26. Jahrgang | Nummer 1 | 2. Januar 2023

Bemerkungen

Auf das neue Jahr

von Renate Hoffmann

 

Am letzten Tag des Jahres
sagt man bei sich: so war es.
Nicht gut, nicht schlecht,
gerade recht.
Doch gesteht man es sich ein,
hätt es können besser sein.
Deshalb am ersten Tag im Jahr
wird es mir besonders klar,
dass ich nun von früh bis späte
einen Plan gebrauchen täte,
um im Gegensatz zum alten
das neue besser zu gestalten.

 

Vorsätze sind gut; sie umzusetzen, verdient Lob. Einen Versuch ist es wert. Da wäre die Heiterkeit, mit ihr kommt man schon ziemlich weit. Gefolgt von der Gelassenheit, die manchen menschlichen Vulkanausbruch verhindern kann. Hingegen etwas Ärger und Zorn sind genehmigt. Aber nicht gleich fluchen, wenn dies oder jenes nicht gelingt, Fehlschläge gehören zum Leben. Hin und wieder einzuschieben sind Trödeltage (zum Beispiel im Grase liegen und Ameisen zählen, sofern nicht Schnee gefallen ist). Sich in Courage üben – ein Kind fällt ins Wasser, man springe sofort in voller Montur hinterher – oder übe Beistand während anderer lebensbedrohlicher Umstände. Verständnis für den Nachbarn, der ein Misanthrop ist. Mehr Bewegung, vor allem zu Fuß unterwegs sein, möglichst in freier Natur, das bietet etliche Vorteile: Die frische Waldluft genießen, es sei denn, man befindet sich in einer Feld- und Wiesengegend; den Vogelgesang hören und das Plätschern des Baches; das Wohlgefühl beim Anblick einer weiten Landschaft erleben. Die Begabung nutzen, an einfachen Dingen Freude zu empfinden. Optimistisch bleiben, wenn man ohne Schirm im Starkregen steht. Die Großzügigkeit nicht vergessen, gleichgültig auf welcher Ebene. Und nicht so viel Schokolade essen, lieber in einen Apfel beißen.

 

Ohne zu scherzen,
ich nehmׄ’s mir zu Herzen.
Mal seh’n, ob’s was wird.
Hab’ ich mich geirrt,
verschieb’ ich den Rest.
Denn eines steht fest,
wie’s immer schon war:
Auf dieses folgt das nächste Jahr.

 

Jüngstes aus dem Hause Baerbock

„So wird die Welt regiert und in den Krieg geführt: Politiker belügen Journalisten und glauben’s, wenn sie’s lesen“, wusste schon der scharfzüngige Karl Kraus vor reichlich 100 Jahren, und es stimmt immer noch. Einen aktuellen Beweis lieferte dieser Tage ein dreistes Bubenstück aus dem Hause Baerbock: Auch knapp 20 Jahre nach der militärischen Aggression der USA und ihrer „Koalition der Willigen“ gegen Irak verweigert das Auswärtige Amt eine rechtliche Bewertung als „Bruch des Völkerrechts“, respektive als „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ und wiederholt in Beantwortung einer Anfrage von Sevim Dagdelen (MdB Die Linke) lediglich die damalige Begründung der USA-Regierung, der zufolge der Angriff erst erfolgt sei, nachdem Irak zuvor „eine letzte Gelegenheit“ verstreichen ließ, „seinen Verpflichtungen bezüglich der Kontrolle und Vernichtung seiner Massenvernichtungswaffen nachzukommen“.

Inzwischen weiß allerdings jedes Kind, woran Michael Maier in der Berliner Zeitung gerade noch einmal erinnert hat: „Der Irak verfügte […] zu […] Zeitpunkt über keine Massenvernichtungswaffen. Die US-Regierung hatte die Weltöffentlichkeit gezielt belogen.“

Dagdelens Kommentar ist nichts hinzuzufügen: „„Die Weigerung der Bundesregierung, den Irak-Krieg der USA als Völkerrechtsbruch […] zu verurteilen, ist selbst himmelschreiendes Unrecht. Die Bundesregierung versucht, die US-Kriegslüge auch noch zu rechtfertigen, indem sie nachlegt, der Irak habe Massenvernichtungswaffen besessen, die lediglich auf wundersame Weise bis heute nicht gefunden wurden. Wer wie die Bundesregierung Angriffskriege und Völkerrechtsbrüche von NATO-Partnern prinzipiell nicht verurteilt, verliert jede Glaubwürdigkeit für die Einhaltung des Völkerrechts.“

hh

Neues vom Pannen-Panzer

Auch dem Schützenpanzer Puma hat dieses Magazin in seiner Befassung mit desaströsen Rüstungsgroßprojekten der Bundeswehr bereits vor längerem einen ausführlichen Beitrag gewidmet – siehe Blättchen 7/2017. Jetzt hat der Skandal einen neuen Höhepunkt erreicht: Bei einer Schießübung der Panzergrenadierbrigade 37 in der Lüneburger Heide – also unter Friedensbedingungen sowie in wenig herausforderndem Gelände – fielen binnen weniger Tage sämtliche der 18 beteiligten Pumas wegen technischer Mängel, meist im Bereich der Elektronik, aber auch schon mal durch schweren Kabelbrand, aus. Das Panzermodell der Rüstungsschmieden Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall Landsysteme GmbH war nach einer beeindruckenden jahrelangen Pannenserie erst 2021 überhaupt für gefechtstauglich erklärt worden. Peinlich ist überdies, dass die Panzergrenadierbrigade 37 ab sofort der sogenannten Schnellen Eingreiftruppe der NATO (VJTV – Very High Readiness Joint Task Force) zugeordnet ist (deren Hauptquartier die Bundeswehr zu allem Überfluss auch noch führt), um vor allem Moskau militärisch abzuschrecken. Beruhigender Weise legt die bisherige Bilanz von dessen Angriffskriegführung in der Ukraine den Schluss nahe, dass die von den russischen konventionellen Streitkräften ausgehende (potenzielle) Bedrohung der NATO wahlweise in die Rubriken Autosuggestion oder Propagandapopanz gehört.

Nachbemerkung: Gegen Ende des ersten Kalten Krieges diskutierten Militärexperten und Friedensforscher aus Ost und West die Idee, das Risiko einer vernichtenden militärischen Konfrontation in Zentraleuropa durch wechselseitige Veränderung der Dislozierungsstrukturen von deren Streitkräften und durch gezielte Abrüstung von Offensivwaffensystemen bis auf ein Niveau sogenannter Struktureller Angriffsunfähigkeit zu beseitigen. Das Konzept sollte in Archiven und Bibliotheken noch auffindbar sein. Wie wäre es, nur so eine Überlegung, wenn man die derzeitige Kriegsuntauglichkeit der Bundeswehr, statt ihr mit einem 100-Milliarden-“Sondervermögen“ zu Leibe zu rücken, zum Ausgangspunkt für eine Renaissance des Konzeptes machte?

Alfons Markuske

Es ist alles eitel

von Matthias Gryphius

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein:
Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.

Was jetzt noch prächtig blüht, soll bald zertreten werden.
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch’ und Bein,
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach! Was ist alles dies, was wir für köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind;
Als eine Wiesenblum’, die man nicht wieder find’t.
Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten!

 

1637 (Zeit des Dreißigjährigen Krieges)

 

Erfinder der Renaissance

„Donato, der von den Seinigen Donatello genannt wurde und einige Werke auch so zeichnete, kam […] in Florenz auf die Welt. Er widmete sich den bildenden Künsten und war sowohl ein hervorragender Bildhauer, als auch in Stuckarbeit bewandert, in der Perspektive tüchtig und in der Architektur sehr geschätzt. Seine Werke waren so anmutig, so gut gezeichnet und so vorzüglich, dass man sie den besten Werken der alten Griechen und Römer ähnlicher fand als die irgendeines andern je zuvor; mit vollem Recht schreibt man ihm als dem ersten die Komposition von Szenen im Flachrelief zu.“ Dieses Werturteil über einen der maßgeblichen Wegbereiter der Renaissance – Donato di Niccolò di Betto Bardi, genannt Donatello (etwa 1386 bis 1466) – wurde seinerseits bereits vor knapp 500 Jahren getroffen, vom „Vater der Kunstgeschichte“, Giorgio Vasari (1511 bis 1574); es findet sich in dessen sehr umfangreichen Konvolut von „Lebenläufe(n) der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten“, das erstmals 1550 erschienen und in dem Donatello ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

Von der ungebrochenen Berechtigung der Vasarischen Wertschätzung Donatellos kann man sich überzeugen, wenn man die derzeitige Ausstellung mit rund 90 Hauptwerken des Künstlers in der Berliner Gemäldegalerie Kulturforum besucht.

Donatello war ein vielseitiger Neuerer, der – stets offen für technische und künstlerische Entwicklungen – unermüdlich mit Materialien und ästhetischen Ausdrucksmöglichkeiten experimentierte. So setzte er die mathematische Perspektivkonstruktion im Relief ein und verwendete neben Marmor auch Materialien wie Terrakotta und Stuck, um seine Werke zu gestalten und zu reproduzieren. Zahlreiche Meisterwerke zeugen von seiner außergewöhnlichen Produktivität und Vorstellungskraft und gelten als Meilensteine der italienischen Renaissance.

Die Staatlichen Museen zu Berlin besitzen neben dem Museo Nazionale del Bargello in Florenz und dem Victoria & Albert Museum in London eine der weltweit größten und vielfältigsten Sammlungen von Werken Donatellos. Gemeinsam mit der Fondazione Palazzo Strozzi haben sich diese Museen für eine Ausstellung zusammengeschlossen, die vor ihrer jetzigen Präsentation in Berlin bereits in den Musei del Bargello und im Palazzo Strozzi in Florenz zu sehen gewesen ist und die anschließend ins Victoria & Albert Museum in London „umziehen“ wird.

„Donatello. Erfinder der Renaissance“, Gemäldegalerie Kulturforum Berlin; noch bis 8. Januar 2023. Weitere Informationen im Internet.

Hans-Peter Götz

 

Film ab

Der deprimierende Sachverhalt, dass der Homo sapiens eine ziemlich widerliche Gattung ist, die, wann immer sich die Gelegenheit ergibt, schnell dabei ist, andere Spezies (und nicht minder ihresgleichen) zu unterjochen, auszubeuten und – wenn sich Unwilligkeit der Betroffenen artikuliert, ein solches Schicksal stoisch über sich ergehen zu lassen – die anderen einfach um die Ecke zu bringen war schon keine wirklich neue Erkenntnis, als James Cameron diesen Sachverhalt 2009 zum Manifest seines Streifens „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ machte. Der Film wurde trotzdem zum größten kommerziellen Erfolg der Kino-Geschichte. Aber wohl kaum wegen seiner Botschaft, sondern eher wegen der kinematographisch revolutionären 3 D-Effekte,

13 Jahre später bietet jetzt die Fortsetzung „Avatar – The Way oft he Water“ in knapp dreieinviertel Stunden und trotz eines Budgets von 250 Millionen US-Dollar 3 D-mäßig einen eher nur müden Aufguss des Pilotfilms. Ansonsten ist das Manifest dasselbe, und dass die Bellizisten unserer Tage – welcher Couleur und auf welcher Seite auch immer, so sie überhaupt gelegentlich ein Kino aufsuchen – Camerons eher beiläufiges Plädoyer für einen aufgeklärten Pazifismus zwischen Staaten und Ethnien (Töten führe nur zu immer neuem Töten; genereller Verzicht aufs Töten sei daher angeraten) ernsthaft in Betracht ziehen könnten, darf bezweifelt werden. Zumal die exorbitanten Katastrophen und Gemetzel des Films den Eindruck provozieren, dass der gesamte Rest nur Beiwerk derselben ist.
Dieser Cameron ist so überflüssig wie Sequels im Allgemeinen. Dass am Ende des Films der eigentlich schon toter als tote Oberschurke aus völlig ungereimten Gründen und gegen alle Wahrscheinlichkeiten selbst des Fantasy-Genres gerettet wird, lässt für die vom Regisseur geplanten drei weiteren Folgen Schlimmstes befürchten.
„Avatar – The Way oft he Water“, Regie: James Cameron. Derzeit in den Kinos.

Clemens Fischer

 

Auf den Punkt gebracht

Geld ist besser als Armut,

wenn auch nur aus finanziellen Gründen.

Woody Allen

 

Wozu, in Teufels Namen, soll man denn sein Geld verwenden,

als auf einen guten Tisch, gute Gesellschaft, gute Weine, schöne Weiber,

Vergnügen von allen Farben, Unterhaltungen aller Art?

Ebenso gerne möchte ich ein Bettler sein,

als ein großes Vermögen ohne diese Genüsse zu besitzen.

Denis Diderot

 

Nach den Vorstellungen einer amerikanischen Frau

ist der ideale Ehemann ein Butler

mit dem Einkommen eines Generaldirektors.

William Somerset Maugham

 

Das Geld ist wie ein krankes Kind –

man muss alles tun, um es durchzubringen.

Joachim Ringelnatz

 

Das ist das Problem am Kein-Geld-Haben.

Es ist nicht nur peinlich,

es ist auch wahnsinnig unpraktisch.

Martin Suter

 

Dem Armen zur Sparsamkeit raten,

ist ebenso grotesk wie beleidigend.

Als würde man einem Verhungernden nahelegen,

weniger zu essen.

Oscar Wilde

 

Ja selig ist der gute Christ,

wenn er nur gut bei Kasse ist.

Wilhelm Busch

 

Es stimmt, dass Geld nicht glücklich macht.

Allerdings meint man damit das Geld der anderen.

George Bernard Shaw

 

Sparmaßnahmen muss man dann ergreifen,

wenn man viel Geld verdient.

Sobald man in den roten Zahlen ist,

ist es zu spät.

Paul Getty

 

Ein reicher Mann ist oft nur

ein armer Mann mit sehr viel Geld.

Aristoteles Onassis

 

Wenn man genug Geld hat,

stellt sich der gute Ruf ganz von selbst ein.

Erich Kästner

 

Es gibt sicher wichtigere Dinge als Geld;

nur braucht man leider sehr viel Geld,

um sie zu erwerben.

Prosper Merimee

 

Eine Bank ist eine Einrichtung,

von der Sie Geld leihen können –

vorausgesetzt, Sie können nachweisen,

dass Sie es nicht brauchen.

Mark Twain

 

Ein großer Vorteil des Alters liegt darin,

dass man nicht länger die Dinge begehrt,

die man sich früher aus Geldmangel nicht leisten konnte.

Charlie Chaplin

 

Wenn Sie wissen wollen,

was Gott von Geld hält,

sehen Sie sich einfach die Menschen an,

denen er welches gegeben hat.

Dorothy Parker

cf

Aus anderen Quellen

„Der Krieg in der Ukraine wird zum Testfall, ob es gelingt, einen Ausweg aus dieser Spirale immer neuer Kriege zu finden“, schreibt Michael Brie und fährt fort: „Die Römer hatten den Leitfaden: Si vis pacem para bellum (Wenn Du Frieden willst, bereite den Krieg vor). Wir aber müssen jetzt im Krieg endlich dauerhaften Frieden vorbereiten.“ Doch: „Frieden kann man nur vorbereiten, wenn man sich den Ursachen des Krieges stellt. Solange man von der Vorstellung ausgeht, dass Russlands Politik die alleinige Ursache des Krieges in der Ukraine ist, ist Frieden unmöglich.
Michael Brie: Wir wähnten uns im Frieden und lebten umgeben von Kriegen,
berliner-zeitung.de, 05.12.2022. Zum Volltext hier klicken.

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Noch vor der parlamentarischen Weihnachtspause 2022 hat der Haushaltsausschuss des Bundestages Milliarden an Steuergeldern für den Ankauf des US-Tarnkappenbombers F-35 bewilligt, der von der Bundesregierung zum künftigen Atomwaffenträger der Bundeswehr auserkoren wurde. DIE WELT nannte die Maschine wegen einer knapp 850 Positionen umfassenden Mängelliste des Pentagons einen „Schrottflieger“ (siehe ausführlicher Blättchen 16/2022). Trotzdem sollen allein für die Beschaffung mindestens zehn Milliarden Euro verplempert werden. Überdies, so Mike Szymanski, Süddeutsche Zeitung: „Ob die Kosten im Rahmen bleiben, kann die Regierung ebenso wenig zusagen wie alle erforderlichen Genehmigungen, damit die Maschinen in Deutschland fliegen können.“
Mike Szymanski: Krisensitzung wegen neuer Kampfjets, sueddeutsche.de, 04.12. 2022. Zum Volltext hier klicken.

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DER SPIEGEL hatte die Berliner Zeitung – deren differenzierte Berichterstattung zum Ukraine-Krieg negierend – als „unter ihrem neuen Verleger zu einer Art russlandfreundlichen Verschwörungspostille verkommen[…]“ denunziert. Deren Chefredakteur Thomas Kurianowicz schreibt in seiner Gegenrede unter anderem: „In den vergangenen Jahren hat sich ein Journalismus herausgebildet, der sich der guten Sache verschreibt und, um dieser guten Sache zur Gerechtigkeit zu verhelfen, über Nuancen und Wahrheiten hinwegfegt wie ein Luftwaffengeschwader. […] Meistens geht es darum, dass jene, die sich auf der richtigen Seite der Geschichte wähnen, glauben, es mit der Selbstbefragung und kritischen Reflexion nicht so genau nehmen zu müssen. Auch Berichterstattung darf tendenziös, anmaßend, ja auch mal falsch sein, wenn sie der guten Sache dient, lautet offenbar die Devise.“
Thomas Kurianowicz: Der aktivistische Journalismus und der Preis der Wahrheit, spiegel.de, 20.12.2022. Zum Volltext hier klicken.

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Eine Lektion in zeitgemäßem sozialdemokratischen Demokratie- und Rechtsverständnis, die sie schlussendlich dann doch vorsichtshalber bestritt, gab dieser Tage Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie hatte bereits im März geäußert, „Extremisten und Verfassungsfeinde schnell aus dem öffentlichen Dienst entfernen“ zu wollen. Jetzt verriet sie, wie sie sich den Turbogang vorstellt. André Mielke hat den Vorgang aufgespießt: Faeser meinte im Maischberger-Talk, sie „hätte ‚eine gute Idee gefunden‘, wolle ‚einfach das Disziplinarrecht so umstellen‘, dass man ‚mittels eines Verwaltungsaktes jemanden aus dem öffentlichen Dienst entfernt und dann eben auch ihm die Beweislast überlassen muss‘. Derzeit liegt die Beweislast beim Ankläger. Beschuldigte müssen nicht ihre Unschuld belegen. Dieses Prinzip regelt seit der Antike das Verhältnis von Rechtsstaaten zu ihren Bürgern. Es gibt Alternativen, etwa die Wasserprobe bei mutmaßlichen Hexen. Tendenziell dorthin scheint die F. das Verhältnis des Staates zum Staatsdiener wenden zu wollen. Reichsbürger wäre, wer nicht das Gegenteil beweist.“
André Mielke: Ich muss jemanden melden oder: der Fall Nancy F., berliner-zeitung.de, 13.12.2022. Zum Volltext hier klicken.

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Eine Hiobsbotschaft für alle rassistischen Deppen und Dumpfbacken, die sich die „Reinheit“ der überlegenen weißen, gar nordischen Rasse auf ihre Fahnen oder sonst wohin geschrieben haben: Vor 9000 Jahren lebten nahe dem heutigen sachsen-anhaltischen Bad Dürrenberg Menschen mit dunkler Hautfarbe. People of color, wie man heute sagen würde, als Vorfahren späterer Germanen und Arier?! Das ergaben die paläogenetischen Untersuchungen des gut erhaltenen Skeletts einer dreißigjährigen Frau, der sogenannten Schamanin von Bad Dürrenberg. Diese europäischen Frühmenschen, so Maritta Tkalec, waren „nicht weiß und blond. Diese Menschen hatten vielmehr schwarze Haut, schwarze, glatte Haare und blaue Augen.“

Für Paläoanthropologen ist der Befund von Bad Dürrenberg im Übrigen nur eine weitere Bestätigung für bisherige Forschungsergebnisse: Die Früheuropäer der Gattung Homo sapiens waren ihrerseits Nachfahren von Nomaden aus Ostafrika, die in Generationen über die Levante nach Norden vorgedrungen waren.
Maritta Tkalec: Die Wahrheit über die ‚nordische Rasse‘: Dunkle Haut und blaue Augen, berliner-zeitung.de, 11.12.2022. Zum Volltext hier klicken.

Letzte Meldung

Knapp 260.000 – das ist ziemlich genau die Einwohnerzahl von Mönchengladbach oder von Gelsenkirchen.

Zum 31. Januar 2022 waren – laut dem am 8. Dezember 2022 erstmals vorgelegten Bericht über die Zahl und die Lage der wohnungslosen Menschen in Deutschland der Bundesregierung – 263.000 Menschen obdachlos. 57.000 mehr als noch zwei Jahre zuvor.

Schlimmes Schicksal!

Ohne Zweifel.

Doch wer deswegen in moralische Schnappatmung verfällt, der vergegenwärtige sich bitte schön auch, dass Deutschland unter den reichsten Ländern der Welt – gerechnet nach BIP pro Kopf – nur einen bescheidenen 20. Platz einnimmt. Mit nicht einmal 51.000 Dollar pro Kopf. Was ist das schon im Vergleich zu Luxemburg (Platz 1) mit 136.701 Dollar pro Kopf. Und die Luxemburger benötigen nicht einmal eine Verdoppelung der größten Regierungszentrale der Welt (Bundeskanzleramt) für knapp 780 Millionen Euro, was, da der Ergänzungsbau erst im September dieses Jahres beginnen soll und man mit fünf Jahren bis zur Fertigstellung rechnet, das Ende der finanziellen Fahnenstange wohl noch nicht sein wird …

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