18. Jahrgang | Nummer 3 | 2. Februar 2015

Bemerkungen

Gespenstersonate

Lasst, die ihr eingeht,
alle Hoffnung fahren.

Dante Alighieri
Die Göttliche Komödie,
3. Gesang: Inferno

Dantes Sentenz passte als abgründiges Motto auch trefflich zu einer Institution – bürgerliche Familie geheißen –, so sie etwa von einem dermaßen und derart dominanten Vater mit pathologischer Persönlichkeitsstruktur beherrscht wird wie in Michael Hanekes „Das weiße Band“ oder von einer vergleichbaren Mutter wie in Ingmar Bergmanns (1918-2007) „Herbstsonate“. Das war 1978 der letzte Spielfilm Ingrid Bergmanns – in der Rolle als international gefeierte, divenhafte Konzertpianistin und gescheiterte, psychisch deformierte Mutter; seinerzeit mit Film-Tochter Liv Ullmann an ihrer Seite.
Diese Geschichte einer bis ins Mark zerstörten Mutter-Tochter-Beziehung mit weitreichenden menschlichen Kollateralschäden – eine Hörspielfassung mit Rita Russek und Anne Bennent wurde bereits 1998 eingespielt – ist jetzt auch aufs Theater gekommen. In einer Koproduktion des Schauspielhauses Stuttgart und des Deutschen Theaters Berlin, in der Regie von Jan Bosse. Berlin-Premiere war am 23. Januar.
Ob man dieses weitere Stück über die apokalyptischen Abgründe der Familie wirklich auch noch braucht – nach Strindberg, Ibsen, Williams, Albee oder, aus jüngster Zeit, Yasmina Reza und eben Haneke –, darf füglich bezweifelt werden. Ein überwiegend gelungener Theaterabend ist gleichwohl doch dabei herausgekommen. Das ist in erster Linie dem Spielgenie der Ausnahme-Aktrice Corinna Harfouch zu danken. Himmlisch, sonderlich ihr toller Heulausbruch samt Nervencrash – aber in Sekundenschnelle endend im Rückfall in die Normalität und in der kokett-rhetorische Selbstbefragung: „Oder war das jetzt alles wieder nur Theater?“. Da blitzte auf, was das Stück vielleicht doch hätte hergeben können, wenn Fritzi Haberlandt auf gleichem Niveau agierte. Das tut sie nicht; ihr Manierismus beim Sprechen bringt immer wieder eine störende artifizielle Note in ihr Spiel.
Aber auch der Inszenierung insgesamt fehlt ein wenig der letzte Pfiff – artig geklöppelt, doch bissel langweilig. Am Bühnenbild von Moritz Müller liegt das jedoch nicht. Der hat die gleichermaßen verwinkelte wie klaustrophobische Innenarchitektur eines Pfarrhauses so auf die Drehbühne getürmt, dass die Kulissen auf drei Ebenen bespielbar sind und so nicht zuletzt auch die Darstellung von Alpträumen mit Horrortouch sinnlich erfassbar über die Rampe gehen lässt.
Videoeinspielungen im zeitgenössischen Theater waren ja schon häufig wenig mehr als eher aufgesetzte Regieeinfälle. Nicht so bei Jan Bosse in der Schlüsselszene des Stücks. Vor derselben – gleich wird die Tochter der Mutter Frédéric Chopins Prélude Nr. 2 a-Moll vorspielen und anschließend von dieser künstlerisch, erst verbal und dann, durch den eigenen Vortrag, auch akustisch, nein, nicht lediglich als dilettantisch kritisiert, sondern mit brutaler Breitseite zu Boden gestreckt – senkt sich eine semitransparente Gaze vor die gesamt Bühne und darauf werden, über die volle Größe dieser Fläche, Minenspiel und Körpersprache der beiden Frauen eingeblendet, während diese am Flügel agieren und das kurze Musikstück zweimal ertönt. Klasse! Ein paar Regieideen mehr von dieser Qualität wären zu wünschen gewesen …
Während Ingmar Bergmann seinem Film ein Ende gab, das im Hinblick auf die Mutter-Tochter-Beziehung durchaus noch als halbversöhnlich interpretiert werden konnte, schenkt Bosse seinem Publikum ein solches wohlfeiles Hintertürchen nicht. Am Ende ist das Fundament zwischenmenschlicher Hoffnungslosigkeit nur noch um einige Arretierungspunkte fester gezurrt. „Die Schäden der Mutter erbt die Tochter, für die Enttäuschungen der Mutter kommt die Tochter auf, das Unglück der Mutter muss das Unglück der Tochter werden“, so das Fazit. Das ist umso gespenstischer, als im Stück die Tochter den Satz fallen lässt: „Alles geschah ja im Namen der Liebe …“

Corbinian Senkblei

Evolutionsfehler

von Renate Hoffmann

Herr Christian M.
erfand ein Tier.
Es lebte hier
– bis auf ein Kind –
ganz ohne Artgenossen.
Das hat das Nasobem verdrossen.
(So hieß Herrn Morgensterns Getüm.)‘
Die Ev’lution, sonst ungestüm,
hat’s ausgelassen, aus Versehen …
So kann es gehen.

Gröszer, Schulze, Biebl

Neon Real nannten sich die drei, die sich schon während des Studiums 1973 an der Kunsthochschule Weißensee kennengelernt hatten, als sie sich im November 1981 in der Friedrichshagener Bilderkneipe zu einer Künstlergruppe zusammenschlossen, um mit kreativer Wut die bräsige Biederkeit der Verhältnisse aus Korn zu nehmen: die beiden Maler Clemens Gröszer und Harald K. Schulze sowie der Bildhauer Rolf Biebl.
Es war die späte DDR, die den kulturpolitischen Furor nach dem 11. Plenum (1965) und nach der Biermann-Ausbürgerung (1976) zwar mehr schlecht als recht hinter sich gelassen hatte, aber in der die Partei- und Staatsbürokratie sich mit der ihr eigenen dumpfen Zielstrebigkeit unverändert all jenen entgegenstellte, denen der Ruch des Abweichlertums anhaftete. Da kam es dem Trio zugute, dass ältere etablierte Künstler hin und wieder ihre schützende Hand über die Rebellen hielten – Walter Womacka ebenso wie Wieland Förster oder Werner Stötzer. Auf die Idee, in den Westen zu gehen, kam jedenfalls keiner von Neon Real. Vielleicht wollten sie ja auch nicht nur vom Regen in die Traufe wechseln. Vergleicht man ihre Arbeiten von damals und seit 1990, könnte man jedenfalls auf diese Idee kommen.
Seit der Wende hatte jeder der drei im Wesentlichen für sich seinen künstlerischen Weg weiter verfolgt. Nun kam es nach mehr als 25 Jahren zu einem Revival – zu einer erneuten gemeinsamen Ausstellung in der „Galerie Ei“ im Berliner Prenzlauer Berg. An der Vernissage im vergangenen November konnten nur noch zwei der Künstler teilnehmen; Clemens Gröszer war wenige Wochen zuvor und mitten in den Vorbereitungen zu dieser Exposition überraschend verstorben.
In Gröszers Malerei und Lithographie ist die künstlerische Verwandtschaft zu George Grosz und mehr noch zu Otto Dix evident – obwohl ein gesellschaftskritischer Impetus, wie er insbesondere deren Werke in den 1920er Jahren prägte, Gröszers Sache nie war. Dass dieser Impetus fehlt, macht die Betrachtung der Arbeiten dieses Künstlers, der kein existenzielles Grauen des Ersten Weltkriegs erlebt und aufzuarbeiten hatte, sondern lediglich im Grau der Fassaden des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden aufgewachsen war, allerdings nicht weniger reizvoll. Das gilt insbesondere für seine Porträts, die zu DDR-Zeiten eine Provokation, weil allzu frei von sozialistischem Realismus waren – beeindruckende Menschenbilder, die hinter den Fassaden ihrer Gesichter Einsamkeit, Melancholie und Resignation, nicht zuletzt aus Mangel an Lebensfreude, erahnen lassen – wie im lebensgroßen Gemälde „Sandra Huismann“.
Harald K. Schulze wiederum hält der Oberflächlichkeit und Sinnentleertheit der Zeit und der Zeitgenossen den Spiegel vor. Dazu muss man – pars pro toto – nur sein extra für diese Ausstellung gemaltes „Fröhliches Paar“ betrachten. Oder seine „Dicke Berta“. „[…] ästhetischer Beobachter des trivialen Welttheaters“, nannte ihn Ingeborg Ruthe darob in der Berliner Zeitung. Sehr treffend.
Rudolf Biebls Bronzen und andere Plastiken wirken auf den ersten flüchtigen Blick hin teilweise wie Aliens, bis sich menschliche Formen herausschälen: Die Verformung der Persönlichkeit oder, wem das mehr zusagt, der Seele im permanenten gesellschaftlichen und privaten Anpassungsdruck des täglichen Lebens, die dabei häufig ziemlich unausgeglichene Bilanz zwischen Hoffnungen und Enttäuschungen – dies und mehr symbolisieren die „Entstellungen“ an Biebls Figuren.

Alfons Markuske

„In Emotion“, Galerie Ei, verlängert bis 20. Februar 2015; 10437 Berlin, Senefelder Straße 31; Mittwoch – Freitag 15 – 19 Uhr; Samstag 12 – 16 Uhr.

Sehnsüchte … in Musik gegossen

Er sieht seinem 64. Geburtstag entgegen, der Ende März ins Haus steht. Geboren in Berlin-Charlottenburg, ist ihm Berlin zum Fixpunkt seines beruflichen und künstlerischen Lebenswegs geworden beziehungsweise ist es geblieben. Anfang der 1970er Jahre absolvierte er eine Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar. Bekanntheit erlangte er unter anderem für die Hauptrolle im Film „Die Leiden des jungen W.“ nach Ulrich Plenzdorfs Roman. Mitte der 70er Jahre begann dann auch seine Karriere als Musiker. Annähernd fünfzig CD’s und DVD’s sind zwischenzeitlich von ihm – von Klaus Hoffmann – erschienen.
Was kann eine neue CD-Veröffentlichung von ihm noch bieten?
„Sehnsucht“ ist kein innovatorischer Sprung in ein neues musikalisches Genre. Stattdessen ist es eine künstlerische Rückbesinnung auf die Folk-Musik der 1960er Jahre. Mit seiner bewährten Band (Hawo Bleich/Flügel und Keyboards; Micha Brandt/Gitarre; Peter Keiser/Bass; Stephan Genze/Percussion und Schlagzeug) entstand ein Album, das leicht daherkommt, aber beim intensiveren Zuhören viel Tiefgang erkennen lässt. Als musikalische Väter bezeichnet er Jacques Brel und Frank Sinatra.
Klaus Hoffmanns Liedtexte sind voller Poesie. So beschreibt er sensibel den einsamen „Mann auf der Bank“. Und in „Gestern“ (Gestern hab ich nichts Bedeutendes gemacht / hab‘ mich treiben lassen, hab‘ kein Feuer angefacht …) wird plötzlich ein tragischer Krankheitsbefund offenbar, der in eine melancholische Lebensschau mündet.
Heimweh nach Zuhause bekundet er im Lied „Die einfachen Dinge“: „Es waren immer nur die einfachen Dinge, die mich zieh’n / mein Fahrrad und das Pflaster, die Straßen von Berlin …“
Einen besonders nachhaltigen Eindruck hinterlässt auch „Sie sind wieder da“. Aus der lyrischen Betrachtung von Zugvögeln wird eine Auseinandersetzung über das Nahe und das Fremde sowie über den ewigen Spießer und dessen Angst vor der bunten Welt.
„Sehnsucht“ ist das altersweise Werk eines großen poetischen Musikers. Und hoffentlich noch lange nicht dessen künstlerischer Schlusspunkt …

Thomas Rüger

Klaus Hoffmann: Sehnsucht, Stille Musik 2014; ab 12,30 Euro.

Feststellung & Prognose

[…] die meisten Menschen werden deshalb politisch nie klug, weil sie, was sie erleben, erst erfassen, wenn es Vergangenheit gewor­den ist […] Es kommt die Zeit, da die Gunst der zweiten Warnung nur noch besondern Glückspilzen gewährt sein wird.

Manès Sperber

Aus – Manès Sperber: Der verbrannte Dornbusch (Roman, 1949).
Überschrift von der Redaktion.

Film ab

In Großbritannien sind, solange die entsprechenden Strafrechtsparagraphen galten (in Schottland bis 1980), insgesamt etwa 49.000 Männer wegen Homosexualität verurteilt worden. Damit wurde in der Regel ihr berufliches und privates Leben zerstört, bisweilen auch ihr physisches. Zu jenen letzteren zählte neben dem Dichter Oscar Wilde auch Alan Turing, Mathematik-Professor in Cambridge. Zu seinem Platz im Allzeit-Olymp seiner Zunft bemerkt Turing im Film – mit ziemlich britischem Understatement: Gemessen am wissenschaftlichen Genie Newtons oder Einsteins befinde er sich „allenfalls in der Nähe“.
Vor die Wahl gestellt, als Sittlichkeitsverbrecher ins Gefängnis zu gehen oder sich chemisch kastrieren zu lassen, wählte er die Hormonbehandlung, wurde depressiv und nahm sich 1954 das Leben.
Hernach wurde er dem Vergessen so gründlich anheimgegeben, dass noch im Jahre 2001 der Film „Enigma“ (griechisch für Rätsel) ohne jeglichen Bezug auf Turings Namen auskam. Der Streifen handelte von der erfolgreichen, höchster Geheimhaltung unterliegenden Entschlüsselung der gleichnamigen deutschen Chiffriermaschine durch britische Experten im Zweiten Weltkrieg, und Turing war einer der entscheidenden Codeknacker, wenn nicht überhaupt der entscheidende. Durch die Konstruktion der ob ihrer tickenden Geräusche Turing-Bombe genannten Maschine – eines elektromechanischen Vorläufers des Computers – schuf er eine der maßgeblichen Voraussetzungen dafür, das Blatt im Seekrieg im Nordatlantik zu wenden. (Mittels Enigma wickelte die deutsche Kriegsmarine große Teile ihrer Kommunikation mit jenen U-Booten ab, die den Nachschubverkehr der Alliierten bekämpften und ihnen vor allem in der Anfangsphase des Krieges schwerste Verluste zufügten.)
Der jetzige Film, in dem Bededict Cumberbatch eindrucksvoll vorführt, dass er neben flippigen Außenseitern (Sherlock Holmes) auch solche mit autistischen Zügen zu geben vermag, setzt Turing ein angemessenes Denkmal – wenn auch eines, das mit der Bewertung der Entschlüsselungsleistung als quasi „kriegsentscheidend“ wohl doch etwas überzieht. Die Pointe des Films hingegen – nachdem im Vorspann nur versprochen wird „Nach (Hervorhebung – C.F.) einer wahren Begebenheit“ –, dass Deutschland den Krieg letztlich wegen seiner affigen Grußformel „Heil Hitler“ verloren habe, ist, sollte sie im Hinblick auf den historischen Ablauf des Entschlüsselungsprozesses auf dem Landsitz Bletchley Park nordwestlich von London nicht der Wahrheit entsprechen, ein zumindest höchst origineller Einfall der Filmemacher.
Den Tatsachen sehr wohl entspricht hingegen, dass in Bletchley Park mit John Cairncross ein sowjetischer KGB-Agent – er gehörte zu den legendären Cambdridge Five – arbeitete. Dass Cairncross seine Informationen damals allerdings mit stillschweigender Billigung des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 an Moskau lieferte, ist ein weiterer Einfall der Filmemacher, ebenso wie der Kunstgriff, Cairncross direkt in Turings Team zu platzieren. Mutmaßlich sind sich die beiden nämlich nie persönlich begegnet, und tatsächlich enttarnt wurde Cairncross erst 1951.
Alan Turing wurde knapp 60 Jahre nach seinem Tod endgültig rehabilitiert – durch „Royal Pardon“ Ihrer Majestät, Königin Elisabeth II.; am Weihnachtstag des Jahres 2013. Wie passend!

„The Imitation Game“, Regie: Morton Tyldum; derzeit in den Kinos.

Clemens Fischer

Die Nägel auf den Kopf getroffen*

Ideologie ist Ordnung auf Kosten des Weiterdenkens.

Die Liebe ist ein Wunder, das immer wieder möglich, das Böse eine Tatsache, die immer vorhanden ist.

Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das weiß, dass es sterben wird. Die Verdrängung dieses Wissens ist das einzige Drama des Menschen.

Ein gutes Mittel gegen die Managerkrankheit: Stecke mehr Zeit in deine Arbeit als Arbeit in deine Zeit.

Der Wissende weiß, dass er glauben muss.

Das Rationale am Menschen sind seine Einsichten, das Irrationale, dass er nicht danach handelt.

Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen.

Es gibt zu viele Wichtigtuer, die nichts Wichtiges tun.

Vaterland nennt sich der Staat immer dann, wenn er sich anschickt, auf Menschenmord auszugehen.

Die Gerechtigkeit verdammt das Böse, die Hoffnung will bessern, und die Liebe übersieht.

Unter Intuition versteht man die Fähigkeit gewisser Leute, eine Lage in Sekundenschnelle falsch zu beurteilen.

In Russland wird das Volk durch die Partei verdummt, in den Vereinigten Staaten durch die Television.

Niemand köpft leichter als jene, die keine Köpfe haben.

Die Vitalität wird zu Lasten des Verstandes überschätzt. Dabei sind es die Ochsen und nicht die Denker, die uns zu Tode trampeln.

Die Hälfte dessen, was man schreibt, ist schädlich, die andere Hälfte unnütz.

Nichts kann rückgängig gemacht werden, was einmal gedacht wurde.

Leserlichkeit ist die Höflichkeit der Handschrift.

Das menschliche Wissen ist dem menschlichen Tun davongelaufen, das ist unsere Tragik.

Trotz aller unserer Kenntnisse verhalten wir uns immer noch wie die Höhlenmenschen von einst.

Ein Widerstand um jeden Preis ist das Sinnloseste, was es geben kann.

In der Wirtschaft geht es nicht gnädiger zu als in der Schlacht im Teutoburger Wald.

Friedrich Dürrenmatt

* – Überschrift – die Redaktion.

Aus anderen Quellen

„Selbst wenn Pegida demnächst als Bewegung verschwinden sollte,“ warnen Volker Külow, Ekkehard Lieberam, Dietmar Pellmann, „wächst vermutlich in der nächsten Etappe der neoliberalen Transformation von Staat und Gesellschaft das Potential für ähnliche Bewegungen von rechts – solange es der Linkspartei nicht gelingt, die latenten Proteststimmungen als gesellschaftliche Kraft für progressive politische und gesellschaftliche Veränderungen zu nutzen. […] Die Linken insgesamt wie auch die Linkspartei müssen sich auf klare politische Botschaften verständigen.“
Volker Külow, Ekkehard Lieberam, Dietmar Pellmann: In die Offensive kommen. Dokumentiert. Pegida und die Aufgaben der Partei Die Linke, junge Welt, 30.01.2015. Zum Volltext hier klicken.

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„Die Veröffentlichung von sogenannten Mohammed-Karikaturen, hört und liest man derzeit häufiger, verletze die überwiegende Mehrheit friedlicher Muslime. Die Frage, ob dem tatsächlich so ist, mögen andere beantworten. Fest steht: Der Rat zum Besuch eines Aufbauseminars Humor wäre in einem sich säkular verstehenden Gemeinwesen in diesem Fall eher angezeigt als der Verzicht auf religionskritische Bilderwitze“, meint Thomas Blum und wirft unter anderem die Frage auf: „Sind ‚die Muslime‘, die es in dieser unterstellten Homogenität im Übrigen genauso wenig gibt wie ‚den Islam‘, eine dringend vor Humor zu schützende Art? Gibt es keine liberal gesinnten Muslime auf der Welt? Gibt es in muslimischen Ländern keine Künstler und politisch Engagierten, die Kritik an reaktionären muslimischen Institutionen üben?“
Thomas Blum: Sind ‚die Muslime‘ eine dringend vor Humor zu schützende Art?, neues deutschland, 21.01.2015. Zum Volltext hier klicken.

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Im Zusammenhang mit den politischen Auseinandersetzungen um den 70. Jahrestag der Befreiung des KZs Auschwitz, der von verschiedenen Seiten zur erneuten Verunglimpfung Russlands missbraucht wurde, vermerkt Petra Erler: „[…] wenn ein polnischer Außenminister fein herausstellt, dass es ja die Erste Ukrainische Front gewesen wäre, die das Lager befreit habe, dann ist das eine unfassbare politische Entgleisung, die nicht schweigend hingenommen werden sollte. Schon gar nicht durch das politische Berlin.“ Das war aber ebenso der Fall wie beim einem ARD-Interview des ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk, der mit Bezug auf den Zweiten Weltkrieg vom „sowjetischen Anmarsch in die Ukraine und nach Deutschland“ sprach.
Petra Erler: Holocaust-Gedenktag Auschwitz: Historische Gerechtigkeit statt politischer Entgleisungen, EurActiv.de, 26.01.2015. Zum Volltext hier klicken.