28. Jahrgang | Nummer 8 | 21. April 2025

Bemerkungen

Chemnitz und sein Schutzheiliger

Als es an die Wahl der Kulturhauptstadt 2025 ging, überrumpelte das sächsische Chemnitz auch die „Königstreuen“ in Dresden mit einem „Anti-Konzept“. Hier wurde nicht mit Schönheit und kulturellen Hochburgen geprahlt, sondern die Arbeiterstadt, das Hässliche und ein „Trotz alledem“ wurden in den Vordergrund gestellt. So kam markante Industriearchitektur plötzlich im Kulturbetrieb vor, wie der 53-Meter-Turm vom Wirkbau, die Bernhardsche Spinnerei, die Schönherrfabrik, die Strumpfwirkerei Esche, die über 252 Meter hohe leuchtende Esse am ehemaligen Kraftwerk und die Färberei Haase. Einige über 100 Jahre alte Betriebe produzierten noch bis Anfang der 1990er Jahre, wurden aber abgewickelt und stillgelegt. Mittlerweile sind die meisten der Fabrikgebäude saniert und für neue gewerbliche Nutzung freigegeben. Besonders erwähnenswert ist die Gießerei der Gebrüder Escher an der Zwickauer Straße. 1990 wurde in letzter Minute die Sprengung des Komplexes verhindert. Bei der späteren Sanierung des Geländes nach einem Entwurf von Peter Wermund konnten die vier dekorativen Blendbögen erhalten werden. Nun befindet sich in der ehemaligen Gießerei das Industriemuseum. Auf zwei Etagen kann der Besucher in Zeugnisse der regionalen Industrie-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte eintauchen.

Extra für das Kulturhauptstadtjahr hat man zwei Ausstellungen konzipiert, die sich mit der Arbeit beschäftigen. Wie sagte doch der „Schutzheilige“ von Chemnitz, Karl Marx: „Die Arbeit ist ihrem Wesen nach die unfreie, unmenschliche, ungesellschaftliche, vom Privateigentum bedingte und das Privateigentum schaffende Tätigkeit“. Schon sind wir mittendrin in der am 25. Juni beginnenden Ausstellung „Tales of Transformation“. Hier kommen mit vielen Gegenständen, Bildern, Filmsequenzen und Schriftstücken bekannte Industriestädte zur Geltung. Im Untertitel der Ausstellung sind sie aufgeführt: Chemnitz – Gabrovo – Łódź – Manchester – Mulhouse – Tampere.

Im Konzept geht es nicht nur um rasantes Wachstum und den Reichtum der Bourgeoisie, sondern vor allem um die prekären Lebensverhältnisse des Proletariats und die Zerstörung von Mensch und Natur im Namen des Profits. Auf Höhen folgt oft der radikale Zusammenbruch der Industrie, so dass die Neuerfindung der Städte mit der Einbindung ihrer Industriegebäude ins tägliche Leben und in die Kultur notwendig wird.

Eine zweite Ausstellung (bis 27. Juli) kann bereits besichtigt werden. Da geht‘s um „fit. Eine Sächsische Erfolgsgeschichte“. Einstmals im VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt von 450 Werktätigen im Drei-Schicht-System produziert, deckte das Spülmittel Fit (jetzt: fit) 85 Prozent des entsprechenden DDR-Bedarfs. 1954 entwickelt, erhielt es 1968 die heutige Flaschenform, die dem Roten Turm von Karl-Marx-Stadt nachempfunden ist. Zu sehen gibt es neben historischen Werbegrafiken und Verpackungen auch originale Flaschen mit Inhalt. So steht gelb gefärbtes DDR-Fit, mit dem man schillernde Seifenblasen machen konnte, neben dem heutigen grünen fit.

Selbstverständlich finden im Kulturstadtjahr auch im Industriemuseum kulturelle Veranstaltungen statt. So heißt es am 26. April „Singen über Grenzen“. Zwei Chöre interpretieren Lieder des Widerstands. Der Heart Chor aus Annaberg-Buchholz trifft auf den Chor Septem Cantet aus Klášterec nad Ohří. 28 Sängerinnen und Sänger erkunden Gemeinsamkeiten im Widerstand gegen Diktatur, gegen rechte Gesinnung und Unterdrückung. Auch Gospel und Volkslieder sind im Programm.

Ein Wermutstropfen ist, dass von Chemnitz keine Handreichung zur zweiten Kulturhauptstadt Nova Gorica in Slowenien vorgesehen ist. Auch wird Karl Marx, dessen Namen die Stadt zwischen 1953 und 1990 trug, weitgehend aus der Kultur herausgehalten. Die von Lew Kerbel gestaltete Porträtbüste, zum Wahrzeichen der Stadt geworden, wäre eine Extraausstellung wert gewesen. Das Geburtshaus-Museum in Trier, das seine Ausstellung 2018 zum 200. Geburtstag des Philosophen neu aufbereitete, hätte als Partner fungieren können.

Thomas Behlert

 

Film ab

Die Tage der Pariser Kommune ereigneten sich vom 18. März bis zum 28. Mai 1871, gegen Ende des deutsch-französischen Krieges (19. Juli 1870/Kriegserklärung Frankreichs bis 10. Mai 1871/Frieden von Frankfurt). Ein spontan gebildeter revolutionärer Pariser Stadtrat versuchte gegen den Willen der konservativen französischen Zentralregierung, Paris nach sozialistischen Vorstellungen zu verwalten, um menschenwürdige soziale Verhältnisse für die Masse der Bevölkerung zu schaffen.

Der Publizist und Historiker Sebastian Haffner fasste 1987 zusammen: Mit der Kommune ging es „[…] zum ersten Mal um Dinge, um die heute in aller Welt gerungen wird: Demokratie oder Diktatur, Rätesystem oder Parlamentarismus, Sozialismus oder Wohlfahrtskapitalismus, Säkularisierung, Volksbewaffnung, sogar Frauenemanzipation – alles das stand in diesen Tagen plötzlich auf der Tagesordnung“.

Die blutige Niederschlagung durch Regierungstruppen im deutsch besetzten Frankreich wurde nicht zuletzt dadurch möglich, dass Berlin massenhaft französische Kriegsgefangene entließ. Dadurch wuchsen die mit dem Vorfrieden von Versailles vom 26. Februar 1871 auf 40.000 Mann gedeckelten französischen Streitkräfte bis Ende April 1871 wieder auf 170.000 Mann an. Mit deutscher Billigung. Der preußische Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke kommentierte in seiner Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges: „Die Deutschen hätten leicht der Sache [der Kommune – C.F.] ein schleuniges Ende bereiten können, aber welche [französische – C.F.] Regierung könnte sich durch fremde Bajonette in ihre Rechte einführen lassen?“

Die Niederschlagung der Kommune ging mit Massenexekutionen einher – Angaben zu den Todesopfern reichen von 17.000 bis 35.000 – und mit Massendeportationen tatsächlicher und vermeintlicher Kommunarden in überseeische Strafkolonien, was zu zahllosen weiteren Todesfällen führte.

Welche Aufnahme einer überlebenden Kommunardin und Grundschullehrerin nach Absitzen ihrer Gefängnisstrafe von der stockkonservativen, die Ursachen ihres eigenen sozialen Elends nicht begreifenden, weil analphabetischen Landbevölkerung in tiefster Provinz bereitet werden konnte, zeigt Éric Besnard in seinem neuen Film „Louise und die Schule der Freiheit“. Mit einem beeindruckenden Ensemble hierzulande weitgehend unbekannter Mimen.

Den Sprösslingen dieser Landbevölkerung soll die Lehrerin Schreiben, Lesen, Rechnen und anderes mehr beibringen. Denn in der französischen Republik, soviel Fortschritt hatte denn doch bereits stattgefunden, bestand Schulpflicht und der Schulbesuch war kostenlos. Doch aus blanker wirtschaftlicher Not waren ihre Kinder den Eltern als tägliche Arbeitskräfte unverzichtbar …

Schon bisher hat man sich bei Besnard – zum Beispiel „Birnenkuchen und Lavendel“ (2015 –Blättchen 14/2018) und „À la carte. Freiheit geht durch den Magen“ (2021 –Blättchen 25/2021) – nicht gefragt, ob man sich dessen nächsten Streifen auch wieder „antun“ würde. Im Gegenteil! So auch dieses Mal.

„Louise und die Schule der Freiheit“, Regie: Éric Besnard; derzeit in den Kinos.

Clemens Fischer

Leere Tage  

von Wolfram Dieter Martin

Die Tage sind leerer geworden.
Die unwiederbringlich Aussterbenden
nähern sich dem Horizont.
Bald musst du den Blaumann anziehen
und den inneren Schweinehund fortjagen.
Denn das Gewimmel der Rohre
in den Gräben der vor Langem begonnenen Straße
ist faulig geworden.
Langsam verblasst das Rot-weiß der Zäune.
Dein Blick geistert im Nebel:
die unwiederbringlich Aussterbenden
nähern sich dem Horizont.

Drüben an den verrotteten Gräben läuft die Geliebte im Sand,
wohl auf der Suche nach Schönheit. Staub senkt sich ins wehende Haar.
Noch nimmt sie ihre Schmerzen gelassen.
Die Gemälde am Körper scheinen zu bluten.
Telefonate sind sinnlos. Ohne Termin kein Mensch in der Leitung.
Nichts fährt, das Gleisbett verworfen.
Der Leiharzt auf Abruf erklärt, sie sei sterblich
und nimmt seinen Hut
nach der letzten Umarmung.

Such nicht herum, klopfe nirgends.
Trage den Blaumann.
Jag den inneren Schweinehund fort.
Schütte die Gräben zu.
Stoße die Zäune um.
Ihre Wunden verbinde.

Die Tage sind leerer geworden.

Wolfram Dieter Martin, geboren 1950 in Stralsund, schreibt Lyrik und Kurzgeschichten. Er lebt heute in Woltersdorf bei Berlin.

 

Entdeckung eines Frauenhelden

Nicht nur Tische und Bänke in Ausbildungsstätten scheinen besonders zum Kritzeln herauszufordern, wie es die Blättchen-Autorin Renate Hoffmann schon vor über vierzig Jahren in der Zeitschrift Die Weltbühne (Nr. 38/1984) beschrieben hatte. Zu eben dieser analogen Zeit gehörten geliehene Bücher ebenso zu den beliebtesten Opfern des menschlichen Kritzel-Urtriebes.

Hier muss aber ein großes Aber angemerkt werden: Ob nun von Privatpersonen oder aus Bibliotheken – geschändete Bücher sind immer potentielle Reliquien. Wenn Wissenschaftler verdächtige „Lesespuren“ finden, haben sie vielleicht einen Beweis dafür, dass eine sehr bedeutende Persönlichkeit dieses Werk studierte hatte.

Doch der größte Teil der Büchermaler wird unerkannt bleiben, so auch jener, der sich vor vielen, vielen Jahren sehr zurückhaltend (mit Bleistift!) in Hans Groß‘ Criminalpsychologie von 1898 verewigt hatte, die zum Bestand einer Bibliothek der Humboldt-Universität gehört. Besonderes Interesse fand bei ihm der Abschnitt über Frauen, denen sich Hans Groß, der Altmeister der modernen Kriminalistik, in einem fast hundert Seiten langen Kapitel widmet.

Groß schreibt einleitend: „Eine der schwierigsten Aufgaben für den Criminalisten in psychologischer Beziehung bleibt die B e u r t h e i l u n g der Frau, weil sie nicht nur somatisch und psychisch etwas ganz Anderes ist als der Mann, sondern weil sich dieser niemals voll und ganz in das Wesen einer Frau hineindenken kann.“ Groß bietet durchaus richtige Denkansätze, wenn er die psychischen Unterschiede zwischen Frau und Mann aus den Unterschieden in der sozialen Stellung erklärt.

Unserem unbekannten Leser gefielen offenbar einige Zitate und Sprichworte, die Groß zur Argumentation und Polemik heranzieht – die vielen zarten Bleistiftstriche am Rande deuten darauf hin. Das damals moderne Sprichwort „Gebt der Frau Flügel und sie ist entweder ein Engel oder eine Gans“ findet der Hans Groß im Prinzip zutreffend, denn „es gibt Frauen, die über uns stehen, und es gibt solche, die unter uns stehen, (…) aber so wie wir ist keine.“ Und auch der Bleistiftstrich unseres Kritzelers am Rande signalisiert uneingeschränkte Zustimmung.

Groß zitiert an anderer Stelle Schopenhauer: „Die Frauen geben wenig auf ein schönes Gesicht; was sie verführt, ist Kraft und Muth, intellectuelle Eigenschaften üben keinen unmittelbaren Einfluss auf sie, Dummheit ist durchaus kein Hindernis in Erlangung der Weibergunst, wohl aber höhere Intelligenz oder gar ein Genie.“

Nun rastet der anonyme Leser und wohl eitler Frauenheld (neudeutsch womanizer) völlig aus. Fein säuberlich am Rand steht geschrieben: „Jeder Mann kann jede Frau erlangen, wenn er sie wirklich haben will.“

Frank-Rainer Schurich

 

Zum Umgang mit Fake News und anderem Schmutz

Ein hochaktuelles Thema: gezielte Schmutzkampagnen. Das kleine Büchlein ist amüsant geschrieben: Drei alte Damen wollen begangenes Unrecht rächen und planen neun Morde … Das stellt sich allerdings in ihrem hohen Alter als schwierig heraus. Vergnüglich lesen sich ihre jeweiligen Pläne und Gründe für deren Verwerfen – haben sie doch immer Beziehungen zu bekannten literarischen Texten und Filmen. Und sie werfen solche anregenden Fragen auf wie „Warum gibt es eigentlich keine apokalyptischen Reiterinnen?“

Überdies beschreibt und hinterfragt die Autorin die Folgen der Gentrifizierung. Die kurzweilige Lektüre (hervorragend übersetzt von Monika Baark) kann frau wie die drei reizenden Damen mit einem Gin Tonic genießen – die von ihnen als Waffe gegen die alten weißen Männer fabrizierten Brownies sind dagegen nicht zu empfehlen.

Margaret Atwood: Hieb und Strich. Story. Deutsch von Monika Baark. Berlin Verlag 2025, 62 Seiten, 6,00 Euro.

Viola Schubert-Lehnhardt

 

„Aus STIRB wird RIP“, von Wilhelm Kaisertreu

Die „Staatsbürgerliche Initiative Regierungskompatibler Bundestag“ (STIRB) hat sich umbenannt in „Regierungsfreunde ins Parlament“ (RIP). Aus diesem Anlass wurde eine Broschüre unter dem Titel „Aus STIRB wird RIP“ herausgegeben. Ihr Verfasser ist der Begründer der Initiative, Wilhelm Kaisertreu, ehemaliger Bürgermeister von Weinlaub im Rotdornkreis und Erfinder des magnetisierten Rouladenspießes. Wir zitieren aus seinem Geleitwort:

„Von der parlamentarischen Demokratie bin ich eingenommen, ausgenommen die Zustände in der Bundesrepublik Deutschland. Wir brauchen einen regierungskompatiblen Bundestag. Erste Schritte auf dem Weg dorthin wurden gegangen. Mehrere Wahlkreissieger zogen nicht ins Parlament ein, dafür Leute von den Landeslisten. Richtig so! Wer in den Bundestag will, muss nicht seinen Wahlkreis gewinnen, sondern Vertrauen in den Hinterzimmern der Parteien.

In Zukunft sollte es nur noch die Zweitstimme geben, die man füglich Erststimme nennen könnte. Die Parteien würden als solche gewählt, ohne Kandidaten zu benennen. Dann kämen nur treue Parteisoldaten in den Bundestag.

Regierungskompatibel wäre das Parlament damit freilich noch nicht. Dazu müsste man bei Abstimmungen die Stimmen wichten. Wer der Regierung störungsfreie Tätigkeit ermöglicht, dessen Stimme zählt doppelt. Für die dazu notwendige weitere Änderung des Grundgesetzes ließe sich die erforderliche Mehrheit gewiss in einem noch älteren Bundestag im Bonner Wasserwerk finden.“

Rainer Rönsch

Aus anderen Quellen

Mit dem Göttinger Friedenspreis 2025 wurde am 15. März der US-amerikanische Friedensaktivist und Physik-Professor Frank von Hippel geehrt. Die Jury begründete ihre Entscheidung folgendermaßen: „Mit dieser Auszeichnung würdigt die Stiftung seine herausragenden Verdienste zur naturwissenschaftlichen Friedensforschung und seine bedeutenden friedenspraktischen Aktivitäten auf dem Gebiet der nuklearen Rüstungskontrolle und Abrüstung, insbesondere bei der Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen.“ In seiner Dankesrede führte der Laureat unter anderem aus: „Auf dem Gebiet der Atomwaffenpolitik stand der 1980 gewählte Präsident Reagan unter dem Einfluss des sogenannten ‚Committee on the Present Danger‘, das davon überzeugt war, dass die Führung der Sowjetunion glaubte, einen Atomkrieg mit den Vereinigten Staaten führen und gewinnen zu können. Der Ausschuss drängte darauf, dass die USA deutlich machen müssten, dass sie in der Lage seien, einen Atomkrieg zu führen und zu gewinnen. Leider lebt diese Vorstellung trotz des späteren Reagan-Gorbatschow-Mantras ‚Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden und darf niemals geführt werden.‘ immer noch fort.“

Frank von Hippel: Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Rede anlässlich der Verleihung des Göttinger Friedenspreises am 15.03.2025 (inoffizielle deutsche Übersetzung). Zum Volltext hier klicken.

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Mit Blick auf den zwischen Union und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag konstatiert Heribert Prantl: „Jetzt gibt es eine neue deutsche […] Teilung […]. Sie beginnt mit dem 9. April 2025. Man wird sich dieses Datum merken müssen; es ist das Datum des Koalitionsvertrages. […] dieser Vertrag spaltet […] die deutsche Bevölkerung: Es gibt künftig die digitalen Deutschen, und es gibt die analogen Deutschen.“ Denn: „Das gesamte staatliche und öffentliche Leben, die gesamte Verwaltung, wird […] künftig auf Digitalität ausgerichtet. So steht es in den Randziffern 2138 ff des Koalitionsvertrages.“ Doch diese Zielsetzung habe einen gewaltigen Haken, weil „viele Millionen Menschen mit dieser Zwangsdigitalisierung vom Staat verlassen werden. Die Hälfte der über 65-Jährigen nutzt kein Smartphone, bei den über 80-Jährigen haben zwei Drittel keinen Zugang zum Netz. Wer ihn nicht hat, dem ergeht es künftig noch schlechter als schon bisher: Die Demokratie wird nämlich, wie der Koalitionsvertrag selbstbewusst verkündet, komplett digitalisiert und verdatet. Zu diesem Zweck erhält jeder Bürger verpflichtend auch eine ‚digitale Identität‘ – ob er sie will oder nicht.“

Heribert Prantl: Prantls Blick, sueddeutsche.de, 13.04.2025. Zum Volltext hier klicken.

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„Die Zivilklausel gehört endgültig abgeschafft“, fordert der Ring Christlich-Demokratischer Studenten/RCDS laut Stern online vom 17.03.2025.

Zivilklauseln, schreibt Jürgen Scheffran, sind „Selbstverpflichtungen [von Universitäten – die Redaktion], allein für zivile und nicht für militärische Zwecke zu lehren, zu lernen und zu forschen“. Etwa 70 deutsche Universitäten haben sich einer entsprechenden Selbstverpflichtung unterworfen. Zu Sinn und Zweck fasst Scheffran zusammen: „Auch wenn Zivilklauseln die militärische Relevanz ziviler Forschung nicht ausschließen, erleichtern sie es, aus der Kriegslogik auszubrechen und friedliche Alternativen zu entwickeln […] Eine zivile Wissenschaft und Ausbildung fördert die internationale Zusammenarbeit und Lösungen globaler Herausforderungen (gegen Klimakrise, Krieg, Vertreibung, soziale Ungleichheit, für gerechte, nachhaltige und friedliche Transformation). Der ‚Kriegstüchtigkeit‘ wird die ‚Friedensfähigkeit‘ entgegengesetzt, im Sinne einer positiven Freiheit von Wissenschaft und Lehre.“

Jürgen Scheffran: Wissenschaft für und gegen Aufrüstung. Zwischen geopolitischen Konflikten und internationaler Kooperation, BdWi-Studienheft 14. Zum Volltext hier klicken.

Zusammengetragen von Wolfgang Schwarz.