Meinungsfreiheit und Zufallsfunde
„Auch du Negerliebhaberin hast es auf unsere Todesliste geschafft und hast hiermit offiziell den dritten Platz eingenommen.“ Diesen Auszug eines an sie gerichteten Drohbriefes veröffentlichte die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli Ende vergangenen Jahres auf Twitter. Chebli wehrt sich inzwischen und stellt, so der Tagesspiegel im Dezember 2019, 20 bis 30 Strafanzeigen in der Woche. Dass solche Drohungen ernst zu nehmen sind, beweist nicht erst der Fall Lübcke. Seit Januar 1990 registriert die aus den Daten der Bundesregierung und der Amadeu Antonio Stiftung erstellte Statistik der Opfer rechtsextremer Gewalt bis dato 208 Ermordete. Dazu kommen noch 73 nicht vollständig geklärte Fälle, bei denen rechtsextreme Motive zumindest eine Rolle spielen. Das reicht inzwischen an die Zahl der rechtsextremen Morde in der Weimarer Republik heran.
In der letzten Februarwoche verhandelte das Berliner Amtsgericht Tiergarten einen der von Sawsan Chebli angezeigten Fälle. Der Blogger Tim Kellner, er warnt vor dem „Volkstod“ der Deutschen, hatte Chebli als „islamische Sprechpuppe“ und „Quotenmigrantin der SPD“ verunglimpft. Im Netz erklärte Kellner, hier kämpfe das „Team Deutschland“ gegen das „Team Orient“. 100 seiner Fans versuchten denn auch, sich mit Gewalt Zutritt zum Gerichtssaal zu verschaffen. Kellner wurde freigesprochen, seine Äußerungen seien „noch von der Meinungsfreiheit deckt“, meinte der verhandelnde Richter. Die Fans brachen in lautes Johlen aus.
Dasselbe Amtsgericht lässt von immerhin 14 Anklagepunkten gegen zwei vermutliche rechtsmotivierte Täter aus Berlin-Neukölln – einer ehemaliger NPD-, der andere ein Ex-AfD-Politiker – wegen Sachbeschädigung und der Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen nur drei für das Hauptverfahren zu. Begründung des Wegstreichens der anderen elf: Es handele sich um „Zufallsfunde“ der Polizei bei Ermittlungen in einem anderen Tatzusammenhang. Die beiden Neonazis sind die Hauptverdächtigen einer rechtsextremen Brandanschlagsserie, die Neukölln seit Längerem erschüttert.
Was haben Nazi-Täter in diesem Lande eigentlich zu befürchten, wenn sie nicht gerade mit der Pistole in der Hand erwischt werden? Ach so, es soll ja welche geben, die einen Waffenschein besitzen. Alles rechtens. Faschisten brauchen ein entsprechendes Biotop, in dem sie gedeihen können. In Deutschland scheinen sie es wieder gefunden zu haben.
Die Invaliden grüßen den General
Zehn Jahr’ sind um, zehn Jahr’ sind um,
es faulen unsre Knochen,
das Auge blind, das Rückgrat krumm
und Bauch und Brust zerstochen;
es hat die Milz ein großes Loch,
es brennt in Herz und Niere – –
Noch leben wir! – Wir leben noch!
Und sind nicht Mensch noch Tiere – –
Wer aber blieb von allen heil
trotz Bombenwurf und Donnerkeil?
Wer aber kam gesund nach Haus
zu Weib, Pension und warmem Flaus?
Es war der Herr, der uns befahl: – –
Herr General! – Herr General! –
Wir gratulieren, General,
Du hast den Krieg gewonnen!
Durch Ehrenfeld und Heldental
ist unser Blut geronnen – –
es rötete das Blut den Stahl –
Erinnerst du dich, General?!
es kommandierten schauerlich
die Herren Offiziere,
wir krochen durch den Dreck für dich,
in uns dein Schrei: Krepiere!
Wer blieb denn von uns allen heil,
Wer zahlte keine Spesen,
Wen traf kein Stich, wen traf kein Pfeil,
Wer brauchte nicht Prothesen?
Es war der Herr, der uns befahl: – –
der General! – der General! –
Heut hinken wir, heut kriechen wir,
es kracht in den Scharnieren,
wir können dir, wir können dir
nicht stramm mehr salutieren – –
Wir bieten Streichholzschachteln feil,
wie du uns feilgeboten,
wir wimmern und wir stöhnen: Heil
dem tiefen Tod der Toten!
Erinnerst du dich General?!
Schläfst du auch gut, und melden
sich dir im Traum nicht manches Mal
noch deine toten Helden?
Verwüstet ist ihr Angesicht,
sie suchen ihre Knochen –
Der findet seine Nase nicht
und kommt zu dir gekrochen
Und hockt auf deines Bettes Rand
und fragt: Wer kam ins Vaterland
zurück und blieb an Gliedern heil,
trotz Bombenwurf und Donnerkeil?
Wen traf kein Stich, wen traf kein Pfeil?
War es der Herr, der uns befahl?!
Bist du gesund, Herr General!?
Aus: Lachen links, 1. August 1924. Der Deutsche Bundestag beschloss am 21. Dezember 2001 „seine konstitutive Zustimmung“ für die Beteiligung deutscher Streitkräfte „an der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan“. Der Einsatz sollte auf sechs Monate begrenzt sein. Am 19. Februar 2020 stimmte das Bundeskabinett einer Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan um ein weiteres Jahr zu.
Vom bunten Kleid und leeren Taschen
„Ich hab’ zuviel Erwachsene kennengelernt, die der Nachsicht bedürfen, als daß ich je mehr gegen Kinder streng sein könnt’.“
Johann Nepomuk Nestroy
Vergleichbar und doch unvergleichlich waren zwei Dokumentarfilme, die Menschen in ihrem Umfeld beobachten. Für den Zuschauer Entdeckungen, die so nur bei der Berlinale zu machen sind.
„Blau meine Augen, bunt das Kleid“ war in der Sektion Generation zu sehen und ist keine volle Stunde lang, so dass er in den Kinoalltag nicht passt. Man kann der dreijährigen Bulgarin Zhana zusehen, wie sie die Welt entdeckt. Die Kamera verfolgt sie, während sie durch eine Stadt, vermutlich Plovdiv, streift, Bekanntschaften schließt, Spielkameraden findet, immer im Kleinen das Große zum ersten Mal bemerkend. Der Regisseurin Polina Gumiela, die in Berlin an der DFFB studiert hat, steht eine umwerfende Hauptdarstellerin zur Verfügung, die Unbefangenheit und neugierige Entdeckerfreude zeigt und jeden Zuschauer für sich einnimmt. Dabei musste die Dreijährige nicht lange gesucht werden – es ist die Tochter der Filmemacherin. Der Film ist eigentlich eine Testaufnahme, weil Polina Gumiela ausprobieren wollte, ob sich ihre Tochter als Darstellerin in einem Spielfilm eignen würde. Auch, wenn in dem Film keine Probleme die Idylle stören – das Mädchen ist immer freundlich und weint nie, und alle Erwachsenen sind stets nett und geduldig – so ist diese Beobachtung eines Kindes im bulgarischen Alltag ein Kunstwerk für sich. Neugierig ist der Zuschauer nun, ob Pomielas Spielfilm mit Zhana gedreht wird.
Abgebrühter, und doch auf ihre Weise naiv sind die nicht mehr jungen Stammgäste einer Bar Roaring 20s in Las Vegas, die eine Art Zuhause für sie geworden ist. Über sie haben die Brüder Bill Ross IV und Turner Ross einen Film gedreht, der in der Panorama-Sektion lief und zuvor in den USA zu Festivalehren kam. In „Bloody Nose, Empty Pockets“ („Blutige Nase und leere Taschen“) zeigen sie das pralle Leben im Milieu der Unterprivilegierten, die verschiedene Süchte haben und in der Bar ihre „Familie“ gefunden haben und sich der Nachsicht des Zuschauers empfehlen. Viele der gestrandeten Gestalten kommen täglich, um sich mit den anderen Stammgästen zu unterhalten, auch zu singen und tanzen, von besseren Zeiten zu erzählen und sich dabei volllaufen zu lassen. Man lernt Michael kennen, der 58 ist und wie er zutreffend sagt, wie 70 aussieht. Er hat sich früher als Schauspieler verdingt, aber das geht nicht mehr. Pam wird besonders herzlich begrüßt, weil sie eine Weile fern blieb. Je mehr sie trinkt, desto deutlicher will sie beweisen, dass ihre Titten mit 60 noch ansehnlich sind. Die Barfrau bleibt cool, aber ihr halbwüchsiger Sohn ist auf den Alkohol scharf, den er sich mit seinen Freunden zu besorgen weiß. So richtig realisiert niemand, dass die Bar nun für immer geschlossen wird. Im Grunde unterscheidet sich das Leben im Roaring 20s, in das die Regisseure gelegentlich inszenierend eingegriffen haben, kaum von dem in ähnlichen Bars anderer Großstädte – einschließlich Berlin.
Schwarze Löcher
Kaum ein anderes kosmisches Phänomen jagt Menschen so kalte Schauer über den Rücken, wie die „Schwarzen Löcher“. Auch hier gilt wie bei so vielem anderen: Je weniger man weiß, desto grusliger das Ganze. Ja, Schwarze Löcher existieren. Sie weisen offenbar in vergleichsweise geringen Volumina teilweise milliardenfache Massemengen unserer Sonne auf. Und sie sind gierig und saugen alles auf, was ihnen zu nahe kommt. Gut, man muss ihnen schon sehr nahe kommen, und das ist einigermaßen schwierig. Das der Erde am nächsten liegende bis dato Bekannte ist immerhin rund 3.500 Lichtjahre entfernt. Und das einzige, von dem wir bisher so etwas Ähnliches wie ein Foto haben, ist gar 55 Millionen Lichtjahre entfernt. Aber was die Schwarzen Löcher einmal aufgesaugt habe, geben sie auch nicht wieder her. Ein fürwahr grusliger Stoff für Sci-Fi-Autoren. Je weniger man weiß, desto trefflicher lässt sich spekulieren.
Aber mit den Schwarzen Löchern verhält es sich so wie mit vielen anderen Dingen in der Kosmologie: Inzwischen könnten wir mehr über diese Phänomene des Alls wissen, als wir es gemeinhin tun. Dem stellt sich jetzt das Zeiss-Großplanetarium in Berlin mit seiner neuen Show „Schwarze Löcher“. Das heißt, ganz so neu ist diese Show nun auch wieder nicht. Es handelt sich um eine Übernahme aus dem Clark-Planetarium in Salt Lake City/Utah, das wiederum aus Anlass des 100. Jahrestages der Allgemeinen Relativitätstheorie 2015/2016 eine damals bereits vorhandene Show aktualisierte und vollkommen überarbeitete. Albert Einsteins Theorie war es, die die Vorhersage von Schwarzen Löchern und deren herausragendster Eigenschaft, ihrer im Zusammenhang mit der starken Krümmung von Raum und Zeit erfolgenden extremen Gravitation, ermöglichte. Allerdings veröffentlicht er noch 1939 einen Artikel, in dem er das Entstehen Schwarzer Löcher als unmöglich erklärte. In dieser Hinsicht sollten andere seine Theorie besser verstanden haben. Das Berliner Planetarium hat die Arbeit aus Utah wiederum überarbeitet und dem neuesten Erkenntnisstand angepasst. Das ist ein normaler Prozess: Unser Wissen über die Schwarzen Löcher ist einer ständigen Wandlung unterworfen. Selbst den Namen für diese Phänomene gibt es erst seit 1967. Und das erwähnte Foto – es handelt sich um ein Schwarzes Loch in der Galaxie M 87 mit einer Masse von insgesamt 6,5 Milliarden Sonnenmassen – existiert erst seit April 2019. Es ist ein Ergebnis der Arbeit des weltweiten Verbundes von Radioteleskopen „Event Horizon Telescope“.
Wie das funktioniert hat, kann man im Berliner Großplanetarium sehen. Es sind beeindruckende Aufnahmen und Animationen von berauschender Schönheit zu erleben. Astrophysik wird auf vorbildliche Weise auch für Laien nachvollziehbar und verstehbar präsentiert … Natürlich gibt es auch eine Antwort auf die Frage nach den uns aus „Star Trek“ bestens vertrauten Wurmlöchern. Darüber kann man dann auf dem Weg nach Hause philosophieren. Einem Realitätstest wird die Menschheit diese im Planetarium erlebbare Antwort nicht so schnell aussetzen können. Das ist auch gut so. Das absolute Nichts, von dem wir derzeit bedroht werden, hat nichts mit den Schwarzen Löchern zu tun. Das wäre menschengemacht.
Stiftung Planetarium Berlin: Schwarze Löcher. Termine im Internet.
Die Müllecke
Die Hamburger Morgenpost blickt aus nachvollziehbaren geografischen Gründen voller Sorge auf die gegenwärtige Großwetterlage. Vor einigen Tagen verweigerte ihr Wetterberichterstatter eine Prognose: „Ob auch die Sturmtiefs ‚Uta‘ und ‚Victoria‘ solch eine zerstörerische Wut mit sich bringt, bleibt abzuwarten. Die wirklichen Ausmaße werden sicherlich erst nach dem Sturm erkennbar sein.“
Das schätzen wir an der Meteorologie: Wirklich präzise Aussagen scheinen immer nur post festum möglich zu sein. Das ist wie in den Politischen Wissenschaften.
Aus anderen Quellen
„Der angebliche wissenschaftliche Konsens in Fragen des Klimawandels“, so Rudolf Bretschneider, „macht skeptisch und neugierig zugleich. Klimawandel besteht von jeher: von Warmzeit zu Eiszeit und zurück. Aber Einigkeit in der Wissenschaft ist selten […]. Zwar weiß man, dass staatliche Fördersysteme, Gruppendruck und Festhalten an gewohnten Forschungsparadigmen (zum Beispiel an jenem von der menschengemachten Erderwärmung) zu einem Gleichklang in der öffentlichen Diskussion führen können; aber abweichende Theorien und Analysen sind immer nötig […] schon um Sackgassen zu vermeiden.“
Rudolf Bretschneider: Die anthropogene Erderwärmung, wienerzeitung.at, 22.01.2020. Zum Volltext hier klicken.
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„Es ist bitter, es ist traurig, es ist zum Verzweifeln“, kommentiert Heribert Prantl, „Papst Franziskus hatte nicht die Kraft, vielleicht auch nicht den Willen, den Zölibat zu lockern. Er hatte auch nicht die Kraft, die Ausgrenzung der Frauen in der katholischen Kirche zu beenden und ihnen eine neue Rolle zu geben. Er beißt auf den Granit, mit dem seine Gegner den Vatikan ausgelegt haben. Aber er ist bei den Themen Sexualität und Gleichberechtigung eben auch nicht der Revolutionär, als der er sich beim Thema Wirtschaft hervortut.“
Heribert Prantl: Prantls Blick – die politische Wochenschau, sueddeutsche.de, 16.02.2020. Zum Volltext hier klicken.
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„Wenn wir über die so genannte Künstliche Intelligenz (KI) diskutieren“, beginnt Justin Nogarede, „geraten wir leicht in Versuchung, zukünftige Extreme zu betrachten: die möglichen Gefahren durch außer Kontrolle geratene Killerdrohnen oder die Folgen für Arbeitsplätze, wenn Roboter Menschen in jeglicher Hinsicht überlegen sind. Aber wir müssen gar nicht so weit gehen: Bereits die aktuellen Entwicklungen sind interessant – und beängstigend – genug.“
Justin Nogarede: Hawkings Albtraum, ipg-journal.de, 12.02.2020. Zum Volltext hier klicken.
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Der Mali-Einsatz, an dem auch die Bundeswehr beteiligt ist, stand „von Anfang an unter dem Zeichen beständiger Ausdehnung“, resümiert Christoph Marischka und fährt fort: „Die EU ergänzte ihre militärische Ausbildungsmission EUTM durch ‚zivile‘ Ausbildungsmissionen in Mali und Niger – in deren Rahmen Polizei-, Gendarmerie- und Grenzschutz-Einheiten aufgebaut werden. Frankreich dehnte seine angeblich spontane Militärintervention mit dem Ziel der Bekämpfung des Terrorismus von Mali aus auf Mauretanien, Niger, Burkina Faso und den Tschad aus. Diese fortan als G5-Sahel zusammengefassten Staaten wurden daraufhin v.a. von Deutschland, Frankreich und der EU ‚ermuntert‘, eine eigene gemeinsame Interventionstruppe, die ‚Force Conjointe du G5 Sahel‘ aufzustellen, zu deren Ausbildung und Unterstützung wiederum die Mandate der EUTM und der MINUSMA räumlich wie inhaltlich erweitert wurden.“
Christoph Marischka: Mali: Für einen Ausstieg aus dem Terror der Aufrüstung, IMI-Analyse 2020/05, 31.01.2020. Zum Volltext hier klicken.
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Russland arbeitet an nuklearen Hyperschallwaffen und hat unlängst das in diese Kategorie fallende System „Avangard“ in Dienst gestellt. NATO-Generalsekretär Stoltenberg warnte: „Die neuen russischen Raketen sind hochgefährlich.“ Dazu meint der Physiker und Friedensforscher Götz Neuneck: „In Wahrheit ändert die Inbetriebnahme der ‚Avangard‘ die Kräfteverhältnisse zwischen den USA und Russland nicht. Das liegt auch am New-Start-Vertrag, den beide Staaten geschlossen haben. In ihm ist die Zahl der strategischen Nuklearsprengkörper und Träger festgelegt, die ein Land besitzen darf. Die Russen haben die ‚Avangard‘-Flugkörper den US-Inspektoren vorgestellt. Hier wurden also bereits vorhandene, nukleare Sprengköpfe durch etwas Neues ersetzt, mehr nicht.“
Julia Merlot: „Das Gefühl von Sicherheit durch Abwehrsysteme ist eine Illusion“ (Interview mit Götz Neuneck), spiegel.de, 17.01.2020. Zum Volltext hier klicken.
Letzte Meldung
Dass die globale Atomkriegsgefahr heute nicht nur größer ist als je seit Beendigung des Kalten Krieges, sondern sogar als während der schärfsten Krisen in den Jahrzehnten der Systemkonfrontation seit 1945, haben die Experten des Bulletin of the Atomic Scientists gerade erst wieder durch das Vorrücken des Zeigers der Doomsday Clock (Weltuntergangsuhr) verdeutlicht. Der steht jetzt auf 100 Sekunden vor Ultimo.
Doch in den USA scheint dies die Menschen kaum zu berühren. Laut einer Umfrage des Stevens Institute of Technology der University of Michigan schätzen die Befragten zwar die Wahrscheinlichkeit, zu ihren Lebzeiten von einem Atomkrieg betroffen zu werden, im Schnitt auf fast 50 Prozent. Besorgt zeigten sich darüber allerdings nur wenige. Vor allem bei Jüngeren herrschten vielmehr Fatalismus und Apathie – und zwar umso mehr, wenn die Befragten häufig moderne elektronische Medien nutzten. „Junge Amerikaner“, so die mit der Befragung befasste Politikwissenschaftlerin Kristyn Karl, „hören fast nichts über die Risiken atomarer Waffen.“
Wenn man sich die hiesige Medienlandschaft betrachtet, braucht es gar nicht erst eine Befragung, um das gleiche Symptom zu diagnostizieren …
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