18. Jahrgang | Nummer 22 | 26. Oktober 2015

Antworten

Angela Merkel, BND-(Schein-)Düpierte – Wie fühlt es sich eigentlich an, wenn einen die eigenen Schlapphüte ins offene Messer laufen lassen? Vor zwei Jahren, im Oktober 2013, äußerten Sie zum Abhören Ihres Handys durch die NSA: „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht.“ Gerade wurde ruchbar, dass der BND schon seit Ende der 1990er Jahre genau dasselbe getan hat – und zwar bei besten Freunden. Unter anderem im US-Außenministerium und gegenüber US-Militäreinrichtungen in Afghanistan. Ach was – das ist im Kanzleramt bekannt gewesen? Ist nicht wahr – ebenfalls schon seit Oktober 2013? Na wenn es sich so verhält – dann kann von „offenem Messer“ natürlich keine Rede sein. Dann war’s nur schräger Humor Ihrerseits gegenüber den Amerikanern. So ‘ne Art Retourverarsche, wie man sie gerade aus besten Freundschaften ja zur Genüge kennt!

Akif Pirinçci, türkischer Zuwanderer früherer Jahre (1969) – Sie gehören zwar zu den widerlichsten Anti-Flüchtlings- und Anti-Asyl-Krakeelern im Lande, gleichwohl sind wir der Auffassung, dass sich Innenminister de Maizière ganz persönlich und direkt bei Ihnen bedanken sollte. Schließlich dürften Sie ihm eine Anzeige erspart haben. Der Minister hatte die Aktivisten von Pegida als „harte Rechtsextremisten“ bezeichnet. Da fühlte sich das Haupt der Bewegung, Herr Bachmann, offenbar getroffen. Auf der Dresdner Montagszusammenrottung vom 19. Oktober kündigte er jedenfalls eine Anzeige gegen de Maizière an. Wegen Beleidigung und – man staune! – „Volksverhetzung“. Dem Minister ging sicher bereits ein Körperteil auf Grundeis, doch dann traten Sie ans Rednerpult, sprachen in Ihrer Suada unter anderem den Satz „[…] die KZs sind ja derzeit leider außer Betrieb.“ und erfüllten so des Ministers Wort aufs Schönste mit Leben. Man hört und glaubt es ja hin und wieder: Zuwanderer können auch eine Bereicherung sein.

Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion – Wollen Sie die Öffentlichkeit für dumm verkaufen oder sind Sie bloß selbst nicht der Hellste? Zur geplanten Ausweitung des Einsatzes von Bundeswehr-Angehörigen in Mali erklärten Sie ohne erkennbare Schamesröte: „[…] wir wollen Staaten rechtzeitig stabilisieren, bevor sie völlig zerfallen.“ So wie in Afghanistan? Oder in Irak? Oder in Libyen?

Naguib Sawiris, ägyptischer Milliardär – Sie haben einen eigenwilligen Vorschlag zur Lösung des Flüchtlingsproblems unterbreitet: „Griechenland oder Italien verkaufen mir eine Insel, ich rufe die Unabhängigkeit aus, bringe die Migranten unter und verschaffe ihnen Arbeitsplätze beim Aufbau ihres neuen Landes.“ Allerdings ignorierten die Regierungen Ihren edlen Plan, auf diese Weise bis zu 30.000 „arme Teufel“ zu versorgen, weshalb Sie sich „frustriert“ zeigten. Vielleicht sollten Sie Ihren Plan dahingehend ändern, dass sie die europäischen Regierungschefs samt ihrer Ministerialen auf der von Ihnen zu erwerbenden Mittelmeerinsel internieren, solange die sich nicht auf eine humanitäre Lösung des Flüchtlingsproblems einigen. Gar so großzügig dürften Sie die Insel in diesem Fall jedoch nicht ausstatten. Natürlich müssten sich die Bewohner zur Essenausgabe ordentlich in einer Reihe anstellen.

Ben Carson, pensionierter Neurochirurg und republikanischer US-Präsidentschaftskandidat – Sie plädieren für die noch allgemeinere Volksbewaffnung in den USA. Nicht ein Zuviel an Waffen trage zu den regelmäßigen Amokläufen und Massakern bei, sondern ein Zuwenig. Man müsse die Lehrer in den Schulen und die Betreuer in den Kindergärten auch noch bewaffnen, dann könnten sie Amokschützen abwehren. Selbst in deutscher Geschichte kennen Sie sich aus: „Die Wahrscheinlichkeit, dass Hitler seine Ziele erreicht hätte, wäre deutlich geringer gewesen, wenn die Menschen bewaffnet gewesen wären“, schrieben Sie in ihrem Buch „A More Perfect Union“. Wie singen die von uns geschätzten Barden Simon & Jan doch so schön: „Ein kluger Mann hat einmal gesagt, das fiel mir letztens ein, / auch Lesbische, Schwarze, Behinderte können ätzend sein.“ Doch keine Bange, Ben: Ein politischer IQ wie fünf Meter Feldweg, den der Kandidat mit dem Gros seiner Wähler teilt, ist noch nie ein Grund gewesen, nicht President of God’s Own Country zu werden. Zu fragen, was es eigentlich bedeutet, dass Gott dies immer wieder zulässt, würde hier wohl zu weit führen …

VW, Siemens, Deutsche Bank & Co., Kronjuwelen der deutschen Wirtschaft – Die Dialektik des Lebens tritt bisweilen dergestalt in Erscheinung, dass Schlechtes an anderer Stelle auch sein Gutes hat. So gibt der Abgas-Tsunami (angesichts von über elf Millionen betroffenen Fahrzeugen verbietet sich der Gebrauch des Diminutivs Affäre) wieder einigen Zeitgenossen, die immer noch gutgläubig oder nach Art der drei einschlägigen Affen durch die Botanik tappern, Gelegenheit, endlich zu realisieren, was wir anderen entweder schon vor Jahren beim Siemens-Schmiergeld-Skandal oder spätestens durch die fortwährenden Verfehlungen der Deutschen Bank begriffen haben – worin nämlich der Unterschied zwischen dem organisierten Verbrechen, also der Mafia, und Großunternehmen liegt: Die Mafia fängt kriminell an und versucht später, sich in der Gesellschaft zu etablieren. Bei Großunternehmen ist es augenscheinlich umgekehrt.
Übrigens wurde in der Fachzeitschrift Der Kriminalist in jüngerer Vergangenheit völlig im Ernst die Frage debattiert, ob die Deutsche Bank eine kriminelle Vereinigung sei. Wer den betreffenden Paragraphen des StGB kennt, er trägt die Nummer 109, wunderte sich allenfalls, dass die Frage so überhaupt gestellt wurde: „Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt oder sie unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“