetzt gerade den Krieg in Tschetschenien führt und damit Pluspunkte bei den gedemütigten Russen macht.“
Krug ist unzufrieden mit sich und der Welt, und so bekommt auch mancher Regisseur oder Redakteur sein Fett weg. Besonders mit seinem Schauspielerkollegen Peter Lohmeyer, der ihn in der ARD-Verfilmung seines „Abgehauen“-Tagebuchs verkörperte, geht er hart ins Gericht. Dazwischen findet der Leser aber auch kurze Charakterzeichnungen von Barbara Brecht, Annekathrin Bürger, Udo Lindenberg, Berti Vogts oder des halleschen Malers Moritz Götze, mit dem er 1999 den illustrierten Lyrikband „66 Gedichte, was soll das?“ veröffentlicht. Überhaupt ist er bei der Beurteilung von ehemaligen Weggefährten sehr differenziert. Hilmar Thate ist in seinen Augen „ein Wichtigtuer“, um sich dann an anderer Stelle selbstkritisch als „einen Hochstapler im artistischen Gewerbe“ zu bezeichnen.
Ehrlich und schonungslos sind seine Tagebuchnotizen, so wie man gemeinhin Manfred Krug zu kennen glaubt. Aber dennoch ist aus dem einstigen TV- und Film-Raufbold ein kränkelnder und grantelnder Senior geworden. Trotzdem darf man auf die Fortführung seiner Tagebücher gespannt sein. Für 2024 ist der Band „Ich passe nicht in diese Welt. Tagebücher 2000-2003“ angekündigt.
Manfred Krug: Ich bin zu zart für diese Welt – Tagebücher 1998-1999, Kanon Verlag, Berlin 2023, 301 Seiten, 24,00 Euro.
Ist das Jazz?
Der begnadete US-amerikanische Musiker und Dichter Gil Scott-Heron wandte sich einst vehement und wortgewandt gegen die Verschubladisierung der Musik. Der Refrain in seinem Song „Is that Jazz?“ lautet folgerichtig: What it has, will surely last, but is that Jazz?“ (Was es hat, wird sicherlich Bestand haben, aber ist das Jazz?)
Damit erst keine falschen Schubladen aufgezogen werden, hat sich das Fürther Sunday Morning Orchestra selbst das Etikett „Independent Garage Jazz“ verpasst.
Der Bandname selbst zeugt nicht gerade von fränkischer Bescheidenheit. Wer hinter dem Sunday Morning Orchestra ein vielköpfiges Jazzorchester vermutet, liegt jedoch kräftig daneben. Denn diese Musikgruppe besteht tatsächlich nur aus zwei Personen: der Sängerin Maleen Schulz-Kallenbach und dem Kontrabassisten Oliver Zoglauer. Bei einigen Stücken auf ihrem ersten, soeben erschienenen Album „Red Roses Or Fallen Leaves“ wird das musikalische Duo noch von drei Gastmusikern unterstützt (mit Gitarre, Schlagzeug bzw. Klarinette).
Zwischen wohlgefällig und kratzbürstig muten die zehn Stücke mit knapp 37 Minuten Spielzeit an. Der „Battle“ zwischen Stimme und Kontrabass endet unentschieden. Aber es ist, um im Sportjargon zu bleiben, kein blutleeres und torloses Unentschieden, sondern ein Unentschieden besonderer Qualität und Güte.
Und auch die Texte in ihren durchweg selbstkomponierten Liedern changieren zwischen Leichtigkeit und Tiefgang: „I know what happiness tastes like, it tastes like vanilla ice cream […]“ heißt es betörend eingängig im Song „Ice Cream“. Dagegen wird fast schon agitatorisch in „Noname“ beschworen: „When rich people say we all had equal rights, I get angry inside – and no, we are not all in the same boat because some of us do not even have one […]“
Wer sein Sonntagsfrühstück musikalisch anreichern will, greife zum kurzweiligen wie anspruchsvollen Album des Sunday Morning Orchestra. Die schubladenmäßige Verortung dieser Musik ist dagegen zweitrangig…
Sunday Morning Orchestra: Red Roses or Fallen Leaves. CD/LP, 2022, Label: mono-Ton Records, ca. 15,00 Euro.
Blätter aktuell
In der Februar-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik kritisiert Paul Schäfer die linken Legenden über den Ukrainekrieg. Corinna Hauswedell fragt nach der Zukunft des Pazifismus in kriegerischen Zeiten. Ulrich Brand und Markus Wissen erklären, warum Lützerath ein Fanal für die Klimabewegung ist. Robin Celikates und Dieter Rucht diskutieren die Bedeutung des zivilen Ungehorsams mit Blick auf die Letzte Generation. Und Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey beleuchten einen neuen Protesttypus: den libertären Autoritären.
Albrecht von Lucke kommentiert zum Land ohne Führung: Das Schweigen des Kanzlers.
Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, Februar 2023, weitere Informationen im Internet.
Aus anderen Quellen
„Der Streit zwischen Kanzler- und Auswärtigem Amt um die künftige Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesrepublik dauert an“, heißt es auf der Plattform german-foreign-policy.com. Berichten zufolge werde „kaum noch damit gerechnet, dass Außenministerin Annalena Baerbock das Strategiepapier, wie ursprünglich geplant, unmittelbar vor der Münchner Sicherheitskonferenz (17. bis 19. Februar) publikumswirksam der internationalen Öffentlichkeit präsentieren kann. Ursache sind Differenzen in wichtigen Fragen wie etwa derjenigen, ob der künftige Berliner Nationale Sicherheitsrat beim Kanzleramt oder beim Außenministerium angesiedelt sein wird. Wie es heißt, soll das Gremium etwa auch dafür sorgen, dass ‚politisch unbequeme Entscheidungen‘ künftig ‚unabhängig von … Opportunitätskosten‘ umgesetzt werden.“
Die Nationale Sicherheitsstrategie, german-foreign-policy.com, 27.01.2023. Zum Volltext hier klicken.
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„Will Putin ein Imperium errichten – oder die Souveränität und Existenz Russlands sichern?“, fragt Paul Schreyer und verweist auf den US-Experten John Mearsheimer: „[Putin] werden imperiale Ambitionen nachgesagt – er wolle die Ukraine und andere Länder erobern, um ein Großrussland zu schaffen, das eine gewisse Ähnlichkeit mit der ehemaligen Sowjetunion aufweist. Mit anderen Worten: Die Ukraine ist Putins erstes Ziel, aber nicht sein letztes. (…) Dieses Narrativ wird zwar immer wieder in den Mainstream-Medien und von praktisch allen westlichen Staatsoberhäuptern wiederholt, aber es gibt keine Beweise dafür.“
Paul Schreyer: Was sind Russlands Kriegsgründe?, multipolar-magazin.de, 25.01.2023. Zum Volltext hier klicken.
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Je länger der Ukraine-Krieg dauere, „desto schwieriger wird es, einen Verhandlungsfrieden zu erzielen“, betont Harald Kujat, Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr. Die russische Annexion von vier ukrainischen Gebieten am 30. September 2022 sei „ein Beispiel für eine Entwicklung, die nur schwer rückgängig gemacht werden kann. Deshalb fand ich es so bedauerlich, dass die Verhandlungen, die im März in Istanbul geführt wurden, nach großen Fortschritten und einem durchaus positiven Ergebnis für die Ukraine abgebrochen wurden. Russland hatte sich in den Istanbul-Verhandlungen offensichtlich dazu bereit erklärt, seine Streitkräfte auf den Stand vom 23. Februar zurückzuziehen, also vor Beginn des Angriffs auf die Ukraine.“
Ukrainekonflikt: „Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, die abgebrochenen Verhandlungen wieder aufzunehmen“, zeitgeschehen-im-fokus.ch, 18.01.2023. Zum Volltext hier klicken.
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„Ein deutscher Politikprofessor denunziert die Angst vor einer unkontrollierten Eskalation des Ukraine-Kriegs als ‚Krankheit‘“, ist wiederum auf der Plattform german-foreign-policy.com zu lesen. Und: „Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Joachim Krause, rechnet damit, dass NATO-Staaten in absehbarer Zeit Kampfjets an die Ukraine liefern. Mit Blick darauf sei ‚Eskalationsbereitschaft‘ angesagt, nicht ‚Eskalationsphobie‘, erklärt Krause, der auch dem Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik angehört, des militärpolitischen Strategiezentrums der Bundesregierung.“
Keine Schlafwandler, german-foreign-policy.com, 07.02.2023. Zum Volltext hier klicken.
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Über den kürzlich verstorbenen Heinrich Hannover vermerkt Heribert Prantl in seinem Nachruf: „Er war ein Vorbild an Geradlinigkeit. […] Er war einst aus dem Zweiten Weltkrieg als Pazifist und Antimilitarist zurückgekommen und ist das bis zu seinem Lebensende geblieben – anders als viele Grüne, die einst friedensbewegt waren, es aber nicht blieben; manche von ihnen hat Heinrich Hannover, als sie noch jung und krawallisch waren, verteidigt. Hannover war nämlich […] Rechtsanwalt, er war Strafverteidiger; er schrieb Justizgeschichte, immer auf Seiten der Minderheiten – und, vor allem, auf Seiten des Friedensgebotes des Grundgesetzes, das, wie er mir vor Jahren schrieb, viel zu wenig beachtet und geachtet würde.
Heribert Prantl: Prantls Blick. Die politische Wochenschau, sueddeutsche.de, 22.01.2022. Zum Volltext hier klicken.
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