28. Jahrgang | Nummer 22 | 15. Dezember 2025

Bemerkungen

Immer noch gesucht: Mitstreiter

Das Blättchen-Team wirbt erneut um weitere Mitstreiter in der Redaktion.

Nach wie vor gilt, dass Erfahrungen im Journalismus, in der Germanistik oder einer vergleichbaren Sphäre keine Voraussetzung für eine Mitarbeit wären, wohl aber die Beherrschung der deutschen Sprache sowie praktische Fertigkeiten in digitaler Textverarbeitung.

Die Arbeitsweise der Redaktion erläutern wir gern im persönlichen Gespräch.

Angemessene Einarbeitung ist garantiert.

Weil für Letzteres sowie generell für die Zusammenarbeit räumliche Nähe hilfreich wäre, bevorzugen wir Bewerbungen aus Berlin und dem nahen Brandenburger Umland.

Trauen Sie sich und melden sich bei Interesse per E-Mail an: redaktion@das-blaettchen.de.

Zwischen Weihnachten und Silvester

von Renate Hoffmann

Gans hinter mir

Karpfen vor mir

Punsch in mir

Bunte Raketen über mir

Glatteis unter mir – 

Und neben mir …

Mutter- und vaterseelenallein

ein Stück Weihnachtspapier

Weltbühne, 51-52/1985

 

Wie lebte man in der Renaissance?

Die oben gestellte Frage wird ab sofort jungen wie reifen Lesern bildhaft beantwortet, denn im Dezember-Heft des Mosaik startet eine neue auf viele Monate (oder Jahre?) angelegte Reise der Abrafaxe. Der Innenteil des Heftes vermittelt wieder pralles Geschichtswissen. Das 1955 ins Leben gerufene Comic-Magazin Mosaik konnte ja in diesem Jahr viele Jubiläen verzeichnen, die mit einzelnen Geschichten um Gaukler oder Erfinder (darunter die mutige Erfindergattin Bertha Benz) monatlich begangen wurden.

Nun geht es wieder in den alten Modus zurück, und da sind die Abrafaxe an einen spannenden Ort geraten, an dem zu Beginn des 16. Jahrhunderts Schicksale und Ereignisse kulminierten. Es ist das alte Prag zur Zeit des aufs Geld erpichten Kaisers Rudolf II., in das die drei kleinwüchsigen Helden völlig mittellos geraten und hier schnell Freunde finden. Als Austräger eines Bäckers lernen sie bald die ganze Stadt kennen, treffen im jüdischen Viertel Rabbi Löw, freunden sich mit dem noch jungen späteren Feldherrn Albrecht von Wallenstein an und können die Astronomen Johannes Kepler und Tycho Brahe zusammenbringen.

Erdacht und so nah wie möglich an der Realität gehalten wurde die neue Story von Jens U. Schubert, der überraschend Don Ferrando, den Hauptgegner der Abrafaxe seit den 1980er Jahren wieder auftauchen lässt. Gezeichnet hat ihn wieder Jörg Reuter, der ihn schon ab 1981 zum Leben erweckte. Mittlerweile hat der Zeichner das Rentenalter erreicht und wird die Figur einem Nachfolger im Mosaik-Team überlassen.

Die für Heft 200 von der Abrafaxe-Mutter Lona Rietschel erfundene, noch immer namenlose, aber treue Ratte trifft diesmal auf eine Artgenossin, von der man nicht weiß, was sie im Auftrag von Rabbi Löw noch vorhat. Und vom Rabbi darf man erwarten, dass er im Laufe der Geschichte noch den Golem zum Leben erweckt. Ob der dann so aussieht, wie vor 100 Jahren Paul Wegener im Film?

F.-B. Habel

„Die magische Stadt Prag“, Mosaik Nr. 600 (Dezember-Heft), 52 Seiten, 3,65 Euro.

 

 

Gott mit uns

Mit großer öffentlicher Resonanz hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein Positionspapier mit dem Titel „Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick“ veröffentlicht. Das Papier „revidiert die Friedensethik“, stellte am 11. November die FAZ befriedigt fest und lobte es als einen „richtigen Bruch“. Ein folgenreicher Bruch ist es in der Tat.

Auf ihrer eigenen Website kündigt die EKD weitere Schritte mit den Worten an: „Die evangelische Friedensethik befindet sich in einem Prozess der Neuorientierung, der noch nicht abgeschlossen ist.“

Schon vor dem Abschluss dieser „Neuorientierung“ beinhaltet diese 140 Seiten lang theologisch durch die Welt des Glaubens mäandernde Schrift harte Schnitte: Regelrecht abgekanzelt wird der lange Zeit eine Hauptrichtung vieler Kirchentage bildende Pazifismus. Der ist zwar in der Kirche noch erlaubt, aber nur in einer Nische, denn: „Als universale politische Ethik lässt sich der Pazifismus des kategorischen Gewaltverzichts ethisch nicht legitimieren.“ Statt „Frieden schaffen ohne Waffen“ heißt es nun: „Gewalt muss – notfalls mit Gegengewalt – eingedämmt werden.“ Dazu seien auch Atomwaffen ein legitimes Mittel, denn ein einseitiger Verzicht auf Atomwaffen sei „kaum politisch zu vertreten. Auch die nukleare Teilhabe oder der Besitz von Nuklearwaffen kann also […] eine ethisch begründbare Entscheidung sein.“

In der ideologischen Formierung einer Gesellschaft spielen die beiden Hauptkirchen nicht mehr die zentrale Rolle, die sie im 20. Jahrhundert spielten. Aber in der EKD sind 18 Millionen Menschen organisiert – nach dem Willen ihrer Führung werden sie in der Nach-Käßmann-Ära nun Schritt für Schritt aus dem Friedens- ins Kriegslager geführt.

Die historisch wahrscheinlich in Deutschland mit am häufigsten in Metall geprägte Kurzformel lautete „Gott mit uns“. In trauter Eintracht mit dem Hakenkreuz standen diese Worte auf allen über 15 Millionen Koppelschlössern der deutschen Wehrmacht. Unter Gottes Segen fanden die Schlächtereien an den Völkern Europas vom Nordkap bis Griechenland, vom Atlantik bis zur Wolga statt. Die von den evangelischen Kirchen herausgegebenen Durchhalte-Predigten trugen erheblich zum Gehorsam der Deutschen bis zum bitteren Ende bei. Auf diese Traditionslinie schwenkt die Evangelische Kirche nun nach dem Willen ihrer Führung ein. Ihr Hinweis auf eine „Neuorientierung“, die „noch nicht abgeschlossen“ sei, lässt Schlimmes befürchten.

Manfred Sohn

Ossietzky, 23/2025. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages.

 

Die tödlichste Droge der Welt

Wollte Donald Trump das Drogenproblem tatsächlich angehen, dann müsste er nicht in Venezuela, sondern im eigenen Land aufräumen. Zufällig sind nämlich die USA selbst a) der mit Abstand grösste Absatzmarkt der Welt, und b) für die horrenden Profite aus dem Dreckgeschäft die weltweit größte Waschanlage – alles in allem ein wahrer Segen für Trumps Steckenpferd: die US-Handelsbilanz, inklusive dazugehörige Kriminalität und Verwahrlosung beträchtlicher Teile der US-Bevölkerung …

Hingegen dokumentieren die jährlichen UN-Berichte zur Drogen-Situation auf dem amerikanischen Kontinent mit schöner Regelmäßigkeit, welche zwei Länder keinerlei Probleme mit Drogen beziehungsweise einer Drogen-Mafia haben: Kuba und Venezuela. Dass sich das für deren Handelsbilanzen katastrophal auswirkt, dafür sorgt Washington seit Jahrzehnten nach Kräften: mit seinen völkerrechtswidrigen Sanktionen, die die Bevölkerungen strangulieren. Nun sitzen aber die Venezolaner noch dazu auf einem Schatz, der ihr Land geradezu prädestiniert für einen US-Raubzug: riesige Öl-Reserven! Genau hier steckt das eigentliche Drogen-Problem: Auf diesen Schatz sind sie scharf, die soziopathischen $-Narcos in Washington, Silicon Valley und an der Wall Street! Also Krieg „gegen die Narcos“, wie damals – erinnern Sie sich noch an Irak 2003? – „gegen Saddams Massenvernichtungswaffen“! Wer die Lügen-Parolen glaubt und die Tatsachen beschweigt, der ist voll und ganz auf Trumps Trip und total verladen! Und die Venezolaner bezahlen mit ihrem Blut …

Benjamin Kradolfer

Das Wettern der Woche: Lumpenpack!

„Lumpen, Eisen, Knochen und Papier – ausgeschlagne Zähne sammeln wir“: Was ham‘ wa das gerne gesungen, wenn die Lumpensammler kamen! Die Lumpensammler meiner Jugend hatten natürlich ihren Bezirke ganz genau abgesteckt – und wehe, die Konkurrenz sammelte dort. Dann gab’s was auf die Fresse. Wer Glück hatte, konnte aus sicherer Entfernung zugucken, es gab ja kein Fernsehen, allenfalls Volksempfänger und Gerüchteküchen. Zoff unter Haderlumpen: Und am Ende wurden alle von der Polizei verprügelt. Schön ist die Jugendzeit, sie kommt nicht mehr …

Die Haderlumpen von heute kommen mit Panzerkreuzern und Flugzeugträgern und sichern sich strategische Punkte, Panamahüte und Suezkanäle, mal in der Karibik, mal im Pazifik. Der Volksempfänger von heute ist das Internet, das sich die Völker kulturell angeeignet haben, statt auf ihre seltenen Erden aufzupassen. Immerhin gibt es dieses Jahr schon vor Christi Geburt infantile Wunder – nach dem Friedenspreis fürs Schiffeversenken jetzt die neue National Security Strategy. „Als ob ich’s geahnt hätt‘!“, ruft meine Omi Glimbzsch aus Zittau. Sogar Frau von der Laien und Friedrich der Große tun überrascht.

Dabei hatte der Präsident überm großen Wasser ja bereits Anno Dunnemal, bei seinen ersten Auftritten, die Zerstörung der Demokratie angekündigt – manifestiert im 2025 Presidential Transition Project. Es gibt sogar gute Übersetzungen ins reine Deutsch.

Und jetzt? 500 Millionen Dollar für rechte Parteien, neue Landung in der Normandie, wenn man die AfD weiterhin schlecht macht, Aufhebung der Waffenverbote, mehr Geschlechtsverkehr auf allen Ebenen (wegen Geburtenraten), Anti-Personen-Minen an den Innen- und Außengrenzen und in der Luft. Die Waffen müssen aber in der Staaten gekauft werden, sonst knallt’s) – und ein Verbot von Karl May, SPD, Grünen und anderen Kommunisten und Veganern.

Alles bis Weihnachten. Roger?

Peter Grohmann

Palmström 

von Christian Morgenstern

Palmström steht an einem Teiche
und entfaltet groß ein rotes Taschentuch:
Auf dem Tuch ist eine Eiche
dargestellt, sowie ein Mensch mit einem Buch.

 

Palmström wagt nicht sich hineinzuschnäuzen, —
er gehört zu jenen Käuzen,
die oft unvermittelt-nackt
Ehrfurcht vor dem Schönen packt.

 

Zärtlich faltet er zusammen,
was er eben erst entbreitet.
Und kein Fühlender wird ihn verdammen,
weil er ungeschnäuzt entschreitet.

 

Kaum zu Haus muss Palmström niederschreiben,

was ihm heut im Walde widerfuhr.

Somit wird uns das Erlebnis bleiben

als ein kleines Stück der großen Lit´ratur.

Das Gedicht steht hier als kleine Reminiszenz an Renate Hoffmanns Text „Das Taschentuch” in Heft 21/2025.

 

Film ab

Dem Aufbegehren von Wanderarbeitern in den USA im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts – gegen ihre Ausbeutung und gegen soziale Härten, denen mit ihrem Erwerbsleben nicht beizukommen war – hat John Steinbeck mit „Früchte des Zorns“ ein literarisches Denkmal gesetzt, und Henry Fonda hat diesem Aufbegehren in der Verfilmung durch John Ford von 1940 ein Gesicht gegeben. Doch in welch monotonen und zugleich unbarmherzigen Bahnen sich das Leben jener zig-tausenden Leidensgenossen, denen keine Fähigkeit zum Aufbegehren gegeben war, nicht nur nicht erfüllte, sondern im Wortsinne einfach verlief, davon vermittelt „Train Dreams“ einen ebenso unaufdringlichen wie dadurch umso wuchtigeren Eindruck.

In der Hauptrolle – Joel Edgerton. Großartig.

Und insgesamt? Ein Kritiker hat es in der Berliner Zeitung auf den Punkt gebracht: „In jedem Fall beeindruckt die Abwesenheit sowohl von Kitsch als auch Nostalgie; und so gelingt Bentley am Ende ein geradezu transzendentaler Film, der flüstert, statt zu schreien.“

„Train Dreams“, Regie und Drehbuch (Mit-Autor): Clint Bentley; auf Netflix.

*

Gleich vorweg: Die Geschichte ist zu schön, um wahr zu sein – es ist zu DDR-Zeiten nach dem 13. August 1961 nie wieder eine Ostberliner S-Bahn via Bahnhof Friedrichstraße nach Westberlin gerollt. Jedenfalls hat Maxim Leo, von dem die Romanvorlage für den Film stammt, auf eine entsprechende Interviewfrage geantwortet: „Nein. Aber ich wollte, dass es gut erfunden ist und habe mich mit dem Stasi-Verantwortlichen getroffen, der dort zuletzt das Sicherheits-Regime geführt hat. Der hat mir das ausgeklügelte System erklärt. Er war ein bisschen stolz darauf, dass so eine Flucht im Grunde ausgeschlossen war. Also habe ich mir anhand der Original-Gleispläne überlegt, wie es möglich gewesen wäre. Die größte Zeit meiner Recherche habe ich darauf verwandt.“ Und wie fand der Stasi-Mann das Ergebnis? Leo: „Für Ihre Zwecke reicht‘s, hat er großzügig gesagt.“ Und spielte damit womöglich darauf an, dass die S-Bahn bei Leo über eine Weiche auf das auch damals durch den Bahnhof Friedrichstraße führende Fernbahngleis gelangt sein soll und über jenes nach Westberlin. Was technisch allerdings daran gescheitert wäre, dass das Fernbahngleis über keine für den S-Bahn-Betrieb erforderliche parallel laufende Stromschiene verfügte …

Der Cast des Films liest sich wie ein Who-is-Who des deutschen Films: Charly Hübner, Daniel Brühl, Christiane Paul, Jürgen Vogel, Leonie Benesch, Thorsten Merten, Peter Kurth. Es ist der letzte Film von Regisseur Wolfgang Becker („Good-bye Lenin“), der im Dezember 2024 verstarb.

Wenn Christiane Paul meint: „Das ist ein Film, den wir gerade echt gut gebrauchen können.“, dann muss ihr nicht widersprochen werden. Und zwar nicht bloß, weil der demutsdämlichdumme Chefredakteur einer Westgazette, deren Layout wenn nicht frappierend, so doch zumindest flüchtig an ein Hamburger Nachrichtenmagazin („Sturmgeschütz der Demokratie“) erinnert, den Filmhelden zum „Oskar Schindler der DDR“ hochjazzt. Und auch nicht bloß, weil darauf die genialste Sottise des ganzen Streifens passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge: „Die Mutter der Dummheit ist immer schwanger.“ Sondern weil … 

„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“, Regie und Drehbuch (Mit-Autor): Wolfgang Becker; derzeit in den Kinos.

Clemens Fischer

 

Spaß beim Umblättern

Auch am Ende dieses Jahres muss man sich wieder um Kalender kümmern. Neben den Monatsblättern aus den Apotheken, vom Bäcker oder Fleischer, den teuren bunten Kalendern, die dem Betrachter eine noch heile Welt in fernen Gegenden vorgaukeln, sollte man lieber zu lustigen Kalendern greifen. Und da hat euer Schreiberling den guten Tipp: Die zweiwöchentlichen Kalender aus dem Hause Eulenspiegel Verlag. Diesmal sind es wieder zwei verschiedene Kalender.

Klassisch ist der schon seit vielen Jahren existierende „Postkartenkalender“. Bei diesem reihen sich Postkarten an Postkarten, die herrlich witzig, gut gezeichnet, bunt und von verschiedenen Onlineportalen und aus Zeitungen und Zeitschriften bekannt sind. Oft wird sich über das Hier und Jetzt und über das Leben insgesamt lustig gemacht. Da schützt sich der Bürger vor der Sonne, indem er arbeiten geht. Ganz hervorragend auch der Cartoon von Harm Bergen, bei dem eine Reporterin einen Chirurgen fragt: „Welche Organe werden denn am meisten benötigt?“ Darauf der Meister der Medizin: „Hirn! Jede Menge Hirn!“. Hach, was für ein herrlicher Gag. Mit dabei sind auf dem Postkartenkalender bekannte Karikaturisten und Grafiker, wie: Peter Thulke, Mark Lynch, Mario Lars und Thomas Luft aus dem Hause „Schön Blöd“.

Der um einige Zacken schärfere Kalender ist der „Böse Kalender 2026“. Dieser Kalender bietet ebenfalls alle zwei Wochen Karten an, die tief aus der Rubrik schwarzer Humor kommen, recht brutal, trotzdem sehr lustig und natürlich bunt und gut gezeichnet sind. Allerdings muss der Kartenschreiber sich ganz genau überlegen, an wen man solche Postkarten schickt, denn an bösen Bildern ist schon so manche Freundschaft zerbrochen. Einem kränkelnden Mitstreiter darf man nie den Cartoon von Mark Lynch schicken. Hier fragt nämlich ein alter Mann, der ziemlich krank im Bett liegt, den Arzt: „Was meinen Sie Herr Doktor: Gibt es Leben nach dem Tod?“ Darauf der Arzt: „Natürlich! Nur werden Sie daran nicht teilnehmen“. Bei Karsten Schley spricht die Frau zum Ehemann: „Achte auf den Rucksack, hier treiben sich bestimmt Taschendiebe herum!“ Darauf der Mann hinter dem Pärchen: „Keine Angst, ich bin nur ein Serienkiller!“ Als Cartoonisten und Zeichner sind außerdem dabei: Martin Zak, Dodenhoff, Markus Grolik und Uwe Krumbiegel. Wer kann, sollte sich beide Kalender leisten, denn einer gehört in die Küche („Böser Kalender“) und der andere in die Werkstatt, gleich neben dem Kasten Bier. Eine Frage bleibt allerdings: Wo sind die Witzezeichnerinnen?

Thomas Behlert

Postkartenkalender 2026, Böser Kalender 2026, Eulenspiegel Verlag Berlin, je 12,99 Euro.

 

Wiener Streifzüge

Franz Schandl im Einlauf: „Wer kriegstüchtig werden will, muss kriegssüchtig machen. Genau auf dieser Ebene verläuft die aktuelle Frontpropaganda, eingepackt freilich in all den üblichen wie üblen Phrasen von Freiheit und Demokratie, von Wert und Werten. Aggressives Wiederholen ist Usus und dumpfes Nachplappern Pflicht.

So richtig verfangen will die Propaganda indes nicht, auch wenn Staatsfernsehen und Printmedien nichts anderes betreiben. Das berechtigte Unbehagen dringt freilich weniger zur Kritik vor, als dass es sich oftmals im Ressentiment verheddert. Nutznießer dieses Unmuts sind dann Kräfte wie FPÖ und AfD. Nennenswerte Aktivitäten gegen die drohenden Eskalationen halten sich dagegen derzeit in schmalen Grenzen. Eine apathische Gesellschaft sieht im Fernsehen ihrem Untergang zu und kotzt sich in asozialen Medien aus. Was passiert, ist schwer vorauszusagen, dass etwas passiert, sollte jedoch mit Sicherheit angenommen werden. Es fragt sich nur, wo und wann und wie der Komplex der multiplen Krisen nicht mehr bloß expandiert, sondern explodiert.“

Mit u.a. folgenden Beiträgen: Schandl schreibt in einem Essay zu Donald Trump über einen ehrlichen „Lügner, der nichts kaschiert, aber alles faschiert“. Maria Wölflingseder, fragt sich und uns „Sind wie noch bei Trost? Oder: Was ist mit unseren Sinnesfreuden geschehen?“ Emmerich Nyikos sieht die Gegenwart „auf dem Weg ins dyfunktionale Absurde“ und wagt einen „Blick aus dem Off einer vergangenen Epoche“. Für ihn hat die kapitalistische Expansion eine absolute Grenze erreicht, uns erwarte jenseits davon kein Wirtschaftswunder, sondern eine „Zukunft voller dystopischer Szenarien“.

jühau

Streifzüge, Nr. 92, Herbst 2025, 10,00 Euro, Bestellung online.

 

 

Aus anderen Quellen

„Der südkoreanische Präsident Lee Jae-Myung, seit Juni 2025 im Amt“, so Herbert Wulf, „hat Nordkorea Gespräche über die bilateralen Beziehungen angeboten und im September bei der UN-Vollversammlung eine Initiative mit dem Titel E.N.D. vorgestellt. Sie steht für Exchange, Normalization and Denuclearization, also für Austausch, Normalisierung und Denuklearisierung, die zentralen politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Fragen der komplexen innerkoreanischen Beziehungen.“

Herbert Wulf: De facto Atommacht, ipg-journal.de, 10.11.2025. Zum Volltext hier klicken.

*

„Etwa 72 Stunden pro Woche“, heißt es bei Torsten Harmsen und Annett Stein bewegen sich die Bundesbürger inzwischen im Netz, mit keinem anderen Gerät mehr als mit dem Smartphone. Bei den18- bis39-Jährigen sind es sogar fast 86 Stunden.“ Es droht – Hirnfäule. Ein „Medienwissenschaftler rät dazu, dass Heranwachsende bis zu 14 Jahren kein Handy mit Internetzugang bekommen. In teuren Internaten bekämen Kinder oft nur sogneannte Dumbphones mit extrem eingeschränkten Internet- und App-Funktionen, und selbst diese nur wenige Stunden am Tag. Auch viele Eltern in der Hightech-Schmiede Silicon Valley seien extrem restriktiv. Offenbar weiß man dort am besten, welche Risiken – neben den Chancen – in den neuen Technologien liegen.“

Torsten Harmsen / Annett Stein: Gefahr der Hirnfäule, Berliner Zeitung, 13.11.2025. Zum Volltext hier klicken.

 

Zusammengetragen von Wolfgang Schwarz.

Letzte Meldung

Die weltweit 100 größten Waffenproduzenten steigerten ihre Einnahmen aus dem Verkauf von Rüstungsgütern und Militärdienstleistungen im Jahr 2024 um 5,9 Prozent, wie das Stockholmer Internationale Friedensforschungsinstitut (Sipri) kürzlich mitgeteilt hat. Der Gesamtumsatz summierte sich auf rund 679 Milliarden US-Dollar (rund 586 Milliarden Euro). Das ist der höchste je verzeichnete Wert.

Angetrieben worden sei die Nachfrage – laut SIPRI – durch die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen, geopolitische Spannungen auf globalem wie regionalem Niveau sowie immer höhere Militärausgaben. Viele Rüstungsunternehmen hätten ihre Fertigungslinien ausgebaut, Anlagen vergrößert, Tochtergesellschaften gegründet oder andere Unternehmen übernommen.

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