22. Jahrgang | Nummer 1 | 7. Januar 2019

Bemerkungen

60 Jahre: Patria o muerte …

Kuba hat zum Jahresbeginn den 60. Jahrestag des Sieges jener Revolution gefeiert, aus der sich der Weg des Landes hin zu einer sozialistischen Gesellschaft entwickelt hat. Die Feierlichkeiten sind diesmal auffallend und wohl auch betont bescheiden ausgefallen. Lediglich an Fidel Castros Grab in Santiago de Cuba waren rund 1000 geladene Teilnehmer Zeugen einer Würdigungsansprache von Parteichef Raúl Castro. Selbst linke Korrespondenten berichteten, dass ansonsten in dem gerade bei Jubiläen feierfreudigen Land von Euphorie kaum etwas zu spüren war.
Was sagt man als jemand, der einst für Castros Weg, die offenkundige Begeisterungsfähigkeit seines Volks eben dafür und nicht zuletzt für Castros faszinierendes Charisma viel und anhaltende Sympathie empfunden hat, nach 60 Jahren eben dieses Weges? Gewiss, und das unbedingt!: Kuba hat vor allem dank der erbitterten Feindschaft durch die nahen USA nicht ein Jahr seiner Entwicklung ohne Boykott und andersartige Behinderungen erleben dürfen. Und ganz gewiss auch: Mit seinen sozialen Leistungen steht die Insel noch immer wie ein Leuchtturm für andere lateinamerikanische Länder in der Karibik.
Das alles ist rühmenswert, keine Frage. Dennoch bleibt: Woraus und wie lange bezieht eine – fraglos aus einer ehrenvollen revolutionären Bewegung hervorgegangenen – Ein-Parteien-Führung ihre Berechtigung, ein Volk, und sei es aus den honorigsten Motiven, für die Beglückung einer ebenso fernen wie völlig ungewissen Zukunft quasi in Geiselhaft zu nehmen?
Was soll man in Kuba feiern, wenn, wie der ND-Korrespondent einen Tourismus-Manager zitiert, „die Menschen einfach andere Probleme (haben)“. „Zuletzt gab es nicht einmal mehr Mehl.“ Tatsächlich, so der Korrespondent, seien in den vergangenen Tagen Brot und Eier in der Hauptstadt knapp geworden.
Raúl Castro, den mit seinen 87 Lebensjahren wohl einen Greis zu nennen keine Diskreditierung sein dürfte, hat seine Sicht auf die kubanische Gegenwart so zusammengefasst: „Zufrieden und glücklich sehen wir mit eigenen Augen, wie neue Generationen den Sozialismus aufbauen. Das ist der einzige Weg zur Unabhängigkeit.“ „Im Namen unseres Volkes und voller Optimismus kann ich sagen: Ewig lebe die kubanische Revolution!“
„Im Namen unseres Volkes“ – Woraus entnimmt Castro die Gewissheit dieser Repräsentanz wenn nicht noch immer aus einem Ereignis, das nun 60 Jahre zurückliegt? Hat es deshalb Ewigkeitswert? Wer sich an das zweite Halbjahr 1989 erinnert, dem dürfte nicht zuletzt unvergesslich sein, wie die DDR-Führung noch wenige Wochen vor dem politischen Zusammenbruch des Landes unbeirrt von der „unverbrüchlichen Einheit von Partei und Volk“ gesprochen hat. Besser: halluziniert hat, wie sich erwies, kaum dass Honeckers Jubiläumsworte zum 40. Jahrestag des Landes verklungen waren. Die Solidargemeinschaft derer, die fest und unerschütterlich und eben kritiklos zum Kuba im Castroschen Selbstverständnis steht, erinnert mich an jene saturierten Linken der jüngeren Geschichte, die die Spartanität anderer als Credo jenes Lebens rühmen, das sie selbst nicht führen. Das mag ihnen ein wohlig-warmes Gefühl bereiten, im Namen von Menschen ist das nicht gedacht …

Hajo Jasper

Glück haben

Glück ist ein unglückliches Substantiv. Eins kann glücklich sein oder es kann auch etwas glücken, aber Glück haben? Welches Konto soll es wahren und bewahren? Welche Versicherung schützen und beschützen?
Glücklich zu sein ist besser als Glück zu haben. Ersteres ist Zustand, Letzteres Zufall. Der ereignet sich freilich öfters, während der Status als solcher zwar realisiert, aber nie konsolidiert werden kann. Er ist in seinem Dasein immer flüchtig. Derlei ist zu erleben, aber nicht zu erhalten und somit auch nicht zu haben. Das Glück ist immer in Eile. „Werd ich zum Augenblicke sagen: / Verweile doch! Du bist so schön!“, heißt es in Goethes Faust I.
Indes ist der Glücksmoment doch eine Bereicherung sondergleichen, vor allem auch weil er in der Erinnerung weiterlebt. Schon wenn sich Glück in und als Zufriedenheit destilliert, ist einiges gewonnen. Diese soll man gar nicht gering schätzen, aber das Glück selbst ist in der Zufriedenheit nur noch verdünnt vorhanden, nicht mehr in seiner außergewöhnlichen Fülle zugegen, erfahrbar und erfassbar. Enormes als Anormes ist fragil und resolut zugleich. Wenn es anklopft, verkündet es nicht nur seine Bekömmlichkeit, sondern auch schon seine Vergänglichkeit. Aber selbst wenn das Glück sich nicht festigen lässt, ist es als Fluidum deutlich spürbar.
Glück gehabt zu haben, meint hingegen nur, kein Unglück gehabt zu haben, ist also eine rein negative Bestimmung, vom Glück weiter entfernt als vom Unglück. Das seltsame Glück des Soldaten immer wieder nicht umgekommen zu sein, wird kein Mensch zu den glücklichen Phasen des Lebens zählen können. Davongekommen zu sein bezeugt bloß Glück im Unglück.

Franz Schandl

Streifzüge. Magazinierte Transformationslust, Heft 74, Herbst 2018. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Botschaften der Vergänglichkeit

Diese Druckprodukte bilden schnell wachsende Stapel auf dem Schreibtisch. Irgendwann entschließt man sich dann doch, sie mit leichtem Bedauern in den Papierkorb zu entsorgen. Die Rede ist von Ausstellungseinladungen. Elke Lang hat 72 Stück aus einem offenbar enormen Konvolut aus dem Nachlass ihre Mannes Lothar Lang herausgefischt, klug sortiert und für einen hübschen Band zusammengestellt. Der erschien bei der edition burgart, die der langjährige Kustos des Thüringischen Landesmuseums Heidecksburg Jens Henkel herausgibt. Die Herausgeberin schrieb für das Buch einen einleitenden Essay, der ein Plädoyer für eine zunehmend von virtualisierter Langeweile verdrängte Kunstform darstellt. So ganz nebenbei entstand damit auch ein sehr persönlicher Blick in eine lebendige Kunstlandschaft beider Deutschlands, die beim Kundigen schmerzliche Erinnerungen hervorruft – und beim Nichtwissenden hoffentlich Erstaunen darüber, dass es im Osten eben doch mehr gab als nur „Staatskunst“ und im Westen auch anderes als nur eine sich in Permanenz selbst lobende „Moderne“.
Beim Blättern fällt die hohe Qualität der den Einladungskarten zugrunde liegenden grafischen Arbeiten von „A“ (Alfred Ahner) bis „Z“ (Baldwin Zettl) auf. Das verwundert nicht. In der DDR wurden die Techniken der Druckgrafik mit großer Leidenschaft gepflegt, sie waren auch für weniger Betuchte – und das waren wohl die meisten Sammler – erschwinglich und somit für die Künstler eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle. Elke Lang hat einige schöne Beispiele von Künstlern ausgewählt, die mit dem offiziellen Kunstbetrieb nichts oder wenig am Hut hatten, und sich auch mit solchen Drucken, zumeist in Kleinst-Auflagen, über Wasser hielten: Bodo Müller, Wolfgang Lehmann („Dottore“), Ute Hünniger („Viola Blum“) zum Beispiel – aber auch die Künstler der von den dortigen Kunstfunktionären heftig befehdeten Karl-Marx-Städter Produzentengalerie „Clara Mosch“.
Langs bedeutende Grafiksammlung existiert nicht mehr. Geblieben sind die Neue Galerie auf Schloss Burgk (nebst dem dortigen Pirckheimer-Kabinett), seine Bücher, seine Artikel für die Weltbühne und die Marginalien – und diese sehr vergänglichen Botschaften aus der Vergangenheit, die Lust auf mehr bereiten.

WB

Elke Lang (Herausgeberin): Vom Briefkasten in den Papierkorb. 72 Einladungen zu Kunstausstellungen zwischen 1964 und 1989 aus dem Nachlass von Lothar Lang, edition burgart, Rudolstadt 2018, 108 Seiten, 24,50 Euro.

2019: Frohes Altjahr!

Noch wabern all die salbungsvollen Wünsche nach Frieden und Mitmenschlichkeit durch den öffentlichen Raum, da zeigt nicht nur die Silvesterfeier in Sydney, dass es bei 2019 wohl auch nur eine Prolongierung des Altjahres geht, hat man dort doch per Feuerwerk ein zweites Mal des Jahr 2018 begrüßt. Vielmehr ist die Nachrichtenlage der ersten Tage dieses angeblichen neuen Jahres geeignet, sich beruhigt der Erkenntnis hinzugeben, dass alles bleibt, wie es war:
Silvesternacht in Bottrop: Mann fährt gezielt Ausländer um
Amberg: Asylbewerber prügeln grundlos auf Passanten ein
Mehrere Tote bei Angriff auf Militär in Pakistan
Beschossen, beworfen, gebissen: Angriffe auf Einsatzkräfte und Streitschlichter in der Neujahrsnacht
Islamisten griffen UNO-Camp in Somalia mit Granaten an
Neujahrsansprache: Kim Jong Un droht USA mit Abkehr von Entspannungspolitik
Mindestens 23 Tote bei Gefechten in Nordafghanistan
37 Zivilisten bei Überfall auf Dorf in Mali getötet
Streit um Status der Insel Chinas: Präsident droht Taiwan mit Zwangsvereinigung
Philippinen: Mindestens zwei Tote bei Terroranschlag vor Einkaufszentrum.
Jede Menge Fortsetzungen dürften folgen.

HWK

Siebzig Jahre Sinn und Form

Im Januar 1949 erschien das erste Heft von Sinn und Form, des „geheimen Journals der Nation“ (Walter Jens). In diesem Auftakt waren Schriftsteller wie Romain Rolland, Oscar Loerke, Wladimir Majakowski oder Hermann Kasack vertreten; dazu Gedichte aus der Résistance (unter anderen von Louis Aragon). Bereits diese erste Auswahl verriet, dass die Zeitschrift, von Johannes R. Becher und Paul Wiegler gegründet, eine Brücke zwischen bürgerlicher und sozialistischer Literatur schlagen sollte. So setzte Peter Huchel, der erste Chefredakteur, von Anfang an neben erstklassigen Autoren auf ein unverwechselbares Profil und eine breite Vielfalt der Themen und Gattungen. Natürlich war Sinn und Form bis 1989 auch ein intellektuelles Aushängeschild der DDR nach außen, das kulturelle Offenheit beweisen sollte.
Das Programm umfasst bis heute Essays, Gedichte, Gespräche, erzählende Prosa, Tagebücher und Briefe. Die Zeitschrift hat sich durch alle politischen Umbrüche und geistigen Intentionen hindurch ihre Unabhängigkeit und ihren Stil bewahrt. Sie ist die mit Abstand gelungenste deutschsprachige Kulturzeitschrift, in der alle zwei Monate nicht nur nationale und internationale Autoren zu Wort kommen, sondern auch immer wieder literarische Fundstücke aus der Vergangenheit auftauchen.
Das siebzigjährige Jubiläum der von der Akademie der Künste herausgegebenen Zweimonatsschrift soll Anlass sein, nach der heutigen und künftigen Bedeutung von Zeitschriften in einer rasant sich verändernden Medienwelt zu fragen. Unter dem Motto „Das Abenteuer des Lesens“ wird das runde Jubiläum gefeiert. Am 15. Januar 2019 lädt die Akademie der Künste zu Gesprächen mit Sinn und Form-Autoren (Georg Klein, Sibylle Lewitscharoff, Gustav Seibt, Cécile Wajsbrot und Matthias Weichelt) und einer Lesung (Kornelia Koepsell und Dénes Krusovszky) von Gedichten aus der aktuellen Ausgabe ein.

Manfred Orlick

„Das Abenteuer des Lesens – Siebzig Jahre Sinn und Form“, 15. Januar 2019, 19 Uhr, Akademie der Künste, Pariser Platz, Plenarsaal, Eintritt 6,00/4,00 Euro.

Film ab

Hape Kerkeling hat mit seinem Auftritt als niederländische Königin Beatrix am Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten, unmittelbar vor dem Eintreffen der echten Monarchin, und mit Gestalten wie Horst Schlemmer, dem stellvertretenden Chefredakteur des fiktiven Grevenbroicher Tagblatts Fernsehgeschichte geschrieben, an die man sich mit Vergnügen erinnert. Doch auch wenn man Kerkelings Kunst nicht mag, wird man in diesem Film Tränen lachen und an anderen Stellen zu denselben gerührt sein.
Vorlage war Kerkelings autobiographisches Buch gleichen Titels über seine zu erheblichen Teilen unfrohe Kindheit. Als dicklicher, zu komischen Missgeschicken neigender und im Vergleich zu Altersgenossen unsportlicher Knabe im Ruhrpott, konkret in Recklinghausen, zu Beginn der 1970er Jahre. By the way in einer Gegend, in der man damals wohl nicht mal hätte tot überm Zaun hängen mögen.
Der tragische Selbstmord der nach einer verpatzten Operation zunehmend depressiven Mutter ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Zeit im Leben des Kindes, in der es lernt, durch gezielten Einsatz von Komik und Persiflage seine Schwächen gegenüber Gleichaltrigen mehr als nur zu kompensieren.
A talent was born, und eine Paraderolle für Julius Maximilian Weckauf (11), einen rechten Wonneproppen, der durch seine Darstellung nicht nur seinem Namen alle Ehre macht, sondern in den Medien auch als „Germany’s Next Kerkeling“ apostrophiert wurde. Luise Heyer und Sönke Möhring (Eltern), Ursula Werner und Rudolf Kowalski (Großeltern väterlicherseits) sowie Hedi Kriegeskotte und Joachim Król (Großeltern mütterlicherseits) ragen in dem bis zur letzte Rolle stimmig besetzten Ensemble ebenfalls hervor.

Clemens Fischer

„Der Junge muss an die frische Luft“ – Regie: Caroline Link. Derzeit in den Kinos.

Logik für Lemminge

„Jeder zweite Deutsche sorgt sich inzwischen um seine finanzielle Sicherheit im Alter – ein enormer Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Ein Großteil der Verbraucher will nun sparen. Und genau das könnte sich rächen.“ So fasst ein Wirtschaftsredakteur der Welt düster zusammen, was wohl mehr ist als nur eine simple Stimmungslage. „2019 ist bei einigen Verbrauchern Sparen angesagt“, zitiert er den Handelsexperten Harms, der daher den Aufschwung in Deutschland in Gefahr sieht. „Der Konsum war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Pfeiler des deutschen Aufschwungs“, so Harms. „Das könnte sich 2019 ändern, sofern Konjunktursorgen und eine steigende Inflation die Bürger tatsächlich dazu bringen, den Gürtel enger zu schnallen.“
Man kann es drehen und wenden wie man will, logisch ist das ja wirklich. Aber es ist eben die Logik des Kapitalismus, der – wie man wieder sehen kann, sich am Menschen lediglich als Konsumenten orientiert. Bei allen obwaltenden sozialen Milderungen: Was für ein erbärmliches Menschenbild! Also auf ein Neues, liebe Lemminge …

Petra Schäfer

Kinder am Werk

Schon mehrfach ist im Blättchen auf einen Verhaltens-Hintergrund politischer Akteure hingewiesen worden, der sich im Kern aus schlichten anthropologischen Konstanten speist. „Kurze Hosen“ hieß ein Text, der auf alle möglichen aktuellen Aggressivitäten und mehr noch auf deren Zustandekommen hinwies und dazu aufforderte, sich die Akteure einfach mal in kurzen Beinkleidern vorzustellen. Dann wäre leicht ersichtlich, dass sich vor allem kriegerisches Gewaltgebaren dem, was sich – vorrangig unter Jungs – gern und oft abspielt, denkbar ähnelt.
In Sachen des neu entflammten Rüstungswettlaufs erschließt sich das neuerlich. Hier obwaltet vor allem jenes infantile Verhaltensmuster, die eigene Schuld dadurch in Abrede zu stellen, dass man an auf die vorausgegangene Missetat des Pendants hinweist: „D e r hat ja angefangen!“ Und so sind wir wieder mal dabei. Die USA bezichtigen Russland des Vertragsbruchs in Sachen … und drohen neue Rüstungsschritte an. Russland weist das selbstredend zurück und stellt, gleich per Praxistest, eine (allerdings wohl bereits zuvor entwickelte) neue Raketengeneration vor, die in vielerlei Hinsicht alles Bisherige übertrifft und vor allem – so heißt es – nicht abgefangen werden kann. Das alles freilich nur, um sich vor den Amerikanern zu schützen. Man wird darauf warten können, dass dies nichts anderes herbeiführt als das militärwissenschaftliche Bestreben, diesen Effekt durch wiederum neue Waffentechnik zu unterlaufen, was dann …
Wenn es nicht so bedrohlich ernst wäre, könnte man sich amüsieren: Ob Trump, Putin, Xi, Erdogan, Mohammed bin Salman al-Saud, Kim Jong Un und Assad, IS-Granden: Große Kinder in kurzen Hosen sind hier am Werk, sorry. Und weit und breit keiner, der ihnen den Arsch versohlt.

Helge Jürgs

Aus anderen Quellen

„Munition“, so Otfried Nassauer, „ist Grundnahrungsmittel und zentrales Verbrauchsgut jeden Krieges. Selbst große und besonders zerstörerische Waffensysteme wie Panzer oder Bomber werden schnell zum Hindernis und nutzlos, wenn ihnen die Munition ausgeht. In Analogie zu dem alten Landserspruch ‚Ohne Mampf kein Kampf‘ könnte man auch sagen: ‚Ohne Munition kein Krieg.‘“
In einer weiteren Publikation richtet Nassauer den Blick auf Saudi-Arabien und Südafrika: „Dr. Andreas Schwer ist ein erfahrener Rüstungsmanager. Erste Sporen verdiente er sich beim deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus. Später ging er zu Rheinmetall, leitete dort den Geschäftsbereich für Kampffahrzeuge und das internationale Geschäft. Schließlich betrat er erneut die Drehtür, um Ende 2017 Vorstandsvorsitzender von SAMI, der Saudi Arabian Military Industries, zu werden.“ Das ist eine 2017 gegründete staatliche Holding, die bis 2030 dazu beitragen soll, dass das sunnitische Königreich seinen Rüstungshaushalt verstärkt im eigenen Lande behält. Besonderes Augenmerk gelte dabei „offenbar den Beziehungen zu Südafrika“.
Otfried Nassauer: Munitionsgeschäfte in deutscher Verantwortung. Explosiv, tödlich und profitabel. Zum Volltext hier klicken.
Derselbe: Nachrichten aus Drehtür und Nebel – Saudi-Arabien greift nach Südafrikas Rüstungstechnik. Zum Volltext hier klicken.

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Nach Jahren präsentierte die Eurogruppe jetzt einen Bericht über ihre Verhandlungen zur Reform der Eurozone. Björn Hacker bilanziert: „Um es vorweg zu nehmen: die Ergebnisse der Verständigung zwischen den Mitgliedstaaten der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) sind kleinteilig und kleinlaut.“ Und: „Meister im Vertagen war die deutsche Regierung. Hierzulande hat man sich in das Märchen der Staatsschuldenkrise geflüchtet, wonach die Probleme der Eurozone dem Politikversagen in einzelnen Ländern, nicht aber systemischen Mängeln anzulasten seien.“
Björn Hacker: Schneller Tod nach weitem Weg? Die Währungsunion droht am Zaudern der Mitgliedstaaten zu scheitern, ipg-journal.de, 11.12.2018. Zum Volltext hier klicken.

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Nicht alles in Berlin ist Flughafen. Will sagen – manchmal wird auch etwas fertig. Für Superlative reicht es jedoch allemal: Ende des Jahres 2018 wurde die neue James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel übergeben, die, wie Nikolaus Bernau meint, „teuerste Garderobe der Welt“. Mindestens 135 Millionen Euro habe das Großod gekostet, sei jedoch „funktional“ eigentlich nicht mehr als ein „Verteiler hin zum Neuen Museum und zum Pergamonmuseum […], mit Kassen und Garderoben, einem kleinen Vortragsraum und dem eher mittelgroßen Saal für Sonderausstellungen“. Doch in Berlin, siehe nun doch wieder Flughafen, ist Geld immer nur ein Teil des Problems. Es seien, so Bernau, „Zweifel an der Funktionsfähigkeit angebracht […], weil alle Innenräume auf den von der Bauverwaltung und Denkmalpflege viel zu schmal bestimmten Bauplatz gezwängt werden mussten. Mindestens 800 Besucher pro Stunde gedenken die Museen hier abzufertigen. Ein Alptraum angesichts der relativ engen Räume, der vielen Treppen, der schmalen Korridore hin zum Neuen Museum, des hoch gelegenen Übergangs zum Pergamonmuseum, den man erst einmal finden muss, der viel zu wenigen Aufzüge. Jede Schulklasse wird hier für Chaos sorgen.“
Nikolaus Bernau: Museumsinsel – Haupteingang der James-Simon-Galerie mit Schönheitsfehlern, berliner-zeitung.de, 13.12.2018. Zum Volltext hier klicken.

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„Hans Otto“, schreibt Ralf Stabel, „war bis zum Tag seiner Verhaftung am 14. November 1933 einer der bekanntesten und beliebtesten deutschen Schauspieler.“ An seinen Folterungen durch die Nazis verstarb er zehn Tage später. Seie Begräbnis bezahlte ein nicht minder berühmter Kollege, der sich im Unterschied zu Otto mit dem Regime bestens arrangierte – Gustav Gründgens. „Zur Beerdigung auf dem Friedhof in Stahnsdorf erschien Gründgens, wie das gesamte Ensemble (des Preußischen Staatstheaters in Berlin – die Redaktion), allerdings nicht. Reichspropagandaminister Joseph Goebbels hatte dies untersagt.
Ralf Stabel: Ein Mann mit Charme und Haltung, tagesspiegel.de, 27.11.2018. Zum Volltext hier klicken.

Blätter aktuell

Die Digitalisierung soll Wirtschaftswachstum schaffen und gleichzeitig Ressourcen schonen. Ein Blick über den europäischen Tellerrand entlarvt dies jedoch als Irrglauben, so Sven Hilbig, Referent für Welthandel bei Brot für die Welt. Denn im globalen Süden könnte die Digitalisierung zum massiven Verlust von Arbeitsplätzen, neuen Abhängigkeiten von Konzernen sowie einem steigenden Energieverbrauch führen.
Aufklärerischer Journalismus ist in diesen Zeiten wichtiger denn je. Doch gerade jetzt wird er massiv bedroht, warnt der ORF-Journalist Armin Wolf. Nicht nur fehlt den Medien eine Strategie, im Internet Geld zu verdienen. Sie werden auch direkt angegriffen: Weltweit untergraben Rechtspopulisten mit Hilfe von Fake News und Social-Media-Kampagnen das Fundament seriöser Berichterstattung: sorgsam recherchierte Fakten. Dagegen gilt es, den journalistischen Arbeitsethos unbeirrt zu verteidigen.
Oft heißt es, bei der kommenden Europawahl komme es zum Kampf zwischen Gegnern und Befürwortern der EU. Doch das ist zu einfach, argumentiert Blätter-Redakteur Steffen Vogel. Tatsächlich ringen mit Nationalisten, Konservativen, liberalen Reformern und Linken gleich vier Blöcke um die Zukunft des Kontinents. Aus der zunehmenden Polarisierung gibt es nur einen Ausweg: Die pro-europäischen Parteien und Bewegungen müssen lagerübergreifende Bündnisse für den Ausbau demokratischer Institutionen und für mehr soziale Gerechtigkeit schmieden.
Dazu weitere Beiträge – unter anderem: „Poroschenkos Ukraine: Die Wiederkehr des Patronagestaats“, „Israel oder: Die politische Theologie der Wiedergeburt“ und „Aufstand der Gelbwesten: Macron im freien Fall?“.

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Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, Januar 2019, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.

WeltTrends aktuell

„Ein neues globales Machtzentrum in einer multipolaren Welt“, so nennt Vladimir Norov, ehemaliger Außenminister Usbekistans und seit 1. Januar Generalsekretär der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), im Interview mit WeltTrends den derzeit aus acht Staaten bestehenden Verbund. Mit etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung und 60 Prozent des Territoriums Eurasiens ist die SOZ die weltweit größte Regionalorganisation. Angesichts westlichen Sanktionsdrucks und des von der Trump-Administration entfachten Handelskrieges rücken Russland und China weiter zusammen und wollen die von Russland dominierte Eurasische Wirtschaftsunion und das chinesische Projekt eines Wirtschaftsgürtels „Neue Seidenstraße“ verbinden, wobei die SOZ als „Eurasische Brücke“ dienen könnte.
Im Thema untersuchen Autoren aus SOZ-Mitgliedstaaten und Deutschland Stand und Perspektiven der Organisation.
Im WeltBlick geht es um Deutschland als nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates 2019/2020, um die USA nach den Kongresswahlen und die Drei-Meere-Initiative Polens.
Im Gastkommentar wendet sich Gregor Gysi der Rolle Deutschlands in einer unübersichtlichen Welt zu, deren großes Problem „im absichtsvollen Abschied von einer Kultur des Dialogs, des Respekts und der gemeinsamen Sicherheit” bestehe.

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WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 147 (Januar) 2019 (Schwerpunktthema: „Machtpol Eurasiens – Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“), Potsdam / Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.

Und zum Finale noch – ein wichtiger Hinweis

Nachdem bereits einige Tage im neuen Jahr vergangen sind, soll die Aufmerksamkeit noch einmal kurz auf die Bedeutung von 2019 gerichtet werden. Im Leben der allermeisten derzeit existierenden Menschen wird dies das einzige Jahr sein, in dem die Differenz zwischen der ersten und der zweiten Hälfte der Jahreszahl 1 ergibt. Nur wer 1918 und davor geboren wurde oder wer das Jahr 2120 noch erlebt, kommt zweimal in den Genuss dieses pro Jahrhundert jeweils nur einmal auftretenden Phänomens.
Und die Eins ist ja in jederlei Hinsicht von ein-zigartiger Bedeutung. Als größte Dualzahl in der Informatik (1 = wahr), als beste Schulnote (zumindest in Deutschland), als Symbol für Alles, den Anfang oder Gott in der Zahlensymbolik, als Rückennummer des Torhüters im Fußball, als ultimative Wirklichkeit und Quelle jeder Existenz in der Philosophie, als Zahl für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis so gut wie sicher auftritt oder als einfacher Strich auf dem Bierdeckel, um die Anzahl der getrunkenen Gläser darzustellen.
In diesem Sinne sollte gut mit 2019 umgegangen werden.
Denn die Differenz für 2020 beträgt …

Wolfgang Hochwald