23. Jahrgang | Nummer 3 | 3. Februar 2020

Bemerkungen

100 Sekunden vor Ultimo

Es gibt sie seit 1947 – die Weltuntergangsuhr (doomsday clock) im Bulletin oft the Atomic Scientists. Mit ihr wollen US-Wissenschaftler Gefahren für die Erde und den Fortbestand der Menschheit verdeutlichen. Gestartet war die Uhr 1947 mit sieben Minuten vor Mitternacht. Durch den sich verschärfenden Kalten Krieg war sie bis 1953 auf zwei Minuten vor Ultimo vorgerückt. 1991, nach Beendigung des Kalten Krieges, wies sie ihre größte Spanne auf – 17 Minuten vor Mitternacht. Seit etlichen Jahren wird auch die ökologische Bedrohung in die Betrachtung mit einbezogen. Wegen erneuter Zunahme der Spannungen zwischen Nuklearmächten (USA, Russland, China, Indien, Pakistan) und der Klimakrise war die Uhr in den vergangenen Jahren bereits wieder auf den Stand von 1953 vorgerückt. Zu Beginn dieses Jahres nun konstatieren die US-Wissenschaftler eine weitere Verschlechterung: Auf UN-Klimatreffen hätten die Delegierten „geschliffene Reden“ gehalten, aber nur wenig Konkretes für eine Begrenzung des CO2-Ausstoßes vorgelegt. Überdies seien wichtige Verträge zur Rüstungskontrolle beendet oder untergraben worden. Deswegen drohte ein neues Rüstungsrennen bei Atomwaffen, deren weitere Verbreitung und niedrigere Eintrittsschwellen für einen Atomkrieg. Die Uhr wurde daher erneut vorgestellt – bis auf 100 Sekunden vor Ultimo!

Hannes Herbst

Der dritte Weltkrieg?

Derzeit höre ich viel von einem baldigen Dritten Weltkrieg. Gern in Verbindung mit einem feuilletonistisch-mystischen Geraune von den neuen Zwanzigerjahren im Vergleich zu den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Oder im Zusammenhang mit den Ängsten jüngerer Generationen, die an eine Zukunft nicht glauben. Was soll ich davon halten, auch wenn es unwichtig ist, was ich davon halte?

Soweit ich weiß, wurde von Weltkriegen immer erst dann gesprochen, wenn ein Krieg, der letztlich die Welt überzogen hatte, beendet war. Der erste, der zweite, folglich wird es einen dritten, vierten … geben? Möglich.

Soweit ich weiß, wiederholt sich Geschichte nicht, auch nicht als Farce. Und Menschen – Menschen wiederholen sich auch nicht: Sie bleiben bei sich und dabei; sie verändern die Geschichte nicht. Eben so wenig wie Vögel den Himmel; da bin ich ganz bei Terry Pratchetts Bild. Ist das Fatalismus? Bestimmt.

Soweit ich weiß, ist die Zukunft ein Terrain, das nun wirklich niemand kennt; es sei denn, es gibt welche, die sie doch kennen: Wahrsager, Futurologen, Politiker mit Visionen, Irre? Kann sein. Nein, kann nicht sein.

Gut, man kann einwenden: Wer denn sonst macht die Geschichte, wer denn sonst macht Krieg, wer denn sonst weiß, wie Zukunft ist? Wer denn sonst, wenn nicht wir. Wir? Menschen? Wir, die Menschen, die hinlänglich bewiesen haben, dass wir nicht über Verstand verfügen, obwohl wir angeblich die einzigen Wesen seien, die diesen flusig-glasigen Aggregatzustand im organischen Klumpen – zwischen 1, 1 und 1,3 Litern schwer – im Schädel aushalten müssen?

Gäbe es diesen Verstand, gäbe es diese Verstände, sie müssten sich längst verbündet haben. Sie müssten sich – einen zweiten Gruß an die fröhlich-schlaue Fantasy Pratchetts – wirbelnd, fransend, um sich schlingend eine Wirklichkeit schaffen, in der der Mensch nur noch des Menschen Freund ist. Dieses sich materialisierende Gespinst des Verstand-Verstandes ließe keine Alternative zu: Wir, wir Menschen, müssten in Frieden und für eine lebenswerte Zukunft leben. Nur das. Ohne Wenn und Aber.

Wir würden weder von kommenden Kriegen reden noch in schwabbelnden Zeit-Gleichnissen schwelgen. Dieses immer fester werdende Bündnis der Verstände – oder, in summa, der Vernunft, ach, der Welt-Vernunft – machte aus einer Welt rivalisierender Ameisen eine Welt singender, jeden und jedes respektierender, wohlwollend gesinnter – Menschen. Nur solche. Ohne Wenn und Aber.

Davon ist weit und breit nichts zu spüren. Und die Gegenwart kennt vielleicht Hoffnung, Erwartungen hat sie nicht. Schon gar nicht die an ein redliches Überleben.

Dritter Weltkrieg? Kann sein, dass die Überlebenden ihn so nennen, wenn der nächste Krieg vorbei ist. Ich habe die Vermutung, dass wir, wir Menschen, uns längst in einem Krieg befinden, der, nun ja, die Welt im Griff des Krieges hat. Das sogenannte Säbelrasseln – eine liebenswert altmodisches Wort – ist doch längst ein Haudrauf mit Millionen Toten; seit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg (Korea, Vietnam) bis in den gestrigen (Ruanda, Jugoslawien, Irak) heutigen (Syrien, Libyen, Indien) und morgigen und übermorgigen Tagen hinein geht’s mörderisch rund, nur dass es halt „asymmetrisch“ verläuft und wir im Westen sowieso Recht haben.

Zwanzigerjahre? Jeder Feuilletonist, jeder Historiker gehe mir vom Acker! Ob sie das „babylonische Berlin“ beraunen oder vor den ähnlichen Gefahren, die zum Faschismus führten, schwadronieren, debattieren, habilitieren, alles kann stimmen, alles kann sein, alles hinterlässt Spuren – wie die Vögel am Himmel. Kannste mal sehen!

Und die Zukunft? „Zentimeter um Zentimeter schob sich die Wirklichkeit näher … heran, so unaufhaltsam wie ein Gletscher und weitaus kälter“ (Pratchett).

Ich halte mich da raus. Ich besitze ein Zelt, in dem ich auch bei Minusgraden überwintern kann. Hinweise auf seine Strahlensicherheit gibt es bisher nicht; daran muss der Hersteller noch arbeiten.

Eckhard Mieder

BB …

… steht hier nicht für Brigitte Bardot, sondern für Biotop Bundeswehr.

In 550 Fällen ermittelt der Militärgeheimdienst MAD derzeit gegen Angehörige der Truppe wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus. Mit 360 neuen Fällen allein im Jahr 2019 ist das mehr als eine Verdoppelung gegenüber 2018. (Da will man rasch hoffen, dass es nicht in dem Tempo weitergeht!)
Andererseits ist kein einziger MAD-Ermittlungsfall wegen linksradikaler Einstellungen oder Aktivitäten anhängig.

Ausgeschiedene Bundeswehrangehörige vom Zeitsoldaten bis zum Dreisternegeneral starten gern eine zweite Karriere, gern auch mal eine politische – bei der AFD (Kalbitz, Lucassen, Pazderski, Wundrak).

Von vergleichbaren Ausschlägen nach links hat man noch nicht gehört.

Für den Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), gelten die aktuellen 550 Fälle offenbar immer noch als Einzelfälle, wenn auch mit dem Zusatz „Das ist schon ‘ne ganze Menge“. So Bartels im Interview mit dem Deutschlandfunk am 27.01.2020.

Vielleicht sollte sich der Wehrbeauftragte ja zusammen mit seinen anderen für die Bundeswehr zuständigen Parlamentskollegen, etwa im Verteidigungsausschuss, mal mit der Frage befassen, was das eigentlich für ein spezielles Biotop sein muss, das augenscheinlich nur rechte Sumpfblüten hervorbringt.

Vielleicht lag die damalige Bundesverteidigungsministerin von der Leyen 2017 mit ihrem Statement „Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem.“ ja doch nicht so daneben, wie die Kritik, die danach über sie hereinbrach – auch seitens des Wehrbeauftragten („Nein, sie hat kein Haltungsproblem […].“ – weismachen wollte.

Alfons Markuske

Gegen rechte Weichbirnen und für den Spaß

Wenn der Nachwuchs ganz unbedarft in eine Buchhandlung läuft und dann vielleicht die Eltern ängstlich fragt, was man kaufen soll, werden hier zwei wunderbare Druckerzeugnisse mit Bildern (!) vorgestellt. Da wäre das sehr dünne, aber aussagekräftige „Käptin Rakete“. Entwickelt haben dieses Büchlein, das einem Comic ähnelt, die Kämpfer von „Hooligans gegen Satzbau“.

Vor einigen Jahren entschlossen sich eine Erziehungswissenschaftlerin und ein Kommunikationsdesigner dazu, unbedingt etwas gegen den zunehmenden Rechtsruck in der Gesellschaft tun. Auf satirische Art gehen sie nun vorwiegend gegen die Verrohung der deutschen Sprache im Internet vor. Sie bedienen sich dabei der Klischees aus dem radikalen Spektrum, decken Falschaussagen auf und korrigieren die sogenannte Rechts-Schreibung. Bis heute werden die Weichbirnen von der AfD, von Pegida und anderen rechtsgerichteten Vereinigungen verlacht und lächerlich gemacht, denn HoGe Satzbau legt jede Äußerung und jedes Handeln unter die Lupe, entdeckt dabei Fehler, verbessert diese und präsentiert alles bei Facebook und auf ihrer Internetseite. Für alle Bücherfans veröffentlichte der feine Kunstmann Verlag aus München das Werk „Triumph des Wissens“, das als eine Art „Best of“ dem Leser die Fehler der Rechten gedruckt näher bringt.

Im neuen Buch verlässt Kapitänin Rakete das schützende Kinderzimmer um bei Wind und Regen eine Rettungsaktion zu starten. Tapfer zieht sie ihren Wagen „Kogge Wackelzahn“ durch die Unbilden der Natur, um einen Teddy, den Hund und andere in Not geratene Lebewesen zu retten. Auf dem Weg in einen sicheren „Hafen“ (der Wohnstube) wird sie von einem fiesen Kater aufgehalten: „Kurz vor dem Ziel, dort vorn am Steg, / versperrt Saltini ihren Weg. / Der Kater, grün vor Futterneid, / ist wohl zum Helfen nicht bereit.“ Na, das kennt der Leser doch aus Funk und Fernsehen. Im vergangenen Jahr wurden immer wieder Rettungsschiffe daran gehindert einen sicheren Hafen anzulaufen, obwohl Artikel 11 des Internationalen Übereinkommens bei Hilfeleistung und Bergung in Seenot, so beginnt: „Jeder Kapitän ist verpflichtet allen Personen, die auf See in Lebensgefahr angetroffen werden, Beistand zu leisten […]“.

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Das zweite wichtige Kinderbuch stammt vom Elsässer Tomi Ungerer. Der im Februar 2019 verstorbene Künstler zeichnete sein Leben lang Kinderbücher aller Art. Selbst beschrieb er sich als Wanderer, da er im Zweiten Weltkrieg in die USA fliehen musste, wo er 1957 sein erstes Kinderbuch veröffentlichen konnte. Außerdem überzeugte er mit Karikaturen und erfreute auch die Erwachsenen mit herrlichen Bilderbüchern. Unvergesslich sind bis heute „Der Furz“, „Das Kamasutra der Frösche“, das „Schwarzbuch“ und das Buch „Erotoscope“. Für die Kinder hauchte Ungerer Felix, Otto und drei Räubern Leben ein. Seine Auszeichnungen sind dabei ungezählt und viele Ideen wurden verfilmt. In „Dies und Das“ stellt Tomi Ungerer immer zwei Begriffe gegenüber. So folgt auf „berühren“ natürlich „fühlen“ und auf „schlürfen“ das unverfänglichere Wort „trinken“. Alle Bilder sind witzig, kräftig und bunt gemalt und oft überraschend. So ist für „zeichnen“ eine Maus damit beschäftigt, die Katze zu porträtieren. Ob das wohl gut geht? Und für „malen“ beglückt ein kleiner Junge den Betrachter mit der Fertigstellung des Regenbogens.

Garantiert ist, dass beide Bücher von den Kindern oft zur Hand genommen werden, sie sich darüber freuen, sie für immer aufbewahren werden und für ihr weiteres Leben Einiges (Solidarität, Kunstverständnis) dazu lernen.

Thomas Behlert

HoGe Satzbau: Käptin Rakete, Verlag Antje Kunstmann München, 10,00 Euro (davon pro Buch 1,00 Euro Spende an Sea-Watch.org).

Tomi Ungerer: „Dies und Das“, Diogenes Verlag Zürich, 20,00 Euro.

Polizistenmorde in der DDR

Kriminalität galt den DDR-Oberen als dem Sozialismus wesensfremd. Mord und Totschlag erst recht. Sie verschwanden einige Zeit sogar aus den veröffentlichten Statistiken. Erst recht galt dies für Gewaltverbrechen an Angehörigen der Volkspolizei. Dennoch gab es sie. Remo Kroll und Blättchen-Autor Frank-Rainer Schurich stellen jetzt in einem bei Bild und Heimat erschienenen Band vier davon vor. Da ist zunächst der Fall des Klaus Jatzeck aus Seehausen, der am 13. Februar 1972 den Abschnittsbevollmächtigten (ABV) Karl Lindner mit dessen Dienstwaffe erschoss. Jatzeck wollte in Richtung Westen fliehen, nahm aber „sicherheitshalber“ erst einmal den Weg Richtung Berlin. Im Verlaufe seiner Flucht stellte er sich der Polizei. Die Autoren gehen akribisch der Tätermotivation und dem Verlauf der Ermittlungsarbeit nach – bis zur Verurteilung und Hinrichtung des Täters im Sommer 1973 in Leipzig. Kroll und Schurich stellen dabei Fragen in den Raum, die bis heute diskussionswürdig sind: zur Berechtigung der Todesstrafe beispielsweise – die seinerzeit von vielen Seehausenern reflexartig gefordert wurde. ABV Lindner war beliebt im Ort. Auch die Problematik der „Politisierung“ von Ermittlungsarbeit und der nachfolgenden juristischen Auseinandersetzung mit dem Täter wird diskutiert. Jatzeck hatte das Pech, dass Seehausen nicht allzu weit von der damaligen BRD-Grenze entfernt liegt. Schon bei der Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen ihn ist von Terrorverdacht die Rede. Damit hatte er von vornherein keine Chance auf strafmildernde Umstände bei der Urteilsfindung.

Von Terror ist auch beim letzten der vier Fälle die Rede: Am 21. Dezember 1982 wurde in Berlin-Pankow der Hauptwachtmeister Lutz Lawrenz auf einem Streifengang durch 14 Messerstiche und eine Schnittverletzung ermordet. Ein Mord, der offensichtlich mit großem Hass ausgeführt wurde. Auch hier verschwand die Dienstwaffe. Die Tat ist bis heute nicht aufgeklärt, die Waffe nach wie vor verschwunden. Die Polizei war einige Zeit durch ein falsches Geständnis in die Irre geführt worden. Es ist spannend zu lesen, zu welch erheblichen Folgen auch kleinste Ermittlungsfehler führen können. Kroll und Schurich zitieren deshalb mit großer Gründlichkeit aus den Ermittlungsakten. Das ist mitunter etwas schwieriger zu lesen, ermöglicht aber tiefe Einblicke in die Realitäten von Polizeiarbeit – weit über die tagtäglich aus allen Fernsehkanälen tropfenden Oberflächlichkeiten der diversen Krimiserien hinaus.

Nicht zuletzt machen die Autoren deutlich, wie genau und durchaus nicht ideologisch betriebsblind in der DDR ermittelt wurde. Nicht immer mit Erfolg, auch der Fall des am 15. Februar 1973 mit einem PKW „Wolga“ in Berlin-Buch totgefahrenen Hauptwachtmeisters Manfred Kube ist bis heute unaufgeklärt. Hier gab es gleich mehrere dringend Tatverdächtige. Kommentar der Autoren: „Es spricht für die Strafrechtspflege der DDR, dass die damals Beschuldigten nicht angeklagt und verurteilt wurden.“ Angeklagt und verurteilt wurde hingegen der Täter, der am 15. Januar 1981 in Leipzig mit einer gestohlenen Maschinenpistole in einen Streifenwagen einen Feuerstoß jagte und den Meister der VP Gerhard Gergaut tötete. Der Fall ist psychologisch hochinteressant.

Günter Hayn

Remo Kroll / Frank-Rainer Schurich: Polizistenmorde. Vier authentische Kriminalfälle aus der DDR, Bild und Heimat, Berlin 2019, 256 Seiten, 9,99 Euro.

Aus anderen Quellen

„Ein US-Amerikaner wird im Irak von Raketen einer schiitischen Miliz getötet“, beginnt Jakob Reimann seine Betrachtung und fährt fort: „US-Luftschläge töten daraufhin 25 Kämpfer jener Miliz, woraufhin Tausende Anhänger die US-Botschaft in Bagdad umzingelten, stürmten und im Gebäude mehrere Feuer legten. Das Pentagon verlegt 3.500 zusätzliche Truppen in die Region, während Donald Trump in Bagdad per Drohne den Anführer der schiitischen Miliz sowie Qassem Soleimani tötet – den zweitmächtigsten Mann im Iran – und Teheran damit de facto den Krieg erklärt. Die Ereignisse um die Jahreswende zeigen uns […] wie nah die Welt an einem offenen Krieg zwischen den USA und dem Iran steht. Um die hochexplosive Lage […] verstehen zu können, muss der Blick anderthalb Dekaden zurückgeworfen werden: auf die völkerrechtswidrige Irak-Invasion 2003.“

Jakob Reimann: Der drohende USA-Iran-Krieg – der lange Schatten der Irak-Invasion 2003, nachdenkseiten.de, 06.01.2020. Zum Volltext hier klicken.

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„Die Bedrohung durch bewaffnete Untergrundbewegungen im Sahel“, schreibt Hans-Joachim Preuss, „wurde ausgelöst durch den Sturz des libyschen Diktators Muammar Gaddafi im Jahr 2011. Tausende ehemaliger Soldaten aus den Sahelländern mussten das Land verlassen, nahmen ihre Gewehre mit und schlossen sich lokalen politischen Gruppierungen in ihrer jeweiligen Heimat an. Epizentrum der Konflikte war der Norden Malis, wo Tuareg-Rebellen, verbündet mit gewaltbereiten Extremisten, den unabhängigen Staat Azawad ausriefen. Burkina Faso nahm bis zum Sturz des Präsidenten Blaise Compaoré 2014 eine eher neutrale bis vermittelnde Rolle ein und galt als weißer Fleck auf der westafrikanischen Landkarte des Terrors.“

Hans-Joachim Preuss: Tunnelblick aufs Militär, ipg-journal.de, 17.01.2020. Zum Volltext hier klicken.

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Das Bundesverfassungsgericht, meint Heribert Prantl, habe vor drei Jahren „einen schweren Fehler gemacht. Das höchste Gericht hat es damals, es war im Januar 2017, abgelehnt, die NPD zu verbieten. Das Gericht hätte eine klare Linie ziehen können. Es hätte erklären können, bei welchen Hetzereien die Meinungsfreiheit endet; es hätte darlegen können, wo das Parteienprivileg aufhört; es hätte sagen können – ja es hätte sagen müssen – wo die eklatante Verfassungsfeindlichkeit beginnt. Und es hätte Staat und Gesellschaft aufrütteln können, wachsamer zu sein, viel wachsamer gegen Rechtsextremisten.“

Heribert Prantl: Prantls politische Wochenschau, sueddeutsche.de, 19.01.2020. Zum Volltext hier klicken.

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„Woran liegt es, dass in Deutschland so viele Stellen für Pflegekräfte unbesetzt bleiben?“, fragen Fabian Herriger und Anne-Katrin Schade und protokollieren einen typischen Fall: „Christina H. hat vier Jahre lang in einer westdeutschen Großstadt als Pflegefachkraft gearbeitet. Das Examen bestand sie mit einer Bestnote, den Beruf fand sie immer spannend. Doch nach Stellen in einem Krankenhaus, in einem Seniorenheim und in einer Rehaklinik kündigte sie und wechselte die Branche.“

Fabian Herriger / Anne-Katrin Schade: „Lieber Gott, mach, dass hier jetzt nichts mehr passiert“ (Protokoll), zeit.de, 19.12.2019. Zum Volltext hier klicken.

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„Die Tech-Giganten beuten menschliche Erfahrung aus, als sei sie ein kostenloser Rohstoff“, warnt Shoshana Zuboff. „Sie verwandeln ihn in Daten und handeln auf Datenmärkten mit der Zukunft von Gefühlen und Verhalten. Dass die Zukunft privat sein werde, hat Zuckerberg im April wissen lassen, doch was im Juni geschah, wurde in den Medien kaum berichtet. Vor einem kalifornischen Gericht wurde das Anliegen von ein paar Facebook-Nutzern verhandelt, die wissen wollten, ob ihr Wahlverhalten manipuliert worden sei. Orin Snyder, der Anwalt von Facebook, teilte dem Richter mit: Wer freiwillig hundert Freunden über Facebook etwas Privates mitteile, könne nicht berechtigterweise erwarten, dass die Privatsphäre respektiert werde. Die Klage sei also gegenstandslos.“

Elisabeth von Thadden: Ist das Private wirklich Privatsache? (Interview mit Shoshana Zuboff), zeit.de, 11.12.2019. Zum Volltext hier klicken.

WeltTrends aktuell

Wird sich Italien retten? Niedergang und Abstieg sind jedenfalls die wichtigsten Stichworte im Thema. Der ökonomische Abstieg der (noch) siebtgrößten Volkswirtschaft der Welt ist sichtbar. Das Verschwinden der einst starken Linken, die dauerhafte Präsenz mafiöser Politiker wie Berlusconi, der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und einer diffusen Bewegung, geschaffen von einem Komiker, dies alles sind Kennzeichen eines politischen Niedergangs, den Susanna Böhme-Kuby in ihrem Beitrag vor allem mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes in Verbindung bringt.

Aufstieg ist dagegen das wichtigste Stichwort im Interview mit Parag Khanna. Im Gespräch mit WeltTrends-Redakteur Majd El Safadi erläutert der bekannte Politologe und Bestseller-Autor den Aufstieg Asiens in der kommenden Weltordnung.

Im WeltBlick geht es um das Verhältnis zwischen Kosovo und Serbien sowie die Veränderungen in der politischen Klasse Chiles.

Petra Erler setzt sich in der Analyse mit geheimen Forschungen im Bereich der international geächteten chemischen Waffen auseinander – Stichwort „Nowitschok“.

Im Gastkommentar fragt Botschafter a. D. Hellmut Hoffmann, ob das Zwei-Prozent-Ziel der NATO sinnvoll ist, was er bezweifelt.

Keinen Zweifel hat Wolfram Wallraf in seinem Kommentar, dass die jüngsten Sanktionen der USA gegen Nord Stream 2 Europa weiter spalten werden.

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WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 160 (Februar) 2020 (Schwerpunktthema: „Italiens Abstieg“), Potsdam / Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.