Gasteltern gesucht
Südamerikanische Austauschschüler suchen deutsche Gastfamilien. Die Schüler der Andenschule Bogota wollen gerne einmal den Verlauf von Jahreszeiten erleben. Dazu sucht das Humboldteum deutsche Familien, die offen sind, einen südamerikanischen Jugendlichen (15 bis 17 Jahre alt) als Kind auf Zeit aufzunehmen. Die kolumbianischen Jugendlichen lernen schon mehrere Jahre lang Deutsch, so dass eine Grundkommunikation gewährleistet ist.
Alle Jugendlichen sind schulpflichtig und sollen die der Wohnung ihrer Gasteltern nächstgelegene Schule besuchen. Der Aufenthalt ist von Samstag, den 9. Februar 2019 bis Samstag, den 29. Juni 2019 geplant.
Wer Kolumbien kennenlernen möchte, ist zu einem Gegenbesuch an der Andenschule Bogotá herzlich willkommen.
Die Redaktion
Für Fragen und weitergehende Infos kann das Humboldteum (Königstraße 20, 70173 Stuttgart) direkt kontaktiert werden: Tel. – 0711-2221400, Fax – 0711-2221402, E-Mail – ute.borger@humboldteum.com, Internet – www.humboldteum.com.
An Tucholskys Grab
Eine Station auf der Rundreise durch Schweden war der Besuch von Schloss Gripsholm. Nachdem die Reiseleiterin über Kurt Tucholsky und seine „Sommergeschichte“ gesprochen hatte, fragte sie, wer vor der Schloßführung zum Grab Tucholskys gehen wolle. Von 38 Reiseteilnehmern meldeten sich sechs: ein Ehepaar in mittleren Jahren, zwei ältere Damen und der Autor mit seiner Gattin.
So eilten wir in der Mittagszeit zum Friedhof, wo einige Frauen an Gräbern werkelten. Keine anderen Reisenden hatten sich hierhin verirrt, vielleicht war das auch gut so. Schweigend standen wir am Grab. Auch später sprach keiner der Mitreisenden über seine Gedanken oder Eindrücke. Durch stille Nebenstraßen kehrten wir zum Schloß zurück, wo die Führung für unsere Gruppe begann.
Für mich war der Besuch auf dem Friedhof eine Begegnung der besonderen Art. Als ich, statt Schularbeiten zu machen, in Vaters Bücherschrank stöberte, fand ich – verborgen hinter anderen Büchern – die Hefte der alten Weltbühne, die er über die Nazizeit aufbewahrt hatte. Aus ihnen erfuhr ich am Anfang der fünfziger Jahre das, was nicht in den Schulbüchern stand und worüber auch meine Eltern kaum sprachen. Tucholskys Beiträge, aber auch die der anderen Autoren des Blättchens, wie Begründer Siegfried Jacobsohns liebevoller Diminutiv lautete, weckten mein Interesse an der Zeitgeschichte und trugen vielleicht auch zur Richtung meiner politischen Bildung bei. Den Heranwachsenden interessierten natürlich nicht zuletzt die Episoden, die sich um Tucholskys Damen mit Namen wie Claire, Lottchen und andere rankten. Eine ältere Ausgabe von „Rheinsberg“, die ich beim Stöbern fand, ließ ahnen, daß das Buch auch für meine Eltern eine besondere Bedeutung gehabt haben musste.
Der Aufenthalt in der idyllischen Landschaft Mittelschwedens war für Tucholsky mehr als ein Atemholen von den Anspannungen der rastlosen journalistischen Arbeit. Die Artikel aus dieser Zeit gehören nur scheinbar der Geschichte an. Die Anlässe, aus denen sie entstanden, mögen vergessen sein, doch die Themen, um die es geht, sind nach wie vor – oder leider – wieder aktuell. Unsere Gegenwart entkleidet die Beiträge Tucholskys der Patina ihrer vermeintlichen Zeitgebundenheit: ein guter Grund, nicht nur „Gripsholm“ erneut zu lesen.
Karl Klaus Walther
Dr. Karl Klaus Walther, Jahrgang 1935, stammt aus Cottbus, lebt in in Volkach und ist wissenschaftlicher Bibliothekar i. R. sowie Verfasser zahlreicher buch- und bibliothekswissenschaftlicher Veröffentlichungen.
Den Rasern eine (weitere) Gasse?
Eltern sorgen sich in der Regel, dass ihre Kinder morgens wohlbehalten zur Schule kommen, und sie haben allen Grund dazu. Zumindest in Berlin und Brandenburg. Dort hat die Polizei zu Schuljahresbeginn wieder intensiv Verkehrsteilnehmer im Umfeld von Schulen überprüft. Ergebnisse der 14-tägigen Kontrollen waren jetzt in der Berliner Zeitung nachzulesen – unter der Überschrift: „Polizei stoppt tausende Raser vor Schulen und Kitas“. So wurden in Brandenburg in dieser Zeit 60 Prozent mehr Raser als noch zum Schulbeginn 2017 erwischt. Von insgesamt 7593 festgestellten Ordnungswidrigkeiten gingen allein 6047 auf Geschwindigkeitsübertretungen zurück.
Befremden muss in diesem Zusammenhang eine Verkehrsplanung der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) für den Stadtteil Mahlsdorf. Dort wird in der „Straße an der Schule“ gerade eine neue Lehranstalt für bis zu 600 Kinder und Jugendliche errichtet. Direkt vor diese Schule will SenUVK die Hauptverkehrsader des Ortes verlegen, mit einem Verkehrsfluss von derzeit etwa 17.000 Fahrzeugen täglich. Tendenz steigend. Dagegen regt sich seit Jahren Kritik von Eltern und Anliegern vor Ort, die auch vom regionalen CDU-Abgeordneten Mario Czaja geteilt wird: „Dieses Planungsvorhaben ist in höchstem Maße verantwortungslos. Verkehrssicherheit, Luftverschmutzung, Lärm- und Feinstaubbelastung, alles das sind Risikofaktoren, die man nicht sehendes Auges vor einer neu entstehenden Schule konzentriert. Zumal es Alternativen gibt und das Planfeststellungsverfahren ohnehin erst 2021 beginnt und frühestens 2023 gebaut werden soll.“
Bisher zeigt SenUVK jedoch keine Neigung, noch gar Bereitschaft, diese Argumente entsprechend mit zu gewichten. Doch wenn man allein auf das BER-Trauerspiel schaut, weiß man ja längst, wo Schilda wirklich liegt …
Alfons Markuske
Keine Sorge – Volksfürsorge!
Wenn man der Frage nachgeht, was Gitta Connemann, stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, derzeit alles offenbar nicht umtreibt, dann landet man ziemlich genau bei den Problemen, Defiziten und Leerstellen, die die von einer Unionsfreundin geführte Bundesregierung seit längerem nicht auf die Reihe bekommt:
- genug wirkliche Lehrer fürs Land,
- ausreichendes Kita-Personal, um dem empfohlenen Betreuungsschlüssel für die Jüngsten von 3 : 1 wenigstens näher zu kommen,
- eine hinreichend besetzte Justiz,
- flächendeckendes Breitbandinternet,
- weniger operettenhafte Streitkräfte,
- eine Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, mit der der Kunde auch etwas anfangen kann,
- eine Steuer auf Zucker, mindestens in Getränken und Joghurt,
- ein Verbot des Verfassungsschutzes als krimineller Vereinigung.
Die Aufzählung müsste hier nicht enden.
Von Initiativen Connemanns zu irgendeinem dieser Punkte ist nichts bekannt.
Stattdessen hat die bajuwarische Dame das eigentliche Problem unserer Zeit und Gesellschaft entdeckt, das, wenn es den Untergang des Abendlandes nicht längst eingeläutet hat, so doch ein weiteres Mal unbedingt befürchten lässt. Die Gitta hat nämlich bemerkt: Manche Menschen lassen sich – in emotionaler Echauffiertheit, unter Drogeneinfluss oder weil sie einfach blöd sind – schmerzhaft, trotzdem jedoch meist dummstolz, und nicht selten ziemlich kostspielig freiwillig körperverletzen. Und das auch noch auf gesundheitsunförderliche Weise. Das unübersehbare Resultat läuft unter dem alle Negativa wegnarratierenden Euphemismus Tattoo. Auch dessen Beseitigung ist bekanntermaßen schmerzhaft, kostspielig und abermals gesundheitsschädlich.
Doch Gitta Connemann erfand die Lösung: Ein Verbot von Spontan-Tattoos muss her! Vor die Epidermisperforation muss der Gesetzgeber eine Pflichtberatung und eine Bedenkpause verordnen.
Wow!
Im Sommerloch hatte die Gitta mit dieser Epochal-Idee schon mal Erfolg, nämlich – die Lacher auf ihrer Seite. Und wenn nun noch Markus Söder (siehe unter Antworten in dieser Ausgabe) darauf einstiege und Thilo Sarrazin endlich zur CSU konvertierte, dann wird es vielleicht doch noch was mit einer formidablen Mehrheit bei der Landtagswahl …
am
Kurze Notiz zu Lieskau
Zwischen Halle und Lieskau erstreckt sich die Dölauer Heide, ein Waldgebiet, das mehr als dreimal so groß wie der Berliner Tiergarten ist. Der Wald ist weitläufig genug, um die Großstadt gebührend auf Abstand oder – von dem Dorf aus betrachtet – Lieskau außen vor zu behalten.
Das Dorf im Nordwesten von Halle hat mehr Einwohner als so manche Stadt im Land, ist der größte und am nächsten zu Halle gelegene Ortsteil der Gemeinde Salzatal. Doch zur Speckgürtel-Siedlung ist Lieskau nicht geworden: Kein Industrie- oder Gewerbezentrum, keine nennenswerte Neubausiedlung, kein Wohnpark. Im Gegenteil, das Dorf wirkt sogar noch verschlafener als die kleineren Gemeindeteile ringsum. Es hat keine Sehenswürdigkeit zu bieten wie Schochwitz und Bennstedt mit ihren Schlössern. Salzmünde hat die Gemeindeverwaltung nebst einem sehr ansehnlichen Rathaus, Höhnstedt gilt als nördlichstes Weinbaugebiet Deutschlands – immerhin –, aber Lieskau? Nichts von alledem.
Die Bahnverbindung wurde schon zu DDR-Zeiten stillgelegt, größere Straßen verlaufen hier nicht. Wer nach Lieskau oder hinaus in die überall buntere Welt möchte, muss den Bus nehmen.
Einmal im Jahr aber, nämlich zur Hasenjagd im August, lebt das verschlafene Dorf auf: Der Volkslauf zieht Jogger, Walker und Läufer aus der ganzen Region an, jung und alt versammeln sich am Ortsausgang, um den Hasen zu hetzen. Natürlich wird kein echter Meister Lampe durch das Dorf, über die Äcker und die verschlungenen Waldwege gescheucht. Der Lieskauer Hase ist ein jährlich wechselnder Spitzenläufer aus irgendeinem Verein der Umgebung, den es einzuholen gilt. Wer vor dem Hasen durch das Ziel läuft, gewinnt den Lauf.
Unter den zahlreichen Volksläufen in der Region ist der Lieskauer Hasenlauf eine kleine Attraktion und ein Zuschauermagnet ohnegleichen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das ganze Dorf den Lauf mitträgt. Vom Kuchenstand bis hin zu den applaudierenden Anwohnern entlang der Wegstrecke: Zum Hasenlauf wirkt Lieskau wie bewohnt, und zumindest an diesem Tag ist das Dorf eine Reise wert.
Thomas Zimmermann
Herr Rudolph muss weg?
Die Bergius-Sekundarschule in einem denkmalgeschützten Jugendstilbau im Berliner Stadtteil Friedenau war kürzlich zwei Tage lang das Untersuchungsobjekt einer fünfköpfigen Schulinspektion, in deren Ergebnis die Bildungseinrichtung glatt durchfiel: Zu wenig Teamarbeit, zu viel Frontalunterricht, Ignoranz gegenüber von der Schulverwaltung angeforderten Schriftsätzen und andere Verstöße gegen rechtliche Vorgaben, Lehrer erteilten zu wenig Unterricht (Ressourcenverschwendung) et cetera. Ein Armutszeugnis erster Güte für Schulleiter Michael Rudolph.
Na ja, kein Wunder, wird vielleicht mancher sagen, der früher schon mal von dieser Penne gehört hat. Die stand schließlich 2005, als Rudolph dort anfing, kurz vor der Schließung. Es gab bloß noch 40 Anmeldungen für 116 Plätze. Beim Tag der Offenen Türe prügelten sich schon mal Schüler vor den Augen der Eltern im Gebäude.
Rudolph, der zuvor eine Kreuzberger Problemschule wieder auf Vordermann gebracht hatte, war quasi das letzte Aufgebot.
Nun ist er halt gescheitert – oder?
Allerdings gab es bereits ab 2009 wieder genügend Anmeldungen für die vorhandenen Plätze, und schon seit Jahren reichen diese nun nicht mehr aus, was bei Sekundarschulen ohne gymnasiale Oberstufe nicht die Regel ist. Es herrscht nach allgemeiner Auffassung ein positives Schulklima, obwohl oder besser: weil auf Disziplin gehalten wird. Keine Kaugummis, keine Mützen im Unterricht. Wer mit Handy erwischt wird, darf es sich nach vier Wochen wieder abholen. Nur acht Prozent der Schüler verlassen die Einrichtung ohne Abschluss, obwohl 70 Prozent von ihnen einen Migrationshintergrund haben. An vergleichbaren Sekundarschulen liegt die Abbrecherquote bei bis zu 30 Prozent. Im Hause Bergius erreicht dafür die Hälfte der Schüler eine Empfehlung für die gymnasiale Oberstufe …
Und die Ressourcenverschwendung? Die stellt, Schulleiter Rudolph zufolge, unter anderem sicher, dass immer jemand zum Einspringen greifbar ist, wenn sich morgens Kollegen krankmelden. Im Ergebnis gäbe es kaum Unterrichtsausfall.
Und die Schulinspektion?
Bisweilen sind offenbar nicht die Inspizierten das Problem, sondern die Inspektoren. Wegen lebensfremder Maßstäbe.
Thaddäus Faber
WeltTrends aktuell
Herrschte vor einigen Jahren im Verhältnis zwischen Polen und der EU wie auch zwischen Deutschland und Polen noch Euphorie, so werden heute immer mehr Stimmen laut, Polen sei nationalistisch, uneuropäisch und undankbar. Im Thema kommen polnische Autoren zu Wort, um in der deutschen Debatte auch polnische Sichten zu strittigen Themen zu artikulieren. Die Beiträge sprechen offen die Probleme im bilateralen und europäischen Verhältnis an, bieten so manche neue Sicht und helfen damit zu verstehen. Justyna Schulz, die neue Direktorin des West-Instituts in Posen, das Mitherausgeber von WeltTrends ist, setzt sich mit der Rolle Polens in der EU auseinander. Weitere Artikel beschäftigen sich mit den außenpolitischen Vorstellungen der polnischen Elite, der umstrittenen Justizreform, der polnischen Kirche und der „Flüchtlingsfrage”.
Im WeltBlick geht es um den NATO-Aufrüstungskurs nach dem Brüsseler Gipfel, die österreichische EU-Ratspräsidentschaft seit dem 1. Juli und die Chancen Lula da Silvas in den brasilianischen Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober.
Eine Koexistenz der Kulturen im Nahen Osten befürwortet Heinz Theisen im Essay und kritisiert, dass dem Westen in seinem universalistischen Eifer das Verständnis für den Kulturalismus in der Region fehlt.
Bei aller Skepsis über die Rolle Präsident Trumps sei der Helsinki-Gipfel im Juli wichtig gewesen, um Bereiche für eine Zusammenarbeit der USA und Russlands auszuloten, schätzt Alexander Rahr im Kommentar ein. Allerdings hätten sich die US-Herrschaftseliten, Kongress, Geheimdienste und Medien gegen eine strategische Partnerschaft mit dem „Erzfeind” Russland positioniert, während sich die EU entgegen europäischen Interessen passiv verhalte.
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WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 143 (September) 2018 (Schwerpunktthema: „Polens Platz in der EU“), Potsdam / Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.
Blätter aktuell
Zehn Jahre sind vergangen, seit die Finanzkrise die Welt erschütterte. Doch geändert hat sich wenig, bilanziert der Schriftsteller John Lanchester: Die Boni fließen weiter, das „Too-big-to-fail-Problem“ hat sich zugespitzt und das Finanzsystem ist noch krisenanfälliger geworden. Das hat vielerorts eine massive Wut geschürt – mit höchst ambivalenten Folgen.
Brasilien, das im Oktober einen neuen Präsidenten wählt, steckt in einer tiefen Krise. Fünfzehn Jahre nach Lulas Wahlsieg ist von der Euphorie im Land kaum etwas geblieben. Die brasilianische Journalistin Eliane Brum lässt die Entwicklungen der letzten Jahre Revue passieren und stellt fest: Lulas Politik der Versöhnung zwischen Arm und Reich war eine Illusion.
Dem Gipfeltreffen zwischen Merkel und Putin zum Trotz befindet sich das deutsch-russische Verhältnis weiterhin auf einem Tiefpunkt. Denn auch vier Jahre nach Verhängung der ersten EU-Sanktionen gegen Russland ist die deutsche Politik nicht ernsthaft bemüht, die entstandenen Kränkungen zu beheben. Der Publizist Friedrich Dieckmann fordert: Berlin muss sich endlich für eine neue Entspannungspolitik einsetzen.
Dazu weitere Beiträge – unter anderem: „Bürger ohne Uniform: Für ein allgemeines soziales Jahr“, „Nicaragua: Der Revolutionär als Autokrat“ und „Kampf um Europa: Bannon vs. Macron und Varoufakis.“
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Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, September 2018, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.
Aus anderen Quellen
„Den Weg in das Dorf Bornitz säumen beschauliche Bauernhäuser, Felder, Wiesen“, beschreibt Henrik Merker eine Idylle in Sachsen-Anhalt und fährt fort: „Ein Imker verkauft Honig im Ortskern und der Bäcker schließt schon um 10 Uhr morgens. Das Dorf war nie in den Schlagzeilen, nie berühmt für irgendwas. Normalerweise stören nur Lkw auf der Bundesstraße die Ruhe der Leute hier.“ Doch seit kurzem sei es „mit der Stille vorbei […]. Über dem verwaisten Spielplatz surrt eine Kameradrohne, Reporter stehen auf dem einzigen Parkplatz des 500-Seelen-Ortes […]. Das hat mit dem neuen Bewohner von Bornitz zu tun: Vor wenigen Wochen ist der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben hergezogen.“ Der war bekanntlich im Münchner NSU-Prozess zu zehn Jahren verurteilt, aber nach Prozessende wegen nur noch geringfügiger Reststrafe auf freien Fuß gesetzt worden.
Henrik Merker: Das neue Leben des Ralf Wohlleben, zeit.de, 15.08.2018. Zum Volltext hier klicken.
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Der Ex-Chefredakteur und Ex-Herausgeber der Zeit, Theo Sommer (siehe auch Der Westen und Russland – zum Diskurs in dieser Ausgabe), votiert dafür, das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 mit Russland wie geplant zu realisieren. Unter Sommers Argumenten findet sich auch dieses: „Russland ist seit Jahrzehnten ein zuverlässiger Lieferant. Selbst auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges war Verlass auf seine Liefertreue. Moskau blieb verlässlich, weil es – damals wie heute – die Öl- und Gaseinnahmen brauchte. Die Lieferstörungen 2006 und 2009 lagen mehr an der ukrainischen Politik als an Putins Bösartigkeit.“
Theo Sommer: Nicht von Trump irre machen lassen, Zeit Online, 28.08.2018. Zum Volltext hier klicken.
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„Der deutsche Überfall und die folgende Besetzung eines großen europäischen Teils der Sowjetunion von 1941 bis 1944 spielen im historischen Gedächtnis der meisten Deutschen nur eine sehr geringe Rolle“, befundet Stefan Korinth und fährt fort: „Im offiziellen Gedenken, in Filmen oder Medienberichten kommt diese Phase deutscher Geschichte kaum vor. […] 5,7 Millionen Rotarmisten ergaben sich im Verlauf des Krieges den deutschen Angreifern. Das Leben dieser Kriegsgefangenen galt den deutschen Angreifern nichts. 2,5 Millionen sowjetische Soldaten starben in der Folge in deutschen Lagern.“ Dieser Massenmord war „nicht Folge einer Zwangslage an der Front, wie sich deutsche Verantwortliche später herausreden wollten. Sondern es war eine politische Entscheidung […].“
Stefan Korinth: Der Vernichtungskrieg, Rubikon, 01.09.2018. Zum Volltext hier klicken.
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Der Obama-Administration, so Florian Rötzer, sei es mit der geheimen Presidential Policy Directive 20 vom Oktober 2012 in Sachen Cyberwaffen darum gegangen, „zu verhindern, dass schnell und unüberlegt bei einem Cyberangriff zurückgeschlagen wird, weil potentiell unbeabsichtigte und kollaterale Folgen im global vernetzten Cyberspace unübersehbar sein könnten“. Trump habe nun Obamas Direktive wieder aufgehoben.
Florian Rötzer: Trump hat den Einsatz von Cyberwaffen vereinfacht, Telepolis, 25.08.2018. Zum Volltext hier klicken.
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De mortuis nil nisi bene verstanden die hiesigen Mainstreammedien im Falle des Ablebens des republikanischen US-Senators John McCain offenbar als Freibrief, aber auch alles unter den Teppich zu kehren, was dieser amerikanische Kriegsheld auf dem Kerbholz hatte. Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam haben einiges zusammengetragen: In nordvietnamesischer Kriegsgefangenschaft hatte McCain „ein Dokument unterschrieben: ‚Ich habe Kriegsverbrechen begangen, indem ich Frauen und Kinder bombardierte.‘ […] Was fraglos zutraf. […] McCain begrüßte nachdrücklich den völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien […] und die Bombardierung Belgrads 1999 […]. Den Antreiber spielte er auch beim Krieg gegen den Irak im Jahr 2003. Er hetzte, was das Zeug hielt, und behauptete wider besseres Wissen, die USA würden ohne jeden Zweifel bei Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen finden […]. Unvergessen auch McCains Hetzrede auf dem Maidan in Kiew, in der dieser […] für den Umsturz in der Ukraine agitierte und dafür die Unterstützung der USA zusagte […]. […] Unbestreitbar war McCain einer der Hauptverursacher für die kriegsgefährlichen Spannungen zwischen den USA und Russland. Er war ein purer demagogischer Hassprediger.“
Friedhelm Klinkhammer / Volker Bräutigam: Die Kriegsverbrecher-PR, Rubikon, 01.09.2018. Zum Volltext hier klicken.
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