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3.266 Beiträge im Forum

  1. erhard weinholz sagt:

    Ja … das ist die gerechte Strafe: Ich hatte mir einst vorgenommen, nicht mehr im Forum mitzudiskutieren, weil dort gar zu viele am Werke sind, die zwar schreiben, aber nicht lesen können, und nun habe ich es doch getan und muss mich von W. Adolphi fragen lassen, wo er denn behauptet hätte, dass… Sehr geehrter Herr A., der Satz bezog sich gar nicht auf Sie, und wie Sie darauf kommen, er sei eine Absage, und zwar eine leicht vollzogene, ist mir schleierhaft, aber ich will’s auch gar nicht wissen, ich halte jetzt die Klappe.

  2. wolfgangbr sagt:

    Lieber Wolfram Adolphi,
    dann sage ich es ganz deutlich, um nicht wieder missverstanden zu werden: Den „Blättchen“-Autoren Jörn Schütrumpf de facto in eine Traditionslinie mit Adolf Hitler und den Dr. Goebbels zu stellen, halte ich für vollkommen indiskutabel. Mit Verteidigung des Marxismus hat das nichts mehr zu tun. „Wer eine gute Sache mit schlechten Mitteln verteidigt, verbündet sich mit der schlechten Sache, die solche Gegenspieler braucht, um sich zu behaupten und zu verbreiten“ (J.R.Becher [Marxist], Der Aufstand im Menschen 7).
    Schütrumpfs Thesen sind etwas anderes, darum ging es mir nicht. Das hätte ich nicht in dieser Kürze, ohne ein einziges Argument zu benutzen, abgehandelt.

  3. Wolfram Adolphi sagt:

    Ich bedanke mich für die Zuschriften zu meinen Überlegungen zum „Seelenkrüppel“-Artikel.
    Lieber Wolfgang Brauer, natürlich habe ich nichts zurückzunehmen. Ich beschreibe einen Vorgang in meinem Kopf – dass sich ein Erinnern in ihn drängt -, und was soll ich da nun zurücknehmen? Soll ich schreiben, dass ich mir dieses Erinnern wieder austreibe? Oder mir vornehme, nicht mehr darüber zu schreiben? Eine „überdrehte Schraube“ kann ich nicht erkennen.
    Sehr geehrter Herr Wohanka, ich kritisiere etwas, das ich „Hinwegverdichten“ nenne, und Sie zitieren mich, indem Sie dieses entscheidende „Hinweg“ einfach weglassen. Sie tun also so, als hätte ich mich gegen das „Verdichten“ gewandt. Das habe ich aber nicht getan, und ich tue es auch jetzt nicht. Wenn Sie Näheres dazu interessiert, wie ich selbst am Verdichten gewesen bin, darf ich Sie etwa auf meine Texte zu „Kaderpartei“, „Kommunistenverfolgung“ und „Marxismus-Leninismus“ im Historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus (auch: http://www.inkrit.org) verweisen. Und noch ein Anderes: Wenn ich dafür plädiere, Produktionsverhältnisse, Eigentum, Klassen und Klasseninteressen nicht zu vergessen, dann ist damit keineswegs das von Ihnen vermutete „klassenmäßig“ gemeint.
    Sehr geehrter Herr Wohanka, sehr geehrter Herr Weinholz, bitte versuchen Sie doch gelegentlich, etwas genauer zu beschreiben, warum Ihnen der Abschied vom Marxismus offensichtlich so leicht von der Hand geht oder gegangen ist. Die Sätze, die Sie dazu formulieren, geben in dieser Hinsicht leider nichts her. Was soll ich damit anfangen, dass „Marx seinen Klassenbegriff nicht als Universalschlüssel zum Verständnis der Weltgeschichte entwickelt hat“? Habe ich solches denn behauptet? Und habe ich, sehr geehrter Herr Wohanka, Jörn Schütrumpf tatsächlich zu „klassenmäßiger“ Analyse aufgefordert? Natürlich nicht.
    Was mich jedoch seit 30 Jahren beschäftigt, ist in der Tat – und darum ist meine oben genannte Bitte um genauere Beschreibung sehr ernst gemeint -, wieso die Absage an den Marxismus weithin so leicht und wohlfeil geworden ist. Wieso da so selten ein Widerhaken gespürt wird, wenn doch – wie Wolfgang Brauer schreibt – an der „Tatsachenbehauptung des Zieles Hitlers und seiner Mordgesellen […] wahrlich nichts zu rütteln“ ist. Und auch nichts an den Fakten danach: 1952 – sieben Jahre nach Hitler – in der BRD Einleitung des KPD-Verbots, 1956 Realisierung; rund 250.000 Ermittlungsverfahren (u.a. bei Wolfgang Abendroth sehr eindrücklich nachzulesen); Februar 1972 „Radikalenerlass“; seit 1990 zunächst radikale (im Osten), dann schleichende (im Westen) Beseitigung der noch vorhandenen Marxismus-Lehrstühle. Im Osten seit 1990 massenhafte Absage an den Marxismus – aber wovon hat man sich denn da losgesagt? Auch in den Antworten auf meine Überlegungen wird das deutlich: Gulag, Hitler-Stalin-Pakt. – Sind das Gründe, sich nicht mehr mit Marx zu befassen? Mit seiner Methode der Gesellschaftsanalyse? Seinen Feuerbach-Thesen? Seinem Menschenbild? Und sind das Gründe, die Marxistinnen und Marxisten des 20. Jahrhunderts auszublenden? Der Platz reicht hier natürlich nicht aus für die Namen, nennen will ich nur ein paar aus der Faschismusanalyse: Gramsci, Trotzki, Horkheimer, Laclau, Haug … – Robert Havemann, am 7. Mai 1965, zitiert in einem Text für „Die Zeit“ in der BRD Jean-Paul Sartre: „Der Marxismus ist längst noch nicht erschöpft, er steckt fast noch in den Kinderschuhen. Er hat kaum begonnen, sich zu entwickeln. Er bleibt also die Philosophie unserer Epoche. Er ist noch nicht überlebt, weil die Zeitumstände, die ihn hervorgebracht haben, noch nicht überlebt sind. Unser ganzes Denken kann sich nur auf diesem Nährboden bilden. Es muss sich in diesem Rahmen halten oder im Leeren verlieren oder rückläufig werden.“ (Nachzulesen in: Robert Havemann, Texte, hgg. von Dieter Hoffmann und Hubert Laitko, Berlin [DDR] 1990, S. 195).
    Nochmals: Vielen Dank für die Anregung.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Lieber Herr Adolphi,
      Sie schreiben, ich zitierte Sie falsch, indem ich das, was Sie „Hinwegverdichten“ nennen, unter Hinweglassung des entscheidenden „Hinweg“ gegen Sie in Stellung brächte. Da mir die von Ihnen benannte Quelle nicht zur Verfügung steht, kann ich mich nur an Ihren Forum-Text halten – und bleibe dabei: Einmal benennen Sie „Die Brillanz des Verdichtens: Hier genügt sie (also Geschichte? – St. W.) nur noch sich selbst. Geschichte ohne Dynamik, ohne Akteurinnen und Akteure ….“, dann sagen Sie „Geschichte wird nicht dadurch begreiflicher, dass bisher Gedachtes und Geschriebenes einfach hinwegverdichtet wird.“ Ergo – ich vermag zwischen „verdichten“ und „hinwegverdichten“ keinen Unterschied zu erkennen; beides ist Ihrer Meinung nach der Geschichte abträglich.
      Entscheidender noch ist das, was den Marxismus und seine heutige Verwendbarkeit angeht. Auch hier erst einmal dazu, warum ich zu der Auffassung kam, dass Sie „Jörn Schütrumpf tatsächlich zu ´klassenmäßiger´ Analyse“ aufforderten, was Sie verneinen. Wenn Schütrumpf Ihrer Meinung nach aus einer „Weg mit“, also negativen Position schreibt, legt das doch nahe, er hätte besser mit einem positiven „Her mit“ argumentiert. Und wenn sich das „Weg mit“ auf zentrale Kategorien des marxistischen Herangehens an Geschichte, nämlich auf „Eigentums- und Produktionsverhältnisse, Klassen und Klasseninteressen“ bezieht, meinte ich folgern zu können, Sie legten ihm eine „klassenmäßige“ Analyse nahe.
      Ihre grundsätzliche Frage ist jedoch die „wieso die Absage an den Marxismus weithin so leicht und wohlfeil geworden ist.“ Weil der Marxismus – oder der „wissenschaftliche Sozialismus“ nach Marx und Engels – in der Praxis scheiterte. Ein französischer Kommunist fragte: „Kann es wirklich einen Meister geben, der in allem recht hatte und bei dem nur alle Lehrlinge auf dramatische Weise gescheitert sind? Ich habe da heftige Zweifel. […] Man muss sich aber auch fragen, was die messianischen Abweichungen genährt hat, die in wissenschaftlichem Gewand daherkamen und schließlich in Totalitarismus mündeten.“ „Messianisch“ ist ideengeschichtlicher und praktisch für das Scheitern des Sozialismus überaus bedeutsam. Nach Franz Grillparzer mutieren „humanistische“ Gesellschaftsentwürfe ohne „Divinität“ zur „Bestialität“. Franz Werfel spricht davon, dass es „ohne Divinität keine Humanität gibt, so wie es ohne transzendental gebundene Menschenliebe keinen echten Sozialismus geben kann“. Prophetische Worte – jedoch in einer von beiden nicht bedachten, gegenteiligen Weise! Dem Messianischen, der Divinität kam die verhängnisvolle Rolle bei der „umfassenden Gestaltung des realen Sozialismus“ zu: Grillparzers Trias paraphrasierend durchlief der Sozialismus – teilweise zeitlich parallel – drei Etappen, Phasen: (1) Humanität, (2) Divinität, (3) Bestialität. Konkret: Die Marxsche Kapitalismuskritik wurde zum humanen Ausgangspunkt für die Theorie einer „gerechten“ Gesellschaft, die dann zu einer „objektiven“, allein gültigen und zukunftsmächtigen, ja divinen Heilserwartung einschließlich der Vergötterung ihrer „Träger“ transzendiert wurde. Dieses Totalstellen machte aus politischen Führern wie Lenin, Stalin, auch Ulbricht und Honecker, „Unfehlbare“, Messiasse der neuen Religion, die sich dann im Recht sahen, Andersdenkende gegen ihren Willen mit dem „Guten“ beglücken zu sollen – bis hin zu deren physischer Vernichtung im „Archipel Gulag.“ Es gibt die These, dass schon „im Denken des jungen Marx dem Proletariat eine messianische Befreierrolle zugewiesen (wird), die hier sogar mit dem christlichen Auferstehungsmythos verknüpft ist. […] Dieses dialektische Stufenmodell (Paradies-Sündenfall-Paradies – St. W.), das für Marxens Anthropologie und Geschichtsbild bestimmend war, schimmert selbst noch durch seine reifen, empirisch gesättigten und systemlogisch abgesicherten Werke, die scheinbar von allen eschatologischen Resten gereinigt sind“.
      Für weitere Belege fehlt der Platz…
      Ihnen einen Gruß
      Stephan Wohanka

  4. Franka Haustein sagt:

    In der aktuellen Blättchen-Ausgabe wird der Leser en passant über die Gefährlichkeit des Coronavirus aufgeklärt: Am Ende des Beitrages von E. Weinholz teilt der Redakteur – offenbar ein Freund feiner Ironie – mit: „Zum Diskurs über die Ungefährlichkeit von COVID-19 hat vor Kurzem Boris Johnson einen an Robert Kochs Tuberkulin-Selbstversuch erinnernden Beitrag geleistet. Der führte den britischen Premier direttamente auf die Intensivstation. Er hat’s mit Müh und Not, wie er selbst eingestand, überlebt. Anderen erging es anders.“
    Johnson kam zwar tatsächlich auf die Intensivstation, musste aber nicht beatmet werden. Wenn er selbst dies als „mit Müh und Not“ bezeichnet haben sollte, dann kann man ihm das natürlich nachsehen. Er ist schließlich Politiker …
    Anderen übrigens ergeht es leider auch in den jährlich wiederkehrenden Grippeepidemien anders. Allerdings ohne dass deswegen ganze Gesellschaften ins künstliche Koma versetzt werden. Das hatte der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble bei seiner jüngsten (umstrittenen) Bemerkung womöglich vor Augen.

  5. erhard weinholz sagt:

    Nanu, nanu, Bärchen wundert sich, wie man früher gesagt hätte: Ich dachte, es sei klar, daß Marx seinen Klassenbegriff nicht als Universalschlüssel zum Verständnis der Weltgeschichte konzipiert hat. Es läßt sich doch aus diesem Begriff nicht einmal die konkrete Gestaltung des Kapitalverhältnisses komplett ableiten. Außerdem wird in der Frage, was an unserem Verhalten genetisch und was gesellschaftlich bedingt ist, seit längerem schon das Genetische wieder stärker gewichtet. Es ist ja erstaunlich, was in der Hinsicht schon alles im Tierreich vorgegeben ist, und zwar nicht rein instinktiv. Um noch einmal auf meine Balkonspatzen zurückzukommen: Auch List und Täuschung finden sich da. Spatzen leben in Paarbeziehungen, stirbt ein Partner, sucht man sich rasch (meist in der Nachbarschaft) einen neuen. Wenn aber eine Spätzin kurz vor der Eiablage ihren Partner verloren hat und nun mit einem neuen lebt, dann hält sie die Eier zwei, drei Wochen zurück. Falls sie es vergißt und sie gleich legt, zerstört nämlich der neue Partner die Brut, da er keine Lust hat, sich für fremde Gene den Bürzel aufzureißen.

    Dies zum einen. Eine zweite Sache: Ich halte wenig bis nichts davon, die Generation, um die es Jörn Schütrumpf geht, als Seelenkrüppel hinzustellen. Sicherlich hinterlassen Kriegserlebnisse verschiedenster Art in der Seele Spuren, manche tiefer, manche flacher usw. Sie ist aber ein wunderbares Ding und in erheblichem Maße zur Selbstreparatur fähig. Und natürlich auch zur Verdrängung. Wenn dem nicht so wäre, könnten wir wahrscheinlich gar nicht existieren. Steckt in solcher Bezeichnung nicht vielleicht gar eine Selbstüberhebung?

  6. Wolfram Adolphi sagt:

    Zu Jörn Schütrumpfs „Seelenkrüppel“

    Nun haben wir ihn endlich: „den deutschen Nachkriegsmenschen“. Als „Seelenkrüppel“. – Einmal mehr – und brillant wie fast immer – unternimmt es der Begründer dieses Mediums „Das Blättchen“, der über Jahrzehnte hinweg auch der höchst verdienstvolle Mit-Macher der Zeitschrift „UTOPIE kreativ“ und – mehr noch – der Kopf und Motor des Karl Dietz Verlages mit seinem einzigartigen Spektrum an Büchern zur Geschichte und Gegenwart der sozialistischen und kommunistischen Bewegung gewesen ist, Geschichte bis über die Schmerzgrenze hinaus zu verdichten. Ganz so, als ob sie irgendwie doch auf einen letztendlichen Punkt zu bringen sein müsste. „Auf den Begriff“.

    Also weg mit all den langweiligen Erklärereien der Vergangenheit. Weg mit Eigentums- und Produktionsverhältnissen, Klassen und Klasseninteressen. Weg mit Faschismusanalysen – egal, ob von Komintern, Frankfurter Schule, DDR-Wissenschaftlern oder dem (beim „Argument“ in den 1980er Jahren angesiedelten) „Projekt Ideologietheorie“. Weg auch mit den albernen Unterscheidungen zwischen zwei deutschen Nachkriegsstaaten und den Weltsystemen, in die sie eingebunden waren. Weg mit all den ungezählten Anstrengungen, sich im Großen und im Kleinen aus dem faschistischen Erbe herauszuarbeiten: Alle – egal, wo und wie, oben oder unten, reich oder arm, links oder rechts, ost oder west – waren „Seelenkrüppel“.

    Die Brillanz des Verdichtens: Hier genügt sie nur noch sich selbst. Geschichte ohne Dynamik, ohne Akteurinnen und Akteure, ohne Mütter und Väter und Töchter und Söhne. „Der deutsche Nachkriegsmensch“ als ein Zeit, Raum und Eigentum enthobenes Kontinuum. Und das solcherart vollzogene Verdichten befreit von der Mühsal marxistischen Anfluges. Da drängt sich mir die Erinnerung auf, dass den Marxismus mit Stumpf und Stiel auszurotten sich Hitler und Goebbels auf die Fahnen geschrieben hatten …

    Geschichte wird nicht dadurch begreiflicher, dass bisher Gedachtes und Geschriebenes einfach hinwegverdichtet wird. Sie wird auf diese Weise auch nicht „aktueller“. Es ist, was Jörn Schütrumpf da angeboten hat, ein sehr seltsamer Umgang mit dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. – Aber da steht er nun geschrieben. Auf- und anregend.

    Wolfram Adolphi

    • Detlef Kannapin sagt:

      Als früherer Autor des „Blättchens“ kann ich mich diesem Kommentar von Wolfram Adolphi nur anschließen. Es gibt Situationen, in denen das harte Holz immer noch (oder erst recht) den harten Keil verlangt. Vollkommen unbegriffen scheint mittlerweile zu sein, dass die Perspektive der DDR auf die Geschichte der Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches eine notwendige war, damit die deutschen Staaten wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen werden können. Es bleibt dabei: Das bürgerliche Bewusstsein wird niemals einen sozialistischen Standpunkt einnehmen können, weil es gar nicht versteht, worum es bei der wirklichen Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse geht.

    • wolfgangbr sagt:

      Lieber Wolfram,
      Deine scharfe, kenntnisreiche und immer anregende Feder schätze ich sehr. Schon immer. Aber hier überdrehst Du die Schraube: „Und das solcherart vollzogene Verdichten befreit von der Mühsal marxistischen Anfluges. Da drängt sich mir die Erinnerung auf, dass den Marxismus mit Stumpf und Stiel auszurotten sich Hitler und Goebbels auf die Fahnen geschrieben hatten“ – nicht die Tatsachenbehauptung des Zieles Hitlers und seiner Mordgesellen, an der ist wahrlich nichts zu rütteln, erschüttert mich. Die Analogie, die verdeckte Kontinuitätslinie, die ist mehr als heftig. Ich meine, das solltest Du zurücknehmen.
      Herzlichst
      Wolfgang Brauer

    • Stephan Wohanka sagt:

      Doch – „Geschichte wird dadurch begreiflicher, dass bisher Gedachtes und Geschriebenes … verdichtet wird.“ Davon legt zum Beispiel das Buch des britischen Autors James Hawes „Die kürzeste Geschichte Deutschlands“ beredtes Zeugnis ab. Aber darum geht es nicht …
      … sondern darum, dass – wenn ich es auf den Punkt bringe – in Jörn Schütrumpfs Text der Weg der „klassenmäßigen“ Analyse („Weg mit Eigentums- und Produktionsverhältnissen, Klassen und Klasseninteressen. Weg mit Faschismusanalysen – egal, ob von Komintern, Frankfurter Schule, DDR-Wissenschaftlern… „) verlassen respektive gar nicht beschritten wurde. Es schwingt mit: „Das geht ja nun schon mal gar nicht!“ Doch – auch das geht. Autor Schütrumpf zeigt, ja demonstriert es geradezu auf vorbildliche Art und Weise.
      Ich gestehe, dass ich schon seit geraumer Zeit die „klassenmäßige“ Analyse nicht mehr für die alles Erklärende halte. Das was sich im 20. Jahrhundert abspielte und in Sonderheit die Auseinandersetzung zwischen Sozialismus/Kommunismus und Nationalsozialismus und dabei wiederum der Krieg zwischen der SU und Nazideutschland ist in all seinen Facetten und da wiederum speziell der „menschlichen“ ist nur bedingt, bis zu einem gewissen Grade „klassenmäßig“ zu erklären. Und auf dieses „Menschliche“ hebt Schütrumpf ab; und das geht weit über „Eigentums- und Produktionsverhältnisse, Klassen und Klasseninteressen“ hinaus; diese bringen Verhaltensweisen, Einstellungen, Motivationen, Haltungen, Gefühlen und vieles Menschliche mehr eben nicht auf den „Begriff.“ Oder auf den falschen: So meinte ein Historiker, Lehrbeauftragter für Geschichte an der FU, den Herausgeber des Schwarzbuches des Kommunismus, Stéphane Courtois, kritisieren zu müssen, da dieser darauf hinwies, dass der Tod eines ukrainischen Kulaken-Kindes, das vom stalinistischen Regime gezielter Hungersnot ausgeliefert worden sei, genau so schwer wiege wie der Tod eines jüdischen Kindes im Warschauer Ghetto, das dem vom NS-Regime herbeigeführten Hunger zum Opfer fiel. Des Historikers Argument: Das ukrainische Kulaken-Kind sei nicht wegen seiner ukrainischen Herkunft, sondern wegen seiner Klassenzuordnung gestorben. Das jüdische Kind dagegen sei ermordet worden, weil die Nationalsozialisten alle Juden vernichten wollten.
      Ich möchte auch wissen, wie „klassenmäßig“ die Kommunisten fühlten, was in ihrem Inneren vorging, als sie sich nach Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes „durch ihre Partei gezwungen“ sahen – wie Schütrumpf schreibt – „ganz ihre Tätigkeit einzustellen.“ Mehr Euphemismus geht nicht. Damit nicht genug: „Doch wie die kommunistische Illegalität ihre schrecklichsten Erfahrungen im NS-Terror sammelte, so wurde die Majorität der Parteiführung (der KPD – St. W.) in Moskau durch die fürchterlichen Erfahrungen Stalinscher Massenverfolgungen und Massentötungen – nicht nur innerhalb der KPdSU, sondern auch der Millionenbevölkerung der Sowjetunion – in einem Maße deformiert, politisch, geistig und moralisch korrumpiert, daß sie diese ihre Kainsmale niemals mehr völlig ablegen konnte“, so eine – ich denke – richtige Wertung; gültig zwar nur für eine Minderheit Deutscher – keine „Seelenkrüppel“? Und wie „klassenmäßig“ erklärbar? Über einen mit diesen Kainsmalen urteilte man: Er war konspirativ, misstrauisch, hart, extrem machtbewusst, aber eben auch weich bis zur Sentimentalität, großzügig, ein bedingungsloser Familienmensch.
      Und warum die Masse der Deutschen, die den ganzen „Hitlerismus“ an der Front, im KZ als Insasse oder Wächter, als PG, als Ausgebombter, als Kriegerwitwe oder Heranwachsender – wo und wie auch immer mit- oder durchmachten, nach dem ideellen und moralischen Desaster, den materiellen Zerstörungen, der militärischen Niederlage und den dann bekanntwerdenden monströsen Menschheitsverbrechen zu „Seelenkrüppeln“ wurden, ja werden mussten; mit Folgewirkungen bis heute, beschreibt Schütrumpf gut und plausibel. Und eindrücklich.

  7. Manne Murmelauge sagt:

    Den Text von Erhard Weinholz finde ich feuilletonistisch sehr schön. Allerdings: ein Forum, in dem es entweder darum geht, ob Greta heiliggesprochen werden soll, um den nächsten Kinderkreuzzug anzuführen, oder nicht, oder wo sich andererseits die Corona-Leugner welcher Couleur auch immer versammeln, fehlt mir nicht. Danke der Redaktion, dass das aufhörte!

  8. wolfgangbr sagt:

    An unsere FORUM-Abonnenten: Natürlich bin ich nicht der Autor – auch nicht unter Pseudonym – des Beitrages „Kann uns nur Corona treffen?“ Das ist Bernd Ebert. Mir ist beim Freischalten ein Fehler unterlaufen. Tut mir leid …
    Wolfgang Brauer

  9. Bernd Ebert sagt:

    Kann uns nur Corona treffen?
    Dieser Treffer sitzt tief, täglich tropft etwas Lebenskraft aus unserer Gesellschaft. Dabei war es anfangs eine Virusinfektion in China, also weit weg … Aber schon das reichte, um – neben begründeten gesundheitlichen Ängsten – zeitnah noch ganz andere Forderungen zu artikulieren: Es gibt keinen Nachschub mehr aus Asien, die Firmen gehen pleite! Auch von CSU-Seite wurde das erste staatliche Finanzpaket gefordert. Bis es kam, dauerte es – eine Woche oder zwei? Für bundesdeutsche Entscheidungsprozesse war das sehr schnell! Es zeigt, wer hierzulande das Sagen hat. Aber es zeigt noch mehr: Ohne Lieferungen aus Fernost drehen sich in Mitteleuropa nicht mehr viele Räder!
    Damit wird deutlich, was Gewinn-„Optimierung“ durch Billigproduktion in Asien bedeutet: Abhängigkeit von unbeeinflussbaren Randbedingungen und überdehnten Transportwegen. Merke: Nachdem die Gewinne in den letzten 20 Jahren von den europäischen Importeuren „mitgenommen“ wurden, werden Verluste jetzt vom Staat ausgeglichen. Aber Westeuropa importiert nicht nur aus Fernost. Kohle kommt aus Südafrika, Textilien auch aus Indien, Bangladesh, Pakistan. Drohte nicht auch dort eine Krise, beispielsweise wenn Indien und Pakistan in einen ernsthaften Konflikt geraten sollten? Gibt es dann keine Hemden und Pullover mehr? Vorboten für weitere Krisen mit systemischem Charakter waren bereits erkennbar, namhafte Ökonomen warnten vor der nächsten Überproduktions- und Immobilienkrise.
    Sichtbar wird, dass unsere Welt nicht nur durch eine Virusausbreitung verwundbar ist. Man muss dabei gar nicht unbedingt an Kriegszustände etwa in Europa denken – die hochentwickelte Gesellschaft hat viele sensible Flanken: Beschaffungsmangel, Absatzstau, also Überproduktion, Börsenkrach durch Immobilien- oder Spekulationsblasen, politischer Druck, wie er beim Fracking-Gas aus den USA durchaus zu erwarten ist, Epidemien inklusive des Ersterbens öffentlichen Lebens … Falls noch etwas fehlt – Ergänzungen wären möglich!
    Doch bereits diese wenigen Beispiele zeigen: Vorsorge ist unerlässlich! Man muss die Risiken analysieren und sinnvolle Gegenmaßnahmen vorbereiten – rechtzeitig! Der Durchschnittsbürger könnte versucht sein sich zurückzulehnen und zu sagen: „Dafür haben wir ja die Regierung und ein Heer von Beamten, die werden das schon richten.“ Wer jedoch das politische Tauziehen momentan beobachtet – zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern, der EU und der Bundesregierung wie zwischen den EU-Staaten – und dazu die mediengemachten Verwirrungen betrachtet, der sollte daran schon seine Zweifel haben…
    Um Gefahren – im Wirtschaftlichen wie im Politischen – bewerten zu können, werden üblicherweise Risikoanalysen angestellt. Davon abgeleitet werden potenzielle Gegenmaßnahmen. Solche Analysen und entsprechende Vorsorgeempfehlungen gab es auch für den Fall einer Pandemie – mindestens seit dem Jahre 2013. Doch wie sich zeigte, reichten die Notfallreserven nicht aus, nicht mal für umfassenden Mundschutz war vorgesorgt.
    Es ist demnach dringend erforderlich, künftig besser für mögliche Katastrophen vorzusorgen, nicht nur für solche, die durch Krankheiten hervorgerufen werden können, sondern auch für wirtschaftliche, finanzielle und politische Krisen. Eines wird bereits deutlich: Die weltweite Diversifizierung der Produktion – die Globalisierung – birgt ein hohes Störungsrisiko in sich. Ein erprobtes Mittel, dieses Risiko zu reduzieren, ist die verbrauchernahe Produktion. Daraus würde überdies eine hohe Beschäftigungsrate, ein direkter Zugriff auf alles Benötigte sowie ein drastisch reduzierter Transportaufwand resultieren. Allein die weltweite Container-Schifffahrt verbraucht derzeit etwa eine halbe Million Tonnen Schweröl und stößt damit etwa 1,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Tag aus.
    Die Soforthilfen, die derzeit gezahlt werden, sind nur kurzfristige Zuschüsse, die den Wirtschaftsstillstand abfedern sollen – mit wenigen Auflagen verbunden. Wenn man die Milliarden betrachtet, die jetzt plötzlich versprochen werden: Welcher Geldgeber reicht derartige Summen aus, ohne seine Zwecke damit zu verbinden? Man stelle sich vor, dass 1000 Milliarden gleich 1.000.000 Millionen Euro zum einen für ausreichende Notfallreserven, zum anderen für Projekte zur Verfügung gestellt würden, die auf zukunftsorientierte Entwicklungen gerichtet sind – erneuerbare Energien, Substitution von Karbon-basierten Technologien, Lokalisierung der Produktion(en) nahe bei den Konsumenten sowie eine generell höhere Ressourceneffizienz. Derartige Orientierungen können nur von staatlicher Seite kommen – die Firmen (ob groß oder klein) werden immer nur in ihrem internen betriebswirtschaftlichen Denken verhaftet sein.
    In diesem Sinn sollten die Folgen der Corona-Pandemie ein Nachdenken auslösen – auch über die echten Bedürfnisse, über das tägliche Miteinander und über Weichenstellungen für die Zukunft. Was würde erst eine schwerwiegende Epidemie bewirken, ausgelöst durch jene Erreger, die weltweit für die biologische Kriegsführung herangezüchtet wurden?

  10. Wolfgang Ernst sagt:

    Als Leser des Blättchens und auch von Berliner Debatte Initial fand ich den Beitrag zur Gründungszeit der Zeitschrift recht aufschlussreich. Es ist in diesen Zeiten, da vorwiegend die „Sieger der Geschichte“ ihre Geschichte schreiben, wichtig, so etwas für die staunende Nachwelt festzuhalten. Danke auch für die Erinnerung an Werner Mittenzwei. Dessen Buch ist nach seinem Erscheinen auch mit westdeutscher Ignoranz gestraft worden.

  11. Wolfgang Ernst sagt:

    Vielen Dank für die Blumen, wie der Berliner sagt. Hier noch ein Regierungskritiker: „Ausgangssperren, Todesängste, Massenarbeitslosigkeit: In der Corona-Panik steht die Welt am Abgrund. Was ist angemessen, was gerechtfertigt, was schießt weit übers Ziel hinaus? Der renommierte Mediziner Dr. Michael Spitzbart, Leiter einer Praxis für ursachenbezogene Diagnostik und Therapie in Salzburg sowie Autor mehrerer Fachbücher, meint: Corona ist kein Todesvirus, die Angst sei ein medial angefeuerter Hype. Dabei geht Dr. Spitzbart auch mit dem omnipräsenten Chef der Virologie an der Berliner Charité, Prof. Dr. Christian Drosten, hart ins Gericht. Gibt es am Ende nur einen Superlativ: Die Profite der Pharmakonzerne?“
    Das steht auf der Webseite von Jürgen Elsässers „Compact“, das gemeinhin als „rechts“ gilt, als Aufmacher für ein Video. Es ist nur eigenartig, dass die in diesem Forum immer wieder präsentierten Töne aggressiver „Staatskritik“ sich selber als „links“ zu betrachten scheinen.

  12. erhard weinholz sagt:

    Ähm … ja … ähm /krachende Geräusche im Hintergrund – d. A./ … ist das Mikro an? … Ja, Hallöchen, mein Name ist Maik … Nachname? Wieso Nachname? /im Hintergrund unverständliche, aufgeregte Stimme – d. A./ Halt’s Maul, du Knickei! Also, ich bin ooch keen Virologe, ich hör heute zum ersten Mal, dasses sowas gibt … Variologe? Nee, bin ich ooch nich … /wieder unverständliche Stimme im Hintergrund – d. A./ Halt doch mal endlich die Fresse! … Ähm, was wolltich sagen … man hört ja, man hört ja so’n paar Sachen … die Viren sind ziemlich kleen, wenn se größer wär’n, wär alles nich so schwierig … kleen, aba fleißig, wie die Japaner … aba, aba nich gelb … ja, wat wollnse denn jetz schon wieda … du kannst mir doch nich einfach dis Mikro, du Sackbremse /wieder unverständliche Geräusche im Hintergrund, Knacken, Stille – d. A./.

  13. Birgitte Nyborg sagt:

    Corona

    Das Online-Magazin offGurdian hat Stimmen von Wissenschaftlern
    (bis zum Nobelpreisträger) zusammengetragen, die sich kritisch
    mit der allgemeinen Corona-Panik auseinandersetzen:
    https://off-guardian.org/2020/03/24/12-experts-questioning-the-coronavirus-panic/
    https://off-guardian.org/2020/03/28/10-more-experts-criticising-the-coronavirus-panic/

    Auch bei Swiss Propaganda Research findet man sehr informative Fakten und Stimmen jenseits des Mainstreams:
    https://swprs.org/covid-19-hinweis-ii/

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Das Thema hatten wir doch schon dreimal. Ich könnte noch Boris Becker als Corona-Experten beisteuern.

    • marie sagt:

      ich weiß nicht ob sie die einzige ist, die klage eingereicht hat.

      http://beatebahner.de/lib.medien/aktualisierte%20Pressemitteilung.pdf

    • Klaus Müller sagt:

      Coro-na und?
      Danke werte Frau Nyborg für Ihre Hinweise. Selbst hatte ich schon auf Wolfgang Wodarg aufmerksam gemacht, jedoch angenommen, er sei der Rufer in der Wüste, zumal sich mit Lars Niemann ein „früherer“ Virologe zu Wort meldete, der den Ernst der Lage bekräftigte. Nun bin ich erstaunt, wie viele Virenexperten Darstellungen, Übertreibungen und Schreckensbotschaften im Zusammenhang mit der Corona-Krise kritisieren. Nur (un)gewollte Verwirrung und billige Rechthaberei oder begrüßenswerte Relativierungen und notwendige Richtigstellungen? Ich maße mir nicht an, dies zu beurteilen. Als Laie verstehe ich nichts von Viren und den Krankheiten, die sie auslösen, obgleich mir die Argumente gegen die Panikmache durchaus einleuchten. Aber letztlich muss ich mich damit abfinden, nicht zu wissen, was richtig ist. Trotz oder wegen der Überhäufung mit Informationen?

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Im Ernst, werter Herr Ernst: Angesichts Ihrer gläubig-apologetischen – oder sage ich freundlicher: staatstragenden? – Folgsamkeit im Rahmen des verhängten Ausnahmezustandes ist es nur konsequent, Boris Becker aufzurufen. Nach allem, was über’s Bobbele so bekannt ist, wird der Ihnen wenigstens kaum widersprechen …

  14. Sehr geehrte Frau Butzke,
    ich danke Ihnen für Ihren Text zum Senizid. Ich lese gern Beiträge, die mir ein Stück Neuland eröffnen und den Blick auf Theorien, Ansichten und Zusammenhänge richten, die mir bisher so nicht bekannt waren.
    Mein Dank heißt freilich nicht gleichzeitig allgemeine Zustimmung. Der Stalinismus-Vorwurf an Greta Thunberg und die Fridays for Future ist aus meiner Sicht völlig falsch. Er trifft auch nicht im kleinsten Ansatz die Sache, sondern bedient lediglich wohlfeile Ressentiments. Andererseits wiederum regt Ihr Text an dieser Stelle dazu an, sich ein erneutes Mal mit dem Verhältnis von einer tatsächlichen gesellschaftlichen Aktion und ihrer medialen Widerspiegelung auseinanderzusetzen. Die Medien – genauer: die den Mainstream erzeugenden und ihm dienenden – die vierte Gewalt? Ach was. Immer öfter sind sie die erste (diese speziellen Medien jedenfalls; das Blättchen gehört offensichtlich nicht dazu). Wollte Frau Thunberg einen Kult um ihre Person? Doch wohl nicht. Warum ihn ihr also vorwerfen? Und die Demonstrationen der jungen Leute (ich mit meinen 69 Jahren war in meiner Heimatstadt ein paar mal dabei) – sind sie getragen von irgendeiner Idee des Senizid? Ich kann mich nicht erinnern. Wohl aber erinnern kann ich mich an die entsprechende Instrumentalisierung in den Mainstreammedien.
    Diesen Mainstreammedien ist es zu eigen, historische Zusammenhänge und lange Linien je nach Bedarf mehr oder weniger heftig auszublenden. Was durch Frau Thunberg und die sie zunächst hypenden Medien in die Welt gebracht wurde, hat seine Vorläufer in den 1970er Jahren im Club of Rome und dessen Arbeiten über die Grenzen des Wachstums. Greta Thunberg in der Tradition also auch eines Willy Brandt und des seinerzeit in aller Welt bekannten, heute weitgehend vergessenen sowjetischen Dissidenten Andrej Sacharow. Oder in der Tradition von Gro Harlem Brundtland, der norwegischen Ministerpräsidentin, die auf dem Weltwirtschaftsgipfel im Januar 1989 in Davos forderte, dass aus der sowjetischen Perestroika eine Perestroika für die ganze Welt werden müsse, und zwar ganz wesentlich eben in der Frage des vernünftig geregelten, auf Nachhaltigkeit gegründeten und die Ressourcen schonenden, durch weltweite Zusammenarbeit – und nicht Konflikt! – geprägten Wachstums. Mit Greta Thunberg ist also eine Debatte wieder in jenes Rampenlicht gekommen, in dem sie vor dreißig Jahren schon einmal stand. Und selbstverständlich lohnt es sich, darüber nachzudenken, durch wen und warum sie überhaupt aus diesem Rampenlicht verschwunden ist.
    Was mich dazu führt, nicht zu vergessen, dass hinter jeder Nachrichtenauswahl, jeder Nachrichtenlänge, jedem Hype, jedem Sendeplatz konkrete Interessen stehen. Klasseninteressen, Machtinteressen, Herrschaftsinteressen. Die Beispiele sind so zahlreich, dass man Hemmungen hat, sie beim Namen zu nennen. Ich will’s dennoch mit einem einzigen versuchen: In Deutschland gibt es derzeit 2,5 Mio. Arbeitslose. Das gilt als vergleichsweise kleine Zahl. Aber es sind 2,5 Mio. Menschen in schon lange erzwungenem – und auch bei einem Ende der Ausgangsbeschränkungen nicht endendem – „Homeoffice“ bei sehr geringem Einkommen und mit allen sozialen und seelischen Folgen. Mediale Aufmerksamkeit? Gering. Stimmen von Expertinnen und Experten in den Mainstreammedien? Selten. Sonderprogramme? Keine.
    Bin ich noch bei Ihnen, sehr geehrte Frau Butzke? Ich hoffe, ja. Lassen Sie uns die Interessenfrage im Auge behalten.

  15. Juergen Scherer sagt:

    Welch ein Glück, dass es solche Daten gibt. Da braucht man sich nicht mit der Sache auseinanderzusetzen.

    • Manne Murmelauge sagt:

      Die gestellte Frage war datumsunabhängig. Aus der Religionsgeschichte wissen wir, dass sich Ketzer und Rechtgläubige stets wechselseitig für das jeweils andere halten. Und dann gibt es den Stellvertreter Gottes auf Erden, der entscheidet, wer was ist.

      Anmerkung der Redaktion: Die Herren werden ersucht, vom Austausch von Nickligkeiten wieder – bei Vermögen und Bedarf – zu einem solchen von Argumenten überzugehen.

  16. Juergen Scherer sagt:

    Es ist schon erstaunlich zu sehen, welch ein emotional negatives Echo die diffamierenden Äußerungen zu Greta zur Folge haben. Zunächst spricht Frau Butzke von „verdrehtem Stalinismus ohne Stalin“ und übersetzt auch noch falsch; denn Greta sagte nicht „Wie konntet ihr es wagen“ sondern „Wie könnt ihr es wagen“(vgl. https://kontrast.at/greta-thunberg-klimagipfel-rede-ganz/). Auf dieser Falschübersetzung baut Frau Butzke ihre weitere Argumentation und Konstruktion auf. So etwas passiert wohl, wenn einen der Furor in die Irre leitet und zu Verdikten bringt, die so nicht haltbar sind. Von da ist es auch nicht mehr weit zu dem bösen Wort „Gretastalinismus“.
    Aber das Verdikt scheint Gefallen zu finden. Greta als Projektion für das derzeit Böse findet ihren Niederschlag im Forum. Schwuppdiwupp ist die Rede von der Pandemie als womöglich „Gretas Rache“, weil hier der Wunsch Gretas, wir sollten in Panik geraten, wohl endlich in Erfüllung ginge. Welch ein Furor dieser jungen Frau gegenüber muss da walten, solch eine hanebüchene These aufs Papier zu bringen; na ja sie ist ja außerdem noch eine „Schulabbrecherin“. Noch eine diffamierend gemeinte Invektive!
    Ich kann auf jeden Fall nicht nachvollziehen, wieso eine diskutierenswerte Bewegung und ihre Leitfigur instrumentalisiert und diffamiert werden, um eine so ernste Angelegenheit wie die These vom Senozid für unsere Gegenwart zu belegen. Wieder einmal zeigt sich, dass Vorurteile und Furor schlechte Ratgeber sind, wenn man die Vorgänge in unserer Welt rational und seriös auf den Begriff bringen möchte.

    • Manne Murmelauge sagt:

      Heute ist 1. April. Dazu wohl dieser Beitrag. Welcher Hohepriester entscheidet, wer die irrgeleiteten Ketzer und wer die Rechtgläubigen sind?

  17. Jan Opal sagt:

    Zusatz zum Beitrag „Neue Normalität“

    Am 1. April erreichen die Einschränkungen in Polen wegen der Corona-Krise eine neue, schärfere Stufe, verbleiben aber in der „neuen Normalität“, von einem Ausnahmezustand könne folglich keine Rede sein: Lt. Vorschriften übertreten nun bereits zwei Personen im öffentlichen Raum die Versammlungsfreiheit, die notwendigen Wege ins Geschäft, zur Apotheke oder zur Arbeit müssten alleine zurückgelegt werden. Ausnahme sind gestattet bei Kleinkindern und hilfsbedürftigen Personen. Auch Familienmitglieder müssen in der Öffentlichkeit nun einen Mindestabstand von zwei Metern zueinander halten. Jugendliche unter 18 dürfen das Haus nur noch in Begleitung eines Erwachsenen verlassen, zwingend dann auch die zwei Meter Distanz. Auf Sport im Freien, so der Gesundheitsminister, müsse nun völlig verzichtet werden, die Sorge um das Körpergewicht sei jetzt ein reiner Luxus. Allerdings bleibe es bei den vorgesehenen Präsidentschaftswahlen am 10. Mai, denn, so Amtsinhaber Duda, wenn man ins Geschäft gehen dürfe, könne auch ein Staatspräsident gewählt werden. Und Ministerpräsident Morawiecki meinte zur Begründung, die neuen Verschärfungen seien notwendig, weil die Bevölkerung sich insgesamt ungenügend an die bislang gebotenen Regeln gehalten hätte. Wieder ein Beispiel mehr, wie Politik in der Corona-Krise der Bevölkerung gerne den schwarzen Peter zuschiebt.

  18. Ralf Nachtmann sagt:

    Petra Erler schrieb in ihrem sehr guten Beitrag auch: „Die Überlebenden werden anders sein, nach der gewonnenen Schlacht.“
    Darauf möchte ich mit Kurt Demmler antworten:

    Nach der Schlacht war’n die grünen Wiesen rot
    nach der Schlacht war’n viel‘ Kameraden tot
    und man stellt sich auf das verblieb’ne Bein
    und man meint, das müsse der Sieg schon sein.

    Feiern den Sieg der Revolution
    die Amputierten auf der Station
    billig der Wein doch sie gießen sich ein

    Aber auf einmal bricht ab der Gesang
    eine Zeit aus dem Fenster, da spazieren sie lang
    die neuen Menschen.
    Der neue Mensch, der sieht aus, wie er war
    außen und unterm Haar – wie er war …
    (1974)

  19. Stephan Wohanka sagt:

    Senizid von Bruni Butzke

    Schon starker Tobak – „Greta-Stalinismus“; aber das ganze Zitat: „…. das Corona-Virus sei fair, ´es rafft die Alten dahin, aber die Jungen überstehen diese Infektion nahezu mühelos. Das ist nur gerecht, hat doch die Generation 65+ diesen Planeten in den letzten fünfzig Jahren voll gegen die Wand gefahren.´ Kritiken daran wurden wieder mit dem Pseudo-Argument ´Satire´ beiseite gewischt. Tatsächlich hatten wir es hier wieder mit einer anderen Gestalt des Greta-Stalinismus zu tun.“
    Ohne hier auf die Frage Satire – ja/nein einzugehen, zeigt dieses Zitat inhaltlich die ganze Misere der Debatte: Es ging den jungen Protestlern mit der Nachfahrin „diktatorisch-bürokratischer Methoden und Herrschaftsformen“ an der Spitze nie darum, die älteren Generationen in toto anzugreifen, sondern die (weltweite) Politik als Institution an eigene Versprechen, Zusagen, Beschlüsse und Aktionspläne zu erinnern, um endlich deren Realisierung ins Werk zu setzen. Doch wohl ein Unterschied! Denn dass die Klima- respektive Umweltkrise mit all ihren Facetten eine wenn nicht die Bedrohung der Menschheit darstellt, wurde ebendiese Politik seit Jahrzehnten nicht müde zu betonen; und das zurecht. Nur hat diese planlose politische Elite immer neue Vorwände gefunden, um ihre eigenen Annahmen zu unterlaufen, einen wirksamen Zukunftsplan zu entwickeln. Nicht mehr und nicht weniger fordert die Jugend zurecht – doch wohl ihr gutes Recht angesichts dessen, was auf diesem Globus getan und unterlassen wird.  

    • Günter Hayn sagt:

      Sehr geehrter Herr Wohanka,
      ich finde die Überlegungen von Frau Butzke bemerkenswert. Man muss nicht alles teilen. Darum geht es nicht. Natürlich griff die fridays-for-future-Bewegung „die Älteren“ in toto an. Zu recht. Ja, da wurde überspitzt. Die angemessene Antwort wäre es gewesen, sich sachlich und ruhig mit dem Begehr der jungen Leute auseinanderzusetzen. Genau das passierte nicht. Die einen haben sie de facto als Quartalsirre abgetan, die anderen sie instrumentalisiert. Mit Letzterem brach man der Bewegung die Spitze ab.
      Auch wenn es mitunter anders aussieht – letztendlich ist es keine Generationen-Frage, sondern eher deren Missbrauch durch die „Eliten“, der zu denken geben muss. Der „Senizid-Vorwurf“ geht auch nicht an die Jungen. Der Jugend-Wahn wird von den „Alten“ geschürt, die perverserweise Greta seinerzeit lautstark applaudierten („Ja, gibs uns, endlich sagt mal jemand die Wahrheit … Ein Kind … wie unverdorben“).
      Ich mache jetzt auch mal Schwarz-Weiß: Während ein Teil (übrigens ein verschwindend kleiner Teil) der jungen Generation mit Greta Thunberg demonstrierte, bastelte ein anderer Teil weiter unverdrossen und ziemlich skrupellos an der eigenen Karriere in diesem System. Nun raten Sie mal, wer sich da durchsetzen wird …
      Es ist gut, dass Frau Butzke diese Fragen aufwirft.

    • Ralf Nachtmann sagt:

      Wer ist denn diese „planlose politische Elite“, besonders, wenn man die Beteiligten „in toto“ so bezeichnet? Im Übrigen wäre es (zumindest mir) neu, wenn es in irgendeinem Staat dieser Welt ein reales „Primat der Politik“ gäbe. In gewisser Weise möchte ich auch Günter Hayn Recht geben hinsichtlich seiner Einschätzung der „Jugend“.
      Manchmal gar kommt es mir so vor, als sei die Covid-Epedemie so etwas wie „Gretas Rache“. Hatte sie nicht mit bebender Stimme wieder und wieder gerufen: „Ich will, dass ihr in Panik geratet“? Nun, Ziel erreicht, er herrscht Panik zuhauf. Nur leiger ganz anders, als die junge Schulabbrecherin sich das wohl vorgestellt hat.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Sehr geehrter Herr Hayn,
      wenn Sie schreiben, man müsse nicht alles teilen, was in dem in Rede stehenden Text steht, so meinen Sie vielleicht auch die Begrifflichkeit, die mir aufgefallen ist. Sie erinnert mich an die oft verwandte und ebenso häufig zurecht kritisierte „Faschismuskeule“. Und ich finde, so etwas macht „Überlegungen“ deutlich weniger „bemerkenswert“; oder in einem anderen Sinne „bemerkenswert“, da dahinter eine Denkhaltung steht, die ich absolut bedenklich finde.
      Ich vermag auch weiterhin nicht Ihre Auffassung zu teilen, dass die fridays-for-future-Bewegung „die Älteren“ als ganze Generation angreift. Das ist gerade kein Generationenkonflikt, sondern einer zwischen der Politik und Teilen der jungen Generation, die auf die einschlägigen Wissenschaften zuging – und diese auf fff -, um die Politik endlich zu bewegen, das zu tun und durchzusetzen, was sie als Politik schon seit Dekaden immer wieder von sich und der Gesellschaft fordert. Und deshalb tue ich mich auch schwer damit, fff in den üblichen Kategorien – Sie schreiben von „Quartalsirren“ und „instrumentalisiert“ – zu sehen; das ist kein Vorwurf an Sie, sondern Sie geben nur wieder, was tatsächlich geschieht. Fff ist eben keine Sau, die mal eben gerade durchs Dorf getrieben, nach der letzten und vor der nächsten, sondern steht für einen ultimativen Weckruf. Oder anders – man drischt auf den Boten ein, um die Botschaft nicht hören zu müssen…
      Alles was ich lese, und ich lese einiges dazu, deutet darauf hin, dass es für die Menschheit auf dieser Erde Spitz auf Knopf steht; manche sprechen von fünf vor zwölf, andere von fünf nach. Ich kann das selber nicht beurteilen, aber nehme eine unerhörte Dringlichkeit wahr. Und eben auch noch eine Haltung, das „Umweltproblem“ sei eben nur eines unter vielen. Und nicht d a s Problem. Momentan tatsächlich und zurecht überlagert von der Corona-Virus-Erkrankung.
      Am Schluss schreiben Sie: „Nun raten Sie mal, wer sich da durchsetzen wird …“. Vielleicht haben Sie recht. Aber das ist vor obigem Hintergrund ziemlich belanglos.
      Freundliche Grüße
      Stephan Wohanka

    • Günter Hayn sagt:

      Sehr geehrter Herr Wohanka,
      die Sichtweise, dass der Konflikt einer „zwischen der Politik und Teilen der jungen Generation, die auf die einschlägigen Wissenschaften zuging“ gewesen sei (oder ist, wir werden sehen), ist eine sehr romantische. Aber in uns Deutschen steckt ja allemal so ein bissel Novalis … Sollte die von Ihnen beschworene „junge Generation“ tatsächlich so gierig auf Einordnung in die gehabten Diskursstrukturen sein, dann war da tatsächlich mehr Rauch als Feuer und das Auslaufen dieser Welle nachvollziehbar. Und das ist mitnichten belanglos. Auch die Frage, wer sich in der Enkel-Generation durchsetzen wird. Daran hängt ganz banal die Frage, ob die apokalyptischen Visionen Realität werden oder nicht. Alles andere ist Stammtisch. Oder meinetwegen Diogenes …
      Aber das ist ein anderes Thema und hat mit dem Befund Frau Butzkes nur sehr mittelbar etwas zu tun. Man sollte das nicht überstrapazieren.
      Herzlichst
      Ihr
      Hayn

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Was DAS Problem ist, ist eine Frage der Perspektive. Aus Sicht der Festgesetzten auf den griechischen Inseln oder der Bewohner von Idlib dürfte „fff“ ein Luxus-Problem der reichen Länder sein.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Lieber Herr Hayn,

      Novalis hin, her, auch Diogenes und Stammtisch… Uns trennt in meinem Verständnis letztendlich nur eines: Sie halten das, was ich für eine menschheitsbedrohende Gefahr ansehe, für „ apokalyptische Visionen“. Und weder Sie noch ich stehen mit unseren Sichtweisen allein. Und ich fürchte – obwohl weit über 70 wie wohl auch Sie, wenn Sie von der Enkel-Generation sprechen -, dass ich noch mehr als nur in Ansätzen erleben werde, wer von uns beiden recht behält. Ich hoffe – Sie, auf dass die Apokalypse nie Realität werde. Aber mit der Hoffnung ist es bekanntlich so eine Sache…

      Ebenso herzlich
      Stephan Wohanka

  20. Wolfgang Schwarz sagt:

    Sieben Anmerkungen zur Corona-Krise:
    https://news.gaborsteingart.com/online.php?u=norKykj4054

  21. Clüver sagt:
  22. Manne Murmelauge sagt:

    Hier eine lesenswerte Äußerung aus den Kommentaren in Vorbereitung der heutigen Anne-Will-Diskussion: „Vielsagend im Netz und tief blicken lassend über unsere Gesellschaft sind die vereinzelten Pandemieleugner, die ihre steilen Thesen wider besseres Wissen und wider jede Evidenz als „Meinung“ darstellen. Und das bei einem so ernsten Thema wie einer unheilbaren Seuche, wie es sie in 71 Jahren unseres Landes nicht gegeben hat… Wie in der Klimadebatte, wird allenthalben wieder fleißig so getan, als wäre die Erde eine Scheibe. Generell lockt eben das Netz durch die Anonymität bedingt leider immer auch Fantasten, Verschwörungstheoretiker, Halbinformierte, verhinderte Bundeskanzler (und die üblichen Fremdenfeinde sowieso) mit an. Da schauen wir uns wirklich lieber die eigentliche Sendung im Fernsehen an, denn diese ist sachlich und bringt uns mehr Erkenntnisgewinn als die kakophonische digitale Meinungwildbahn.“ Der Kommentator liebt selbst die Anonymität, nennt sich „Besorgte Bürger“.
    Dennoch: Leider trifft diese Beschreibung des Diskussionsstandes – bis auf die Fremdenfeinde – auch auf ein Gutteil der hiesigen Diskussion zu. Insbesondere „verhinderte Bundeskanzler“ tummeln sich auch auf der Linken zuhauf.

  23. Heinz Jakubowski sagt:

    Wiewohl, lieber Herr Septentrionalis, wir zumindest bei der hier beredeten Corona-Causa – um es freundlich zu sagen – ziemlich auseinanderliegen, habe ich an Ihrer Intelligenz keinen Zweifel, das nur nebenbei. Man muß nicht gleich blöd oder böse oder beides sein, wenn man nicht der eigenen Meinung ist; über deren Brauchbarkeit ist dabei in beiden Richtungen allerdings noch nichts ausgesagt.

    Dass Sie allerdings keine wirkliche Antenne für Ironie haben, muss ich Ihrer Anmerkung entnehmen, ich hätte mich um Tuchos Pseudonyme kümmern sollen. Hier also unironisch: Zwanzig Jahre mit dem Blättchen eng bis sehr eng verbunden, dürfen Sie davon ausgehen, dass selbst mir (auch) das geläufig war.

    Womit ich nunmehr bis auf weiteres mein Mittun an diesem Forum wieder einstellen werde, mit Pseudonym-Phantomen unterhalte ich mich – jedenfalls wenn es um so etwas Relevantes geht wie beim gegenwärtigen Hauptthema – halt nicht gerne.

    Ernstgemeint beste Grüße dennoch an an Sie,
    H.J.

  24. Atomare (Ab)Rüstung ist (neben Corona :-) wieder angesagt: Im Vorfeld der NPT-Überprüfungskonferenz 2020 wird die Kernwaffenrüstung aufgerufen; die Unterschriftensammlung zum Abzug der US-Atombomben aus Büchel läuft; die Macron-Initiative auf der MSC hat die Diskussion um eine „deutsche Bombe“ angeheizt …
    Ein Verweis auf die „Schimäre!“, bietet die Möglichkeit für ergänzende Bemerkungen zur sachkundigen Besprechung von Wolfgang Schwarz über „Die Bombe und die Renitenz des SAC“ (Blättchen 6/20) zum neuen Buch von Fred Kaplan.

    Eine meiner Kernthesen: „Die Führung eines Nuklearkrieges war und ist nicht im Interesse eines Staates, der über Kernwaffen verfügt. Eine direkte ‚aktive Nuklearkriegsbedrohung‘ bei praktischer Vorbereitung eines atomaren Angriffskrieges war bislang kein Ziel irgendeiner Staatsführung.“

    Was hat Kaplan nun vorgelegt? Eine weitere detaillierte, anekdotisch angereicherte Erzählung über die Abgründe und „fake news“ des Kalten Nuklearkrieges oder ein hinüberschleppen von Argumentationsmustern Ewiggestriger ins 21. Jahrhundert. In unserer Verehrung für den Politikstrategen Egon Bahr und im Nachdenken über das vergangene Jahrhundert, ein Zitat zur Rolle der Atomwaffen:

    „Man will mit den Waffen nicht mehr drohen, aber sie behalten. Die Abschreckung hat ihren Schrecken verloren, aber existiert weiter. Die Waffen sind Macht-Attribute, auf die ihre Besitzer nicht verzichten wollen. Amerika, Russland, China, Großbritannien und Frankreich folgen dem Diktum de Gaulles, dass die Verfügung über Atomwaffen der letzte Ausdruck der Souveränität eines Staates ist, mit keinem anderen zu teilen, auch nicht mit dem besten Freund. Das wird so bleiben, solange es Atomwaffen gibt.

    1987 bekannte Helmut Schmidt, die NATO-Strategie mit dem atomaren Ersteinsatz gegen einen konventionellen Angriff aus dem Osten sei nicht überholt, sondern Unsinn. Diese Strategie habe ihn nie überzeugt. Acht Jahre früher kam Kissinger zu einem ähnlichen Ergebnis: Die USA würden niemals einen Atomschlag gegen die Sowjetunion beginnen, egal, welche Provokationen die Sowjetunion machen würde. Robert McNamara bekannte, er hätte als Verteidigungsminister ohne Einschränkung empfohlen, unter keinen Umständen mit dem Gebrauch von Atomwaffen zu beginnen: ‚Ich konnte keine öffentliche Diskussion beginnen, weil sie der beschlossenen NATO-Politik widersprechen würde.‘

    Den gefährlichen Unsinn gibt es heute noch, inzwischen ergänzt durch die neue unsinnige russische Überlegung, der NATO ähnlich das Recht zum vielleicht sogar frühen Ersteinsatz im Fall der Fälle ankündigen zu wollen. Man kann eine hohe Summe wetten, dass Politiker und Generale der Gegenwart wie in der Vergangenheit denken und ihre Einsicht erst nach Rücktritt oder im Ruhestand verkünden werden. Aber auszurotten ist der Unsinn nicht. Keine öffentliche Diskussion über die nicht einsetzbaren Atomwaffen wird daran etwas ändern.“ (Bahr: Deutsche Interessen, Siedler 2000, S. 54f.)

    Und nun diese tolle Enthüllungsstory des Journalisten F. Kaplan: Die US-Präsidenten und ihre Verteidigungsminister hatten die Entscheidungsgewalt über die strategischen Kernwaffen, kannten aber die Einsatzgrundsätze nicht. Ihre Doktrinen waren Fiktion. Das „Kleingedruckte“ wurde von ihnen nicht gelesen Die SAC-Bürokratie und zweitrangige Offiziere waren keiner Kontrolle unterworfen. Im wahrsten Sinne des Wortes – unglaublich! Hier ist kritische Distanz angesagt.

    Zielführende Forschungsfragen bleiben weiterhin offen: Warum hat es seit 75 Jahren keinen Nuklearkrieg gegeben? Was waren für diese Nichtführung (!) eines atomaren Angriffskrieges die widersprüchlich dominanten, gesamtzivilisatorischen Verhinderungsfaktoren? Wie könnten diese Verhinderungsfaktoren (!) eines Atomkrieges in Rüstungsbegrenzung und Abrüstung münden?

    Zur Info: Die „Schimäre!“ in der Langfassung:
    http://welttrends.de/res/uploads/Kleinw%C3%A4chter-Bedrohung-durch-Atomkrieg-2018.pdf
    https://zeitgedanken.blog/2018/10/03/atomkrieg-kein-interresse/

    • Wolfgang Schwarz sagt:

      Der erste einheitliche nukleare Einsatzplan der USA – SIOP 62 – war von der Kennedy-Administration abgesegnet. Kaplans Urteil – „ein nuklearer Erstschlagsplan“, also gedacht für einen Angriffskrieg.
      Kaplans Buch belegt, dass es in den USA in der obersten Militärführung seit Ende der 1940er Jahre praktisch durchgängig, aber auch im Bereich des Nationalen Sicherheitsrates immer wieder treibende Kräfte gegeben hat, die nach nuklearen Einsatzoptionen drängten. Das ist auch in der Trump-Administration der Fall. Erst im Februar 2020 hat der NATO-Oberbefehlshaber Europa (SACEUR), der US-General Tod D. Wolters, in einem Hearing des Streitkräfteausschusses des US-Senats frank und frei bekannt, er sei „Fan“ eines flexiblen Ersteinsatzes von Kernwaffen. Und in der März-Ausgabe von „Europäische Sicherheit & Technik“ ist ein Beitrag von Sidney Dean „Rückkehr des begrenzten Atomkrieges. Washingtons umstrittene Kernwaffenstrategie“ betitelt.
      Bei Lutz Kleinwächter sind solche Fakten und Vorgänge allesamt starke Indizien dafür, dass die Bedrohung der Menschheit durch einen Nuklearkrieg immer eine Schimäre war, ist und, wenn ich extrapolieren darf, bleiben wird. Wer das nicht versteht, macht sich, so Kleinwächters Formulierung, des „Hinüberschleppen(s) von Argumentationsmustern Ewiggestriger ins 21. Jahrhundert“ schuldig.
      Eine, nun ja, zumindest eigentümliche Gedankenführung …

  25. Wolfram Adolphi sagt:

    Einen für mich wesentlichen Satz in der selbstverständlich überbordenden Corona-Debatte hat der Italiener Paolo Rumiz im „Freitag“ vom 19. März formuliert: „Es ist eine persönliche und kollektive Mutation im Gang, an deren Ende wir nicht mehr dieselben sein werden. Ich häute mich, das erkenne ich an den Gedanken, die so schnell sprudeln, dass ich sie fast nicht niederschreiben kann.“ Aber: Er schreibt sie nieder, und das sollten wir uns gegenseitig erlauben und neugierig sein und den Reflex der schnellen Antwort und des noch schnelleren In-dieses-und-jenes-Schubfach-Werfen nach Kräften unterdrücken. Es geschieht etwas, worauf buchstäblich niemand eine erlösende Antwort hat. Also ist es vielleicht gut, der Beobachtung breiten Raum zu geben und dem Bedürfnis, die Beobachtung zu teilen.

    Gewaltig sind die Veränderungen in der Politik. – Die Bundestagsfraktion der LINKEN, in der ich einige Jahre als Mitarbeiter eines Abgeordneten tätig sein durfte, hat die Schwarze Null vom ersten Tag an mit dem Argument bekämpft, dass sie die Gesellschaft zerstören wird, weil sie dazu zwingt, überall auf Rand genäht zu agieren. Auch und vor allem in der Gesundheitsvorsorge. Sie – diese LINKE – ist dafür regelmäßig bitter beschimpft worden. Jetzt gilt die Schwarze Null nicht mehr. Rückblick derer, die sie erfunden haben? Selbstkritischer sogar? Findet nicht statt. – Xi Jinping ist im deutschen Mainstream ein Feind; mancher sah ihn vor drei Monaten schon gestürzt; jetzt handeln deutsche Länderchefs (unausgesprochen) gern nach seinem Vorbild. – Wir sind seit zwei, drei Wochen daran gewöhnt, dass Experten – in diesem Falle sind es die Virologen und Epidemologen – an vorderster Stelle sagen, was ist und was gemacht werden muss. Dass ist ziemlich ohne Beispiel. Wenn es in der Vergangenheit etwa um die Millionen Menschen betreffende Altersarmut ging oder um die ebenfalls Millionen betreffende Kinderarmut, standen Armutsexperten eher am Rande. Was die Corona-Debatte betrifft, bricht sich allmählich die Einsicht Bahn, dass auch andere Experten zu Wort kommen müssen. Psychologen, Soziologen usw. – Zum Behufe meines Bücherschreibens habe ich in Potsdam ein Büro in einem Künstlerinnen- und Künstlerhaus. Die Menschen um mich herum sind jetzt fast alle in ihrer Existenz bedroht, denn sie leben von Märkten, Ausstellungen, Publikumsverkehr. Die Frage des Bedingungslosen Grundeinkommens stellt sich mit neuer Kraft. Wie natürlich auch die nach einer endlich angemessenen Bezahlung all derer, die in den fürs Leben ganz unmittelbar notwendigen Berufen tätig sind. – An den „Tafeln“ sieht man besonders deutlich, wie die Gesellschaft wesentliche Teile der Daseinsvorsorge ins Ehrenamt und in die Freiwilligkeit von privaten Supermarktketten delegiert hat. Es gehört zu den bundespräsidialen Ritualen, dieses Ehrenamt mit (undotierten) Auszeichnungen zu würdigen und dabei zu betonen, wie unerlässlich es für alle ist. Jetzt hört man von Tafelschließungen, weil nichts mehr auszugeben ist. Was geschieht mit den Bedürftigen? – Billigflieger; Kreuzfahrtflotten; grenzenlose EU; Was-kostet-die Welt-Reisen noch in den fernsten Winkel – erinnert sich noch jemand? – „Die Nationen schotten sich ab, anstatt ihre Einheit unter Beweis zu stellen. Überall Riegel und Schlösser“, schreibt Paolo Rumiz. – Ich lese von Daniel Defoe „Die Pest in London“, bb-Taschenbuch vom Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1978. Ist es komisch, dass ich es ganz anders lese als vor 40 Jahren?

    • marie sagt:

      danke!

      ich frage mich, wie es langfristig weitergehen soll … da ich davon ausgehe, dass es den tag x gibt, an dem die corona-krise überwunden ist – wer? weiß mit welchen konsequenzen?

      ich kann mit vorstellen, dass dan im land ca. 30% der menschen auf hartz4-minimalem existenzniveau leben werden müssen – ein großer teil der insolventen geschäfte aufgekauft bzw. verschwunden sind … zu amazon (100.000 neueinstellungen)

      wird es eine währungsreform geben? einen schuldenerlaß? eine halbierung der ersparnisse? kein bargeld mehr?

      welche statistiken werden die bevölkerung lesen können … und welche schlußfolgerungen/gesetze << daraus?

      werden die ökonomisch-sozialen opfer der krise die gleiche zuwendung und aufmerksamkeit bekommen?

      wird sich GRUNDLEGEND im gesundheitswesen etwas ändern und aus der krise gelernt werden????

      fragen über fragen an einem tag, an dem es weder einen sicheren test gibt … und keine antwort auf meine gedanken: WAS danach "GEPLANT" ist … wieder mal NIX oder vielleicht sogar noch schlimmeres? kommt jetzt jedes jahr ein neuer virus????

      ich möchte konkrete antworten von der regierung!!!!!! … die ich auch hinterfragen darf!!!!!!

  26. Heinz Jakubowski sagt:

    Liebe Frau Nyborg, uns trennt offenkundig mindestens in der Corona-Causa manches, eines in jedem Falle: Ich bin Heinz Jakubowski, Sie aber ganz sicher nicht Birgitte Nyborg. H.J.

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Das sollte doch aber kein Grund sein, selbst unsauber zu zitieren oder, statt sich mit den vorgetragenen Fakten und Argumenten einer Autorin auseinanderzusetzen, diese in die Verschwörungstheorie-Ecke zu stellen.
      Oder bin ich da zu puristisch?

  27. Roswitha Clüver sagt:
  28. Heinz Jakubowski sagt:

    Wenn auch dort mit Frau Muthesius nicht komplett d´accord, so weiß ich seit langem ihre Kompetenz in Sachen Rüstung/Abrüstung und damit auch Friedenspolitik sehr zu schätzen. Kompetenz indes ist etwas, das – bis auf Universalgenies – in der Regel doch thematisch/sachlich eher punktuell verortet ist. Und so vermag ich mich für die von GM unübersehbare beanspruchte Kompetenz in der Corona-Causa eher weniger zu erwärmen. Denn inhaliert man ihren langen Text, dann bleibt als verknappter Extrakt: Eigentlich ist alles nur gewollte und unangemessene Hysterie mit dem Ziel, die Bürgerrechte auszuhebeln und zu Fall zu bringen.
    Dies nun scheint mir doch auch dann ein wenig schlicht, wenn sich für alles allweil Zeugen und Fakten finden lassen, mit denen man sich bestätigen kann, wie das auch bei andersartigen Analysen und Prophezeiungen probat ist. Wenn GM´s Konklusion allerdings zutreffen sollte – man weiß ja nie – dann muss man jenen finsteren politischen Kräften, die das alles inszenieren, attestieren, eine nie dagewesene und gar globale Leistung vollbracht zu haben, deren Überzeugungskraft darin gipfelt, für das genannte Ziel gern auch mal die eigene Wirtschaft und als Politiker sich auch selbst zu ruinieren.
    Dass entdeckt und geoffenbart zu haben, wäre dann natürlich ein unsterbliches (darf man den Begriff in Corona-Zeiten noch verwenden?) Verdienst. Wobei GM in einem weiteren Beitrag vielleicht ja noch nachreichen kann, was hier offenbar nur deshalb fehlt, weil es „den Rahmen des vorliegenden Beitrages“ gesprengt hätte, nämlich, worum es sich handelt, wenn nicht um die „die womöglich größte Massenhysterie der Moderne“, wie Gabor Steingart zitiert wird. Ein wenig immerhin deutet GM aber an, worum es sich handelt, allerdings um zugleich zu betonen, dass sich „wenn man es nicht besser wüsste“ „das Procedere der letzten Tage wie das Drehbuch einer rechtspopulistischen Machtübernahme lesen“ ließe.
    H.J.

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Diese Pointe findet sich bereits in dem bei Muthesius zitierten Text von Schlott in der Süddeutschen Zeitung: Die Maßnahmen des Jahres 2020 würden später als Präzedenzfälle für ganz andere Diktaturen benutzt werden. Das muss schließlich keine rechte sein, Schlott nennt eine „Gesundheitsdiktatur“. Die „grüne Diktatur“, in der nur noch Radfahren und veganes Essen erlaubt sind, wird ja konzeptionell bereits seit längerem vorbereitet.
      Deshalb war – Halten zu Gnaden! – mein von anderer Seite monierter Einwand, wem der derzeitige Zustand nicht passt, der soll doch sein „Widerstandsrecht“ ausüben, rausgehen und sich anstecken. Allerdings gilt dann der alte Satz: „Wer sich gern in Gefahr begibt, kommt darin um.“
      Zu Bertschens Einwendungen bezüglich Rechtsgrundlagen des Ausnahmezustandes sei angemerkt, dass in Deutschland die Bundesländer Staatscharakter haben. In diesem Sinne gibt es eine Institution, die im Bundesrecht dem Wort nach nicht vorgesehen ist, wohl aber der Sache nach, die Konferenz der Ministerpräsidenten. Die handeln ggf. auf der Grundlage ihrer jeweiligen Landesverfassung, wo das Bundesrecht nicht greift. In der Berliner Verf., per Volksentscheid angenommen am 22. Oktober 1995, steht in Art. 17: „Das Recht der Freizügigkeit, insbesondere die freie Wahl des Wohnsitzes, des Berufes und des Arbeitsplatzes, ist gewährleistet, findet aber seine Grenze in der Verpflichtung, bei Überwindung öffentlicher Notstände mitzuhelfen.“ Diese Notstände sind nicht an Krieg oder eine Naturkatastrophe gebunden. Im Art 26 heißt es: „Alle Männer und Frauen haben das Recht, sich zu gesetzlich zulässigen Zwecken friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.“ Was die gesetzlich zulässigen Zwecke sind, bestimmt der Gesetzgeber.
      Analoge Bestimmungen finden sich in allen Länderverfassungen. Eine grundstürzende Gesetzes- oder Verfassungslücke ist nicht auszumachen. Klagen gegen das derzeitige Ausnahmerecht sind von den Gerichten abgewiesen worden.

    • Franka Haustein sagt:

      Vielleicht sollte man den zugegebenermaßen „langen Text“ von Muthesius auf den NachDenkSeiten weniger inhalieren als einfach bloß lesen. Bei mir jedenfalls ist hängengeblieben: In Deutschland wird entgegen der dringlichen Empfehlung des Robert-Koch-Instituts für Coronatests bei denselben, fallen sie positiv aus, auf Kontrolltests verzichtet. Da die Charité zur dafür maßgeblichen Kennziffer (Spezifität) ihres Tests keine Angaben macht, kann man nicht gegenrechnen, wie hoch möglicherweise die Fehlerquote sein könnte. Bei Kontrolltests in China haben sich in bis zu 47 % der Fälle die Ergebnisse der Primärtests nicht bestätigt. Wieviel 47 % bei mit Stand von heute in Deutschland ausgewiesenen 31.554 positiv Getesteten sein könnten, kann jeder selbst ausrechnen.
      Ansonsten plädiert Muthesius ja nur dafür, auch andere Sachverhalte und Stimmen zur Kenntnis zu nehmen und frühere Epidemieerfahrungen (2017/2018) nicht gänzlich unter den Tisch fallen zulassen.
      Wenn im Übrigen Prof. Drosten der Mann der Stunde und offenbar auch der Regierung letzterer bescheinigt, von deren „Entscheidungen der letzten Tage“ seien nur wenige „rein evidenzbasiert, viele waren vor allem politisch“, dann ist das vonseiten eines Naturwissenschaftlers schon eine ziemlich herbe Kritik.
      All dies nicht zur Kenntnis zu nehmen bzw. mit der Bemerkung wegzuwischen, dass „sich für alles allweil Zeugen und Fakten finden lassen“, um Muthesius in die Ecke obskurer Verschwörungstheoretiker zu rücken, das erscheint mir nun doch etwas schlicht. Um nicht zu sagen – obskur …

    • Stephan Wohanka sagt:

      Herrn Jakubowski ist mit seinen Zeilen eine gelungene Analyse des Textes von GM gelungen. Was mich schon seit geraumer Zeit bewegt, und er bringt sozusagen „am Rande“ unter: Die „gar globale“ Dimension des Ganzen. Warum fallen selbst gestandene Autokraten und Diktatoren auf die „Hysterie“ der „schlappen“ Demokratien herein? Liegt eine – zumindest – Absprache einer weltwelt agierenden Virologengilde vor, die nach und nach alle Staaten unabhängig von Regierungs- und Verwaltungsstruktur in die „Quarantäne“ drängen? Denn es ist ja richtig, dass die Fallzahlen der Länder und ihre globale Addierung gemessen an den nationalen Populationen und der weltweiten äußerst gering sind. Da gibt es global grassierende Krankheiten, die weit mehr Menschen leben kosten als Corona. Und die kaum ein oder gar kein mediales Echo finden.

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Wenn man, was eine Autorin zitiert und als solches korrekt ausgewiesen hat (dass sich „wenn man es nicht besser wüsste“ „das Procedere der letzten Tage wie das Drehbuch einer rechtspopulistischen Machtübernahme lesen“ ließe), dieser dann 1 : 1 als deren eigene Meinung in den Mund legt, dann ist das unsauber argumentiert. Mindestens.
      Passt aber zur derzeitigen Streitkultur und zur ganzen Herangehensweise in der „gelungene(/n) Analyse des Textes von GM“ von H. Jakubowski.

  29. Herbert Bertsch sagt:

    Die bislang nützlichste Handlungsempfehlung im „Forum“ zum Haupt-Diskussionsgegenstand ist der Hinweis von Jürgen Scherer auf „Nachdenkseiten“ mit dem in- und extensiven Beitrag von „Blättchen“-Autorin Gabriele Muthesius. Beckmesserei zu dieser Bewertung bleibt unbenommen.
    Im Interesse der Sache dort platziert, ist das begrüßenswert, da der Leserkreis vermutlich größer als bei uns und schon deshalb vielleicht auch Persönlichkeiten erreicht, die etwas bewegen können, sollen, funktionsgemäß auch müssen. Ob Humanismus dabei die Triebkraft ist, wie Lars Niemann erkannt hat, das mag so sein. Herr Wohanka hat seinen Beitrag kürzlich weniger moralisch klingend mit der Frage begonnen, cui bono. Sehr empfehlenswerte Übung, auch für unser Verfahren.
    Es verbleibt dabei allerlei zu klären, insbesondere der Zusammenhang des medizinischen Problem mit der erfolgten Verhängung des Ausnahmezustands für Staat und Gesellschaft in Deutschland, auch wenn man tunlichst vermeidet, den Sachverhalt so zu benennen. Spanien z.B. ist in dieser Hinsicht nicht so zurückhaltend, hat trotz mancher Ähnlichkeit aber auch eine andere Geschichte und Erinnerungskultur.
    Das bei uns hat mit einem Geburtsmal des Grundgesetzes zu tun, dem Vorbehalt der westlichen Besatzungsmächte für die in Auftrag gegebene Verfassung; bei einem von ihnen erkannten äußeren oder inneren Notstand unmittelbar wieder die Macht zu übernehmen. So gab und gibt es keine Entsprechung zum Artikel 48 der Weimarer Verfassung.
    Stattdessen gibt es den späteren Komplex der Notstandsgesetzgebung mit sehr fragwürdigen, auch antidemokratischen Festlegungen. Auch hinsichtlich des Katastrophenfalls, der derzeit für den Staat Deutschland ungeachtet der Übertragung zahlreicher Legitimationen an Brüssel national erklärt wurde, zwar mit abschwächenden Begriffen, der grundlegend mit Sanktionen exekutiert wird. Und kaum ein Demokrat wagte – aus Angst vor Ansteckung, aus Desinteresse oder gefühlter Verantwortung – Widerspruch, von Widerstand nicht zu reden. FDP-Chef Lindner war es dem Anspruch seiner Partei allerdings schuldig, eine gelegentliche Beendigung der von ihm begrüßten Maßnahmen anzumahnen; ein gewiß notwendiger Hinweis.
    Wer ist in und für Deutschland jetzt der „Souverän“? Nach einem geflügelten Wort des unterschiedlich beleumdeten Staats- und Verfassungsrechtlers Carl Schmitt ist Souverän der, der den Ausnahmezustand verhängen und, auch mit exekutiver Gewalt, durchsetzen kann. Und wer hat das gerade ohne öffentliche Erörterung darüber in Kraft gesetzt? Der Gesetzgeber? Das Parlament, ein Notparlament oder doch in irgendeiner Form „das Volk“? Bei aller betonten Kollektivität auch mit der Groko im Eilverfahren: Kanzlerin Merkel war und ist es, auch aus häuslicher Quarantäne heraus. „Darf die denn das“, fragt der aufmerksame Beobachter. Die einen legen das so aus, wie getan, die anderen legen was drunter – oder auch drüber. Falls jemand dazu auf Bayern tippen sollte: Bingo!
    Erstaunlich, was so alles an dem Virus dranhängt! Unser Aspekt dabei mit politischer Langzeitwirkung, weil es nun eine bedeutende Erprobung gibt, der man sich künftig bedienen könnte: Der Ausnahmezustand funktioniert.
    Immerhin heißt das Hauptwerk von Schmitt für diesen Bezug „Die Diktatur“ (1921).

  30. Jürgen Scherer sagt:

    Sehr geehrter Herr Ernst!
    Glauben Sie wirklich vorurteilsbeladene Polemik huelfe weiter.
    Ich denke, kluge Auseinandersetzung mit dem Muthesiustext schon eher.

  31. H. Jakubowski sagt:

    Sehr geehrter Herr Septentrionalis (Ihren Vornamen kenne ich leider nicht, sonst würde ich ihn der Höflichkeit halber selbstredend verwenden),
    Ihrer Auffassung folgend, dass es eh ausschließlich auf den Inhalt von Veröffentlichungen ankomme und nicht auf den echten oder falschen Namen eines Autors, läßt sich hinsichtlich des Primats der Substanz eines wie auch immer gearteten Texte ja folgen; was sich mir indes nicht recht erklärt, ist die Frage, warum es weltweit und -geschichtlic h überhaupt Usus ist, Veröffentlichungen mit dem Namen eines Autors zu verbinden. Als läse man einen Göthe (oder wen auch immer) nicht auch ohne den Hinweis auf den Verfasser mit Gewinn.
    Ausgesprochen dankbar bin ich Ihnen für den Hinweis auf Tucholsky, ich werde umgehend googeln, wer das ist.
    H. Jakubowski

    • Septentrionalis sagt:

      “Im Prinzip” alles richtig, Herr Jakubowski, bei Ihrer Erwiderung an mich; aber:
      – Ihre Selbstverpflichtung, nach Tucholsky googeln zu wollen, sollte nicht zum Ziel haben, zu erfahren, wer das ist, sondern wie viele.
      – Ihr Bedauern, daß Sie meinen Vornamen nicht kennen, muß Sie nicht weiter grämen. Sie können nicht fündig werden; mein Pseudonym – das haben Sie richtig vermutet – hat was mit Sternen zu tun. Und bei deren Benennung sind Vornamen außerordentlich selten.
      – Was die Höflichkeit von und für Personen gebietet, die sich nicht kennen und erstmals miteinander kommunizieren, da ist der Zusatz des Vornamens bei direkter Anrede nicht unbedingt geboten; dazu haben wir noch Potenzial.
      Meinerseits verbleibe ich daher gern bei und mit freundlichen Grüßen an Sie!

  32. Jürgen Scherer sagt:

    Sehr geehrter Herr Niemann!
    Ihrer Aussage in Zeiten dieser Pandemie sei es nicht an der Zeit, politische Auseinandersetzungen zu führen, widerspreche ich nachdrücklich. Als sicher unverdächtige Zeugin rufe ich die Blättchenautorin Gabriele Muthesius auf: Siehe hier:
    http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/200324-Gabriele-Muthesius-Die-Corona-Krise.pdf
    Mit freundlichen Grüßen
    Jürgen Scherer

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Na dann, auf zur großen Kampfdemonstration für die Aufrechterhaltung der wohlerworbenen Rechte! Am besten auf dem Gendarmenmarkt. Je dichter die Kämpfer und -innen stehen, desto schneller wird die „Herdenimmunität“ erreicht.
      Man kann aber heute auch Götz Aly in der Berliner Zeitung lesen, über die Toten der „Spanischen Grippe“ 1918/19 und die damaligen Versäumnisse der Behörden auch in Berlin.

  33. Klaus Benkwitz sagt:

    Hallo,
    mich würde interessieren, ob Edgar Benkwitz der DDR-Meister über 400 m von 1962 ist. Da ich den gleichen Nachnamen trage, das ähnliche Alter habe, ist mein Interesse verständlich, oder?

    Ihre Zeitschrift ist sehr gut und liegt gesellschaftlich auf meiner Denkebene, macht weiter so.

    • Red. sagt:

      Ja, Dr. Edgar Benkwitz ist der ehemalige DDR-Meister.
      Die Red.

  34. Lars Niemann sagt:

    Nun bin ich zwar ganz sicher kein „führender“ und noch nicht einmal mehr ein praktizierender, aber immerhin ein früherer Virologe und bilde mir ein, zumindest ansatzweise zu verstehen, was da um uns herum vor sich geht. Und möchte deshalb unterstreichen: die Situation ist sehr ernst. Ein Risiko wird gemeinhin definiert als das Produkt aus der Schwere des zu erwartenden Schadens und seiner Eintrittswahrscheinlichkeit (Risikobewertung ist übrigens jetzt meine Profession). Der maximale Schaden sind schwere Krankheitsverläufe, also solche, die intensivmedizinische Behandlung mit Beatmung erforderlich machen, und der Tod durch eine Covid19-Infektion, unabhängig davon, ob Vorerkrankungen bestanden, wie sie schlichtweg für ältere Menschen typisch, aber auch bei jüngeren Leuten häufig und diesen manchmal gar nicht bewusst sind. Der mögliche Schaden (das sogenannte „Hazard“) ist also hoch. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist sogar sehr hoch, weil dieses Virus hoch infektiös und für unser Immunsystem ganz neu ist. Da sehr viele Menschen infiziert sind oder es werden, von denen wiederum ein relevanter Teil (niemand weiß derzeit, wie viele) erkranken werden, kommt es zwangsläufig zu vielen schweren Verläufen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit des schweren Schadens ist somit sehr hoch, insgesamt gesehen also auch das Risiko. Das ist ein Unterschied z.B. zur SARS-Epidemie, die zwar mit einer viel höheren Letalität (Sterblichkeit der Erkrankten) belastet war, aber für die das Ansteckungsrisiko (zumindest in Europa) und damit unterm Strich das Risiko viel geringer war. Es ist also angemessen, extreme Maßnahmen zur Eindämmung zu ergreifen und vollkommen unbegründet, die Kanzlerin oder die Bundesregierung hierfür zu schelten. Hier wird aus Humanismus gehandelt, wobei sogar die krassen wirtschaftlichen Folgen in Kauf genommen werden. Für mich drückt sich in einigen Kommentaren, auch hier im Forum, eher ein geradezu irrationaler Hass auf die derzeitige gesellschaftliche Ordnung aus, der nichts mehr mit berechtigter Kritik und praktikablen Reformvorschlägen zu tun hat. Eine Pandemie ist der falsche Zeitpunkt für politische Auseinandersetzungen. Die für mich wesentliche Frage ist eher die, wann, wie rasch und in welcher Reihenfolge die Zwangsmaßnahmen wieder gelockert werden (können) und aufgrund welcher Parameter und Überlegungen diese Entscheidungen dann getroffen werden. Aus der Epidemiologie ist bekannt, dass manche Seuchenzüge mehrere Wellen hatten, wobei die Symptomatik in einer zweiten anders und noch schwerer sein kann. Über diese Entscheidungen muss (und wird) dann sicher noch viel mehr diskutiert werden, wobei die Fachleute schon das letzte Wort haben sollten.

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Lieber Herr Niemann,

      dass die Fachleute das letzte Wort haben sollten, erscheint mir mitnichten als Königsweg. Prof. Drosten/Charité sagt so, Prof. Kekulé/MLU sagt anders und Frau Prof. Mölling/Wien widerspricht beiden.
      Da Sie Virologe sind, wissen Sie natürlich, dass quasi jedes Jahr ein mutiertes Grippe-Virus den Weg zu uns findet. Weswegen der aktuelle Impfstoff dann stets nur gegen die Influenza vom Vorjahr hilft. Das beschwört immer mal wieder sehr gefährliche Situationen herauf. Wie 2017/2018 mit weltweit 1,5 Mio. Todesopfern (lt. Prof. Mölling) und bei uns immerhin 25.000 (lt. Robert-Koch-Institut). Kein Mensch ist da aber auf die Idee gekommen, auch nicht aus Gründen der Humanität, das ganze Land in einen Ausnahmezustand zu versetzen, wie es gerade der Fall ist, und eine Wirtschaftskrise vorsätzlich herbeizuführen. Man muss sich nur mal vorstellen, dass wäre im nächsten Jahr gleich wieder so. Dann begehen wir ganz schnell Selbstmord aus Angst vor dem Tod, wo es eigentlich nur um ein – nach allem, was man bisher weiß – mäßig letales Virus geht..
      Was nach dieser Krise unbedingt zu diskutieren sein wird: Wie halten wir unser Gesundheitssystem auf einem Level, dass es mit solchen Epidemien fertig wird. Wie 2017/18. Schluss mit immer neuen Sparrunden. Und nicht nur Schluss mit Profitmacherei im Gesundheitsbereich, sondern durchgängige staatliche Hoheit über Kliniken, Krankenhäuser und Labore! Das schiene mir eine angemessene Konsequenz.

    • Heinz Jakubowski sagt:

      Danke, Herr Niemann!
      Wie wohltuend, wenn jemand es vermag, Urteile außerhalb tradierter ideologischer Muster zu fällen!
      Auf zwei andere Forum-Einträge bezogen: Ich bin jedesmal entzückt, wenn jemand einem Autor oder gar einer kompletten Publikation wie dem Blättchen d i e „Weltbühne“ oder d e n Tucholsky entgegenhält; wieder einmal sind da Kenner am Werk, und deren Verdikt ein scharfes Schwert.
      Für die wenigen, die sich noch nicht zu jenen zählen können: Die Blättchen-Redaktion ist seit fast 20 Jahren im Besitz des Propyläen-Nachdrucks der kompletten WB, und – natürlich mit oberflächlichen Unverständnis – hat der eine oder andere Redakteur auch darin gelesen. Was ihm allerdings gegen die wahren Nachlasswalter auch nicht hilft.
      H.J.

    • marie sagt:

      in einem gesundheitssystem, in welchem – trotz zahlreicher warnungen und hinweise auf die REALE situation und eine jahrzehnte lange zunahme von prekären umständen von mensche und material nicht reagiert wurde !!! ist NATÜRLICH!!! nichts gutes zu erwarten … denn bis HEUTE: keine masken, keine schutzbekleidung, keine flächendeckende desinfektion von z.b. öffentlichem nahverkehr u.a. relevanten einrichtungen, bettennot und ökonomische „regelungen/gesetze“, welchen jeden verantwortlichen mediziner in gewissensnot bringe müssen …. undundund

      NUN: aus dieser prekären – von politikern verantwortende situation – am panik-rad zu drehen und dies bei fast UNVERÄNDERTEN mangel-zuständen … muss ich doch nicht kritiklos bejubeln – sondern evtl. meinen beitrag dazu leisten, dass soetwas nie wieder vorkommen mag …

      die vorsorge war nicht gegeben!!! und eine virus-epedemie hat ihre eigenen regeln … und wer zu spät kommt kann nicht die anfangs versäumten maßnahmen nach- und aussitzen … aus „ideologisch-geostrategische“ gründen schon gar nicht = es ist menschenverachtend die hilfsangebote des „klassenfeindes“ auszuschlagen …. letztendlich tobt hier m.m.n. ein machtkampf auf kosten der bevölkerung

      wie soll dieser rückstand durch bewußte versäumnisse denn nachgeholt werden???? bei einem VIRUS!!!!

      ehrlich: solange die mediziner (und die gesamte bevölkerung!!!!) KEINE materiellen schutz- und desinfektionsmöglichkeiten haben, ist alles leider nur regierungspropaganda und wir werden deren folgen sehen >>> massenhafte insolvenzen und eine noch nicht mal garantierte richtungsänderung im gesundheitswesen … kultur-bildung-sport brechen zusammen und depressionen aus

      natürlich sollen die virologen ihr bestes geben … doch es gibt ein danach … wo wir dann weitere gesellschaftliche folgen haben werden …

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Nachtrag zu meiner Replik auf Herrn Niemann:
      Diese Meldungen versammelte der Ex-Herausgeber des Handelsblattes, G. Steingart, heute auf seiner Website:
      „die Infektionswege zwischen Virus und Volkswirtschaft sind kurz. Corona kennt die Abkürzungen:
      ► Weltweit könnte die soeben gestartete Weltwirtschaftskrise bis zu 24,7 Millionen Jobs kosten, sagt die International Labor Organisation in Genf. Nach der Finanzkrise 2008 gingen weltweit rund 22 Millionen Jobs verloren.
      ► James Bullard, Mitglied des Führungsgremiums der US-Notenbank, sieht die amerikanische Arbeitslosenquote im zweiten Quartal sogar auf 30 Prozent hochschießen. Zum Vergleich: Im Laufe der Weltwirtschaftskrise in den Dreißigerjahren lag die höchste Arbeitslosenquote in den USA bei knapp 25 Prozent.
      ► Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller antwortet auf die Frage, wie tief die Kurse an den Börsen noch fallen werden: ‚Die Krise wird noch immer unterschätzt.‘
      ► Der Ex-Deutschlandchef von Goldman Sachs, Alexander Dibelius, erwartet die ‚größte globale Rezession seit 100 Jahren‘“.

  35. Heinz Jakubowski sagt:

    Wie in der Publizistik überhaupt ist es in einem Leserforum ziemlich üblich und meist durchaus angängig, mit Pseudonymen zu arbeiten. Wenn in einer seriösen Publikation eine inhaltliche Auseinandersetzung allerdings eine sehr relevante Schärfe erreicht (was ebenfalls akzeptabel ist), wäre es der Seriosität dieser Dispute sehr dienlich und vor allem ehrlicher, wenn auf eine solche Deckung verzichtet würde.
    „Marie“ sagt als Kürzel dabei ebenso wenig aus wie die Namen des längst verblichenen Rudolf Caracciola, eines Ex-Rennfahrers (und übrigens Obersturmführer im Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps NSKK) oder der dänischen Serienheldin Birgitte Nyborg. Mein Respekt gilt Disputaten wie Stephan Wohanka, Wolfgang Brauer oder Erhard Weinholz u.a.m.
    Heinz Jakubowski

    • Heinz Jakubowski sagt:

      SORRY WEGEN MEINER ÜBERSEHENEN TIPPFEHLER,
      H.J.

    • Ralf Nachtmann sagt:

      danke für den letzten satz, das sehe ich genau so.
      nur ein kleiner schwenk zum „thema“: wer kann, bitte den bundestagsabgeordneten seines vetrauens/seiner wahl und die drucksache 17/12051 des deutschen bundestags. in der vorlage von januar 2012 (!) ist nicht nur das aktuelle szenario hellsichtig beschrieben, sondern auch alle zu treffenden maßnahmen. nur: heute man hat sie nicht bzw. in den meisten fällen viel zu spät getroffen. warum wohl? die wahrheit würde, um es mit einem ex-mimnister zu sagen, „weite teile der bevölkerung verunsichern“. oder etwa nicht?
      wünsche allseits beste gesundheit
      ralf nachtmann

    • Septentrionalis sagt:

      Der Bitte von Herrn Jakubowski um Nachsicht für Tippfehler kann gern entsprochen werden, zumal der Fehltipp “Disputat” auch ganz reizvoll ist: Handelt es sich dabei doch um den Gegenstand von Auseinandersetzung; dafür kann man sich die von ihm Benannten auch gut vorstellen. Zu den unterschiedlichen, vielleicht entgegen gesetzten Standpunkten in der Diskussion ist der Beitrag insgesamt hingegen nicht so erhellend, dazu eher nichts sagend.
      Da wir “im Krieg” gegen das Virus sind, mag die Vermutung geäußert werden, hier wird aus nicht ersichtlichen Gründen ein “Nebenkriegsschauplatz” eröffnet. Was könnte sich beim Verzicht auf das Pseudonym an der Qualität des hoffentlich verständlich formulierten Gedankens verändern? Hinsichtlich der Substanz möchte ich die ausgewogene Absichtserklärung von Herrn Brauer unterstützen: Wehret den Verletzungen, wenigstens ab jetzt.
      Zum Anliegen von Herrn J.:
      Gestern, nach der Erklärung der Kanzlerin zu den verschärften Maßnahmen und der Aussicht von “Unternehmen” auf großzügigen Ausgleich von Verlusten als “fond perdu”, gab es auf die Information in der “Zeit” bis 18.10 Uhr 8.438 Kommentare, alle mit Pseudonym als Absender. Und welche Skala der gewählten Namen! Dabei haben sich manche mehrmals zu Wort gemeldet, was gesonderte Diskussionen auslöste, so z.B. die Idee. die eigentliche Risikogruppe der 80 – 90 Jährigen zu isolieren, den größeren Rest dann mit wenig Krankheitsverlauf durchseuchen – und das wär’s.
      Jedenfalls, so hält es “Die Zeit” mit Pseudonymen. “Neues Deutschland” und “Junge Welt” z.B. haben andere Tradition und Praxis. Da gehört der standesamtlich gültige Name zum Leserbrief, vielleicht als Teil der Botschaft. Im “Blättchen” ist es mit der bisherigen Praxis – die einen so, die andern anders – ganz gut gegangen. Jedenfalls bis zum heutigen moralischen Verdikt.
      Dazu noch: Tucholsky soll ja auch mal als solcher, dann auch wiederholt als anderer veröffentlich haben.

    • Rudolph Caracciola sagt:

      Dass Sie mich, lieber Herr Jakubowski, mit dem einst erfolgreichsten Rennfahrer Europas assoziieren, hat schon was. Ist aber zu viel der Ehre. Jener Rudolf schrieb sich hinten mit „f“, bei mir ist’s ein „ph“.
      Dass der Mann Obersturmführer im NSKK war ist natürlich kritikwürdig. Doch damit nicht der Eindruck entsteht, das war ein aktiver Nazi-Verbrecher, sollte schon erwähnt werden dürfen, was man bei Wikipedia findet: Während des gesamten 2. Weltkrieges lebte C. in der Schweiz. So viel immerhin …

  36. Wolfgang Brauer sagt:

    Frau Nyborg, Sie haben recht, die Streitkultur ist auf den Hund gekommen. Dazu gehören aber auch Ihre argumentativen Endlosschleifen. Lassen Sie doch einfach mal anderer Leute Meinung stehen. Sie sind doch selbst nicht bereit, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Die Argumente sind ausgetauscht, der Erkenntniswert dieser Debatte hält sich inzwischen in Grenzen. Jetzt kommen wahrscheinlich die Verletzungen. Das kann keiner wollen.

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Lieber Herr Brauer

      es würde die Diskussion vielleicht essenziell befördern, wenn Sie hin und wieder auch ein inhaltliches Argument zur Hand hätten.
      Ihren Appell, „einfach mal anderer Leute Meinung stehen“ zu lassen, den können Sie so doch nicht ernst meinen, wenn Sie ihn auf Herrn Mankwald beziehen. Dessen „Argumentation“ im Hinblick auf mögliche Millionen Sieche und Tote in Deutschland ist so falsch wie Panik machend, dass sie im Interesse der verunsicherten Öffentlichkeit einfach nicht so stehen lassen darf. Schon gar nicht, lieber Herr Brauer, wenn man sich in der Tradition von Jacobsohn, Tucholsky und Ossietzky wähnt. Auch wenn man damit gegen den epidemischen Schwachsinn, wie er sich gerade wieder in den Ergebnissen der jüngsten Videokonferenz von Merkel & Co. manifestiert hat, nichts mehr ausrichten wird können.

    • wolfgangbr sagt:

      Sehr geehrte Frau Nyborg,
      das war jetzt eine sich rasch erfüllende Prophezeiung („Jetzt kommen wahrscheinlich die Verletzungen“, hatte ich geschrieben).
      Kommen Sie aus Ihrer Deckung, zum Diskurs mit Phantomen habe ich, ehrlich gesagt, keine Lust. Ich kann nur raten, Sie haben offensichtlich die Kompetenz dazu, von den einigermaßen oberflächlichen – wiewohl überzeugend aussehenden, die sozialen Netzwerke quellen davon über – Zahlenvergleichen abzugehen und sich den tatsächlichen oder vermeintlichen Besonderheiten von COVID-19 zuzuwenden. Ich bin kein Virologe und maße mir darüber kein Urteil an. Das ist tatsächlich ein naturwissenschaftliches, ein virologisches Problem. Schreiben Sie uns doch einfach einen Artikel darüber. Und keine Sorge, ins „Blättchen“ passt er auch gegebenenfalls. Wir haben auch über Gravitationswellen und das Higgs-Teilchen geschrieben. Auch nicht leicht …
      Mit freundlichen Grüßen
      Wolfgang Brauer

  37. Stephan Wohanka sagt:

    Cui bono? Oder abgewandelt – der Hintergrund der momentan hier geführten „Corona-Debatte“ ist die Frage, warum die Politik so agiert wie sie agiert, warum sie so krasse Einschnitte in Bürgerrechte, Wirtschaft, Kunst und Kultur vornimmt? Eine Merkel gibt nicht eben mal ihre politische Lethargie auf, in die schon seit längerer Zeit gefallen war, um plötzlich wieder „Handlungsfähigkeit“ zu beweisen. Oder entschiede sich plötzlich in Carl Schmittcher Manier für den Ausnahmezustand, da dessen Verhängung von wahrer Souveränität kündete – wie heute in einer Zeitung zu lesen. Ein Scholz gibt nicht ohne Weiteres die von ihm sorgsam gehütete Schwarze Null auf; wollte er doch als Sozi vormachen, dass er ebenso wie sein Vorgänger Schäuble mit „unserem Geld“ umgehen könne. Warum also tun sie das? Dass sie das Land ruinieren wollen, damit es dann als leichte Beute wahlweise einer „Umvolkung“ oder „dem Islam“ anheimfiele, was aufs Gleiche hinauskäme, ist wohl auszuschließen. Wobei es der Sache dann sicherlich dienlicher wäre, das Virus wüten zu lassen…
    Es ist zu unterstellen, dass Merkel, Spahn und andere die Zahlen der jährlichen Grippeerkrankungen hierzulande kennen einschließlich des schweren Verlaufes 2017/18. Und auch in dieser Grippesaison liegen wohl die Zahlen der Infizieren und Gestorbenen (noch) deutlich über denen, die der Corona-Erkrankungen zuzuschreiben sind. Und mehr noch – auch dieser Personenkreis fragt sich ganz bestimmt: Ist das nicht alles ein wenig übertrieben, was wir da tun und veranlassen?
    Ulrich Busch schreibt im aktuellen Blättchen: „Warum finden die Erkenntnisse und Anregungen der Wissenschaft keine sofortige und vollständige Umsetzung in der Politik? Auf diese Fragen gibt es triviale Antworten, wie zum Beispiel den Verweis auf die unzureichende Fähigkeit einiger Politiker, wissenschaftliche Aussagen zu verstehen und deren Tragweite zu begreifen. Oder den Hinweis, dass sich die Erkenntnisse von Wissenschaftlern meistens auf größere Zeiträume beziehen, Politiker aber eher kurzzeitig planen und handeln, zumeist im Zyklus von Wahlperioden, was ihren Horizont einschränkt.“ Hier trifft in allem der gegenteilige Fall zu: „Erkenntnisse und Anregungen der Wissenschaft“ finden eine „sofortige und vollständige Umsetzung in der Politik“, die „unzureichende Fähigkeit einiger Politiker, wissenschaftliche Aussagen zu verstehen und deren Tragweite zu begreifen“ wird dadurch wettgemacht, dass Merkel selber Naturwissenschaftlerin ist und so im Vergleich zu ihren Amtskollegen europaweit doch wohl einen fundierten Zugang zu wissenschaftlichen Aussagen hat (und nicht wie diese davon redet, das Land befände sich „im Kriege“) und drittens momentan tatsächlich „Politiker eher kurzzeitig planen und handeln“.
    Also – was treibt sie? Ich vermag nur ein Motiv auszumachen: Angst vor der Verantwortung oder Verantwortung als solche. Das klingt paradox. Ersteres meint, dass – reagierten sie nicht auf die steigenden Fallzahlen hierzulande und auch anderswo und die daraus folgenden Todesfälle – sie später dafür zur Verantwortung gezogen würden, nicht gehandelt zu haben; also eine negative Wahrnehmung von Verantwortung. „Verantwortung als solche“ meint dagegen, dass die in Rede stehenden Politiker ihre qua Amt übernommene Verantwortung als Pflichtgefühl verstehen und sofort danach handeln. Dass der pflichtbewusst handelnde Politiker sich dann auch eine politische Rendite erhofft, ja erhoffen darf, finde ich in Ordnung. Denn die „Wissenschaft“ bedeutet ihnen eindringlichst, dass sie rasch und konsequent handeln sollten, wie allenthalben nachzulesen ist und hier nicht wiederholt werden muss. Auffällig ist dabei, dass die führenden Virologen sich einig sind darin, wie groß die Gefahr, die Bedrohung sei, uneinig sind sie in der Härte der zu verhängenden Maßnahmen und in der Schnelligkeit, in der sie zu treffen seien. Auch das „alternativlos“ sein – der Merkelsche brand schlechthin – hängt im Coronafall wohl damit zusammen.

    • Klaus Müller sagt:

      Ich weiß nicht, ob der Lungenarzt Wolfgang Wodarg zu den „führenden“ Virologen zählt. Er wird in den Medien momentan stark angegriffen, weil er das Corona-Virus anders bewertet als die Mehrheit seiner Kollegen. Auch wenn er Unrecht haben mag – ich kann das nicht beurteilen – sind die auf seiner Homepage veröffentlichten Kommentare immerhin lesenswert: https://www.wodarg.com/.

  38. Birgitte Nyborg sagt:

    Kommunikation in Zeiten der Krise:

    Heute früh meldete die (seriöse) SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: „Mehr als 800 Tote am Samstag in Italien. Noch nie seit dem Ausbruch der Pandemie sind in dem Land von den Behörden derart viele Opfer an einem einzigen Tag gemeldet worden. Insgesamt liegt die Zahl der Menschen, die infolge des Coronavirus ums Leben gekommen sind, nun bei 4825, teilte der Zivilschutz in Rom mit.“ (https://nl-link.sueddeutsche.de/u/gm.php?prm=oGzIe6kxt2_783191557_1439793_5152)

    Bereits gestern hatte ein offizieller italienischer Sprecher bestätigt, was experten bereits vermuteten: Die Behörden unterscheiden bei ihren Angaben gar nicht nach Corona-Opfern und anderen Ursachen! Kam in der Tagesschau, 20:15 Uhr, etwa ab Minute 10:30.

    Es waren gestern also nicht, wie die SZ meldet, 800 Corona-Opfer, sondern 800 Verstorbene auf 60,5 Mio. Einwohner.
    Wie über Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_Italiens#Geburten_und_Todesf%C3%A4lle_seit_1900) leicht zu ermitteln ist, sterben in Italien im Mittel 1700 Menschen pro Tag. Da war gestern wohl eher Flaute …

    Liebe SZ, so schürt man Ängste und Panik. Das ist kein Journalismus, das ist Volksverdummung. Fragt sich nur noch, ob aus Inkompetenz oder mit Vorsatz.

    P.S.: Auch die Tagesschau sprach übrigens vom „bislang schwärzesten Tag“ für Italien und bezeichnete die 800 Toten des Tages pauschal als Corona-Opfer.

    • Liebe Mitlesende,
      die unten stehende Quelle ist wohl jeder Linkssektiererei unverdächtig.
      Umso mehr fällt ins Gewicht, dass auch sie diese Information als real anerkennt und weitergibt.
      Andreas Peglau

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.3.20:
      99 Prozent der Todesfälle mit Vorerkrankungen
      Nach einer am Dienstag veröffentlichen Erhebung des nationalen italienischen Gesundheitsamts (ISS), die auf der Untersuchung von 2000 Todesfällen beruht, litten mehr als 99 Prozent der Verstorbenen an einer oder mehreren Vorerkrankungen. Nur bei drei Personen – das entspricht 0,8 Prozent der Untersuchten – seien vor der Infektion mit dem Coronavirus keine Vorerkrankungen bekannt gewesen. 48,5 Prozent der Todesopfer litten unter drei Vorerkrankungen, bei 25,6 Prozent wurden zwei Erkrankungen und bei 25,1 Prozent eine Vorerkrankung festgestellt. Bei mehr als drei Viertel der Untersuchten wurde Bluthochdruck festgestellt. Bei gut einem Drittel wurde zuvor Diabetes und bei einem weiteren Drittel eine Herzkrankheit diagnostiziert.

      Das Durchschnittsalter der nach einer Coronavirus-Infektion Verstorbenen lag der Studie zufolge bei 79,5 Jahren. Am gefährdetsten ist die Alterskohorte zwischen 80 und 90 Jahren. Bis zum 17. März wurden insgesamt nur 17 Personen unter 50 Jahren unter den Todesopfern registriert. Rund 70 Prozent der Todesopfer waren Männer. Bei den Todesopfern unter 40 Jahren handelte es sich sogar ausschließlich um Männer mit schwerwiegenden Vorerkrankungen – etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nierenleiden oder Diabetes.

      https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/corona-pandemie-warum-sterben-in-italien-so-viele-16688344.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

  39. Helmut Donat sagt:

    Ich kann Wolfgang Brauer nur zustimmen. Es ist sehr leicht, die Corona-Toten gegen die an Hunger sterbenden Kinder auszuspielen. Zu beklagen ist beides, ohne das Eine gegen das Andere aufzuwiegen. Festzustellen ist, dass es seit langem zur Mentalität vieler Deutschen gehört – von links bis rechts – zur Hysterie zu neigen und Bedrohungsängste auszuleben. Dafür gibt es eine Reihe von historischen Beispielen. Als z.B. im August 1914 das Gerücht aufkam, französische Goldautos seien unterwegs nach Russland, um den Krieg des Zarenreiches zu unterstützen, brach eine sogenannte „Spionitis“ aus. Reichsweit wurden auf den Straßen von Bürgern Barrikaden aufgebaut, Autos angehalten, und wer sich nicht ausweisen konnte oder fremdländisch aussah, hatte schlechte Karten. Den spanischen Konsul in Bremen hat man z.B. auf seinem Weg über die Weserbrücke in die Stadt zusammengeschlagen. Theodor Lessing ist im August 1914 bei seiner Rückkehr nach Hannover wegen seinen Aussehens auf dem Hauptbahnhof verhaftet und erst einmal ins Gefängnis verfrachtet worden. Ähnlich verhält es sich mit der in vielen Städten im August 1914 auftretenden „Zeppelin-Furcht“. Bürger rotteten sich in Berlin, Bremen und anderen Städten zusammen und schossen mit Gewehren auf Wolkengebilde, in denen sie englische Zeppeline sahen, die, wie sie in ihrer Hysterie glaubten, Bomben abwerfen würden. Man sage nicht, das alles sei ja schon so lange her. Nein, die Klo-Papier-Hysterie bringt es an den Tag, wie schnell eingebildete Ängste Regale leerzufegen vermögen. Gerade hilflos sind dazu die Erklärungen von manchen Psychologen, die offenbar die Mentaliät ihres Volkes nicht viel besser kennen als die eigene.
    Es ist mehr als angebracht, sich zurückzuhalten, vor Ansteckung zu schützen – und nicht mit den Wölfen zu heulen.

  40. Wolfgang Brauer sagt:

    Ja, auch mich nervt es zutiefst, dass das Corona-Thema alles andere zu überdecken scheint. Auch ich halte vieles Verordnete für übertrieben, in der Sache für falsch und unangemessen. Und es entsetzt mich, wie bereitwillig viele Menschen auf elementare Freiheitsrechte zu verzichten gewillt sind. Aber eine gewisse pseudo-intellektuelle Besserwisserei, die ich nur aus den sozialen Netzwerken kenne und die sich jetzt auch im „Blättchen“-Forum breitzumachen scheint, ist nichts anderes als die Kehrseite der Medaille.
    Es ist einfach nur zynisch, Menschen, die sich hilflosen Ängsten ausgeliefert sehen, die toten Kinder in anderen Ländern unter die Nase zu rubbeln. Es ist einfach nur zynisch, jetzt seine Witzchen über eine Rede der Kanzlerin zu machen – die wirklich nicht „meine Wahl“ ist -, die angesichts der Hysterie, die die Politik von links bis rechts angesichts der aktuellen Krise befallen hat, von einer erstaunlichen Zurückhaltung und Ausgewogenheit geprägt ist. Das ist nicht mehr als die alte billige „Merkel muss weg“-Pöbelei, die erst von links hochgekocht und dann von den Rechten übernommen wurde. Ja, da waren auch Haare in der Suppe. Aber das ist allemal kein Grund, das eigene Toupet hinterherzuschmeißen.
    Mich macht es einigermaßen hilflos, wenn ich lese, wie die Unkultur, die in den sozialen Netzwerken wuchert, auf unser „Blättchen“-Forum übergreift.

    • marie sagt:

      schon interessant, wenn ganz reale tatsachen aus dem eigenen dunstkreis ignoriert werden sollen – weil sonst zynismus-vorwürfe rausgeholt werden …

      besser doch wohl die kampagnenhaften angst-phobien gut züchten … woher kenne ich das nur???

      aus der aufklärung wohl eher nicht … und wehe!!!! das blättchen fängt jetzt noch in tucholskys sinn damit an …

      immer schön betroffen bleiben und tief darin versinken … doch gern ohne mich … tucholsky hilf^^ oder was machen sie hier in deinem namen???

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Sehr geehrter Herr Brauer,
      die Schelte ist natürlich Ihr gutes Recht, aber den TV-Auftritt der Kanzlerin als Zeichen „einer erstaunlichen Zurückhaltung und Ausgewogenheit“ zu werten, das kann man wirklich nur, wie Sie es getan haben, wenn man sie zur übrigen Hysterie ins Verhältnis setzt.
      Bitte recherchieren Sie einfach mal unter Umgehung des allgemeinen Tenors: Wir haben derzeit eine Lage, die sehr, sehr fern der Grippewelle 2017/2018 (laut Robert-Koch-Institut 25.000 Todesfälle hierzulande) liegt. Trotzdem wird unter der Ägide der Kanzlerin das ganze Land lahmgelegt. Für ein Virus, das in nicht einmal fünf Prozent der Fälle ernsthafte Erkrankungen hervorruft? Soll das künftig bei jedem vergleichbaren Virus so laufen? Das wäre dann ein Weg zu Abschaffung des Kapitalismus, für den selbst Marx und Lenin die revolutionäre Phantasie gefehlt hätte …
      Im Übrigen: Wie sich der Irrsinn anfühlt, wenn er Alltag wird, darüber gibt’s bereits die ersten Berichte: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/coronavirus-muenchen-ausgangsbeschraenkung-polizei-1.4853296?sc_src=email_1439336&sc_lid=129624765&sc_uid=oGzIe6kxt2&sc_llid=61025&utm_medium=email&utm_source=emarsys&utm_content=www.sueddeutsche.de%2Fmuenchen%2Fcoronavirus-muenchen-ausgangsbeschraenkung-polizei-1.4853296&utm_campaign=Espresso+am+Abend+21.03.2020

  41. Jürgen Scherer sagt:

    Was lernen wir daraus?
    Blut, Schweiß und Tränen, das sind die Module, die eine Gesellschaft, inzwischen heißt es ja Gemeinschaft, zusammenhalten sollen. Da ist eine wenig Geschichtsklitterung hilfreich. Hilfreich in Zeiten, in denen Aufmärsche vor Russlands Grenze zur Normalität werden sollen und in denen im Europaparlament die Geschichte im Sinne des sogennanten Westens umgedeutet wird, in denen die Bundeswehr Auslandseinsätze ohne großes Murren der Bevölkerung absolviert, in denen das Gesundheitssystem gegen die Wand gefahren wird und gegen Katastrophen nicht gewappnet ist, in denen die innere Aufrüstung noch nicht so weit gediehen ist, wie eigentlich gewünscht. Sie bleibt sich und dem Neoliberalismus treu, unsere Kanzlerin: Nebelkerzen werfen und gleichzeitig Gehorsam einüben.

  42. Birgitte Nyborg sagt:

    Hilfe! Wenn es jetzt die Kanzlerin auch noch am Kopf hat, dann gnade uns Gott!
    Die Korona-Krise, so die Dame in Ihrem Fernsehappell ans Volk, sei die größte Herausforderung seit 1945.
    Ja, geht’s noch!
    Corona in Deutschland hat bisher nicht mal die Ausmaße eines stinknormalen Grippewinters. Und das soll das Zweitschlimmste gleich nach 50 Millionen Toten und in Schutt und Asche gelegten Ländern wie der Sowjetunion, Polen und Deutschland sein?
    Selbst von einer promovierten Physikerin sollte man doch elementare historische Grundkenntnisse erwarten dürfen.

    • Sehr geehrte Frau Nyborg,

      ist das in Bergamo und anderswo in Italien, Spanien, Frankreich ein „stinknormaler Grippewinter“? Es erinnert doch eher an Dantes Inferno – oder, genauer, an die Pest, die Boccacio in seinem Decamerone beschrieb.

      Frau Merkel hat in ihrem Studium jedenfalls gelernt, was eine Exponentialfunktion ist. Ein Beispiel aus der Physik möge dies verdeutlichen: gewisse radioaktive Atomkerne neigen dazu, ohne erkennbaren Anlass in zwei Teile zu zerfallen. Dabei stoßen sie noch 2 bis 3 Neutronen aus, die selbiges wiederum bei benachbarten Atomkernen bewirken – und falls die Masse der besagten Substanz eine gewisse kritische Grenze überschreitet, kommt es zur Kettenreaktion – mit verheerenden Folgen.

      Nun kann aber beim neuen Virus – wie ein Vorfall im Kreis Heinsberg nahelegt – ein einziger Infizierter in fröhlicher Runde auch schon mal 50 oder 100 Mitmenschen anstecken. Ihren Kommentar vom 21.3. verstehe ich als Plädoyer dafür, die Dinge einfach laufen zu lassen – sobald 60 oder 70 Prozent der Bevölkerung infiziert sind, hört das ja eh von selbst auf… – Was nutzt das aber, wenn von den Infizierten 95 Prozent ohne ernsthafte Symptome davonkommen, und der Rest ist tot oder siecht dahin? Nach einer sehr einfachen Überschlagsrechnung würden in diese „Restkategorie“ immer noch rund 2,4 Millionen Menschen fallen. Alleine in Deutschland. – Halten Sie den Vergleich mit dem Krieg immer noch für Panikmache?

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Lieber Herr Mankwald,

      in der Coronakrise ist ja auch mal wieder die Streitkultur auf der Strecke geblieben: Vom Mainstream abweichende Beiträge, die sich darum bemühen, unterbelichtete oder ausgeblendete Aspekte und Zusammenhänge zu thematisieren, werden mit Breitseiten niederkartätscht oder moralisch abqualifiziert.
      Sie liefern ein schönes Beispiel dafür: Meinen Kommentar vom 21.3. verstehen Sie „als Plädoyer dafür, die Dinge einfach laufen zu lassen – sobald 60 oder 70 Prozent der Bevölkerung infiziert sind, hört das ja eh von selbst auf… – Was nutzt das aber, wenn von den Infizierten 95 Prozent ohne ernsthafte Symptome davonkommen, und der Rest ist tot oder siecht dahin? Nach einer sehr einfachen Überschlagsrechnung würden in diese ‚Restkategorie‘ immer noch rund 2,4 Millionen Menschen fallen.“
      Ich habe nichts von „die Dinge einfach laufen lassen“ geschrieben.
      Ich habe allerdings, wie ich einräumen muss, auch nicht erwähnt, dass unser Gesundheitssystem noch in jedem Jahr mit der Grippewelle, auch mit der seit 30 Jahren schlimmsten von 2017/2018 (man findet Angaben bis 1,5 Mio. Tote weltweit), fertiggeworden ist. Keine der bisherigen Coronaziffern weist bisher auch nur irgendwie in die Richtung von 2017/2018. Also hätte man die Kirche vielleicht auch im Dorf lassen können (Gripperoutine wie üblich), statt das Land quasi in den Ausnahmezustand zu versetzen?
      Doch halt: Es stehen ja – nach Ihrer Rechnung – mögliche 2,4 Mio. Sieche und Tote ins Haus.
      Aber auch solche Horrorrechnungen sind typisch für die derzeitige Debattenkultur.
      Lieber Herr Mankwald, belesen Sie sich einfach im Internet etwas gründlicher zum aktuellen Coronavirus. Selbst von Ihren 5 Prozent derer, die ernsthafter als nur mild oder ganz ohne Symptome erkranken, wird die übergroße Mehrheit weder siechen noch sterben.
      Gerade vermeldete Berlin übrigens seinen ersten Corona-Toten – ein „95 Jahre alter Mann mit schweren Grunderkrankungen“. Das soll schon öfter vorgekommen sein, dass man sich in dem Alter etwas einfängt und einem dann nicht mehr geholfen werden kann.
      Nicht zuletzt die von Herrn Peglau ins FORUM gestellten Angaben sind in diesem Kontext relevant.

  43. Gappa sagt:

    Coronazeit und mein alternativer Statistikblick
    Mit fast 72 Jahren gehöre ich zur Risikogruppe mit der größten Sterberate an.
    Habe ich Angst. Ja und nein. Wenn mich ein Blitz trifft, bin ich tot. Egal wie groß mein Wissen über den Blitz war. Wenn ich erschossen werde, bin ich tot. Egal wie groß mein Wissen über Schusswaffen war.
    Wenn mich diese Regierung in einen Krieg ziehen sollte was ihr laut Grundgesetz verboten ist, ausgenommen ein Verteidigungskrieg, gegen welchen Angreifer auch immer, ist meine Chanche zu sterben, wesentlich größer.
    Wenn mich das aktuelle Coronavirus befällt ist meine Überlebensrate 96,6% nach Hochrechnung der WHO. Auch meine Altersrisikogruppe hat eine Überlebensrate von über 90%.
    Worauf soll ich mich orientieren?
    Auf die geringe Möglichkeit zu sterben oder auf die viel, viel, viel größere zu überleben?
    Für mein Seelenfrieden ist meine mir vielleicht angeborene optimistische Sicht der Welt vielleicht auch eine Variante für andere Menschen, etwas mehr entspannter durch die „Coroanzeit“ zu kommen.
    Der von vielen zu erbringende Verzicht auf Vieles, weil sie zu Hause bleiben müssen, könnte eigentlich zum Gewinn werden, wenn man sich bewusst vom Handy und den Fernsehgeräten löst und die gewonnene Zeit zum Nachdenken über Gott, das Universum, die Erde und den Menschen nimmt.
    Der Mensch ist überings die biopsychosoziale Einheit, die die Quelle alles dessen ist, was auf diesem Planeten geschieht. Auch die Politker sind Menschen. Sie entscheiden, wie schnell sich Virus ausbreiten kann. Auch die Staatsbürger sind Menschen, die entscheiden wie schnell sich Covid 19 ausbreiten kann.
    Da wir aber zur freiheitlichen Welt gehören, darf hier jeder so doof (eindimensional, ichbezogen, unterkomplex denkend) bleiben wie er möchte und meinen, die Virusverbreitung hat mit ihm nichts zu tun. Coronaparties, Nacktrodler, Ansammlungen auf Märkten.
    Spannend wird die „Nachcoronazeit“. Wenn die Menschen, die politische Entscheidungen treffen und die Menschen, die aus einer auf die Normalbedürfnisse des Menschen redzuierte Phase wieder über ihre normale Bedürfnisbefriedigung hinausgehen – also wieder verschwenderisch und in Luxus gehend – die begrenzten Ressourchen unseres Planeten in Geld verwandeln.
    Vielleicht wird es einen neuen Umgang mit Geld und Lohn und Preis und Profit geben?
    Ein neues Denken für uns und die Welt, so wie es einst Gorbatschow gefordert hat und die freie Welt (man verzeihe mir diese Metaphorik) diese Forderung nie auf den zweiten Teil dieser Forderung bezog. Kapitalismus neu denken. Demokratie neu denken. Freiheit neu denken. Mensch neu denken.
    Wer jetzt die Zeit ausfüllen muss, könnte das tun. Aufklärung im Kantschen Sinne meint ja eigentlich Selbstaufklärung über Entwicklungsprozesse und da fällt einem ja Hegel fast von selbst in die Hand. Von diesen Quellen kommt man eigentlich nicht zu Hitler. Außer es geht um viel, viel Geld und nicht um das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Die einzige geistige Klammer für alle in diesem Land lebenden Menschen. Dank „Coronazeit“ könnte man, falls noch nicht, dieses Verfassungsideal mit unserer Verfassungswirklichkeit vergleichen.

    • Verehrter Herr Gappa,

      die etwas ungewöhnliche Anrede erkläre ich später. Zunächst einmal danke ich für ihre informativen und offensichtlich fundierten Angaben über die Mortalität bei der gegenwärtig grassierenden Infektion. Meiner Modellrechnung vom 22.3. hier im Forum habe ich ohne rechten Grund bedeutend günstigere Werte zu Grunde gelegt. Würde ich darob des blinden Optimismus geziehen, fiele es mir schwer, mich zu rechtfertigen. Aber die Gefahr besteht ja anscheinend nicht. – Falls Ihnen mein Lob nun ebenfalls ebenso vehemente wie unfundierte Schelte einträgt, sind Ihnen Ihre Überlegungen zum Thema „Unterkomplexität“ sicher ein hinreichender Trost – falls Sie in d e m Fall nicht doch lieber Schlimmeres argwöhnen wollen.

      Meine Verehrung aber gilt der philosophischen Haltung, mit der Sie die gegenwärtige Krise zur Chance umdeuten – und da ich gerade einmal acht Jahre jünger bin als Sie, sind die Aussichten für mich wohl im Wesentlichen gleich. Betrachten wir es als philosophisches Experiment zur Demonstration dessen, wie man gleichzeitig höchst altruistisch und sehr egoistisch sein kann: der Altruismus gebietet es, möglichst keine Mitmenschen zu infizieren – und der wirksamste Weg dazu besteht darin, sich möglichst selbst von der Infektion freizuhalten. Und einige Maßregeln, die die Chance dazu deutlich verbessern, sind ja inzwischen durchaus bekannt.

      Mein philosophisches Vorbild ist in diesen Tagen, in denen meine sozialen Kontakte sich weitgehend auf das vorliegende Forum – und die dazu gehörige Publikation – beschränken, der italienische Autor Antonio Gramsci, der sein wichtigstes Werk im Gefängnis schrieb. Ihm wären die Freiheiten, die mir – und uns allen – noch bleiben, vermutlich himmlisch erschienen. Und da wir alle jetzt sehr viel Zeit zum Lesen haben, erlaube ich mir einen Hinweis auf drei eigene Beiträge, anhand derer Sie bei Interesse einschätzen können, ob dieser Autor Ihnen liegt und vielleicht sogar bei Ihren Zielen dienlich sein kann:
      http://das-blaettchen.de/2012/11/gramsci-und-die-buergerliche-hegemonie-17695.html
      http://das-blaettchen.de/2012/12/gramsci-und-die-hegemonie-seiner-partei-18955.html
      http://das-blaettchen.de/2013/01/gramsci-und-die-linken-intellektuellen-20500.html

      Bleiben Sie gesund!

  44. Rudolph Caracciola sagt:

    Kaum hatte am gestrigen Montagmorgen die Forderung im BLÄTTCHEN, das US-geführte Großmanöver „Defender 2020“ wegen Corona abzubrechen (Beitrag von Wilfried Schreiber), da erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums: „Nach meiner Kenntnis ist die Entscheidung seitens der Amerikaner gefallen, jetzt geordnet diese Übung zu beenden.“
    Vielleicht sollte im BLÄTTCHEN als nächstes die Forderung erhoben werden, den galoppierenden Corona-Irrsinn einzustellen. Im Grippewinter 2017/2018 gab es allein in Deutschland – laut Robert-Koch-Institut – neun Millionen influenzabedingte Arztbesuche, 334.000 laborbestätigte Infektionen und 25.100 influenzaverursachte Todesfälle.
    Hat da jemand EPEDEMIE gerufen?
    Oder gar PANDEMIE?
    Und das ganze Land lahm gelegt?

    • Achim Höger sagt:

      Tröstet es Sie über den Virustod eines Ihnen nahen Menschen hinweg, wenn man Ihnen sagt, dass viel mehr Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen? Diese Art von Vergleichen hilft niemandem.

  45. Franka Haustein sagt:

    Es soll ja Menschen geben, die sich vornehmlich über sogenannte soziale Medien informieren. Das ist wegen der dortigen Fake News-Rate schon in normalen Zeiten nicht zu empfehlen. Doch in Zeiten eines Corona-Ausnahmezustandes schon überhaupt nicht. Zu Details – siwehe hier: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/in-der-coronavirus-krise-mehren-sich-die-fake-news-16682026.html?xtor=EREC-7-%5BPolitik%5D-20200317&utm_source=FAZnewsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Newsletter_FAZ_Politik&campID=OMAIL_REDNL_n/a_n/a_n/a_n/a_n/a_n/a_n/a_Politik

  46. Jürgen Scherer sagt:

    Was Corona angeht,anbei ein lesenswerter Artikel:
    http://www.perspective-daily.de/article/1181/rXIQpJKG!

    • marie sagt:

      zitat aus ihrem link:

      „Das Coronavirus wird auch dich erreichen.“

      ps. ich werde mich melden, wenn es soweit ist … hmm …

      pps. im jemen stirbt alle 10 minuten ein kind … nicht an corona …

  47. Wolfgang Ernst sagt:

    Gut. Dann kommen wir vom Kurztext zur Bildbetrachtung. Am Freitag, den 13. März, bringt „Neues Deutschland“ als Titel: „Jetzt amtlich: AfD-‚Flügel‘ bedroht die Demokratie“. Dazu ein großes braunes Bild. Untertitel: „Verfassungsschutz stuft völkisches Netzwerk ala ‚erwiesen rechtsextremistisch’ein.“
    Daraus folgt, die Zeitung bringt hier nicht etwa eine politische Aussage aus eigener Analyse und antifaschstischer Gesinnung, sondern referiert eine Einschätzung des Verfassungsschutzes. Man kann aber in ebensolchen Berichten dieses Amtes nachlesen, dass es dort eine lange Liste von „linksextremistischen“ Vereinigungen und Zusammenschlüssen gibt, darunter die aufgezählten, die offizielle Gliederungen der Linkspartei sind. Bisher forderte die Linkspartei die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Jetzt freut sich die „Sozialistische Tageszeitung“ über die Einschätzung des Verfassungsschutzes über die Rechten, ohne sich zu erinnern, dass die Linken auf der anderen Seite des „Hufeisens“ ebenso beobachtet und kategorisiert werden. So etwas nennt man Schizophrenie, durchaus auch in einem politischen Sinne.

  48. Rudolph Caracciola sagt:

    In der Flut der täglichen Corona-Meldungen, -Kommentare und -Prognosen muss man höllisch aufpassen, dass man die paar tatsächlich wichtigen nicht verpasst. Was DIE WELT heute online meldete, könnte in diese Kategorie fallen: „Zwischen den USA und Deutschland kommt es wegen der Corona-Krise dem Vernehmen nach zu einer indirekten, aber handfesten wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung. Der Grund: US-Präsident Donald Trump versuche, deutsche Wissenschaftler (der Tübinger Firma CureVac – R.C.), die an einem potenziellen Corona-Impfstoff arbeiten, mit hohen finanziellen Zuwendungen nach Amerika zu locken beziehungsweise das Medikament exklusiv für sein Land zu sichern. […]
    Der US-Präsident bietet der Firma angeblich einen hohen Betrag, um sich deren Arbeit exklusiv zu sichern. Trump tue alles, um einen Impfstoff für die USA zu bekommen. „Aber eben nur für die USA“, heißt es in der Bundesregierung.“
    Na ja, halt eben so, wie man das unter Freunden üblicherweise macht. Ob das aber eingefleischte Atlantiker wie den Möchtegern-CDU-Chef Friedrich Merz in ihrer Nibelungentreue beirrt?

  49. erhard weinholz sagt:

    Ich frage mich, welchen Sinn diesen Forum noch hat. Anregungen finde ich hier so gut wie nie, eine der wenigen Ausnahmen sind aus meiner Sicht die Texte Stefan Wohankas, die zu lesen fast immer lohnt. Woher will zum Beispiel Wolfgang Ernst wissen, dass die Genossen dieses oder jenes verdrängt haben? Das kann er allenfalls vermuten, und Vermutungen sollte man als solche kennzeichnen. Und dieses „mit dicken Backen“ ist eine Diffamierung vermittels eines Tricks aus der Mottenkiste. Ich kann mich erinnern, solche tendenziösen Interpretationen seinerzeit bei K.-E. v. Schnitzler gehört zu haben. Noch schlimmer: die Auslassungen des Koll. Joseph. Er kann sich etwas gut vorstellen, und „… unter Zuhilfenahme allen möglichen Geraunes lässt es sich vermutlich auch nichtg zweifelsfrei widerlegen.Soll sie erstmal das Gegenteil beweisen.“ J. attestiert Maria gedankliche Schlichtheit, dabei reiht sich bei ihm ein Schreibfehler an den anderen, Logik und Witz hingegen halten sich versteckt.

  50. Joseph sagt:

    Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass Corona dank tätiger Mithilfe von Marie die Welt verheert. Gut, ich kanns nicht beweisen, aber unter Zuhilfenahme allen möglichen Geraunes läßt es sich vermutlich auch nicht zweifelsfrei widerlegen. Soll sie also erstmal das Gegenteil beweisen. Jung genug, um dafür ausreichend Zeit zu haben, dürfte sie, wenn man die gedanklichke Schlichtheit ihre Einlassungen zur Kenntnis nimmt, ja sein.
    Joseph

  51. Wolfgang Ernst sagt:

    Mit ganz dicken Backen frohlockt die Zeitung „Neues Deutschland“ heute, dass der Verfassungsschutz nunmehr den AfD-Flügel beobachtet. Dabei haben die Genossen völlig verdrängt, dass seit Jahren allein aus der Linkspartei u.a. die Kommunistische Plattform, die Sozialistische Linke, die Antikapitalistische Linke, das Marxistische Forum, der Geraer Dialog und Marx 21 als extremistisch gelistet werden.

  52. Wilhelm Westerkamp sagt:

    In der Kleinstadt Heinsberg bei Aachen, konnte sich der neuartige Coronavirus verhältnismäßig schnell in der Bevölkerung verbreiten, als es sonst in irgendeiner Stadt oder in einem Ort in Nordrhein-Westfalen bisher vorgekommen ist.
    Der Heinsberger Landrat Pusch, der u.a. die Bevölkerung im Rhein-Erft-Kreis über den Coronavirus aufklären musste, gilt als umtriebig, jedoch auch als umstritten in der Sache. So musste der Landrat aufgrund des steilen Anstiegs von Coronainfizierten im Raum Heinsberg etwa 1000 Bürgerinnen in häusliche Quarantäne schicken, um sie dort vorübergehend zu isolieren, damit nicht noch weitere Bürger in Heinsberg, mit dem Virus angesteckt werden konnten.
    In einem Video, das momentan im Netz kursiert, wetterte der Landrat jedoch dagegen, das die Heinsberger bezüglich des Virus überregional stigmatisiert würden und es irrationale Ängste bei den Heinsberger Bürgern schürt. Dass ein Landrat einer Kleinstadt wie Heinsberg, einen derartigen Rundumschlag in die Öffentlichkeit transportiert, ist in diesem Kontext schon bemerkenswert, hat der Landrat hier aber Courage gezeigt und den Menschen vor den Bildschirmen, einmal unmissverständlich „den Kopf gewaschen“.
    So ist jedoch mittlerweile ein zweiter Todesfall durch den Coronavirus im Kreis Heinsberg gemeldet worden, zu der es momentan aber keine Angaben gibt. Deshalb muss der Focus der Berichterstattung weiterhin auf den Coronavirus zu richten sein, denn das Virus breitet sich in der Bundesrepublik täglich und kontinuierlich aus (so ist die Lage im Kreis Heinsberg als kritisch zu rubrizieren), so dass ein Wegschauen diesbezüglich, jedoch grob fahrlässig wäre und dem todbringendem Virus, folglich mit schnöder Ignoranz entgegengetreten würde.
    Aber auch die Überpräsenz der Medien bezüglich des Virus, hat möglicherweise ihren Anteil daran, das die Panik in der Bevölkerung stetig wächst, als das sie beruhigend auf sie wirken würde. Da die Massenmedien in sehr kurzen Zeitabständen über den Virus berichten, werden diese als sogenannte „News“ dem Konsumenten gegenüber dargeboten. Da aber die Zeitspanne also von einem Bericht zum nächsten, sehr kurz ist, gibt es auch nicht viel Neues bezüglich des Virus zu berichten. So wird diese Art der Berichterstattung bei
    brisanten Themen dem Trend folgend, jedoch vermehrt angewandt. Über den Nutzen dieser Berichterstattung, lässt sich natürlich trefflich streiten.

    • marie sagt:

      31. August 2019 (!!!)

      https://www.stern.de/gesundheit/e-zigarette–us-gesundheitsbehoerden-mahnen-zu-mehr-vorsicht-8880556.html

      paßt auch dazu:

      „Ein chinesischer Regierungssprecher sagte am Donnerstag, dass die US-Armee „die Epidemie nach Wuhan gebracht haben könnte“.
      Zhao Lijian, ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums, machte am Mittwoch auf einen Kommentar von Robert Redfield, den Direktor der US-amerikanischen Zentrums für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten, aufmerksam, in dem er erklärte, dass einige US-Amerikaner, die angeblich an Influenza gestorben sind, tatsächlich an COVID-19 gestorben sein könnten starb .
      „Wann hat Patient Null in den USA begonnen? Wie viele Menschen sind infiziert? “, schrieb Zhao auf Twitter . „Wie heißen die Krankenhäuser? Es könnte die US-Armee sein, die die Epidemie nach Wuhan gebracht hat. Seien Sie transparent! Machen Sie Ihre Daten öffentlich! Die USA schulden uns eine Erklärung! “
      In einem kurzen Thread auf Twitter wollte Zhao wissen, wie viele der Millionen von Infektionen und Tausenden von Todesfällen während der letzten Grippesaison tatsächlich mit COVID-19 zusammenhängen.“

      https://cooptv.wordpress.com/2020/03/08/coronavirus-moeglicherweise-aus-den-usa/

  53. Rudolph Caracciola sagt:

    DIE LINKE in Mecklenburg-Vorpommern hat wegen des neuartigen Coronavirus [COVID-19] den Abbruch der gerade anlaufenden NATO-Großübung „Defender 2020” gefordert. Jede Ausbreitungsmöglichkeit müsse verhindert werden, forderte der Landesvorsitzende Torsten Koplin am Freitag. „Wenn 36.000 Soldaten durch Europa transportiert werden, steigt die Gefahr für eine Epidemie mit Covid-19.” USA und NATO sollten im Sinne der Gesundheit der Bevölkerung den Aufmarsch abblasen, appellierte der Landtagsabgeordnete, wie der NORDKURIER berichtete (https://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/linke-fordert-wegen-coronavirus-abbruch-von-nato-grossuebung-2838565302.html)

    Und da sage noch einer, DIE LINKE habe keine Ideen mehr …

    Der italienische Autor Manlio Dinucci vom Netzwerk VOLTAIRE zu „Defender 2020”: „Die 30.000 US-Soldaten, die sich in der europäischen Region ausbreiten werden, sind […] von den präventiven COVID-19-Bestimmungen, die für Zivilisten gelten, ausgenommen. Die Zusicherung der US-Armee […], dass ‚wir das Coronavirus […] überwachen‘ und dass ‚unsere Streitkräfte bei guter Gesundheit sind‘, reicht aus.“ Dinucci weiter: „Was tun die EU und die nationalen Behörden in dieser Situation, was tut die Weltgesundheitsorganisation? Sie ziehen eine Maske über ihre Augen sowie über Mund und Nase.“

    • Stephan Wohanka sagt:

      Käme es dazu, dass die Anregung der LINKEn aufgegriffen würde, erübrigte sich der FRIKO-Brief; was vielleicht gar nicht schlecht wäre. Der Brief verknüpft zwei Tatbestände – einen Geschichtsrevisionismus bezüglich des Zweiten Weltkrieges mit dem NATO-Manöver. Was zu Ersterem zu lesen ist, unterschreibe ich. Wobei: Auch aus Russland, aus Putins Mund sind Töne vernehmbar, die aufhorchen lassen: Der Hitler-Stalin-Pakt, die sowjetischen Kumpanei mit NS-Deutschland von 1939 bis 1941, die bekanntlich zu Festlegungen bezüglich der Aufteilung Polens, der baltischen Staaten und Finnlands zwischen NS-Deutschland und der Sowjetunion führte, werden heruntergespielt und Polen eine Mitschuld am Ausbruch des Krieges gegeben.
      Und: Geht nicht in Teilen der gerade erwähnten Staaten wiederum eine gewisse Angst um? Gab es da nicht die russischen Annexion der Krim, die russischen Unterstützung der Separatistenbewegung in der Ostukraine – gerade macht der Prozess in Holland zum Abschuss der Passagiermaschine MH17 wieder darauf aufmerksam? Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg; Frieden hat noch eine zweite Bedeutung: Seelenfriede. Dann versteht man, warum Friedensaktivisten den einen Krieg akzeptieren können, den anderen aber nicht. Der Krieg des ideologischen Freundes stört ihren Frieden nicht, der Krieg des ideologischen Gegners schon.

  54. Rudolph Caracciola sagt:

    Ein Anliegen, das man unterstützen sollte:

    Offener Brief
    aus Berlin an die russländische Bevölkerung

    Das gegenwärtig an der Westgrenze Ihres Landes abgehaltene Großmanöver „Defender 2020“ der NATO-Staaten, mit Beteiligung Deutschlands und unter Führung der USA, ist Anlass für uns, diesen Brief an Sie zu richten.

    Wir sehen in dieser gigantischen Kriegsübung eine verantwortungslose Provokation, die die Beziehung zwischen unseren Staaten belastet und die ohnehin vorhandenen Spannungen erhöht.

    75 Jahre nach der Befreiung Europas vom Faschismus und der siegreichen Beendigung des Krieges maßgeblich durch die Rote Armee stehen wieder deutsche Soldaten an der russischen Grenze. Gleichzeitig werden östlich der Manöverlinie bei den Gedenkveranstaltungen und Siegesfeiern die Erinnerungen an die Nazi-Verbrechen im Bewusstsein der Menschen ganz besonders gegenwärtig sein.

    Wir sind uns der großen Opfer bewusst, die Ihr Volk, die die Völker der Sowjetunion im Kampf gegen den deutschen Faschismus gebracht haben. Wir vergessen nicht: Dem vom faschistischen Deutschland begonnenen Raub- und Vernichtungskrieg von unvorstellbarer Grausamkeit fielen 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion zum Opfer.

    Es ist uns darum wichtig, Sie wissen zu lassen, dass wir Krieg ablehnen. Wir verurteilen militärische Provokationen, wie dieses Manöver an der Westgrenze Ihres Landes. Außerdem widersetzen wir uns allen neuerlichen Versuchen, die Geschichte des 2. Weltkrieges zu fälschen. Wir sehen darin den Versuch, die aggressive Politik gegen die russische Föderation zu rechtfertigen.

    In unserer Stadt, aber auch überall im Land, besonders entlang der Transportwege, die dem Manöver zur Verfügung gestellt wurden, bilden sich Gruppen und Initiativen, die sich untereinander vernetzen. Sie arbeiten daran, gegen das Manöver Widerstand zu leisten und informieren unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger über die konfrontative Politik der NATO-Staaten.

    Wir sehen in Russland unseren Nachbarn. Wir wollen mit Ihnen in Frieden leben. Dafür setzen wir uns ein.

    Laura v. Wimmersperg

    Auf Initiative der Berliner Friedenskoordination (FRIKO) entstand dieser Brief an die russländische Bevölkerung.
    Initiator*innen und Erstunterzeichner*innen des Offenen Briefes sind:
    Heinrich Bücker, Lühr Henken, Jutta Kausch-Henken, Gabriele Jäger, Anita Jeske, Ingrid Koschmieder, Monika Kremmer,
    Dr. Horsta Krum, Michael Lang, Klaus Linder, Barbara Majd Amin, George Pumphrey, Doris Pumphrey, Elisabeth Wissel

    Zum Brief und zum Unterzeichnen: http://www.frikoberlin.de/offener-brief-an-die-russlaendische-bevoelkerung/

  55. Lars Niemann sagt:

    Wenn auch etwas verspätet, möchte ich mich doch zu Günter Hayns Artikel „Die Erfurter Probebohrung“ in der Ausgabe vom 17.Februar äußern. Darin findet man interessante Daten zu Kommunalwahlen in Thüringen, die ich aber doch anders interpretieren würde als der Autor. Während er damit anscheinend zeigen will, dass Thüringen mitnichten „rot“, sondern eher „schwarz“ oder gar „braun“ ist, und dabei die tatsächlichen Wahlergebnisse zum Landtag wie auch die diversen Umfragen im Februar ignoriert, weist er meiner Auffassung nach auf ein grundsätzliches und schwerwiegendes Problem hin, das aber mitnichten eines in Thüringen ist, sondern sich auf ganz Deutschland, auf Europa und wahrscheinlich sogar weltweit übertragen lässt. Parteien des im weitesten Sinne linken oder grünen Spektrums finden ihre Zustimmung zunehmend nur noch in größeren Städten, und auch dort primär in den „verdichteten“ Stadtteilen. Warum ist das so? Und lässt sich das ändern? Aus persönlicher Erfahrung habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Weltsicht von Menschen in der Großstadt vollkommen anders ist als im kleinstädtischen Umfeld, und das dieser sicher schon immer vorhandene Unterschied tendenziell zunimmt. Liegt darin eine Erklärung? – Was aber an dem Artikel meinen großen Widerspruch hervorgerufen hat, ist etwas anderes: Wie lange geistert noch die Vorstellung herum, dass linke Politik sich in erster Linie auf die „Armen, Entrechteten und Beladenen“ als „Stammwählerschaft“ zu stützen hätte. Die Geschichte lehrt doch, dass dies ein frommer Wunsch ist.

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Richtig. Dieses großstädtische linksliberale Milieu hat mit den Mühseligen und Beladenen nichts zu tun, versteht sie auch kulturell nicht. Aber Teile dieses Personals freuen sich schon auf die neo-bolschewistischen Erschießungskommandos.

  56. Helmut König sagt:

    Frage: Was will uns der Dichter eigentlich sagen mit seinen beiden hässischen Würmchen?

  57. Stephan Wohanka sagt:

    Dass das Urteil der Karlsruher Richter zur „gewerbsmäßigen“ Sterbehilfe mit seiner weiten Auslegung des Persönlichkeitsrechts hohe Wellen schlagen würde, war klar. So reichen dann auch die Reaktionen seiner Kritiker bis hin zu Fassungslosigkeit und Urteilsschelte. Kann alles sein. Eine mir zu Gesicht gekommene Reaktion in Form eines Leserbriefes im Tagesspiegel vom 01.03.20 übersteigt jedoch jedes Maß, sie ist ein veritabler Skandal. Ich kann leider bislang keinen Link zu diesem Text ausmachen, so dass ich zitieren muss: „ Hier haben ´furchtbare Juristen´ in geradezu triumphalistischer Manier die Selbsttötung zum Inbegriff der Autonomie des Menschen gemacht. […] Das mag für ihn (einen Autor, der schreibt: ´Leben hat Vorrang´ – St. W.) und mich gelten und für hoffentlich viele Menschen unserer Gesellschaft weiterhin, aber nicht für diese ´furchtbaren Juristen´ in Karlsruhe.“ „Sic.“
    Namentlich älteren Blättchen-Lesern dürfte meine Empörung mehr als deutlich sein: „Furchtbare Juristen“ – im Leserbrief zweimal verwandt, jedes mal in Anführungszeichen. Der Schreiber wusste also genau, was er da zu Papier brachte. Zur kurzen Erläuterung: Er rekurriert bewusst auf den Buchtitel „Furchtbare Juristen“ – Untertitel: Die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz – eines erstmals 1987 erschienenen Buches. Dieses behandelt die Verbrechen der deutschen Justiz im Nationalsozialismus und die durch die Übernahme von NS-belasteten Juristen in den Staatsdienst der Bundesrepublik verhinderte gerichtliche Aufarbeitung ebendieser Verbrechen. Der Ausdruck „furchtbare Juristen“ wurde zu einem geflügelten Wort, und wenn der Autor es heute so aufgreift wie er es aufgreift, stellt er die heutigen Höchsten Richter des Bundesverfassungsgerichtes in eine Reihe mit verbrechensbeladenen, unbelehrbaren Nazi-Richtern. Um nur einen zu nennen: Hans Filbinger, der kurz vor der deutschen Kapitulation noch junge Menschen wegen Fahnenflucht hinrichten lies und später, im Jahre 1978, als CDU-Ministerpräsident meinte: „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.“
    Wer ist nun der Autor des Leserbriefes? Und das macht den ganzen Skandal erst wirklich zu einem solchen: Wolfgang Thierse, Bundestagspräsident a. D., wie er selber schreibt. Da setzt also eine Person, die einmal die Funktion eines Verfassungsorgans – nämlich die des Bundestagspräsidenten – innehatte, ein anderes Verfassungsorgan – nämlich das Bundesverfassungsgericht und seine Richter – in Eins mit Nazi-Richtern. Da gehört schon einiges dazu. War sich Thierse wirklich dessen bewusst, was er da von sich gab?

    • marie sagt:

      wer es noch nicht wußte – dem wird es täglich vorgeführt: zu JEDEM inhalt/gesetz ist eine kritik/ablehnung bzw. zustimmung/unterstützung möglich ud der „zeitgeist“ fokussiert sich auf diese uralte erkenntnis und tobt sich aus – scheinbar ohne jedes interesse an einer toleranz andersdenkender bzw. in ERNSTHAFTEN argumenten der inhaltlichen meinungsbildung.

      thierse erschüttert bzw. interessiert mich nicht – ich habe ihn nur als sinnbild der eitelkeit erlebt …

      und außerdem!!!! es gibt ja keine empfehlung oder pflicht zur selbsttötung … nur die legalisierte FREIHEIT!!! der selbstbestimmung, die ich voll und ganz unterstütze

    • Thomas R. sagt:

      „Ich kann leider bislang keinen Link zu diesem Text ausmachen“ – Darf ich helfen?: http://www.thierse.de/startseite-meldungen/startseite-meldungen/sterbehilfe-urteil. Man möchte KOTZEN.

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Das ist kein Skandal,sondern entspricht seinem Glauben. Thierse ist Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Da liegt Anfang und Ende in Gottes Hand und ist nicht in der Verfügung des Menschen überantwortet. Insbesondere dann, wenn man davon ausgeht, dass die gierigen Anverwandten den Darniederliegenden nötigen, damit sie endlich das Erbe antreten können.

    • Ralf Nachtmann sagt:

      Thierse? Was soll man denn sonst erwarten von einem „furchtbaren“ Pfaffen und Politiker?

  58. Sarcasticus sagt:

    Affenzirkus

    Folgt man der Politik und den Medien hierzulande, dann hat die Welt seit einigen Wochen wenn schon nicht nur noch ein einziges, so doch zumindest ein hauptsächliches Problem – ein neuartiges, zuerst in China aufgetauchtes Coronavirus (Sars-CoV-2). Die täglich neuen und ansonsten – gefühlt – stündlichen Wasserstandsmeldungen („Vier neue Infektionen in Hessen“, Süddeutsche Zeitung, online, 01.03.2020) besagten per 1. März: 85.000 Infizierte (davon etwa 100 in Deutschland) in knapp 60 Ländern, 2.979 Tote. Regierungen verhängen Einreiseverbote für Menschen aus besonders betroffenen Ländern, vollbesetzte Kreuzfahrtschiffe wurden unter Quarantäne gestellt, Großveranstaltungen wie die weltgrößte Reisemesse ITB in Berlin werden abgesagt. Italien riegelte ganze Ortschaften ab, und der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn verkündete, dies werde auch für die Bundesrepublik in Erwägung gezogen, denn, so Spahns Fanfare: „Epedemie“!
    Andererseits kennt Spahn natürlich auch die entscheidenden Fakten und machte einen von denen öffentlich, dass nämlich vier von fünf Coronavirus-Infektionen milde oder sogar ganz symptomfrei verlaufen.
    Apropos Fakten: Es gibt ja neben Panik-Corona auch noch die „ganz normale“ Grippe, die jedes Jahr auftritt. Erinnert sich noch jemand an die Welle von 2017/2018? Das war die tödlichste der vorangegangenen 30 Jahre. Über 180.000 Fälle und mehr als 25.000 Tote allein in Deutschland.
    Medienhype?
    Fehlanzeige.
    Tägliche Politikerstatements?
    Dito.
    Würde es ergo derzeit nicht genügen, Gesundheits- und andere Behörden täten ordentlich ihre Arbeit und pharmakologische Institute arbeiteten an einem Impfstoff?
    Aber das muss in Zeiten allgemeiner und akzelerierender Hysterisierung wohl ein frommer Wunsch bleiben.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Vorsicht, lieber Sarcasticus, gleiches Argumentieren hat mir schon deutliche Schelte eingebracht…

    • marie sagt:

      corona fordert die naturwissenschaften – also wirkliche menschliche fähigkeiten der menscheit zu dienen … für mich ist es EIN punkt von vielen, der über das leben auf dem planeten auskunft gibt

      zeitgleich dazu das immer lauter werdende „geflüster“ der kriegsminister … auf dem planeten

      das zunehmende artensterben

      sozio-ökonomische sanktionen in unterschiedlichem ausmaß für die mehrheit der menschen auf dem planeten mit gravierenden hunger und psychischer überforderung für alle betroffenen

      ich sehe leider NIX!!! was VERANTWORTUNGSVOLL von der handvoll „machthaber“ – über die interessen ihrer eigenen kreise hinaus zur gestaltung des planeten und seiner bewohner unterstützt und sachkundig gefördert wird, dabei gibt aktuelle forschungen – natürlich auch zu corona!!!!! – die optimismus und abhilfe nahe legen

      wer schürt die ganzen ängste und verbreitet panik???? wer hat an dieser schreckensherrschaft interesse??? was macht das mensch-sein aus???? ist corona auch menschengemacht????

      we nicht die besinnung einsetzt, was die aufklärung über das wesen des menschen uns vermittelt hat … wird es eine „zukunft“ geben, in der wir uns als MENSCHEN nicht wiederfinden können und werden … wir sind verloren

  59. Hatte die BLÄTTCHEN-Redaktion für die aktuelle Ausgabe keine ANTWORT an Thomas Kemmerich parat?
    Wie wäre es mit dieser?

    Thomas Kemmerich (FDP), Thüringer MP-Eintagsfliege von Höckes Gnaden – Man muss zwar noch nicht befürchten, dass spätere Geschichtsbücher den 5. Februar 2020 mit dem 21. März 1933 („Tag von Potsdam“) vergleichen werden, aber dass man ab sofort den Begriff politischer Kretinismus buchstabieren darf wie Ihren Namen, das steht fest wie das Amen in der Kirche: Sie haben sich als Vertreter einer Splitterpartei mit lediglich fünf Landtagsmandaten für den dritten Wahlgang im Thüringer Landtag, bei dem die einfache Mehrheit genügt, als Kandidat – zuvor standen Amtsinhaber Bodo Ramelow (Die Linke) und ein von der AfD nominierter parteiloser Noname zur Wahl – aufstellen lassen. Im klaren Wissen darum, dass nur die Stimmen der kompletten AfD-Fraktion Sie ins Amt hieven könnten. Und die hat sich die Chance nicht entgehen lassen, die parlamentarische Demokratie ein weiteres Mal als degeneriertes Auslaufmodell vorzuführen. Sie (und die Landtagsfraktionen Ihrer Partei wie die der CDU) dafür zum Steigbügelhalter (bei vermutlich vollem Verstand, im Unterschied zum alterssenilen Hindenburg am „Tag von Potsdam“) zu ernennen, dürfte zwangsläufig sein.
    Sollten Sie Ihrer Partei damit allerdings zugleich dorthin verholfen haben, wohin die schon lange gehört – auf den politischen Müllhaufen –, dann hätte die Sache wenigstens auch noch ein sekundäres Gutes.
    Nur der Vollständigkeit halber: Die Bundesführung der CDU hatte ihren Thüringer Statthalter nach der Landtagswahl nachdrücklich daran erinnert, dass es einen Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei im Hinblick auf ein Zusammengehen mit Linken und AfD gäbe. Das hätte den angesichts Ihrer Nominierung und der damit gegebenen Chance für die AfD, das Zünglein an der Waage zu sein, eigentlich veranlassen müssen, gegenzusteuern. Aber wie immer, wenn es gegen links gilt, gehen die bürgerlichen Parteien im Falle des Falles auch zusammen mit den ultrarechten Totengräbern des Systems.
    Das erinnert dann doch irgendwie an 1933 …

    • wolfgangbr sagt:

      Sehr geehrter Herr Caracciola,
      Sie schlagen unberechtigt auf die Häupter unserer armen Redaktion. Sowohl Stephan Wohanka als auch Günter Hayn setzen sich dezidiert mit dem Erfurter Debakel auseinander – mithin auch mit Herrn Kemmerich. Wir wollten nicht unsererseits noch das Allbekannte wiederkäuen. Ihre kleine Spitze ist überflüssig. Spätere Geschichtsbücher werden den Namen K. nicht mehr erwähnen. Mit Herrn M. (CDU) als Thema thüringischer Magisterarbeiten wird das möglicherweise anders aussehen.
      Mit bestem Gruß
      Wolfgang Brauer

  60. Ich denke, dieser Artikel ist großartig geschrieben. Es gibt einen Punkt, zu dem ich etwas zu sagen habe, aber ich möchte keine Debatte anstoßen. Aber absolut großartig! Gr, TP

  61. Rudolph Caracciola sagt:

    Rudolph Caracciola

    rudcar59@googlemail.com

    Medieninformation ZDF / Frontal21
    Cryptoleaks: weltweite Abhöroperation von BND und CIA aufgedeckt
    Bundesnachrichtendienst und CIA belauschten von 1970 bis 1993 gemeinsam die verschlüsselte Kommunikation von mehr als 100 Staaten. Das belegen bisher unveröffentlichte Dokumente, die von führenden BND- und CIA-Mitarbeitern verfasst wurden. In den Akten heißt es: „Diplomatische und militärische Verkehre vieler wichtiger Länder der Dritten Welt, aber auch europäischer Staaten (…) konnten (…) flächendeckend mitgelesen werden.“ Auf den rund 250 Seiten wird die sogenannte „Operation Rubikon“ als „eine der erfolgreichsten nachrichtendienstlichen Unternehmungen der Nachkriegszeit“ bezeichnet. Dem ZDF liegen die Dokumente vor.
    Der frühere Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer, CDU, bestätigte die Geheimdienstoperation. „Die Aktion Rubikon hat sicher dazu beigetragen, dass die Welt ein Stück sicherer geblieben ist“, sagte Schmidbauer dem ZDF. Der BND habe diese Zusammenarbeit mit der CIA aber 1993 beendet. Der Bundesnachrichtendienst teilte auf Anfrage mit, er nehme „zu Angelegenheiten, welche die operative Arbeit betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung.“
    Operation „Rubikon“ bis heute geheim
    Die vorliegenden Dokumente zeigen, dass sich BND und CIA für ihre Abhöroperation der Schweizer Firma Crypto AG bedienten. Seit 1970 waren die beiden Geheimdienste zu je 50 Prozent Eigentümer der Firma. Das Unternehmen stellte Verschlüsslungstechnik für abhörsichere Kommunikation her und verkaufte diese weltweit. Die Kunden wussten nicht, dass BND und CIA die Technik manipulieren ließen. Historiker und Geheimdienstexperten haben die vorliegenden Akten ausgewertet. Prof. Richard Aldrich von der Universität Warwick kommt zu dem Schluss: „Die Operation Rubikon war eine der kühnsten und auch skandalträchtigsten Operationen, denn über hundert Staaten zahlten Milliarden Dollar dafür, dass ihnen ihre Staatsgeheimnisse gestohlen wurden.“
    Die Dokumente belegen erstmals, dass BND und CIA frühzeitig über den Sturz des chilenischen Präsidenten Allende 1973 und die schweren Menschenrechtsverletzungen durch die argentinische Militär-Junta informiert waren. Die von Deutschen und Amerikanern weitergeleiteten entschlüsselten Funksprüche der argentinischen Marine trugen 1982 entscheidend zum Sieg Großbritanniens im Falklandkrieg bei.
    Die größten Abnehmer für die manipulierten Verschlüsselungsgeräte waren Saudi-Arabien und der Iran. Jahrzehntelang waren Deutsche und Amerikaner über die geheime Regierungskommunikation des Ayatollah-Regimes informiert, auch während der Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran im Jahr 1979.
    #Cryptoleaks ist eine gemeinsame Recherche von ZDF, Washington Post, dem Schweizer Fernsehen SRF, dem Forschungsinstitut für Friedenspolitik e.V. und dem niederländischen Sender ARGOS.

    Das ZDF berichtet in Frontal21 am 11.2.2020 um 21 Uhr.
    Ein Beitrag von Elmar Theveßen (ZDF-Studioleiter Washington) erscheint auf heute.de.
    Die Washington Post berichtet am 11.2.2020 (Titel und 2 Seiten)
    Das Schweizer Fernsehen (SRF) berichtet in der „Rundschau“ am 12.2.2020 um 20.05 Uhr. (Mediathek ab 23 Uhr srf.ch)
    Die Dokumentation „Geheimoperation Rubikon. Der größte Coup des BND“ läuft am 18.3.2020 bei ZDF Info um 20.15 Uhr

  62. Waldemar Landsberger sagt:

    Im Forum wurde ich als AfD-Beschöniger gegeißelt. Andere haben sich die CDU schöngeredet. Nur: soeben hat die Familienbande aus FDP, CDU und AfD Bodo Ramelow abgewählt. Ich bin selbst überrascht, wie schnell das ging.

    • marie sagt:

      es wächst zusammen, was zusammengehört, und zeigt den wahren wachstumszusammenhang, der so heftig geleugnet und „theoretisch“ inszeniert wurde.
      doch die praxis ist und bleibt das kriterium der wahrheit … selbst wenn die geplante praxis in der theorie nicht wahrheitsgemäß beschrieben wurde – war sie zwischen den zeilen bestens zu lesen und konnte von ALLEN richtig verstanden werden.
      höchste zeit zum denken und lesen lernen … für die bequemen deutschen eine sehr unbequeme beschäftigung.

  63. Günter Hayn sagt:

    Ich finde eine Debatte, die Corona gegen die Grippe aufwiegt und daran das Thema „Gesinnungsdiktatur“ festmacht, einigermaßen grenzwertig. Das erinnert mich an facebook und die dort herumwimmelnden Immerrechthaber.

  64. Rudolph Caracciola sagt:

    Der Ex-Herausgeber des HANDELSBLATTes, Gabot Steingart, offeriert in seinem heutigen MORNING Briefing einen Überblick über die Lage in Wuhan, jener chinesischen Millionenmetropole, die wegen des Corona-Virus‘ abgeriegelt wurde: „Einige Menschen reagierten zunächst panisch, weil sie nicht wussten, welche Informationen richtig oder falsch waren. Mittlerweile ist die Faktenlage sehr transparent.“
    Daneben gibt Steingart einen Überblick über den dramatischen Vertrauensschwund gegenüber sogenannten Leit- und Qualitätsmedien in Deutschland und zitiert zu den Ursachen Berliner Medien-Professor Norbert Bolz: Schuld sei ein Meinungsjournalismus, der vor allem Haltung transportiere und weniger die Fakten. Das werde vom Publikum nicht goutiert: „In Deutschland gibt es ein grundsätzliches Selbstmissverständnis vieler Journalisten – nämlich, dass sie die klassische angelsächsische Trennung zwischen Information und Meinung nicht mehr mitmachen wollen und stattdessen Gesinnungsjournalismus produzieren.“
    Hier geht’s zum kompletten BRIEFING: https://news.gaborsteingart.com/online.php?u=norKykj3381

    • Waldemar Landsberger sagt:

      Das erklärt sich, wenn man auf die politischen Positionen innerhalb der Zunft sieht. Eine Umfrage unter deutschen Politikjournalisten Anfang 2019 über ihre persönlichen Politikpräferenzen ergab, dass gut ein Drittel (36,1 Prozent) keine habe; dagegen gaben 26,9 Prozent die Grünen an, 15,5 Prozent die SPD, nur 9 Prozent die CDU/CSU, 7,4 Prozent die FDP und 4,2 Prozent Die Linke (de.statista.com, 15.03.2019). Da braucht man sich über den Greta-Hype und das Hochschreiben der Grünen nicht zu wundern. Nur, das Publikum durchschaut das Spiel: „Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt“, wusste schon der alte Goethe. Die von den Grünen erstrebte Erziehungsdiktatur wird nicht stattfinden. Sie ist nicht mehrheitsfähig.

    • Warum der Umweg über die politischen Präferenzen der hiesigen Medien, den Greta-Hype und die Grünen? China macht´s doch gerade vor, wies geht – die Erziehungsdiktatur. Wenn die bekannten Zahlen das rechtfertigen, was dort gerade passiert, dann rechtfertigten die Fährnisse des Klimawandels wohl Einiges mehr. Übrigens bei jeder Grippewelle steckt sich ein Vielfaches an Menschen an und stirbt.

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Das Thema war das Zurechtbiegen der Fakten durch die Meinungspresse, die dem Gesinnungswesen zuzuordnen ist. Die derzeitigen Seuchenschutzmaßnahmen in China sind etwas anderes. Wenn früher in Europa Pest war, gab es so etwas auch schon, und wenn Ihnen, Herr Wohanka, das zu lange her ist: bei der Ebola-Epidemie in Afrika wurde ebenfalls strikt auf Unterdrückung von Verbreitungsmöglichkeiten geachtet. Dafür gibt es übrigens internationale Standards. Insofern ist Ihr Hinweis auf die jährlichen Grippetoten unangemessen oder vielmehr zynisch.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Herr Caracciola schreibt: „´Einige Menschen (in China – St. W.) reagierten zunächst panisch, weil sie nicht wussten, welche Informationen richtig oder falsch waren. Mittlerweile ist die Faktenlage sehr transparent.´ Daneben gibt Steingart einen Überblick über den dramatischen Vertrauensschwund gegenüber sogenannten Leit- und Qualitätsmedien in Deutschland…“. Den Zusammenhang zwischen „Informationen“, Faktenlage“ und „sogenannten Leit- und Qualitätsmedien“ hierzulande habe ich also nicht konstruiert; er stammt also aus dem Eingangstext dieses Disputs. Wenn daraus dann eine von „den Grünen erstrebte Erziehungsdiktatur“ abgeleitet wird, finde ich das einigermaßen befremdlich. Zumal: Ist nicht die Kritik am offensiven Bekenntnis zu moralischen Positionen desgleichen ein Fall von offensivem Bekenntnis von Moral?
      Angesichts der Angst vor dem Coronavirus sollte man sich hierzulande mehr auf einen anderen Erreger einstellen: In der vergangenen Woche erkrankten rund 7000 Menschen nachweislich an der Grippe, in der Woche zuvor waren es rund 4400. Während des Winters 2017/2018 starben nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) 25.000 Menschen an der Grippe, im Jahr davor waren es knapp 23.000. Auswertungen des RKI legen nahe, dass schwere Grippewellen sogar die Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland negativ beeinflussen. Die Grippewelle 2018/2019 verlief zwar vergleichsweise mild. Allerdings kam es auch in jenem Winter zu rund 3,8 Millionen Arztbesuchen wegen Grippe-Erkrankungen. Rund 18.000 Erkrankte mussten im Krankenhaus behandelt werden. Es wäre also nicht ratsam, sich wegen des neuartigen Coronavirus Sorgen zu machen, während man die Grippe ignoriert. Zur Relation: Am Coronavirus dagegen starben nach Informationen aus China etwas mehr als 100 von 4500 Infizierten, die meisten von ihnen waren zudem durch eine schwere Grunderkrankung bereits geschwächt.

    • Waldemar Landsberger sagt:

      Mein Kommentar bezog sich ausschließlich auf den Hinweis auf Gabor Steingart, in Deutschland werde zunehmend Meinungsjournalismus gepflegt, der als Information verkauft wird. Ich habe dem hinzugefügt, dass es hier ein grünes Gesinnungsübergewicht gibt, das nicht ohne Folgen bleibt. Mehr nicht. Aber trotzdem vielen Dank an Dr. med. Wohanka für die Lektion in Krankheitskunde.

  65. Jürgen Scherer sagt:

    Nur soviel zum Ehrenrettungsartikel von Herrn Landsberger bzgl. der AfD.
    Begriffe wie Anstand, Rücksicht, Aufklärung, Freiheit etc. im Biedermeierlichbehaebigen und – rückschrittlichen , evtl. sogar – überholten(?) zu verorten mag zwar der Haltung und Praxis der AfD entsprechen, nicht jedoch einer auf humanen und demokratischen Prinzipien beruhenden aufgeklärten demokratischen Gesellschaft.

    • Waldemar Landsberger sagt:

      Das schlimme ist, dass manche selbsternannte „Linke“ nicht in der Lage sind, mitzudenken, wenn es ihren Glaubenshorizont überschreitet. Es geht nicht um „Ehrenrettung“ für wen auch immer, sondern um wissenschaftlich untersetzte Erörterungen darüber, was uns denn bevorsteht. Darauf kann man sich vorbereiten, wenn man es versteht.
      Aus der Familien-Zugehörigkeit von CDU/CSU und AfD folgt, dass die dieses Land spätestens nach 2025 regieren werden. Dann gehören Merkel und AKK der Geschichte an. Und so, wie die Christdemokraten nach 2005 einen „Linksschwenk“ gemacht haben, können sie nach 2021 auch einen Rechtsschwenk vollziehen.
      Das hatten übrigens die Freien Demokraten in den 1960er und 1970er Jahren auch schon mal gemacht: erst „rechts“ mit Erich Mende, dann „links“ mit Walten Scheel, dann wieder halbrechts mit Dietrich Genscher. Dabei fand übrigens jeweils auch ein deutlicher Mitgliederaustausch in der FDP statt.

  66. Rudolph Caracciola sagt:

    „Fifa und Ethik, wissen Sie, wenn in einem Satzzusammenhang die Begrifflichkeiten Fifa und Ethik auftauchen, ist das in etwa so, als wäre die Frau des Papstes zur Gleichstellungsbeauftragten der Taliban berufen worden.“
    Das ist nur eine der spitzen Spitzen aus der jüngsten ANSTALT.
    Wer die Sendung verpasst hat, bekommt im Internet noch seine Chance:
    https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt

  67. Jürgen Scherer sagt:

    @“scheinbare Ungeheurlichkeiten“:
    Die waren übrigens nicht „scheinbar“ sondern ganz real. Und wie agiert Herr Gauland darob: In einem Interview mit „focus“ vom 30. November dieses Jahres äußert er, dass er seinen Leuten immer wieder sage, sie sollten (auch in Wahlkämpfen) nicht immer sagen, was sie dächten …
    Und verfassungsschutzmäßig möchte ich auf zweierlei verweisen:
    1. In der FAZ vom 18.12. ist zu lesen, dass, lt. Präsident des Vf., sowohl der „Flügel“ als auch die „Jungen Alternativen“ zum Spektrum „Rechtsextremnismus“ gezählt würden. Das wäre
    2. zu Zeiten von Herrn Maaßen wohl nicht möglich gewesen, der hat ja wohl seine „Schützende Hand“ zur Verfügung gestellt …

  68. Helmut König sagt:

    Ohne Zweifel gibt es Leute, die meinen, vermuten oder glauben, daß Parteien einfach so vom Himmel fallen. dem ist aber nicht so! Heut zu Tage werden Parteien in so genannten Denkfabriken (mein Opa nannte so was noch Hinterzimmer) konzipert und realisiert. So geschah das auch mit der Alternative für Deutstchland. Sie hat ja zwei überaus seriöse Väter. Zuerst mußte Lucke ran, denn der Euro drohte für die EU zum Desaster zu werden (Kamerad Draghi hat selbiges erfolgreich abgewendet). Nun aber spielt die Allgemeine Verunsicherung und angesichts überall Einstürzender Neubauten mußte AltCDUler Gauland an die Front und die AfD muß nun alles vortragen, was die Schwesterpartei aus guten Gründen nicht sagen darf…
    Übrigens: Egal, was auch immer die Gaulands, Höckes oder die hochadlige Frau von Storch jemals an scheinbaren Ungeheuerlichkeiten von sich gaben – für den Verfassungsschutz hat es nie gereicht und eingeschleuste U-Boote (Gedeon zum Beispiel) wurden rechtzeitig kalt gestellt; das sollte doch zu denken geben.

    • Stephan Wohanka sagt:

      „…. das sollte zu denken geben.“ Das ist unbedingt richtig. Das „das“ würde plausibel, wenn Sie diejenigen nennten, die Herrn Lucke bewegten, die AfD aus der Taufe zu heben. Oder wer dann Herrn Gauland „an die Front“ schickte oder aber Herrn Gedeon „einschleuste“ – obwohl, dazu gibt es einen Fingerzeig: Der Verfassungsschutz. Und dann „kalt gestellt“ wurde von wem?
      Es wäre auch gut zu wissen – wenn es denn darüber etwas gäbe – warum sich die „seriösen Väter“ dazu bewegen ließen, das zu tun, was sie taten.
      Also: Können Sie den modernen Hinterzimmern vulgo Denkfabriken einen Namen geben? Wer sind die Reißbrettstrategen, die darin tätig sind? Das wäre gut zu wissen.

    • marie sagt:

      hier ein unkommentierter link zur „weihnachtsstimmung“ im bundestag und der eu
      „Der Bundestag hat für die Errichtung eines Mahnmals für die Opfer der „kommunistischen Gewaltherrschaft im Herzen von Berlin“ gestimmt. Sowohl dieser Begriff als auch die Entkoppelung der DDR-Geschichte aus ihrem Kontext sind rückwärts-gewandt und ideologisch verbrämt.
      Normalerweise wollen die Etablierten im Bundestag mit der „Rechtsaußen“-Partei nichts gemeinsam haben. „Rechtsradikale“, „Faschisten“, „Nazis“, „Schande für Deutschland“ – so werden oft die Vertreter der AfD von bekannten Gesichtern der CDU, der SPD und der Grünen genannt. Bei den Abstimmungen im Bundestag gilt strengstens: keine Zustimmung für AfD-Anträge. Auch wenn diese inhaltlich identisch mit den Anträgen anderer Parteien sind.
      Die sogenannten Parteien der Mitte haben jedoch mit der rechten AfD viel mehr gemeinsam, als behauptet. Die Abstimmung im Bundestag am Freitag, dem 13. Dezember, hat ausdrücklich gezeigt, wo der große gemeinsame Nenner liegt – in der Verteufelung des Sozialismus.“
      https://deutsch.rt.com/meinung/95933-geschenk-an-rechtsextreme-mahnmal-fur-opfer-der-kommunistischen-gewaltherrschaft/

  69. Jürgen Scherer sagt:

    Da kommt ja einiges zusammen:
    Punkt 1: Der Reigen penetranter Zitate und Verhaltensweisen der AfD müsse nicht unbedingt erweitert werden. Widerspruch: Parteien äußern sich, um gehört und politisch eingeordnet zu werden. Also ist das Wort wichtig und es muss erlaubt sein, an dieses zu erinnern, damit nicht im Ungefähren bleibt, was so mancher „Bürger“ von sich gibt, welche BuchstabenGrundsuppe da gerade vorbereitet wird und gekocht werden soll.
    Punkt 2: Eingedenk der Tatsache, dass wir Menschen unsere Geschichte nicht aus freien Stücken, wohl aber unter vorgefundenen Umständen selbst machen, ist die Leninsche Diagnose stichhaltig, ermuntert sie doch zugleich, zusammen mit Marxens Erkenntnis, an den vorgefundenen Umständen mitzuwirken, und da bedarf es m.E. der Einordnung der AfD im Rahmen der Diskussion unserer Zeit. Vielleicht bin ich zu optimistisch, wenn ich eher dem citoyen zuneige als dem bourgeois. Aber für mich steht fest, dass die AfD nicht dem Leitbild des citoyen entspricht, noch es als erstrebenswert erachtet. Dafür geriert sie sich zu rückwärtsgewandt, antiliberal, autoritär und menschenverachtend. Deshalb kann ich ihrer Diktion und Auffassung von „bürgerlich“ nicht folgen, m.E. vor allem eine Propagandafloskel zur Erreichung anderer Ziele, wie z.B. den abgeschotteten Nationalstaat „biodeutscher“ Provenienz.
    Punkt 3: Es ist ohne Zweifel richtig, dass wer vom Faschismus spricht oder sprechen will, vom Kapitalismus nicht schweigen darf. Insofern stimmt es, dass das Kapital der BRD momentan nicht an einem Aufstieg der AfD interessiert ist. Wohl aber scheint es mir daran interessiert, die politischen Zielsetzungen dieser Partei zu stützen. Wirkt sie doch disziplinierend genug auf die anderen Parteien im Hinblick auf die autoritäre Zurichtung unserer Gesellschaft im Sinne des Kapitals und seiner Verwertungswünsche und -notwendigkeiten. Dagegen gilt es mit Zivilcourage vorzugehen, auch indem man die AfD als das entlarvt, was sie ist: eine zutiefst menschenverachtende Partei, die es versteht, die durch die Globalisierung und die damit einhergehende Unübersichtlichkeit entstehende Verunsicherung in unserer Gesellschaft für ihre antiaufklärerischen, rückwärtsgewandten, vielleicht aber, kapitalmäßig gesehen, irgendwann doch noch mal brauchbaren Ziele zu nutzen.

  70. Waldemar Landsberger sagt:

    Im Angesicht von Herrn Wohankas Einlassung, die NSDAP sei in erster Linie aus dem politischen Raum, aus Wort und Schrift gekommen, gebe ich mal den Bertsch und zitiere mich selbst (Blättchen No. 23/2019): „…Von der CDU bis zu Linken und Grünen war im Wahlkampf von „Faschisten“ geredet worden; nur hat dies die Wähler nicht von ihrer Wahlentscheidung abgehalten – nun werden immer öfter diese beschimpft. Tatsächlich führt das „Faschismus“-Gerede zu einer Entwertung und Veralltäglichung des Etiketts. Ganz abgesehen davon, dass damit der real existent gewesene deutsche Faschismus von 1933 bis 1945 verharmlost wird… Zunächst resultierte der Zweite Weltkrieg nicht aus hetzerischen Tiraden der Naziführer, sondern daraus, dass das deutsche Großkapital nach der Niederlage von 1918 den Revanchekrieg wollte. Das deutsche Großkapital von heute ist ein zentraler Akteur auf den globalisierten Weltmärkten und hat sich geopolitisch in der Rolle des Juniorpartners der USA eingerichtet. Nationalistische und fremdenfeindliche Bekundungen schaden dem „Wirtschaftsstandort Deutschland“, weshalb die AfD der deutschen Exportindustrie eher im Wege steht. Während die NSDAP der Revanchekrieg-Fraktion schon vor 1933 politischen Ausdruck verlieh.“
    Wir sollten weniger über Worte reden als über Interessen, Kapital und Krieg sowie über Klassenverhältnisse. Das Problem von Diskussionen mit West-Linken ist nur, sie haben viel Adorno/ Horkheimer gelesen und weniger Marx bzw. diesen nicht verstanden. Aber die derzeitigen Diskussionsbeiträge kommen der Sache als solcher schon näher.

    • marie sagt:

      was mich so ganz persönlich etwas umtreibt, ist der gedanke, der „bösen“ anteile … hmmm konkret meine ich jedoch die faschistoiden anteile in taten und worten von „guten“ menschen.
      ich lande dann oft bei hannah arendt und ihrer „banalität des bösen“ bzw. den figuren von „wunderbaren vätern und ehemännern“, welche einem grausam teuflischen job täglich nachgehen/nachgegangen sind, von dem ihre familie nur eine ganz vage (keine konkrete) vorstellung hat und sie die realität niemals zusammen in eine person bringen können …
      also nix neues … heutzutage jedoch ein ernstes gesellschaftliches problem, weil es viel zu wenig reflektionsmöglichkeiten darüber gibt … vielleicht erspart mir der text hinter dem link weitere ausführungen dazu
      https://www.theblogcat.de/uebersetzungen/der-innere-faschist-19-11-2019/
      es gibt auch ausnahmen bei den kapitalisten (engels) und auch hier:
      https://www.jungewelt.de/artikel/368714.an-der-seite-der-armen-reiche-revolution%C3%A4rin.html?sstr=kommunistin%7Cschweiz

    • Stephan Wohanka sagt:

      Ich bin Ihrem Selbstzitat gefolgt und fand neben dem, was Sie hier im Blog schrieben, dort noch Folgendes: „Die AfD mag reaktionär und rückwärtsgewandt sein, sie ist im Kern aber nicht ´rechter´, als es die CDU von Alfred Dregger war. Dass sie in wesentlichen Punkten neoliberaler Wirtschaftspolitik völlig mit Christdemokraten und FDP übereinstimmt, wird durch das ´Faschisten´-Gerede der CDU eher verhüllt als verdeutlicht.“
      Ich widerspreche Ihnen grundsätzlich. Die AfD lediglich als „reaktionär und rückwärtsgewandt“ und „nicht ´rechter´ als die CDU von Alfred Dregger“ zu apostrophieren, ist schlimme Verharmlosung. Während man bei den BündnisGrünen seit geraumer Zeit eine Verbürgerlichung beobachten kann, kommt es bei der AfD – beginnend mit Lucke, über Petri hin zu Gauland und Höcke – zu einer fortschreitenden Radikalisierung. Selbst die Dimitroff-These vom Faschismus als „terroristischer Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ macht deutlich, dass „bürgerliche Demokratie“ und Faschismus zwei verschiedene Ausprägungen des Kapitalismus seien, die also auf der gleichen ökonomischen Basis beruhten. Die Umgangsweise mit der AfD reicht von „Noch nicht einmal ignorieren“ über Relativierungen, wie ich sie bei Ihnen sehe, bis zum Kopieren, dem politischen Hinterherlaufen; was – das hat sich schon gezeigt – für die CDU politischem Selbstmord gleichkommt. Oder aber sie zu stellen…
      Sie sitzen der AfD-Propaganda auf, die ausgesprochen bemüht ist, Dregger zu einem der ihren zu machen: „Dregger hätte die AfD gegründet.“ Natürlich – Dregger war der Posterboy des nationalkonservativen Flügels der CDU, erst Landeschef in Hessen und dann Fraktionsvorsitzender im Bundestag. Nicht jeder, der konservativ ist, ist eine Gefahr für die Demokratie; man sollte schon zwischen „rechts“ im Sinne von konservativ und rechtsextremistisch unterscheiden. Dregger war ein europäischer Visionär, der frühzeitig für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, aber für ein subsidiäres Europa, in dem die Staaten ihre nationalen Identitäten bewahrten, eintrat. Auch von ihm gibt es für mein Verständnis – und da wären wir dann wahrscheinlich beieinander – schwer zu kritisierende, ja unmögliche Äußerungen zum deutschen Geschichtsverständnis. Jedenfalls gehörten Extremismus, Antisemitismus und Menschenverachtung, eine Sprache blanker Hetze und blanken Hasses aber nicht zu seinem Repertoire. Wenn AfD-Funktionäre wie eben Gauland von Systemparteien, Systempolitikern, Systemjournalisten oder Lügenpresse schwätzen oder andere massive Drohungen gegen Andersdenkende ausstoßen, dann sind das Vokabeln, die unsere Altvorderen schon einmal verführt haben und die zu verbalen Wegbereitern des Nationalsozialismus wurden. Neben „Interessen, Kapital und Krieg sowie … Klassenverhältnissen“ ist die Sprache, das Wort eben doch nicht bedeutungslos für den politischen Prozess. Man muss – denke ich – sowohl „Adorno/Horkheimer“ als auch „Marx“ lesen und verstehen, um soziale und politische Phänomene einigermaßen einschätzen zu können.
      Die AfD stimme „in wesentlichen Punkten neoliberaler Wirtschaftspolitik völlig mit Christdemokraten und FDP überein“, sagen Sie. Einverstanden. Aber das bedeutet doch nicht, dass diese Parteien mit der AfD gleichzusetzen wären. Wirtschaftspolitik ist ein – wesentlicher – Teil der Gesamtpolitik, aber eben nur ein Teil. Davon aufs Ganze zu schließen, ist unzulässig.
      Darüber hinaus „verhüllt als verdeutlicht das ´Faschisten´-Gerede der CDU eher“ diese Übereinstimmung in der Wirtschaftspolitik. ??? Nach einigen Irrungen und Wirrungen ist der CDU als Partei – einige ihrer lokalen Funktionäre sehen das anders – an strikter Abgrenzung von der AfD gelegen; oben habe ich schon etwas dazu gesagt. Wieso sollte sie da „verhüllen“?

  71. marie sagt:

    @Stephan Wohanka

    sie wissen gar nicht, wie gut ich ihre haltung (stalin?) verstehe – auch wenn ich sie in vielen details nicht teile.
    glauben sie wirklich, ich bin „schwach“? okay, ich habe keine armee/polizei o.ä. hinter mir /unter meinem befehl*** >>> das kann „man“ schon als schwäche sehen … ist aber nicht individuell, sondern charakterisiert das (jeweils) herrschende system und ich bin NOCH NIEMALS !!! auf die idee gekommen, mich als machthaber eines systems sehen zu können/wollen … also meine position ist ein ganz einfacher mensch, mit ganz einfachen, aber doch sehr individuellen bedürfnissen, die so gut es möglich ist (auch bei wechselnden systemen und mächten) zu verwirklichen … also von „perfektion“ keine spur in der realität … aber immer zeitgemäße „prioritäten“, bei denen neben dem lebenserhalt, auch der offene blick in den spiegel ganz vorne an steht.
    ich kenne keinen einzigen vertreter der afd – außer den üblichen verdächtigen aus den medien, jedoch weiß ich zweierlei:
    ich möchte niemals einem herrn gauck begegnen (ich fürchte, ich sprenge die grenzen der zivilisation)
    ich habe den ähnlichen glauben wie christoph schlingensief in seinen arbeiten (ERFOLGREICH) zeigt: vertrauen in den menschen (bis auf ausnahmen: siehe erstens u.a.)
    http://www.schlingensief.com/projekt.php?id=t034
    https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/theater-schlingensief-gruendet-zentrale-fuer-aussteigewillige-neonazis-123302.html
    ähnlich beeindruckendes zu dem thema erlas ich mir in diesem buch – in dem ein spitzel für faschos in argentinien durch die liebe die seite wechselte und ein (linkes+bedrohtes) leben rettete
    https://www.suhrkamp.de/buecher/der_kuss_der_spinnenfrau-manuel_puig_37369.html

  72. Ich glaube, es ist nötig, den Blick über die AfD hinaus auszuweiten. Nicht nur – wie es ja auch Marie zu Recht tut – auf die reaktionären Seiten „bürgerlicher“ Parteien.
    Ich habe deshalb für die IPPNW-Zeitschrift amatom, 32/2019 einen (sehr kurzen) Beitrag verfasst, den ich überschrieben habe mit „Die Diagnose Rechtsruck genügt nicht mehr“. https://andreas-peglau-psychoanalyse.de/die-diagnose-rechtsruck-genuegt-nicht-mehr/
    Aus dieser Betrachtungsweise ergibt sich nicht nur eine andere Problemstellung, sondern auch der Hinweis auf andere potentielle Verbündete.
    Einige Sätze daraus:
    Die Schwangere begleitenden, Haus- und natürliche Geburten anbietenden freiberuflichen Hebammen werden durch rapide Erhöhung der Versicherungsbeiträge systematisch in Existenznot gebracht. (…)
    Symptomatisch für die Renaissance „schwarzer Pädagogik“ ist, dass der Film „Elternschule“ nicht nur im Kino lief, sondern im Juli 2019 auch im deutschen Fernsehen. (…)
    Mit der AfD erstarkt die patriarchale Ideologie, inklusive der Abwertung von Frauen. (…)
    Was Psychotherapie betrifft, fährt „Gesundheits“-Minister Spahn einen Kurs, der offenkundig auf die Abschaffung ambulanter Psychotherapie insgesamt, zuallererst aber analytischer und tiefenpsychologischer Langzeittherapien abzielt. (…) Dazu passt, dass das neue bayerische Psychiatriegesetz „Parallelen zum Maßregelvollzug“ enthält.
    Dass auf EU-Ebene durch diverse Handelsabkommen permanent Gremien geschaffen werden, „die ohne demokratische Kontrolle unsere Lebensverhältnisse bestimmen“ (…), verstärkt die Befürchtung: Was da läuft, umfasst mehr als den „Rechtsruck“. Uns droht die Restauration offen autoritärer, bürgerlich-reaktionärer Gesellschaftsverhältnisse, ein umfassendes psychosoziales Roll-back.
    Wie kommt das? (…)

  73. Herbert Bertsch sagt:

    Mit „klamm-heimlicher“ Sympathie lese und spüre ich den heftigen Unmut von „marie“, daß man den Reigen penetranter Zitate und Verhaltensweisen von AfD-Funktionären und auch intellektueller Parteigänger hier nicht unbedingt erweitern muß, ohne auf den Kern zu kommen: daß dies zwar eine moderne Erscheinung ist, die ihren Ursprung, die „Grundsuppe“, aber im System der Gesellschaftsverfassung der BRD (alt) hat, auf das erweiterte Deutschland – ohne geringste Modifikation – ausgedehnt.
    Übrigens – bei der Disputation nicht selten ohne die hinterhältige Begründung, dies habe „der Osten“ ja nur „kriegen können“, weil die letzte DDR-Volkskammer dies für das all(gemeine) Volk gemäß Wahlverhalten beantragt hat. Sage also niemand berechtigt, das sei so nicht gewollt worden. Rückgabe infolge irriger Bestellung solcher Waren ausgeschlossen.
    Erfreulicherweise – auf die Gemeinschaft von Autoren, Herausgebern und Lesern bezogen – braucht das Verdikt von „marie“ aber nicht ganz so heftig getroffen zu werden. Es ist schon Substanz vorhanden, wie gleich demonstriert.
    Da gab und gibt es im „Blättchen“schon Hinweise auf Erkenntnisse zum Wechselverhältnis zwischen Erscheinung und Wesen in Bezug auf die AfD und ihre Einbettung ( nicht etwa nur als äußerer Rand!) in unserem Land.
    „In Wirklichkeit bildet die Bourgeoisie in allen Ländern unvermeidlich zwei Systeme des Regierens heraus, zwei Methoden des Kampfes für die Interessen und für die Verteidigung ihrer Herrschaft, wobei diese zwei Methoden bald einander ablösen, bald sich miteinander in verschiedenartigen Kombinationen verflechten. … Nicht aus böser Absicht einzelner Personen und nicht zufällig geht die Bourgeoisie von der einen Methode zur anderen über, sondern infolge der radikalen Widersprüche ihrer eigenen Lage.“ Das Zitat hat was zur Aufhellung in der Gegenwart. Ich denke, diese Analyse entspricht in etwa dem, was „marie“ bei der Diskussion vermißt. Auch wenn diese Erkenntnis schon vom 16. Dezember (!) 1910 stammt: aus „Swesda“, mit der Autorenangabe „W.Iljin“.
    Dieses so weiten Rückgriffs bedarf es für Akteure des „Blättchens“ nun nicht. „Lenin und die AfD“ ist ein Betrag in Nr. 22 vom 24. Oktober 2016 überschrieben, in dem nachgewiesen ist, das die AfD nicht per Zufall vom Himmel gefallen, sondern „Fleisch vom Fleische“ unserer Gesellschaft ist. Dieser Grundgedanke fand inhaltliche Fortsetzung in einem Beitrag ( Nr. 22 v. 23. Oktober 2017) mit der rhetorischen Frage als Titel: „Hat mit Gauland alles angefangen?“
    Da seinerzeit zu diesem Thema und solchen Draufsichten kein dokumentiertes Echo entstand, mag sein, daß man auch fälschlich vermutet: „Die gefallenen Worte sind bekannt … jedoch nicht die dahinter liegende Absicht“ („marie“).
    Glücklicherweise entspricht in diesem Falle die mangelnde Wahrnehmung nicht ganz dem weiten Spektrum der im „Blättchen“ veröffentlichten Beiträge.
    Aber zurück zum Anlaß: Neben Anderem verdanke ich dem berechtigten Unmut von „marie“ diesen Hinweis an Interessenten, „marie“ eingeschlossen, sich des Gedruckten zu erinnern. So vermessen sind – mitunter – Autoren im „Blättchen“!

    • marie sagt:

      lieber herbert bertsch, vielen dank für die hinweise auf die artikel von 2016 + 2017 … ich werde sie finden und lesen.
      ich bin übrigens nicht „unmutig“ gegenüber den autoren+kommentatoren hier im blättchen – hmmm zu den persönlich individuell unterschiedlichen gedächtnisleistungen sollte am besten sich jeder selbst hinterfragen – die einflußnahme der medien(propaganda) ist auf jeden fall raffiniert und enorm (nicht nur bei afd, auch ukraine, rußland, china und der ökosozialen situation in deutschland … u.s.w.u.s.w. … >>> die geheimdienste lassen ganz heimlich grüßen …)
      übrigens gehören zu meinen informanten auch sokrates, platon, shakespeare, brecht und jede menge alter toter männer und deren gedankenwerke … und zum glück gibt es noch lebende, die die ewigen wiederholungen/wechselnde masken und „parolen“ und sonstige erkennbaren muster für die betrachtung der gegenwärtigen ereignisse zum „abgleich“ verwenden können …
      das wichtigste habe ich wohl persönlich durch literaten u.a. den zeitgeist reflektierende künstler erkannt … es geht um größere zusammenhänge und deren entwicklungen und einfluß auf die menschen … doch letztendlich ist jeder ganz allein dabei (verantwortlich) … und doch nie allein im austausch, in dem keine gegenseitig ERWARTET wird … sondern ehrlichkeit und reflektionsfähigkeit … ja, diese ist sogar mit „analphabeten“ aus aller welt möglich, wenn die intuitive verarbeitung von informationen und erlebnissen UNVERBOGEN und ausgangs/erwartungsoffen zur erkenntnis führt

  74. marie sagt:

    jetzt, da ich diesen kommentar schreibe, beteilige ich mich schon an dem schlagabtausch, den ich tief verachte … und doch entsteht diese verachtung durch beobachtung und wahrnehmung von tendenzen und sich verhärtenden polarisierungen … also an der teilnahme an dieser entwicklung
    die gefallenen worte sind bekannt… jedoch nicht die dahinterliegende absicht – ehrlich gesagt wundert es mich sehr, dass die worte von POLITIKERN wörtlich genommen werden
    passend zu diesen ausagen steht HEUTE eine säule vor dem reichstag (wer hat dies genehmigt?) mit folgenden worten:
    „Ich schwöre Tod durch Wort und Tat, Wahl und eigne Hand – wenn ich kann – jedem, der die Demokratie zerstört.“
    hmm … einige hier wissen wohl ganz genau, was „DEMOKRATIE“ 2019 bedeutet (folter von assange, dem nestbeschtzer der demokratie*** und reichlich andere zurechtbiegungen dieses begriffes, von denen ich doch hoffe, dass DIESE ihnen genauso bekannt sind, wie die aussagen der afd …)
    … also veröffentlichte „todesschwüre“ vor dem reichstag in berlin
    https://www.br.de/nachrichten/kultur/zentrum-fuer-politische-schoenheit-gedenkstaette-schwurstaette-franz-von-papen,RjxUZCa
    sorry** wenn ich mich nicht am parteipolitischen kampf um macht und geld beteilige und mir meine freie und unabhängige sichtweise auf alle – stark widerstrebenden und völlig inkonsistenten trends bewahre – das ergibt widerspruch genug … hihi sogar sich selbst widersprechender widerspruch wird dabei nicht gescheut >>> das kann und möchte ich nicht ertragen müssen
    vor der kriegslüsteren regierung graut mir auch zutiefst …

    • marie sagt:

      aktueller nachtrag:

      orkanartiger beifall für den antikommunismus als zukunftsstrategie der ör-medien aus der cdu-ecke:
      „Höhepunkt der zweiten Runde sind die abschließenden Worte Stephan Raabes von der Adenauer-Stiftung, der den offiziellen Teil mit der Forderung nach der Rückkehr des hartgesottenen Antikommunisten Gerhard Löwenthal (1922–2002) beendet. Wer Erinnerungen an dessen »ZDF-Magazin« hat, kann sich den orkanartigen Beifall vorstellen.“
      https://www.jungewelt.de/artikel/368699.feindbeobachtung-qualit%C3%A4tsdefensive-ein-abend-der-adenauer-stiftung-zur-politikverdrossenheit.html

    • Stephan Wohanka sagt:

      Liebe Marie,

      Sie schreiben: „… und mir meine freie und unabhängige sichtweise auf alle – stark widerstrebenden und völlig inkonsistenten trends bewahre – das ergibt widerspruch genug … hihi sogar sich selbst widersprechender widerspruch wird dabei nicht gescheut …“.
      Klingt gut, unvoreingenommen. Mit allen reden, zuhören, alle – auch kritisch und selbstkritisch – verstehen, wer wollte da nein sagen?
      Nur denke ich, einer politischen Kraft kann man, darf man nicht unvoreingenommen begegnen – nämlich der, die d i e historische Katastrophe dieses Landes zu verantworten hat. Und diese Kraft ist präsent, in Wort, Schrift und in Taten. Und organisierter Form! Diese Kraft ist nicht „bürgerlich“, nicht konservativ, auch nicht nur „rechts“ – obwohl sie sich in Teilen dafür hält respektive in diesen Gewändern auftritt. Nein, diese Kraft ist extremistisch, hoch gefährlich – dadurch, dass ihre Protagonisten nicht verbergen, dass sie genau die ideellen und praktisch-politischen Zustände wieder herstellen wollen, die zu eben erwähnter deutscher Katastrophe geführt haben. Belege dafür finden Sie in den zum Thema aktuell geposteten Beiträgen zuhauf.
      Ob diese Kraft damals der Weimarer Republik den Garaus machte, die deutschen Konservativen überrannte, ob sie die damalige europäische Nachkriegsordnung zerstörte (Annexion des Sudetenlandes und Österreichs usw.) – sie verdankte diese „Erfolge“ der Schwäche ihrer Gegner, nicht ihrer eigenen Stärke; sie verdankte sie der Schwäche, der Blindheit der anderen. Deshalb darf die heutige Demokratie – so mängelbehaftet, kritikwürdig sie in Teilen ist – keine Schwäche zeigen, muss – so abgedroschen und ambivalent der Begriff auch sei – „wehrhaft“ sein und bleiben.

      FG
      Stephan Wohanka

  75. Literat sagt:

    Mal was gaaanz anderes – dies ist ein Beihilfe-Ersuchen zum Verständnis einer Charakteristik/Betätigungsdefinition, die da lautet: „Kritischer Intellektueller und…“(folgt angereihte Mitteilung über eine Betätigung, die offenbar damit in Zusammenhang steht).
    Ist das ein staatlich anerkanntes Markenzeichen, wie kann man das erwerben, wer befindet über den Gebrauch und zu welchem Zweck und Ende? Kann man darauf studieren mit Abschlußzeugnis oder handelt es sich um Selbstbewertung oder Gruppen-übliches von Seinesgleichen?
    Nun gab es schon in der Literatur die Benennung eines Zustandes bzw. einer Betätigung als „Kritischer Kritiker“, was aber wohl seinerzeit nicht ganz so ernst gemeint war, wie man es in der heutigen Ausgabe des „ND zur Kenntnis bekam, möglicherweise, um so auf die Tendenz in einem umfangreichen Beitrag einzustimmen.
    Nochmals: Was unterscheidet den ortsüblichen Intellektuellen von einem kritischen – und umgekehrt? Vielleicht bedingt aber auch das Eine das Andere, will fragen: Geht üblicherweise das Eine überhaupt ohne das Andere, so daß es Anlaß gäbe, dies besonders anzumerken?

    • Manne Murmelauge sagt:

      Der „kritische Intellektuelle“ ist eine höhere Form des Gemeinen Intellektuellen, der nur nach dem Brot geht, unkritisch ist, dem Mainstream folgt und der Kapitalherrschaft ein williger Vollstrecker ist. Der Kritische Intellektuelle dagegen definiert sich selbst als solcher oder wird von einem Ober-Kritischen Intellektuellen dazu ernannt. Der verachtet den Brotgelehrten (auch wenn er sich gern anheischig macht, in „Projekten“ auch Geld zu verdienen), bekämpft den Mainstream und die Kapitalherrschaft und ist gegenüber linken, kapitalismuskritischen und allen sonstigen „alternativen“ Parteien und Bewegungen weisungsberechtigt. Zumindest intellektuell. Gehorchen die nicht, werden sie als Verräter gebrandmarkt und ihnen wird die Maske der Kapital-Hörigkeit vom Gesicht gerissen.
      Eine andere Bezeichnung dieser Spezies ist der „Organische Intellektuelle“. Der trägt das Herz auf der linken Seite und wird von rotem Blut durchströmt. Im Unterschied zum „Anorganischen Intellektuellen“. Dessen Herz ist in der Regel aus Stein. Ansonsten teilt er seine wesensbestimmenden Charakteristika mit dem „Kritischen Intellektuellen“.

  76. Rudolph Caracciola sagt:
  77. Jürgen Scherer sagt:

    Da dieser Beitrag anscheinend verloren gegangen ist, reiche ich ihn hiermit nochmal nach.
    Lassen wir doch mal die AfD selbst zu Wort kommen

    Andreas Kalbitz: „Die AfD ist die letzte evolutionäre Chance für dieses Land. Danach kommt nur noch ‚Helm auf!‘“ (Kyffhäusertreffen des sogenannten völkischen „Flügels“ seiner Partei 2017).

    Götz Kubitschek aus Sachsen-Anhalt, der, laut MonitorSendung vom 19. September dieses Jahres, folgende Strategie ausgibt: „Den Osten ins Horn stoßen lassen, den Westen mit feinen Flöten einstimmen.“

    Björn Höcke am 17. Januar 2017 in Dresden im Ballhaus Watzke:
    „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Und weiter:
    Deutschland müsse eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ vollziehen. Die „dämliche Bewältigungspolitik“ müsse ein Ende haben.

    Nach dem Anschlag auf die Fußballmannschaft von Borussia Dortmund gibt die AfD vor, sofort Bescheid zu wissen, und twittert: „Danke Merkel! Islamisten verantwortlich. Vom Fußball bis zum Weihnachtsmarkt. Kein Bereich unseres Lebens ist mehr sicher.“
    Beide Zitate aus „AfD und Medien“ otto brenner stiftung 2017
    Höcke an die „Jungen Alternativen“: „Ich möchte, dass ihr euch im Dienst verzehrt, ich möchte euch als neue Preußen, ich weise euch einen langen und entbehrungsreichen Weg, aber es ist der einzige Weg, der zu einem Sieg führt, und dieses Land braucht einen vollständigen Sieg der AfD“. … „Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“.
    Aus: http://www.fr-online.de/politik/kommentar-zu-afd-in-dresden-bjoern-hoecke-gibt-den-nazi,1472596,35089716.html

    Ale¬xander Gauland, erklärte 2017 als Spitzenkandidat seiner Partei im Bundestagswahlkampf, man sol¬le die Staatsministerin Aydan Özoğuz „in Anato¬lien entsorgen“ vgl. http://www.zeit.de/news/2017-08/28/wahlen-gauland-oezoguz-in-anatolien-entsorgen-28114602.

    Weidel sprach im Mai 2018 im Deutschen Bundes¬tag von „Kopftuchmädchen, alimentierten Mes-sermännern und sonstigen Taugenichtsen“, siehe Weidel-Einspruch gegen Ordnungsruf mit 549 Stimmen abgelehnt, 17. 5. 2018, http://www.bundestag.de/555494

    „Wir versuchen, die Grenzen des Sagbaren auszuweiten“, Gauland im Interview mit Philip Eppelsheim, 7. 6. 2018, www. faz.net/-15627982.html.

    Dazu erhellend:

    VOM SAGBAREN ZUM MACHBAREN?
    Rechtspopulistische Sprache und Gewalt
    Von Astrid Séville promovierte Politikwissenschaftlerin und Akademische Rätin auf Zeit am Lehrstuhl für Politische Theorie des Geschwister-Scholl-Instituts für Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians- Universität München.

    https://fsk12.bpb.de/system/files/dokument_pdf/APuZ_2019-49-50_online.pdf

  78. Jürgen Scherer sagt:

    Lassen wir doch mal die AfD selbst zu Wort kommen

    Andreas Kalbitz: „Die AfD ist die letzte evolutionäre Chance für dieses Land. Danach kommt nur noch ‚Helm auf!‘“ (Kyffhäusertreffen des sogenannten völkischen „Flügels“ seiner Partei 2017).
    Götz Kubitschek aus Sachsen-Anhalt, der, laut Monitor-Sendung vom 19. September dieses Jahres, folgende Strategie ausgibt: „Den Osten ins Horn stoßen lassen, den Westen mit feinen Flöten einstimmen.“
    Björn Höcke am 17. Januar 2017 in Dresden im Ballhaus Watzke:
    „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Und weiter: Deutschland müsse eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ vollziehen. Die „dämliche Bewältigungspolitik“ müsse ein Ende haben.
    Nach dem Anschlag auf die Fußballmannschaft von Borussia Dortmund gibt die AfD vor, sofort Bescheid zu wissen, und twittert: „Danke Merkel! Islamisten verantwortlich. Vom Fußball bis zum Weihnachtsmarkt. Kein Bereich unseres Lebens ist mehr sicher.“
    Beide Zitate aus „AfD und Medien“ otto brenner stiftung 2017
    Höcke an die „Jungen Alternativen“: „Ich möchte, dass ihr euch im Dienst verzehrt, ich möchte euch als neue Preußen, ich weise euch einen langen und entbehrungsreichen Weg, aber es ist der einzige Weg, der zu einem Sieg führt, und dieses Land braucht einen vollständigen Sieg der AfD“. … „Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“.
    Aus: http://www.fr-online.de/politik/kommentar-zu-afd-in-dresden-bjoern-hoecke-gibt-den-nazi,1472596,35089716.html
    Alexander Gauland, erklärte 2017 als Spitzenkandidat seiner Partei im Bundestagswahlkampf, man solle die Staatsministerin Aydan Özoğuz „in Anato¬lien entsorgen“ vgl. http://www.zeit.de/news/2017-08/28/wahlen-gauland-oezoguz-in-anatolien-entsorgen-28114602.
    Weidel sprach im Mai 2018 im Deutschen Bundestag von „Kopftuchmädchen, alimentierten Messermännern und sonstigen Taugenichtsen“, siehe Weidel-Einspruch gegen Ordnungsruf mit 549 Stimmen abgelehnt, 17. 5. 2018, http://www.bundestag.de/555494
    „Wir versuchen, die Grenzen des Sagbaren auszuweiten“, Gauland im Interview mit Philip Eppelsheim, 7. 6. 2018, www. faz.net/-15627982.html.
    Dazu erhellend:
    VOM SAGBAREN ZUM MACHBAREN?
    Rechtspopulistische Sprache und Gewalt
    Von Astrid Séville, promovierte Politikwissenschaftlerin und Akademische Rätin auf Zeit am Lehrstuhl für Politische Theorie des Geschwister-Scholl-Instituts für Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians- Universität München.
    https://fsk12.bpb.de/system/files/dokument_pdf/APuZ_2019-49-50_online.pdf

  79. Jürgen Scherer sagt:

    Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass es für ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen, ein paar Essentials gibt, die grundlegend sind. Unser Grundgesetz nennt da an erster Stelle die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Allein schon diese Leitplanke wird von der AfD tagtäglich mit den Füßen demoliert. Da werden Flüchtlinge zu Freiwild erklärt mit Invektiven wie „barbarische, muslimische, gruppenvergewaltigende Männerhorden“ (Beatrix von Storch) oder denunziert als „Kopftuchmädchen und Messermörder“ (Alice Weidel). Da wird die durch nichts beschönigbare Nazivergangenheit der Deutschen handstreichartig zum „Vogelschiss“ der Geschichte erklärt und so nebenbei der §1 unseres GG ad absurdum geführt. Immerhin eine der wichtigsten Lehren aus der Nazibarbarei.
    Und dann der Umgang mit unserer formalen Demokratie: Immer wieder ist das abschätzige Wort von der „Kanzlerdiktatorin“ zu hören, die unser Land „umvolken“ wolle (Gauland). Wir lebten in einem eigentlich verachtenswerten „System“ mit entsprechender „Systempresse“ und „Systemparteien“. Alles Ausdrücke, die unser parlamentarisches System in den Köpfen und Herzen der Menschen als verachtenswert verankern sollen. Nicht gerade bürgerlich-demokratisch, das Ganze!
    Wer aber als Bürger auf dem Boden unserer Verfassung steht, muss weder sie noch die Menschen, die hier leben, mit Hass belegen und so quasi zum „Abschuss“ freigeben. Das ist weder demokratisch noch bürgerlich und menschlich schon gar nicht. Insofern kann ich auch Herrn Landsbergers Einordnung dieser Partei zum „erweiterten bürgerlichen Lager“ nicht nachvollziehen.
    Mir geht es nicht um banales AfD-Bashing sondern um das Aufmerksammachen auf die Verlogenheit und die Gefährlichkeit dieser Partei für unser Gemeinwesen.

    • marie sagt:

      ich verteidige die afd NICHT!
      schauen sie sich nur bitte die nicht so völlig anderen worte der cdu/spd REGIERUNGSMITGLIEDER >>> VOR! der existenz der afd gründlich an … auch die begrifflichkeiten/attribute, welche für hartz4-empfänger sehr klar und deutlich geäußert wurden – arbeitsscheue sozialschmarotzer war dabei noch nicht der gipfel der frechheiten … und … wo war der anwalt dieser menschen?
      sie sitzen jetzt im gleichen boot mit der afd … d.h. sie wurden durch die regierung ZUERST dorthin verfrachtet …
      ich weiß gar nicht, wann ihr erinnerungsvermögen begonnen hat: treuhand, wende, entwürdigung, geldabwertung, arbeits- und obdachlosigkeit … auch für die „pleitegriechen“ in europa
      WARUM beginnt der kampf gegen würdelosigkeit JEDER art erst mit den erfolgen der afd? genau von denen, die der begriff „WÜRDE“ bis dahin überhaupt nicht interessiert hat … und sich auf das „humane-würdevolle“ kriegsgeschäft als deutsche spezialität besonnen hat? (jugoslawien undundund …)
      und ja: wir haben auch reichlich terroristen und mafiöse clans „zu gast“ … die regierung hat völlig versagt (pisa, pflege, wohnungen, nahverkehr u.u.u.)
      ich möchte in keinem land leben, welches orwell vorausgesagt hat … die afd ist die schlechteste antwort für eine zukunft – aber die finsteren vorbereitungsarbeiten wurden jahrzehntelang KRITIKLOS durchgezogen … sollte mich echt wundern, wenn die cdu und afd nicht mit verteilten rollen das GLEICHE spiel betreiben … wann das land wohl reif ist für die erste koalition?
      es geht allein um sachliche und inhaltliche kritik! um aufarbeitung! und nicht ständig neue feindbilder zur ablenkung GENAU DAVON.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Der heutige Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Mar­kus Frohn­mai­er 2015: „Ich sage die­sen lin­ken Ge­sin­nungs­t­er­ro­ris­ten, die­sem Par­tei­en­filz, ganz klar: Wenn wir kom­men, dann wird auf­ge­räumt, dann wird aus­ge­mis­tet, dann wird wie­der Po­li­tik für das Volk, und zwar nur für das Volk, ge­macht – denn wir sind das Volk, lie­be Freun­de.“ Alex­an­der Gau­land 2017 über die da­ma­li­ge Mi­gra­ti­ons­be­auf­trag­te Ay­dan Özoğuz: „La­det sie mal ins Eichs­feld ein und sagt ihr dann, was spe­zi­fisch deut­sche Kul­tur ist. Da­nach kommt sie hier nie wie­der her, und wir wer­den sie dann auch, Gott sei Dank, in Ana­to­li­en ent­sor­gen kön­nen.“
      Seinerzeit hörte sich das so an: „Wir ha­ben durch die Stär­ke un­se­res Vor­ge­hens ge­gen den Ver­bre­cher im wei­tes­ten Sin­ne, vor al­lem durch den rück­sichts­lo­sen Voll­zug der To­des­stra­fe, durch die Ein­füh­rung der Son­der­ge­rich­te, die Ein­füh­rung des Volks­ge­rich­tes zum Schut­ze von Volk und Staat eine Dis­zi­pli­nie­rung all der min­der­wer­ti­gen Strö­mun­gen er­reicht, die die Si­cher­heit des an­stän­di­gen Teils des deut­schen Vol­kes im wei­tes­ten Maße ge­währ­leis­tet.“ Oder so: „Ich glau­be an den Deut­schen Geist. Er wird uns em­por­he­ben aus die­sem Elend, in das uns der ver­roh­te, sinn­los auf­ge­hetz­te Pö­bel stür­zen wird. Bei Gott, die­ser Mob wird ein­mal leicht zur Ord­nung ge­bracht wer­den. Nur durch die Dik­ta­tur wird Deutsch­land ge­ret­tet wer­den.“

  80. Juergen Scherer sagt:

    Das Kreuz mit dem „Bürgerlichen“
    Wenn ich recht erinnere, werden bürgerliche Werte immer noch mit Begriffen wie Anstand, Rücksicht, Freiheit, Aufklärung etc. assoziiert. Zugegeben, es gibt derzeit deutlich sicht- und erlebbare Erosionsgebiete innerhalb dieses Begriffskanons. Aber unstrittig bleiben Werte wie Freiheit und Aufklärung, auch Emanzipation, Gleichstellung von Mann und Frau, Respekt und Toleranz. Wenn ich nun in Ihrem Artikel lese, dass Sie die AfD zum „weiteren bürgerlichen Lager“ zählen, frage ich mich doch verwundert, wie Sie dazu kommen, die Sichtweise der AfD, was ihre „Bürgerlichkeit“ angeht, zu transportieren. Für mich ist eine Partei, die einem familiären und bildungspolitischen Weltbild des vorvorigen Jahrhunderts frönt, die im Nationalismus das Heil für unser Land sieht und die nicht zuletzt faschistisches Gedankengut wieder sagbar macht und somit jeglicher Aufklärung und Toleranz Hohn spricht, nicht in einem „bürgerlichen Lager“ verortbar. Auch dann nicht, wenn sie aus Opportunitätsgründen gerne dort gesehen würde.

    • Ralf Nachtmann sagt:

      Dann wäre wohl auch die „Weimarer Republik“ streng genommen keine „bürgerliche“ Republik gewesen, oder?

    • marie sagt:

      sie machen ihre gesamte argumentation an einem höchst strapazierten begriff fest: „bürgerlichkeit“.

      dieser begriff hat, wie so viele aus dem gesellschaftspolitischen bereich, massive wandlungen durchlaufen und damit seinen inhalt zur schwammig-freien interpretation freigegeben. (daraufhin haben auch beide nobelpreisträger 2018/19 in ihren reden konkret hingewiesen – die „sprache“ ist verkommen … )

      WER??? ist denn NICHT „bürgerlich“? Wem wollen sie die bürgerrechte absprechen? moralisch-subjektiv können sie das machen, wie ihnen beliebt – jedoch gibt es juristische grundlagen (die leider auch schon nicht mehr „für alle gleich“ angewendet werden – assange)

      was mit der afd betrieben wird, ist reine meinungsmache = also nichts, was hilft, die würde für alle menschen gleich zu machen (ist eine strafrechtliche verurteilung eine aberkennung der bürgerrechte)

      ich finde die afd nicht gefährlicher als bürgervertreter, die in der „uniform der bürgerlichkeit“ die rechte der bürger verbiegen und verdrehen. m.m.n. haben sie die WIRKLICHEN gefahren der zeit nicht verstanden – JEDER!!! parlamentarier verdient die gleiche analyse seines wirkens … und nur, weil dies jahrzehntelang nicht geschieht, hat die afd genau in diese lücke springen können >>> DAS ist das problem unserer gesellschaft – zumindest massive proteste in europa und vielen teilen der welt zeigen dies auf – so dass die frage, was sind die wahren interessen der bevölkerung/ der bürger auf die straße kommt.

      ich hätte mir diese stimmen und definitionsinhalte (welche sie erwähnen) von den verantwortlichen regierungen und parlamenten gewünscht … und nicht deren kritikloses „weiter so“ …

      das afd-bashing ist nur ablenkung von eigenen gravierenden fehlern und weichenstellungen und verwischt die klare benennung der verantwortlichen – was leider die grundlage für einen freibrief eines „anders so“ mit rechten tendenzen gelegt hat … aber eigentlich wissen dies ja alle – doch weder eine psychologische – noch eine gesellschaftspolitische analyse wird öffentlich fair geführt … DAS bringt verbale und physische gewalt hervor … leider sehe ich dass das vieldiskutierte „versagen der eliten“ und ihrer narrative in eine neue phase der verpassten chancen eingetreten ist.

      ich hoffe dass die scharlatane ALLER couleur von der mehrheit der bürger keine chance der täuschungen mehr bekommen – bin gespannt, ob die neue spd damit einen anfang machen kann … ich hoffe es sehr … die zeit ist reif dafür … genau oder wegen der dialektik der entwicklungen helfen nur aufklärung und SICHTBARE TATEN, die dieser nicht widersprechen …

    • Stephan Wohanka sagt:

      Ist schon frappant, wie man sich die AfD schönschreiben kann – frei nach dem Motto: Alles das gleiche Pack.

  81. Ralf Nachtmann sagt:

    Reinheitsgebot
    Frank-Rainer Schurich schreibt: „wurde bereits 1498 das „Reichsgesetz gegen Weinfälschung“ verabschiedet. Es ist das älteste Verbraucherschutzgesetz, denn wie alle Biertrinker wissen, erließ man das Bayerische Reinheitsgebot zur Bierherstellung erst am 23. April 1516.“
    Stimmt leider nicht ganz. Das erste „Reinheitsgebot“ auf deutschem Boden wurde ganz und gar 1498 in Berlin fixiert, auch nicht 1434 auf der Thüringischen Runneburg zu Weißensee, oder 1351 in Erfurt, sondern 1348 in Weimar, als den dortigen
    Brauern unter Androhung drakonischer Strafen bei Nichtachtung auferlegt wurde, ausschließlich Hopfen und Malz für ihre Biere zu verwenden. So schreibt es der Historiker Michael Kirchschläger, nachzulesen in Band 37 der Rhino Westentaschen Bibliothek mit dem Titel „Kleines Thüringer Bierbuch“.

  82. Ralf Nachtmann sagt:

    zur „umkämpften Zone“:
    Man möchte hinsichtlich dieses Machwerks nur noch Einstein mit seinem „Unendlichkeitsvergleich“ zitieren. Andererseits: Frau Geipels Buch wird schon bals genauso vergessen sein, wie die „Werke“ des auch von ihr zitierten H.-J. Maatz.

  83. Ralf Nachtmann sagt:

    Sedantag
    Bernhard Romeike schreibt: „Genau betrachtet scheint dieser 9. November als „Tag des Mauerfalls“ inzwischen zum zentralen nationalen Gedenktag, zum Merkzeichen der zweiten deutschen Einheit, zum neuen Sedantag geworden zu sein.“ Ich habe noch einen anderen Gedanken: Bei all dem Rummel um den „9. November“ scheinen die anderen Novembertage vergessen. Was macht eigentlich den 8. November bedenkenswürdig? Edikt von Potsdam 1685, Hitlerattentat 1939. Was den 10.? Schillers 250. Geburtstag, Napoleons Staatsstreich am 18. Brumaire 1799. Der 7. November dürfte älteren Jahrgängen noch geläufig sein (Welikaja Sozialistitscheskaja Aktjaberskaja Rewoluzija). Der 11. – nun ja, Karneval für Katholiken, St. Martin für Evangelische, der Gott-bei-uns mit Namen Kalender hat zumindest in diesem Jahr das amerikanische Halloween auf einen anderen Tag gelegt. Es folgen Allerheiligen, Allerseelen, Reformations- und Totensonntag. Wer nicht mit christlichem Gemüte gesegnet ist, darf mit mir Geburtstag feiern. Natürlich kann sich kaum jemand dem medialen Mauerfall-, Stasi-, Freiheitswillen- und Einheitsdonner entziehen. Ich aber denke in jedem Jahr gerade in diesem Monat an den viel zu früh verstorbenen wunderbaren Sänger der Modern Soul Band. Denn neben seinem „Hey, Mann“ war es besonders der „Novemberblues“, der ihn und die Band von Hugo Laartz berühmt machte. „Aber später, tief im November, da war schon alles aus, aus, und über’m Haus hing der Nebel tief und schwer“. Ja, damals im November, da war alles endgültig aus. Versunken in einer Tschernobyl-artigen Kernschmelze. Die Folgen – positive wie negative – sind bekannt. Deshalb wollte ich auch diesmal nicht in den „Erinnerungs-Jubel-Chor“ einstimmen.

  84. Ralf Nachtmann sagt:

    Zu November November
    Erhard Weinholz schreibt: „Diese Fluchtwelle war, so glaube ich, das Bedrohlichste damals.“ Das stimmt. Man höre sich bitte noch einmal genau die Reden des damaligen westdeutschen Innenministers Wolfgang Schäuble an, noch besser lese man die Artikel in Spiegel, FAZ und BILD. Wer das wortgleich vor vier Jahren sagte/schrieb, galt ab sofort als „Nazi“, mindestens jedoch als „Pegidist“. Der heutige „zweite Mann im Staate“ war es auch, der den damaligen Kanzler Helmut Kohl massiv drängte, schnellstmöglich den „Anschluss“ herbeizuführen, egal wie und koste es, was es wolle. Aber das haben CDU und SPD, ebenso FDP und Grüne, alles längst vergessen. Und wenn jemand daran erinnert, heißt es schnell: Aaach, schon wieder so ein AfD’ler, der hasst und hetzt. Tja, wahre Freiheit liegt allein im Vergessen, nicht wahr?

  85. Jürgen Scherer sagt:
  86. Birgitte Nyborg sagt:

    Wer am Sonntag ANNE WILL verpasst hat, aber trotzdem wissen will, was uns SPD-seitig nach der Wahl von deren neuen Parteivorsitzenden so alles erwartet, der sollte diese TV-Kritik nachlesen: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik-zu-anne-will-ueber-den-zerfall-der-spd-16514529-p2.html

    • Ralf Nachtmann sagt:

      kann man mit adblock leider nicht lesen, sie hätten den text per drag & drop hier einstellen sollen, statt nur eines links. oder eine nacherzählung. ich werde auch für gute und interessante sachen mich nicht mit reklame beballern lassen und kann leider keine 300 zeitungen/zeitschriften/net-angebote abonnieren. dennoch danke für den hinweis, womöglich könnten meine eigenen analysen ein wenig ergänzt werden.

    • Birgitte Nyborg sagt:

      Adblocker habe ich auf meinem Browser auch.
      Etwas per Drag & Drop einfach rüberzuziehen, verbietet sich leider aus Rechtegründen.
      Bei einem Koloss wie der FAZ sollte man gar besonders sorgsam sein …

  87. Franka Haustein sagt:

    Zum paradoxen Sozialismus von U. Knappe: Das ist eine sehr interessante Analyse. Allerdings hätte erwähnt werden sollen, dass die Einstufung der Partei- und Staatsbürokratie in den sogenannten realsozialistischen Staaten als herrschende Klasse nicht vom Autor stammt, sondern vom früheren hohen Parteifunktionär der KP Jugoslawiens und nachmaligen Dissidenten Milovan Djilas:
    „1936, als die neue Verfassung bekanntgemacht wurde, verkündete Stalin, die ‚Ausbeuterklasse‘ habe aufgehört zu existieren. Tatsächlich waren die kapitalistische und andere Klassen des alten Regimes vernichtet worden, dafür hatte sich eine neue Klasse gebildet, wie die Geschichte sie früher nicht gekannt hatte.
    Es ist verständlich, daß diese Klasse – gleich früheren – geglaubt hatte, die Errichtung ihrer Macht würde allen Menschen Glück und Freiheit bringen. Der einzige Unterschied zwischen dieser Klasse und anderen war, daß sie die Kritik an ihren Illusionen und ihrer Herrschaft grobschlächtiger abtat. Sie bewies dadurch, daß ihre Macht größer war als die irgendeiner früheren Klasse der Geschichte, und entsprechend größer waren ihr Klassendünkel und ihre Klassenvorurteile. Diese neue Klasse, die Bürokratie, oder genauer gesagt, die politische Bürokratie, trägt alle Merkmale früherer Klassen, und einige neue, die nur ihr eigen sind. Auch ihr Ursprung weist besondere Merkmale auf, obwohl er im wesentlichen den Anfängen anderer Klassen ähnlich war.
    Auch andere Klassen verdankten ihre Stärke und ihre Macht dem revolutionären Weg, indem sie die politischen, sozialen und anderen Ordnungen, die ihnen im Wege standen, vernichteten. Aber fast ausnahmslos erlangten die Klassen die Macht erst, nachdem sich neue Wirtschaftsformen in der alten Gesellschaft herausgebildet hatten. Bei der neuen Klasse in den kommunistischen Systemen spielte es sich umgekehrt ab. Sie kam nicht zur Macht, um eine neue Wirtschaftsordnung zu vollenden, sondern um ihre eigene zu errichten und damit auch ihre Macht über die Gesellschaft.
    Wenn in früheren Epochen eine Klasse, der Teil einer Klasse oder eine Partei zur Macht kam, so war dies der Schlußpunkt einer Entwicklung, die mit ihrer Entstehung begonnen hatte. In der UdSSR war es umgekehrt, Hier bildete sich die neue Klasse erst aus, nachdem sie zur Macht gekommen war. Ihr Bewußtsein konnte sich erst richtig nach ihrer wirtschaftlichen und physischen Machtentfaltung entwickeln, denn die Klasse hatte im Leben der Nation noch nicht Wurzel geschlagen. Diese Klasse sah ihre Rolle in der Welt von einem idealistischen Standpunkt. Ihre praktischen Möglichkeiten wurden dadurch nicht verringert. Trotz ihrer Illusionen repräsentierte sie objektiv den Zug zur Industrialisierung. Ihre praktischen Maßnahmen gingen aus diesem Bestreben hervor. Das Versprechen einer idealen Welt stärkte den Glauben in den Reihen der neuen Klasse und säte Illusionen in den Massen. Gleichzeitig inspirierte es gewaltige praktische Unternehmungen.
    Weil diese neue Klasse sich nicht als Teil des wirtschaftlichen und sozialen Lebens herausgebildet hatte, ehe sie zur Macht kam, konnte sie nur in einer Organisation besonderer Art entstehen; diese Organisation mußte sich durch besondere Disziplin auszeichnen, auf der Grundlage der gleichartigen philosophischen und ideologischen Ansichten, die für alle ihre Mitglieder bindend waren. Die Einheit von Glauben und Disziplin war nötig, um ihre Schwächen zu überwinden. Die Keime zu der neuen Klasse wurden in der Partei bolschewistischen Musters gelegt.“
    (Milovan Djilas: Die neue Klasse, München 1957, S. 62 f.)

  88. Liebe Marie,
    über meine Erfahhrungen damit, solche Gleichgesinnte zu finden, hab ich hier geschrieben: https://andreas-peglau-psychoanalyse.de/meine-annaeherungen-an-die-psychoanalyse-in-ddr-und-brd-von-1957-bis-2000/
    Leider habe ich diesbezüglich auch keine heißen Spuren mehr.
    Falls Sie weitere Fragen haben, schreiben Sie mir doch bitte direkt: ich.ev@t-online.de.
    OK?

  89. Liebe Marie,
    ich hoffe, ich habe das richtig verstanden, dass Sie mich meinen.
    In dem Fall: Danke für Ihre Rückmeldung.
    Was Ihre Frage betrifft: Neben der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft (https://www.fromm-gesellschaft.eu/index.php/de/) gehört die „Neue Gesellschaft für Psychologie“ zu den ganz wenigen, im Kern auf psychische Aspekte ausgerichteten Institutionen, in denen Psychologen, Psychologinnen und Vertreter von Nachbardisziplinen ihrer objektiv gegebenen Verantwortung inerhalb der Gesellschaft gerecht werden.
    Herzliche Grüße

    • marie sagt:

      vielen dank für ihre antwort – denn mich intereesiert dieses thema mein halbes leben lang und ich hatte flüchtigen kontakt mit herrn bruder aus dem sich eine sporadische zusammenarbeit ergeben hatte.

      da ich als rentnerin nirgends „natürlich“ eingebunden bin und innerhalb der gesellschaft leider wenig verständnis und interesse generell (von persönlich betroffenen abgesehen) feststelle, bin ich sehr froh bei ihnen auf verständnis getroffen zu sein. vielleicht haben sie auch noch eine idee, wie und wo ich mehr gleichgesinnte unterstützen könnte?

      die gesellschaftliche gesundheit braucht dies dringend – doch ich bin kein profi … (naja, Werbepsychologe mit theatererfahrung … hmmm )

  90. Ralf Nachtmann sagt:

    Führer?
    Schütrumpf schreibt: „Die Ostdeutschen wählen … Personen; um es deutlicher zu sagen: Führer.“ Na, da irrt er sich wohl. Zumal die drei genannten (Kretzschmer, Woidtke, Ramelow) doch auch nur „austauschbare Pappkameraden“ sind. Unter einem „Führer“ darf man getrost etwas anderes verstehen. Mir scheint, eine recht großer Teil der Wähler „im Osten“ hat eher die Nase von der Beliebigkeit voll, die allenthalben die politischen Aktivitäten im Lande ausmachen. Es wird – brav deutsch – verwaltet, von Gestaltung ist wenig zu sehen. Ohnehin leben wir in einer „bleiernen Zeit“, wie stets, wenn die Regierungsspitzen (Ulbricht, Honecker, Kohl, Merkel) durch Dauersitzen auf ihren Stühlen schon halbwegs „verschimmelt“ erscheinen. Gar oft liegt mir auf der Zunge, einen Politiker der CDU zu zitieren: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“, hatte dieser einem seiner Kollegen entgegen geschleudert. Wem dies zu unflott erscheint, möge sich Ina Deters Uralt-Song „Neue Männer braucht das Land“ anhören. Und natürlich im Geiste mitsagen „Frauen auch“.

  91. Wens interessiert, hier habe ich mich um eine Augenblicksaufnahme des 4.11.1989 bemüht. Also um einen Blick auf eine, sich dann als leider doch nicht repräsentativ herausstellende, aber auch nicht kleine Gruppe von DDR-Bürgerinnen und -bürgern.
    Dennoch ein schöner Belegt dafür, dass auch mit sozialistischen Ideen Identifizierte nicht durchweg eingekickte Rückgrate hatten:
    https://www.rubikon.news/artikel/echter-sozialismus-statt-einheitsbrei

    • marie sagt:

      mit sehr großer freude habe ich diesen artikel gelesen und danach gleich ihre spur als autor aufgenommen – wunderbar!

      da ist ein mensch, der schreibt genau meine empfindungen und überzeugungen auf!

      jedoch ist dies nicht (nur) selbstbestätigende eitelkeit – es ist vor allem mein wissen und meine erfahrung im umgang mit diesen m.m.n. unendlich wichtigen – ja existenziellen themen für eine gelingende und (selbst) aufgeklärte gesellschaft, welche jedoch kaum öffentlich wahrnehmbar sind. da ich aus der ddr meine „nischen-kultur“ als ganz natürliches umfeld gelebt habe, waren kunst, literatur, theater und psychologie (völlig abseits von ideologie und ökonomie) meine lebenserfüllenden schatzkisten – doch auch sie sind mit der wende zersprengt und nur noch unter dem realen kapitalistischen existenskampf als fast vernachlässigbare spuren aufzufinden. dabei waren es doch genau DIESE SCHÄTZE für die wir gekämpft hatten!!!!!

      doch sie sind nicht weg – dafür sind sie zu existenziell – auch wenn die fetten knochen der kauf- und konsum-gesellschaft großen zuspruch fanden und für einige immer noch trost und erfüllung darstellen >>> erstens sind sie schnell abgenagt und fliegen als bumerang zu ihren angeblichen „spendern“ zurück (böseböse und undankbar^^) – andererseits wird diese sehnsucht und suche nach dem was sie als „ECHTER sozialismus“ bezeichnen immer bleiben – wobei dieses für mich für JEDE echte befreiungsbewegung steht (freiheit, gleichheit, brüderlichkeit) – letztendlich für aufklärung, ehrlichkeit und umsetzung in den lebensalltag bei ständig kritischer betrachtung von jeder form von heuchelei und verrat = selbstbetrug und betrugsversuche.

      dies bietet die psychoanalyse und therapie als geeigneten werkzeugkasten an – aber auch der zugang zu musik und theater und damit meine ich dies nur in ihrer REINEN form und ausübung und die unterscheidungsfähigkeit (möglichst der vielenvielen von der hohen kunst dieses „handwerkes“ und der trittbrettfahrer als pure dienstleister des imitierten scheins)

      ich hatte kontakt mit der „Neuen Gesellschaft für Psychologie“ und fand deren gesellschaftlichen initiativen sehr spannend – was wissen sie darüber?

  92. Bernd Gappa sagt:

    Sagen wir mal so: Hitler und seine mörderischen Phantasten verstanden sicherlich auch viel „von den psychologischen Komponenten der Politik“. Oder die Präsidenten der USA – Obama und Trump – und ihre geistigen Unterstützer. Das naturgegebene Talent reichte und reicht in unserer Zeit, in der immer mehr der Illusion verfallen, selbstbestimmt denken und tun zu können, sicherlich nicht, Menschenmassen hinter sich zu scharen. Oder Boris Jonson. Diese Staaten – USA und Großbritannien erscheinen gezweiteilt. Hier Brexit-Befürworter und Brexit-Gegner, dort Trump-Anhänger und Trump-Gegner. Bei uns in Deutschland? Hier die die „Ossis“ und dort die „Wessis“? Hier die „Engel“ in der „Miit“ (CDU,CSU, SPD, Die Grünen, FDP) und dort die linken und rechten „Teufel“ (Die Linke, AfD)? Oder nehmen wir die 89iger. Hier die Engelscharen der Bürgerrechtler und dort die Teufelsschar der Kommunisten, oder hier die Opfer und hier die Täter? Wer sind die Menschengruppe der „Teufel“ und die der „Engel“?. Der Westen mit den Engelstrompeten? Wir Menschen stoßen mit der metaphorischen Sprache eindeutig an die analytische Grenze oder wir greifen die herrschende Metaphorik auf um Prozesse im Detail – mit einer stimmigen Faktenlage – deutlicher zu machen als es in den Nachrichten oder News für notwendig gehalten wurde oder es möglich ist. Wie zum Beispiel Andreas Lüders in seinen Buchtiteln: „Wer den Wind sät/ Was westliche Politik im Orient anrichtet“; „Die den Sturm ernten / Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte“; „Armageddon im Orient / Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt“.
    Die Bücher lohnen sich wirklich nur für die, die den Euphemismus Westen nicht als eine bestimmende Orientierung für die Wahrheitssuche nach den möglichen Zukünften für die Gattung Mensch halten. Zukunft sind werdende Gegenwarten. Keine Sammeltasse von Aschenputtel, in der die Bösen ins Töpfchen und die Guten ins Kröpfchen kommen. Wir sind doch keine Tauben, sondern Menschen, die Wissen sollten, das Freiheit nicht bedeutet, jeder kann machen was er will. Wenigstens die Autofahrer sollten wissen, dass ein Baum ihm die endgültige Grenze seiner Freiheit zeigen kann. Deshalb der Paragraph 1. Oder der Artikel 1 des Grundgesetzes der auch am 09.11.1938 in besonderer Art und Weise zeigt, was würdevoller Umgang miteinander nicht.

  93. Wolfgang Ernst sagt:

    Offensichtlich sind wir in dieser Debatte jetzt bei dem, was der berühmte Gelehrte Arnulf Baring einst „Verzwergung“ nannte. Mein Eindruck nach 30 Jahren neudeutscher Einheit ist allerdings: in der gehabten DDR ging es bei dem Einknicken des Rückgrats um grundsätzliche Seinsfragen, heute um 2,50 EUR Lohnerhöhung oder ein Schnäppchen im Internet. Kurzum, die Verzwergten-Quote heute scheint mir unter Wessis höher als unter Ossis. Aber die Mauer haben ja auch letztere aufgedrückt, und erstere nur im Fernsehen zugeschaut und sich anschließend beschwert, das koste zuviel. Man könnte auch fragen, was diese Verzwergung mit dem Kapitalismus zu tun hat.

  94. Lars Niemann sagt:

    Ich stimme Herrn Peglau vollkommen zu, dass Theorie und politische Praxis der Linken im weitesten Sinne psychologische Aspekte zumindest in der Vergangenheit sträflich ausgeblendet haben und dies wohl auch immer noch tun. Und dass dieser blinde Fleck ganz fatale Auswirkungen hatte und hat. Ich bin allerdings nicht sicher. ob es stimmt, dass „die ‚Rechte‘ die Massen in ihrer psychischen Gestörtheit abholen“ würde. Es ist vermutlich schlimmer: die rechte, ja auch die faschistische Ideologie kann an vieles anknüpfen, was in unseren Empfindungen und unserem Verhalten evolutionär tief verankert ist. (Und kein Ausdruck einer Störung.) Das würde die Anziehungskraft solcher Ideologien mit erklären, denn Verelendung reicht dafür offensichtlich nicht aus. Ich habe mich immer gewundert, dass die Feindseligkeit gegenüber großen, als „anders“ empfundenen Menschengruppen (Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus usw.) immer nur sozialökonomisch, historisch, als politisch instrumentalisiert (z.B. vom Großkapital, von der jeweiligen Regierung, einer Partei …) oder bestenfalls kulturell oder religiös bedingt diskutiert wird, aber kaum einmal unter verhaltensbiologischen Gesichtspunkten, und sehr wohl unter Einbeziehung von Beobachtungen an anderen Tierarten. Das könnte durchaus zu der Erkenntnis führen, dass Zivilisation eben bedeutet, sich über die biologisch angelegten Verhaltensmuster zu erheben und unser evolutionäres Erbe teilweise zu überwinden, von dem bestimmte Teile sicherlich einmal sinnvoll gewesen sind, aber nicht mehr zur gewaltigen Zahl der Menschen, unseren technischen Möglichkeiten und der Notwendigkeit des globalen Zusammenlebens passen. Das könnte nun wiederum eine Botschaft der politischen Linken sein, verbunden mit der klaren Betonung der Notwendigkeit individueller und kollektiver Verhaltensänderungen. Allerdings ohne den Grundfehler des gescheiterten realsozialistischen Großversuches zu wiederholen, das erwünschte Verhalten von oben nach unten zu dekretieren und zu behaupten, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein. Und, ja, das „Menschenbild“ sollte sehr wohl Gegenstand der Diskussion sein…

  95. Günter Hayn sagt:

    Ich habe den Herrn Manne Murmelauge quer im Magen liegenden Forum-Text von Andreas Peglau jetzt mehrfach gelesen. Aber ich kann nirgendwo die Aussage finden, dass mit Ausnahme des Schreibers „alle eine Macke haben“. Solche Unterstellung ist nun die einfachste Methode, Menschen zum Schweigen zu bringen. „Audacter calumniare, semper aliquid haeret“ („Verleumde nur dreist, es bleibt immer etwas hängen“), sagt Plutarch. Und der verstand eine Menge von den psychologischen Komponenten der Politik. Und genau diese stärker zu beachten, fordert Andreas Peglau. Dass er damit nicht falsch liegt, zeigt die Geschichte: Wie oft hat das Volk sich anders verhalten, gegen seine eigentlich ureigensten Interessen verhalten, als es die großen Heilsbringer erwarteten! Menschen agieren und reagieren nicht so eindimensional, wie es die vulgärmarxistische Weltbetrachtung gerne hätte.

  96. Schön, dass dazu eine Diskussion zustande zu kommen scheint! Wichtig genug ist es ja allemal.

    Zur Email von Herrn Gappa.
    Die Frage 4 verstehe ich, kann ich auch beantworten:
    „Tragen wir nicht alle den Teufel in uns mit der Möglichkeit, dass er entfesselt wird?“
    Nein. Da ist kein Teufel, wenn wir auf die Welt kommen. „Teufel“ werden gemacht, herbeisozialisiert. Das hat schon 1973 der Sozialwissenschaftler Erich Fromm anhand so zahlreicher Belege aus Psychoanalyse, (Sozial-)Psychologie, Paläontologie, Anthropologie, Neurophysiologie, Tierpsychologie und Geschichtswissenschaft gezeigt, das es endlich ankommen sollte in der Diskussion. Und inzwischen sind diverse wissenschaftliche Befunde hinzugekommen.
    Genauer zum Beispiel hier: https://andreas-peglau-psychoanalyse.de/wp-content/uploads/2018/07/Mythos-Todestrieb-pid_2018_02_Peglau.pdf

    Zum Einwurf von Herrn Murmelauge: Falsch. Der Schreiber der Zeilen bezieht sich ausdrücklich und seit langem mit ein. Auch öffentlich. Genaueres zum Beispiel hier: https://andreas-peglau-psychoanalyse.de/meine-annaeherungen-an-die-psychoanalyse-in-ddr-und-brd-von-1957-bis-2000/
    Ich wüsste auch nicht, wie irgendein Erwachsener den Folgen der jeweils herrschenden Sozialisation entgehen sollte. Auch kein Psychotherapeut. Aber klar: Ich arbeite seit Jahren daran, die Folgen dieser Sozialisation bei mir zu lindern.

  97. Bernd Gappa sagt:

    Nur vier Fragen und eine Empfehlung: Leben wir in einer guten Welt? Und zweitens – um in der Metapher des Teufels zu bleiben – wer bestimmt denn, wer der gefallene Engel ist? Und eine dritte Frage: Warum ruft der Begriff Kommunismus und die beiden Namen Marx und Engels bei sehr vielen den Gedanken von Teufeswerk und Teufel hervor ?. Und die vierte: Tragen wir nicht alle den Teufel in uns mit der Möglichkeit, dass er entfesselt wird?
    Die Teufelsmetapher ist hilfreich für das Einsteigen zum Nachdenken über den Menschen als bio-psycho-sozialen Einheit und über ihre Entwicklung. Empfehle deshalb das Buch von Karl-Friedrich Wessel: „Der ganze Mensch / Eine Einführung in die Humanontogenetik“.

  98. Teufel können keine gute Gesellschaft gestalten oder auch nur aushalten. Außerdem: Wie könnte denn eine Gesellschaft gut sein, wenn in ihr nur Teufel leben? Gibt es eine Gesellschsft unabhängig von den Menschen, aus denen sie besteht?
    Aus meiner Sicht ist es ein Kardinalfehler fast aller „Linken“ – angefangen bei Marx – die Psychologie nicht angemessen einzubeziehen. Deswegen stehen sie dann auch noch heute zumeist da und können die Wahlerfolge der „Rechten“ so überhaupt
    nicht verstehen.
    Die „Linke“ (wenn es keine stalinistische ist) glaubt zu Recht an das Gute, Soziale im Menschen – mit dem wir ja auch tatsächlich auf die Welt kommen. Sie propagiert daher Solidarität, Fairness usw., letztlich Freiheit, Gleichheit.
    Aber sie ignoriert, dass die allermeisten von uns durch in der Kindheit beginnende, unterdrückende, entfremdende, nicht zuletzt autoritäre Sozialisation – und das auch in der DDR – psychisch deformiert wurden und werden. Das macht tendenziell unsozial, unfair, unsolidarisch, destruktiv. Es erzeugt Angst vor Freiheit und vor Konfrontation mit bestehender Macht, sorgt dafür, dass stattdessen nach Sündenböcken für das nicht zufriedenstellende Dasein gesucht wird, die attackiert werden können, ohne sich selbst zu gefährden – zum Beispiel Flüchtlinge. 1933 waren es Juden und Kommunisten.
    Genau dort aber setzt die „Rechte“ – unbewusst – an. Das heißt: Während „Linke“ sich an einen idealen Menschen wenden, den es in der Realität unter Erwachsenen = Wählern so gut wie gar nicht mehr gibt, holt die „Rechte“ die Massen in ihrer psychischen Gestörtheit ab – und gewinnt.
    Deshalb greift auch jede Hoffnung auf die Wirkung „noch besserer“ Argumente zu kurz: Die Argumente der „Linken“ waren schon immer besser – aber das hat nicht genügt. Denn die „Rechten“ sprechen direkt die anerzogenen Charakterstrukturen an: Neid, Wut, Hass, Missgunst, Minderwertigkeitsgefühle usw.
    Der Kommunist und Psychoanalytiker Wilhelm Reich hat das bereits 1933 ausführlich analysiert, in der „Massenpsychologie des Faschismus“. Weil schon die damalige „Linke“ nichts von Psychologie wissen wollte, wurde er noch im selben Jahr aus den kommunistischen Organisationen ausgeschlossen. Siehe dazu auch hier: https://andreas-peglau-psychoanalyse.de/ein-marxistischer-psychoanalytiker-juedischer-herkunft-erlebt-das-ende-der-weimarer-republik/

    • Manne Murmelauge sagt:

      Die Weltsicht, dass alle eine Macke haben, außer dem Schreiber jener Zeilen, finde ich dann aber doch recht „eigenwillig“.

  99. Wolfgang Ernst sagt:

    Ich weiß nicht, ob jenseits psychologischer Fachdiskurse eine Debatte um „das Menschenbild“ weiterhilft. Kant betonte, die Verhältnisse müssten so geordnet werden, dass sie auch für eine Welt voller Teufel funktioniert. Das ist die eigentliche Herausforderung.

  100. Ich halte die Frage nach einem realistischen Menschenbild für eine der zentralen und zugleich am sträflichsten ignorierten Fragen in politischen Diskussionen. Umso bedauernswerter ist es, dass Hobbes fast durchweg für die These herhalten muss, dass der Mensch an sich schlecht/ böse ist, dem Mitmenschen „ein Wolf“. Das ist nicht nur ohnehin nachweislich sachlich falsch; Hobbes hat etwas ganz anderes geschrieben:

    „Nun sind sicher beide Sätze wahr: Der Mensch ist ein Gott für den Menschen, und: Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen; jener, wenn man die Bürger untereinander, dieser, wenn man die Staaten untereinander vergleicht. Dort nähert man sich durch Gerechtigkeit, Liebe und alle Tugenden des Friedens der Ähnlichkeit mit Gott; hier müssen selbst die Guten bei der Verdorbenheit der Schlechten ihres Schutzes wegen die kriegerischen Tugenden, die Gewalt und die List, d.h. die Raubsucht der wilden Tiere, zu Hilfe nehmen“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Homo_homini_lupus).

    Zum einen bezog sich Hobbes mit der Wolfsmetapher also nur auf den Umgang von Staaten untereinander. Zum anderen urteilte er über das „durch Gerechtigkeit, Liebe und alle Tugenden des Friedens“ gekennzeichnete zwischenmenschliche Miteinander ausgesprochen positiv.

    Einer von denen, die dessen ungeachtet meinten, sich mit ihrem in dieser Frage realitätsfernen Menschenbild auf Hobbes berufen zu können, war Sigmund Freud, der so hoffte, seiner „Todestrieb“-Mythologie mehr Geltung verleihen zu können.
    Wen es interessiert, dazu hier etwas genauer:
    https://andreas-peglau-psychoanalyse.de/der-mensch-ist-dem-menschen-kein-wolf-ueber-eine-eklatante-freudsche-fehlleistung/

  101. Dr. Bernd Gappa sagt:

    In der Ausgabe21 des „Das Blättchen“ vom 14.10.19 stellt Lutz Unterseher die Frage: „Der Krieg: Menschenschicksal oder „Sozialprodukt“?“ Als Antwort entfaltet sich eine Reihe Bezüge zur Gedankenwelt von Thomas Hobbes und anderen Menschen, die darüber nachgedacht haben, warum Staaten das Töten anderer Menschen und das Zerstören ihrer Alltagswelten in ihrem Programm haben.
    Krieg ist der Wille und die Bereitschaft zum Töten und Zerstören. Wenn es einen Grund gibt.
    Gibt es Gründe im 21. Jahrhundert für das Töten anderer Menschen und das Zerstören ihrer Lebensgrundlagen?
    Ich stelle diese Frage aus der Position eines Menschen, der diese Frage nicht zu entscheiden hat und somit ungebunden über Krieg und Frieden nachdenken darf und kann.
    Ungebunden nachdenken ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Denn ich bin ja immer noch, wie jeder Mensch auf diesem Planeten, untrennbar mit meinem Gewaltpotenzial ver-bunden. Ich habe also immer die Entscheidung über die Nutzung dieses Gewaltpotenzials und auch darüber, wer es nutzen kann. Da ich immer in Staaten gelebt habe, die sich zu den Siegern der Geschichte zählten (DDR) und zählen (BRD) habe ich mich in der DDR – dem „Unrechtsstaat“, der das Ziel hatte, eine Welt ohne Kriege schaffen zu wollen, dieser Glau-bensrichtung angeschlossen. Ich habe als Atheist diesen Glauben, dass eine Welt ohne Feindbilder, als Grundlage für die Mobilisierung von Tötungs- und Zerstörungsbereitschaft, möglich ist nicht aus meiner Gedankenwelt eliminiert.
    Die Vision, dass unsere Heimat, die Erde, frei von Kriegen sein könnte, ist aber nicht gleichbedeutend, dass wir gewaltfrei zusammenleben werden. Im Gegenteil, das unendliche Wachstum unserer Erkenntnisse wird uns immer wieder vor die Entscheidung stellen, was wir nutzen sollten, um unser eigenens und unser Zusammenleben mit den Pflanzen und Tieren nicht nur menschlich zu gestalten sondern auch in Achtsamkeit und Respekt von Al-lem oder dem Ganzen .
    Wollen wir unser Gewaltpotenzial in destruktiver nutzen und nutzen lassen (wie ich als Fallschirmjäger, der mindestens 10 Arten trainiert hat um Menschen töten zu können und gelernt hat wie man Infrastruktur – Eisenbahngleise, Kommandozentralen u.a. zerstören kann) oder in konstruktiver Weise auf der Ebene des miteinander redens um eine destruktive Gewaltentfaltung zu vermeiden? Wie zum Beispeil mit dem Ergebnis einer Entspannungspolitik im „Kalten Krieg“?
    Alle Staaten könnten und müssten beides tun müssen, für die Nachwachsenden die Gesichter destruktiver Gewaltentfaltung (z.B. die der Kriege und die Folgen mentaler Verwahrlosung) zeigen und gleichzeitig permanent ihre Bürger konstruktive Gewaltentfaltung lernen lassen – denn die größte lllusion über den Menschen ist die das er gewaltfrei leben kann wenn seine Lebenswelt gut oder besser werden soll.

  102. Jürgen Scherer sagt:

    Thomas Zimmermanns Sperrgebietsbeobachtungen
    zeigen einmal mehr, was wir nicht wahrhaben wollen, uns oft anders wünschen, aber alle nur zu gut wissen: Wie schnell der dünne Firnis menschlicher Gesittung den Bach runterzugehen vermag.
    Unsicherheit gebiert zuvörderst wohl das wahre Gesicht einer Gesellschaft. Und das ist eigentlich nur noch erschreckend: Die „Flüchtlingskrise“ ist verantwortlich für das mörderische Treiben, was sonst! Dass es evtl. die rechte Hetze sein könnte, steht nicht zur Debatte. Eigentlich bräuchte Mann ne Lizenz zum Töten wie weiland James Bond. Wir armen „Ossis“, jetzt werdense wieder auf uns rumhacken. Wir sind ja eh die Bösen (Nazis). Handgranate drauf auf den Mörder. (Früher sagte Mann noch: Rübe ab!) Oder einfach über den Haufen fahren und weg wär er.
    Ist es nicht furchtbar, dass all dies Ausfluss lähmender Ohnmacht ist? Ist es nicht symptomatisch, dass sofort der „Flüchtling“ als der wahrscheinliche Schuldige identifiziert wird? Ist nicht erschreckend, dass Bürgerwehr eine Lösung sein soll, um Sicherheit zu gewährleisten? Was tut sich da für ein Höllenschlund auf, wenn Unzufriedenheit und Verbitterung die Oberhand gewinnen: Einer mit vornehmlich faschistoidem Gedankengut! Ein Symptom unserer Zeit? Erklärbar wohl, aber entschuldbar?
    Jürgen Scherer

  103. Dr. Eberhard Haueis sagt:

    „Das Blättchen“ ist auch für mich nicht nur Quelle interessanter Informationen, es sind auch immer wieder im Stil sehr anspruchsvolle Texte, in aller Kürze Wissenswertes dem Leser anbieten.
    Soweit meinen Dank und meine bescheidene Anerkennung für Ihre Tätigkeit.
    Im Beitrag von Alfons Markuske (Heft Nr. 20) hat der Autor die schlimmen Folgen einer fehlerhaften Planung der größten Luftlandeoperation in diesem Krieg zur Eroberung der Rheinbrücken bei Arnheim und Nimwegen geschildert. Bekannt sind die dabei seitens der Alliierten im Grunde unnötig gebrachten Opfer. Kaum bekannt dürfte sein, dass die Planungsdokumente und Berichte von damals unmittelbar nach Ablauf der allgemein üblichen 30-jährigen Sperrfrist an der Stadtmauer von Nimwegen vergraben worden sind mit der Order, sie erst nach 100 Jahren zu „exhumieren“. Ob da vielleicht das schlechte Gewissen der Befehlshaber Montgomery und Eisenhower eine Rolle gespielt hat? Ich habe dieses spezielle Grab des Zweiten Weltkrieges zufällig bei einer Stadtführung in und um Nimwegen entdeckt. Die Inschrift der Gedenkplatte im Original lautet:
    AT THIS PLACE ON 18th SEPTEMBER 1974 ALLIED MILITARY LEADERS INTERRED A TIMECAPSULE CONTAINING OFFICIAL DOCUMENTS AND MEMORABILIA PERTAINING TO „OPERATION MARKET GARDEN“ – THE GREATEST COMBINED AIRBORNE AND GROUND-ATTAK OF WORLD WAR II – WHICH BEGAN IN HOLLAND 17th SEPTEMBER 1944.
    THE CAPSULE IS TO BE OPENED ON THE 100th ANNIVERSARY IN THE YEAR 2044.
    HER MAJESTY QUEEN JULIANA AND ALLIED MILITARY LEADERS WERE PRESENT AT THE CEREMONY
    1944 – 2044
    (An diesem Ort vergruben am 18. September 1974 alliierte Militärführer eine Zeitkapsel mit offiziellen Dokumenten und Memorabilien zur „Operation Marktgarten“ – der größten kombinierten Luftlande- und Bodenattacke des Zweiten Weltkriegs, die am 17. September 1944 in Holland begann. Die Kapsel soll am 100. Jahrestag im Jahr 2044 geöffnet werden. Ihre Majestät Königin Juliane und Militärführer der Alliierten wohnten der Zeremonie bei.)

    • In Arnhem gibt es sogar ein Museum zu der Angelegenheit; nach meiner Erinnerung heißt es „Airborne at the bridge“, der Eintritt ist frei, und es gibt Audio-Führungen in nederlands, english und deutsch. Ich habe mich noch nicht ‚reingetraut, weil ich an diesem Ort ganz und gar nicht stolz darauf war, ein Deutscher zu sein. – Ansonsten sah ich ein Schaufenster voller Erinnerungsstücke, die darauf hindeuten, dass wenigstens der Inhaber des Geschäfts trotz der Verluste dankbar für diese Intervention ist. – Von Düsseldorf aus gibt es übrigens eine gute Bahnverbindung, auf der der Tarif des Verkehrsverbunds VRR gilt; nach Nijmegen fährt ein Schnellbus von Emmerich über Kleve.

  104. Rudolph Caracciola sagt:

    Am Anfang von H. Bertschs Besprechung des jüngsten Krenz-Buches in der aktuellen Blättchen-Sonderausgabe findet sich ein Schatrow-Zitat, so wie Krenz sich daran erinnert.
    Direkt in Krenz‘ Buch heißt es dazu: „Sein Drama (Schatrows – R.C.) ‚Blaue Pferde auf rotem Gras‘, das von Christoph Schroth am Berliner Ensemble inszeniert worden war, hatte Ende der 70er Jahre für Wirbel gesorgt. Einige Kulturfunktionäre wollten damals das Stück vom Spielplan nehmen. Ich sah dafür keinen Grund und besuchte demonstrativ und medienwirksam eine Vorstellung.“ Über der Bühne sei ihm ein Transparent aus rotem Fahnenstoff mit der Aufschrift ins Auge gefallen: „Keiner kann den Kommunismus kompromittieren oder besiegen, wenn ihn die Kommunisten nicht selbst kompromittieren oder besiegen.“
    Bei Schatrow selbst allerdings verkündet Lenin: „Niemand in der Welt kann die Kommunisten kompromittieren, wenn sie sich nicht selbst kompromittieren. Niemand in der Welt kann den Sieg des Kommunismus verhindern, wenn nicht die Kommunisten selbst ihn verhindern. (Nachzulesen in Michail Schatrow: Bolschewiki. Der 6. Juli. Blaue Pferde auf rotem Gras. So werden wir siegen!, in: Reihe dialog des Henschelverlages, Berlin 1984, S. 167.)
    Mal abgesehen von der Frage, ob die Theatermacher seinerzeit nicht in der Lage waren, korrekt zu zitieren, oder ob Krenz sich nur unscharf erinnert – die Premiere des Stückes am Berliner Ensemble jedenfalls fand erst am 3. Oktober 1980 statt, worüber das Neue Deutschland vom 10.07.1980 auf Seite 1 vorab informiert hatte: „Mit der Premiere von Schatrows ‚Blaue Pferde auf rotem Gras‘ werden am 3. Oktober im Berliner Ensemble die ‚Tage der Theaterkunst sozialistischer Länder‘ eröffnet.“
    Auch mit den Kulturfunktionären, die damals das Stück vom Spielplan nehmen wollten, kann es nicht ganz so wild gewesen sein, denn eine Fernsehaufzeichnung hatte bereits vor der BE-Premiere stattgefunden und wurde am 3. Oktober 1980 zeitgleich zu dieser Premiere im 2. Programm des DDR-Fernsehens ausgestrahlt sowie 1981 und 1982 wiederholt. Das Stück lief dann bis März 1990 insgesamt 250 Mal.
    Und was einen demonstrativen und medienwirksamen Theaterbesuch von Krenz selbst anbetrifft, so war dieser 1980 als FDJ-Chef eigentlich noch in keiner Position dafür, dem Ideologie geleiteten kulturpolitischen Rad in einer solchen Frage (Absetzung oder nicht) ernsthaft in die Speichen greifen zu können. Vollmitglied des Politbüros und (noch entscheidender) Sekretär des ZK wurde Krenz ja erst Ende 1983.
    Aber vielleicht gilt ja auch für dieses Heldenleben, was Bertsch aus Krenzens eigenem Munde zitiert: „Erinnerungen verblassen mit den Jahren. Der Zeitgeist kann sie beeinflussen. Persönliche Lebensumstände spielen eine Rolle. Eitelkeit auch. Manche Schreiber stellen mehr sich als das Geschehen in den Mittelpunkt. Es gibt auch Autoren, die projizieren ihre heutigen Erkenntnisse in die Vergangenheit […]. Etliche unterscheiden nicht mehr genau zwischen dem, was sie tatsächlich erlebt, und dem, was sie nachträglich erfahren haben.“
    C’est la vie.

  105. Stephan Wohanka sagt:

    Pfeifen im Walde

    Günter Hayn stellt völlig zurecht fest: „… ist die AfD inzwischen bundesweit zu einer nicht mehr zu ignorierenden Kraft geworden – im Osten auf erschreckende Weise stärker als im Westen“. Und warum ist Letzteres so? Ich hatte mich in einem Beitrag im letzten Blättchen bemüht, auf diese Tatsache eine historische Antwort zu geben. Hayn selbst bleibt erst einmal die Antwort schuldig. Doch dann doch der Versuch einer solchen: „Diese historischen Verrenkungen (auch mein Text fällt darunter – St. W.) […] erklären nichts, aber auch gar nichts. Sie verweisen allenfalls auf die Hilflosigkeit und die Gelahrtheit der sich an ihnen Abarbeitenden, mit den zugegeben komplizierten deutschen und europäischen Realien im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts umgehen zu können“. So einfach ist das! Und warum ist denn nun die AfD „im Osten auf erschreckende Weise stärker als im Westen“?
    Vorher – soviel Redlichkeit muss sein – benennt Hayn Tucholsky, Satiriker der er ist, als Kronzeugen, der riet: „Fang immer bei den alten Römern an (bei denen fing ich in der Tat an – St. W.) und gib stets, wovon du auch sprichst, die geschichtlichen Hintergründe der Sache (was ich desgleichen tat – St. W.)“. Nichts gegen Tucholsky, aber es gibt auch andere Ansichten: „Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden“ – so sieht das zumindest Marx. Also vielleicht doch „bei den alten Römern ….“?
    Was nun einige Details meines Textes angeht, die Hayn kritisiert: „Große Teile Sachsen-Anhalts und Thüringens liegen auf seinen Karten nämlich westlich der ´Elbe-Saale-Grenze´…“. Richtig. Diesen Gebieten kommt – so schrieb ich – durch ihre spezifische Rolle in der Reformation eine Sonderstellung zu. Nochmal Hayn: „Und Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind in ihrer Geschichte auch nicht unbedingt nachhaltig keltisch und nur sehr wenig von römischer Urbanisierung geprägt worden. Hingegen kommen sie ähnlich protestantisch daher wie Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern“. Auch richtig. Nur will ich einwenden – und das erschließt sich eigentlich von selbst -, dass die Aufzeichnung derartiger historischer Grundströmungen, die Zweitausend Jahre zurückreichen, nicht für jedes Gebiet und jeden Landesteil eine schlüssige Analyse liefert. Heraus kommen können nur holzschnittartige, aber dennoch aussagekräftige Linien.
    Meine historische Sicht dessen, warum die AfD im Osten stärker ist als im Westen, mag nicht zutreffend sein – ja woran liegt´s denn dann? Wenn Hayns Beitrag zur selbst aufgeworfenen These letztlich der ist, dem interessierten Publikum nur mitzuteilen, dass andere es nicht wissen oder total falsch liegen, dann ist das etwas dürftig. Es läuft dann doch nolens volens darauf hinaus, die AfD hochzuschreiben…
    Lieber Herr Hayn, man muss das, was ich da so vor mich hin „schwadroniert“ habe, nicht teilen. Aber wenn man es widerlegen will, muss schon etwas mehr Substanz her; das von Ihnen Gelieferte genügt dem jedenfalls nicht. Und dass Ihnen Stefan Wolle nicht liegt, haben Sie exklusiv.

  106. Andreas Peglau sagt:

    Ich halte die Analyse von Manfred Güllner zu Teilen für gefährliche Schönfärberei. Wenn sich Menschen selbst auf einer 10-stufigen Skala bezüglich „Links-Rechts“ einordnen sollen, kommt dabei bestenfalls eine valide Aussage heraus zu ihrem Selbstbild.

    Aber auch das nur, falls ihnen glaubwürdig Anonymität zugesichert wurde. Andersfalls zeigen die Antworten eher, was die Befragten glaubten, was sozial erwünscht sei – und das ist bisher ja noch nicht wieder eine „rechte“ Orientierung. (Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Erw%C3%BCnschtheit)

    Hinzu kommt die Schwammigkeit der Begriffe „Links-Rechts“, die von den Befragten unterschiedlich mit Inhalt gefüllt werden dürften, wenn das nicht zuvor klar definiert wurde. (Momentan kursieren z.B. „Analysen“, nach denen die letzten Wahlen einen „Linksruck“ ergeben hätten, weil die angeblich doch auch schlicht „linken“ Grünen so viele Stimmen gewonnen haben.)

    Aber vor allem widersprechen Güllners diesbezügliche Mitteilungen langjährigen sozialwissenschaftlichen Untersuchungen. Diese ergeben ein weitaus bedrohlicheres Bild. In der letzten Woche habe ich einige davon noch einmal hier zusammengefasst: https://www.rubikon.news/artikel/der-ossi-war-s

    • Stephan Wohanka sagt:

      Ich will auch auf Ihren Beitrag eingehen – die Sache liegt mir am Herzen. Die von Ihnen monierte 10-stufigen Skala bezüglich „Links-Rechts“ ist ausdrücklich als „Selbsteinschätzung“ gekennzeichnet und sagt aus, dass Wähler und Nichtwähler (oder wie Güllner auch sagt – „Wähler auf Urlaub“) in Brandenburg quasi übereinstimmende Werte erreichen (4,6 zu 4,5), während AfD-Anhänger auf 6,2 kommen. Was ist daran zu monieren?
      Wir gehen sicherlich konform in der Ablehnung der „Rechten“. Will man sich mit ihnen auseinandersetzen, muss man sie einerseits als politische Kraft ernst nehmen – sie sind eine manifeste Größe im politischen Spektrum -, aber andererseits sollte man sie nicht wichtiger machen als sie schon sind. Man sollte sie also weder hochschreiben noch -reden. Und namentlich dafür führt Güllner wichtige Sachverhalte an.
      Erstens spricht er ihnen das Prädikat „Volkspartei“ ab – allenthalben sehr großzügig von Politik und Medien gestreut. Er weist das anhand der Zahlen sowie politologischer Kriterien nach. Zu den Zahlen: Güllner ordnet ad eins die Wählerstimmen in die Zahl der insgesamt Wahlberechtigten ein und so haben lediglich 14 Prozent in Brandenburg die AfD gewählt. Ad zwei hat die AfD in Brandenburg und Sachsen bei dieser Landtagswahl in der Summe weniger Stimmen (1.012.000 zu 906.000) erhalten als 2017 zur damaligen Bundestagswahl. Zu den Kriterien: Volksparteien integrieren heterogene Wählergruppen mit unterschiedlichen Interessen und Werten, was wohl so von der AfD nicht gesagt werden kann. Zugenommen hat in Brandenburg dagegen die Zahl – ja der SPD-Wähler! So stimmten 2019 69.000 mehr Menschen als 2017 für diese Partei . Eine Zunahme um fast 25 Prozent…. Wer will, kann ja immer noch bei Güllner direkt nachlesen.
      Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das alles ist kein Grund zur Entwarnung; im Gegenteil! Es vermeidet aber, die AfD größer, gewichtiger zu machen als sie ist. Tut man das, besorgt man ihr Geschäft. Das will ich nicht.

  107. Stephan Wohanka sagt:
    • Helmut König sagt:

      Leider konnte ich dem Hinweis von St. W. auf die Annaliese des Forsachefs nicht Folge leisten, denn mein hauseigener Ad-Blocker erhob Einspruch. Allerdigs mehren sich bei mir erhebliche Zweifel dahin gehend, daß oder ob es hierzulande jemals so genannte Volksparteien gegeben habe. Micht deucht, die AfD ist jedoch zu dem bisherigen landläufigen Parteiengewusel endlich mals eine echte Alternative. Ehrlich mal

    • Franka Haustein sagt:

      Zweifellos ist die AfD „zu dem bisherigen landläufigen Parteiengewusel endlich mal eine echte Alternative“. Schließlich ist von den führenden Köpfen der landläufigen Wuseler noch keiner auf die Idee gekommen, das Tausendjährige Reich endlich mal richtig einzuordnen, nämlich als – „nur ein Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte“ (Gauland).
      Auch damals war im Übrigen „eine echte Alternative“ demokratisch und erfolgreich angetreten, der Demokratie den Garaus zu machen: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. […] Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.“ (Goebbels)

    • Herr König, wie kann man sich dem Diktat eines schnöden AdBlockers unterwerfen… Vielleicht lässt das Ding ja die Öffnung folgenden Links zu: https://magazin.spiegel.de/SP/2019/37/165813287/index.html
      Wenn nicht, dann kurz berichtet, was da zu lesen ist: Niklas Frank, Sohn Hans Franks, seinerzeit Generalgouverneur im besetzten Polen und 1946 zum Tode verurteilt wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, stellt der Sprache seines Vaters die der AfD gegenüber; jeweils mit Zitaten. So viel: Die Parallelen sind verblüffend-erschreckend: „Da spricht ja mein Vater“. Es wird deutlich, dass „dem bisherigen landläufigen Parteiengewusel“ nicht nur eine „echte Alternative“ gegenüber stünde, sondern selbigem sehr schnell ein Ende gesetzt werden würde.

    • Lieber Herr Wohanka,
      mir geht es darum, auf Sichtweisen aufmerksam zu machen, die die reale Situation verschleiern. Das sehe ich bei Herrn Güllner mehrfach. Beispiel:
      „Von allen Wahlberechtigten in Brandenburg hat jedoch nur eine Minderheit von 14% die AfD gewählt. Die übergroße Mehrheit von 86% aller Wahlberechtigten in Brandenburg aber wollte mit der AfD nichts zu tun haben.“
      Im selben Zusammenhang schreibt er über die SPD, sie hat „ihre einstige Bindekraft (…) eingebüßt und wurde auch nur noch von 16 von 100 Wahlberechtigten gewählt.“
      Äquivalent zur AfD-Einschätzung müsst es doch aber heißen: „Von allen Wahlberechtigten in Brandenburg hat jedoch nur eine Minderheit von 16% die SPD gewählt. Die übergroße Mehrheit von 84% aller Wahlberechtigten in Brandenburg aber wollte mit der SPD nichts zu tun haben.“ Der quantitativ nahezu identische Sachverhalt wird also sehr unterschiedlich gewertet.
      Weiter bei Güllner: Viele Nichtwähler „wollen mit der AfD nichts zu tun haben. Das zeigt sich auch bei einem Vergleich der politischen Selbsteinschätzung der Nichtwähler und der Wähler der AfD. So verorten sich selbst auf einer sogenannten Links-Rechts-Skala mit einem Wert von 1 (= links) bis 10 (= rechts) die Nichtwähler wie der Durchschnitt aller Wahlberechtigten im Land Brandenburg fast exakt in der Mitte mit einem Wert von 4.6 (…). Die AfD-Anhänger aber verorten sich mit 6.2 viel weiter rechts.“
      Aber inwieweit heißt dass, dass diese sich „nur“ mittelmäßig „rechts“ Einordnenden „mit der AfD nichts zu tun haben“ wollen? Und wie kommt Güllner – der sicher die sozialwissenschaftlichen Untersuchungen dazu kennt – darauf, „Rechts“-Sein ließe sich auf AfD-Wähler beschränken? In meinem Beitrag „Der Ossi war‘s!“ https://www.rubikon.news/artikel/der-ossi-war-s, auf den ich schon hinwies, finde sich u.a. das:
      Bis 2014 fühlten sich „noch knapp 50% der rechtsextrem Eingestellten“ bei CDU/CSU und SPD zuhause, 2016 „waren es nur noch 26,4%. Die rechtsextrem Eingestellten sind vor allem zur AfD abgewandert“.
      Mehr als 6,5% der CDU/CSU-Wähler und 6,9% der SPD-Wähler hatten 2016 jedoch weiterhin ausgeprägte rechtsextreme Einstellungen. Aber dasselbe traf auch für 3,7% der Grünen- und 4,2% der „Links“-Wähler zu. Bei der AfD konzentrierte sich nun der bei Weitem größte Anteil dieses Potentials.
      2016 bekannten sich zu einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild 5,4% der Befragten. Diese 5,4% repräsentieren mindestens 3,84 Millionen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Hinzu kamen weitaus mehr Menschen, die die entsprechenden Aussagen als „teils/teils“ richtig beurteilen. 2014 waren das, je nach Aussage, 12 bis 31% der Befragten — wobei letzterer Wert für mehr als 22 Millionen Deutsche steht.
      Eine noch weit höhere Zahl vertrat 2016 weitere fremdenfeindliche Positionen. 50% pflichteten islamfeindlichen Aussagen bei, fast 58% diffamierten Sinti und Roma. 60% widersprachen der Aussage, die Asylsuchenden hätten „wirkliche Verfolgung erlitten“ oder seien „von ihr bedroht“. Mehr als 80% (!) lehnten die Forderung ab, „der Staat solle großzügig bei der Prüfung von Asylanträgen vorgehen“ (19). Einer der reichsten Staaten der Erde, der sich leisten kann, den „oberen Zehntausend“ permanent Millionengeschenke zu machen, soll also im Umgang mit dieser Menschengruppe auf „Großzügigkeit“ verzichten, damit auf eine zutiefst wünschenswerte Haltung, die ja nichts zu tun hat mit Verschwendung. Mehr als 80% der Deutschen haben also zumindest einzelne fremdenfeindliche Einstellungen.
      Aber auch Güllners Behauptung einer „homogenen AfD“-Wählerschaft ist fernab der Realität. 2016 war über die AfD-Wähler zu konstatieren: 75% waren nicht als rechtsextrem eoinzuordnen, mehr als 89% befürworteten die Idee der Demokratie.
      Die Einteilung in Hell- und Dunkeldeutschland ist falsch.

  108. Rudolph Caracciola sagt:

    In Berlin arbeitet der rot-rot-grüne Senat erstmals an einer Mietpreisbremse, die den Namen verdient und deshalb auch anders heißt: Mietendeckel.
    Mely Kiyak, die früher auch im BLÄTTCHEN gelegentlich zu Wort kam, hat dies gerade erfrischend kommentiert: „Der öffentlich gewordene Entwurf eines ‚Mietendeckels‘ für Berliner Wohnungen ist eine Wucht!“
    Zum vollen Wortlaut geht’s hier:
    http://newsletterversand.zeit.de/ov?mailing=3I23LJEM-FQ11BWT&m2u=3I2FDYZH-3I23LJEM-Y685LK&wt_zmc=nl.int.zonaudev.zeit_online_deutschstunde_kiyaks_deutschstunde_vom_29.08.2019.nl_ref.zeitde.bildtext.link.20190829&utm_medium=nl&utm_campaign=nl_ref&utm_content=zeitde_bildtext_link_20190829&utm_source=zeit_online_deutschstunde_kiyaks_deutschstunde_vom_29.08.2019_zonaudev_int

    • Ralf Nachtmann sagt:

      Ja, Ruinen schaffen ohne Waffen, so einfach geht’s. Da werden die Schrippen (Semmeln, Bemmen, Wecken etc) wohl bald auch wieder nur 5 Pfennige bzw. 2 Stück 5 Euro-Cent kosten. Und auf ein neues Auto (E-Auto?) warten wir 15 Jahre. Frau Kiyak (die ich als Kolumnistin früher schätzte) schreibt eben auch über Dinge, von denen sie nichts versteht. Auch das ist eine Form der „Freiheit der Andersdenkenden“. die ich aber nicht gegen „Mainstream-Öffentlichkeit“ eintauschen möchte. Selbst wenn es zuweilen schmerzt.

  109. Ulrich Busch sagt:

    Lieber Jürgen Leibiger, es mag ja sein, dass der Marx-kundige und gewissenhafte Autor Klaus Müller der immer wieder erneut diskutierten These, „Geld entstünde aus „nichts“ als dem Vertrauen in die Notenbanken, es bedürfe also keiner werthaltigen substanziellen Grundlage“, nach gründlichem Studium alter Schriften in seinem neuesten Buch „logische, historische, methodologische und banktechnische Argumente“ entgegensetzt, aber sind diese auch überzeugend? – Immerhin hat die umstrittene These Autoren wie Joseph A. Schumpeter und Marx als Urheber – und natürlich die gängige Praxis auf ihrer Seite. Bei Marx etwa kann man lesen: „Soweit die Bank Noten ausgibt, die nicht durch den Metallschatz in ihren Gewölben gedeckt sind, kreiert sie Wertzeichen, die nicht nur Umlaufsmittel, sondern auch zusätzliches … Kapital für sie bilden im Nominalbetrag dieser ungedeckten Noten. … Dasselbe gilt natürlich auch für die Noten ausgebenden Privatbanken.“ (MEW 25, S. 557). Im Übrigen halte ich die Frage nach dem Golde heute nicht mehr für die zentrale Frage der Geldtheorie und -politik. Es ist heute ungeachtet allen Interesses der Notenbanken am Erwerb von Gold eher ein Thema für sophistische Dispute unter Geldhistorikern, als dass damit irgendetwas von Bedeutung erklärt werden könnte.

    • Jürgen Leibiger sagt:

      Die Zentralbank und die Banken können Geld unbeschränkt (das ist das scheinbare „Nichts“; vgl. MEW, 25/557f) „kreieren“, solange es allgemein anerkannt ist, zur Zahlung also angenommen wird und Vertrauen hat. Dazu braucht die Zentralbank wahrscheinlich auch keine Metallreserve, wenn sie im Notfall auf den Nationalreichtum zurückgreifen kann. („durch Kredit der Nation garantiert, also unerschütterlich“, MEW 25/422; 556; 571). Auf diese Weise ist das moderne Geldsystem sehr flexibel geworden und kann sich von einer Substanzbindung sehr weit entfernen. In einer Krise, wenn das Vertrauen weg ist, zeigt sich dann, das Geld doch noch an werthaltigen Substanzen hängt, von denen das Gold die am meisten gängige, wenn vielleicht auch nicht die einzige ist. „Umschlag des Kreditsystems in das Monetarsystem“, weil niemand mehr „Nichts“ als Zahlung akzeptiert. In Anbetracht der breiten Diskussion über eine angemessene und begründete Geldpolitik, die ja die Zentralbanken unmittelbar praktisch berührt, scheint die Frage doch nicht so unwichtig zu sein. Warum hat die Bundesbank eigentlich ihr Gold „heimgeholt“? Nur Symbolpolitik?

    • Zu den Ausführungen von Jürgen Leibiger über den Wert des Goldes noch ein weiteres Zitat: a.a.O. S. 552 bezeichnet Marx dieses „Metall“ als „Weltgeld“; er erwähnt „zwei ganz verschiedene Funktionen, die aber beide aus der Natur des Geldes hervorgehn, da das wirkliche Geld stets Weltmarktsgeld ist, und das Kreditgeld stets auf dem Weltmarktsgeld beruht.“
      Grundsätzlicher behandelt Marx die Frage in Band I „Das Kapital“. Da finde ich im 2. Kapitel die Feststellung, dass „obgleich Gold und Silber nicht von Natur Geld, Geld von Natur Gold und Silber ist“. – Die Frage ist also, wie sich die heutigen Zustände auf diesen „Naturzustand“ zurückführen lassen. Einen Versuch dazu habe ich hier vor Jahren einmal unternommen:
      https://das-blaettchen.de/2014/10/marx-und-das-geld-30577.html
      https://das-blaettchen.de/2014/11/marx-und-der-kredit-30787.html

    • Klaus Müller sagt:

      Jeder kann, wenn er will, das Gold nicht mehr für die zentrale Frage der Geldtheorie und -politik halten. Und hat damit wohl sogar recht. Aber Marx als Urheber jener These zu halten, Geld sei Nichts, aus Nichts geschöpft, ist kühn. Klar wusste Marx, dass die Banken weit mehr Noten ausgeben konnten, als durch Gold gedeckt war, so wie heute die Banken in der Lage sind, über die Kundeneinlagen hinaus Kredite zu gewähren. Der Behauptung, vor Schumpeter sei schon Marx deshalb der Meinung gewesen, Geld sei ein knappes Nichts, muss jedoch widersprochen werden. Unzählige Aussagen im Marxschen Werk belegen vielmehr, dass für ihn Geld eine Ware ist, das Metall die Grundlage des Kredit- und Papiergelds bleibt, auch wenn eine Reihe von Erscheinungen dem scheinbar widerspricht, z. B. dass bereits zu seiner Zeit 80 bis 90 Prozent des kommerziellen Zahlungsverkehrs bargeldlos, also mit Hilfe des sog. Buch- oder Giralgelds abgewickelt wurden. Ökonomen, die die Welt der Erscheinungen nicht verlassen, die Suche nach dem Wesen, nach inneren, verdeckten Zusammenhängen für überflüssig halten, weil sie glauben, die Erscheinungen erklärten sich von selbst, ist der Blick „hinter die Kulissen“ verschlossen. Und manchmal sehen sie nur, was sie sehen wollen und sie wollen sehen, was in ihr Bild passt. Waren werden schon lange nicht mehr mit Goldmünzen bezahlt. Die Demonetisierung des Goldes, sein Rückzug aus der Zirkulation, begann im Moment seines Eintritts in sie. Denn schlechtes Geld vertreibt gutes und gutes kann schlechtes nicht vertreiben aus der Zirkulation in den Schatz. Dieses Gesetz des Zahlungsverkehrs galt vom ersten Tag an. Wem dies als Beweis dient, Gold habe aufgehört, Geld zu sein, kann selbstverständlich Diskussionen über die währungspolitische Rolle des Goldes heutzutage für spitzfindig halten. Doch ist nicht von Blindheit geschlagen, wer übersieht, dass die Notenbanken der Welt allein im ersten Halbjahr 2019 374 Tonnen Gold kauften, und einfach ignoriert, dass die Zentralbanken der Welt nach wie vor in gewaltigen physischen Mengen – mindestens 32.000 Tonnen, 640.000 Zentner (!) – das gelbe Metall horten. Für was wohl?

  110. Rudolph Caracciola sagt:

    Derzeit setzt Greta Thunberg über den Atlantik über – mit einer 5-Millionen-Euro-teuren Rennjacht; Ziel: New York. Unter persönlichen Opfern: über Toilette, Herd oder feste Kojen verfügt der Kahn nämlich nicht, und der Törn dauert immerhin 14 Tage.
    Allein die Art der Fortbewegung soll ausdrücklich ein weiteres klimapolitisches Statement der jungen Schwedin sein: Seht, Mobilität über Ozeane geht auch völlig ohne Kohlendioxid!
    Allerdings nur, solange man nicht hinter die Kulissen schaut!
    Um nur einige Aspekte zu nennen: Das komplette Material für den Betrieb der Jacht musste nach Plymouth an den Startplatz transportiert werden, inklusive eines Medienteams, Support-Crew und etlicher weiterer Helfer. Für Greta wurde extra Spezialkleidung angefertigt …
    Wie hoch mag da der CO2-Ausstoß gewesen sein?
    Sollten bei der Ankunft im New Yorker Hafen, wie in den USA in solchen Fällen Usus, gleich mehrere Hubschrauber über dem Schiff kreisen, um Live-Bilder ins Fernsehen zu übertragen, dann hätte Greta mit deren Spritverbrauch locker gleich mehrfach über den Großen Teich setzen können.
    Und später?
    Wie kommen Gretas Vater samt mitreisendem Kameramann und die Segelprofis zurück nach Europa? Wenn nur zwei den Flieger nähmen, würde das klimabilanziell auch für Greta reichen.
    Apropos: Und wie reist sie selbst zurück?
    Die Jacht selbst soll übrigens für eine baldige Regatta geschont werden und geht deshalb womöglich per Frachter zurück, also mit einem Verkehrsmittel, das wegen desaströser Öko-Aspekte für Gretas Hinfahrt gar nicht erst in Erwägung gezogen wurde.
    Wie heißt es doch so schön?
    Gut gedacht ist längst noch nicht gut gemacht!
    Um keine Zweifel am Ernst der Botschaft aufkommen zu lassen, hätte man Gretas Auftritte in den USA vielleicht doch besser via Skype abwickeln sollen.

    • Manne Murmelauge sagt:

      Warum soll das nur gut gedacht sein? Es wird noch besser: Greta wird heiliggesprochen, läuft über das Wasser zurück und kann dann den Kinderkreuzzug anführen.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Thunberg ist klüger als ihre Kritiker; auch die im Blättchen. Sie sagt zu alledem – nichts! Sie bleibt beim Thema. Und das ist nicht die Atlantiküberquerung, sondern der fatale Zustand des Weltklimas, bah, des Erdballs insgesamt. Auf diesen Zustand aufmerksam gemacht habend wie kaum jemand vor ihr, ist ihr bleibendes Verdienst.

  111. Mario Keßler sagt:

    Ein kurzer ergänzender Kommentar zu meinem eigenen Artikel „Solidarität statt Boykott“: Es zeugt von wenig Souveränität, wenn die israelische Regierung nach Zusammenspiel mit US-Präsident Donald Trump den beiden amerikanischen Kongressabgeordneten Ilhan Omar und Rashida Tlaib die Einreise nach Israel verweigert. Es wäre besser gewesen, hätten israelische Journalisten die Gelegenheit gehabt, im Interview die kruden Ansichten und mangelnden Geschichtskenntnisse beider Politikerinnen einer kritischen Öffentlichkeit sichtbar zu machen und mit Argumenten zu widerlegen. Genau dies macht nämlich Demokratie aus.
    Mario Keßler

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Lieber Herr Keßler,
      ich teile in der Sache Ihre Meinung. Zugleich möchte ich anmerken, dass ich es immer wieder frappierend finde, wie behende die Deutschen am besten wissen, was die anderen so tun sollten.
      Mit freundlichen Grüßen
      Wolfgang Ernst

  112. Stephan Wohanka sagt:

    Zu: Die irische Karte von Erhard Crome
    Nach der Lektüre stellt sich mir eine Frage: Geht Crome nicht etwas blauäugig an den „Backstop“ heran? In der Tat regelt das „Karfreitagsabkommen“ keine Grenzfragen. Käme es durch den Brexit wieder zu Zollkontrollen, so führten technische Gründe bei Warenkontrollen zum Aufbau neuer Grenzanlagen zwischen der Republik Irland und Nordirland. Schon diese könnten gewisse Hindernisse auch beim freien Personenverkehr darstellen. Aber auch rein „optisch“ wäre die bis dato quasi nicht sichtbare innerirische Grenze wieder deutlich wahrnehmbar; und auch das stellt in dieser „erregten“ Region eine gewisse Gefahr dar für den brüchigen Frieden dar. Deshalb kommen auch Kenner der Szene zu dem Urteil, dass der Brexit das Freitagsabkommen durchaus unterminiere.
    Crome: „Insofern geht es am Ende lediglich um den Warenverkehr“. Richtig! „Und da kann im Zeitalter von GPS und Galileo, Satellitenbeobachtung der Erdoberfläche und Fernaufklärung niemand ernstlich behaupten, dass man dafür Zollhäuschen aufstellen muss, wie Mitte des 19. Jahrhunderts ….“. Ja – warum wird denn das nicht getan? Wenn das die EU nicht will oder tut, warum dann nicht „die letzte europäische Großmacht“ selber? Offenbar doch nicht so einfach; und offenbar wollen auch die Briten das nicht: „Auf die Frage, welche Regelung sie für die irische Grenze denn gern hätten, kam von den Briten nichts“. Ein wenig Anstrengung neben dem sonstigen Getöse um den (No-Deal-)Brexit wäre doch angemessen, will man doch endlich wieder der so geschätzten „exzentrischen Vorstellung von Freiheit“ frönen können.

  113. Redaktion Das Blättchen sagt:

    Lieber Wolfgang Klein,
    da wir unsere Autoren nicht zensieren, kann auch schon mal
    „starker Toback“ den Weg ins BLÄTTCHEN finden, den mancher
    Leser nicht teilt oder ganz ablehnt. Als „monströse Geschichtsverfälschung“ allerdings
    hat Wolfgang Brauer, der zuständige Redakteur der aktuellen Ausgabe, E. Cromes
    Vergleich offenbar nicht empfunden, denn solches wäre ein
    Grund gewesen, den gesamten Beitrag abzulehnen.
    Mit besten Grüßen und in der Hoffnung, dass Sie dem BLÄTTCHEN
    als Leser und gelegentlicher Autor gleichwohl verbunden bleiben,

    Ihr Wolfgang Schwarz (V.i.S.d.P.)
    Redaktion DAS BLÄTTCHEN

  114. Wolfgang Klein sagt:

    Liebe Herausgeber,

    das Blättchen lese ich immer interessiert, oft zustimmend. Die monströse Geschichtsverfälschung im letzten Satz von Erhard Cromes heutigem Artikel muß allerdings durch sehr viel Anderes aufgehoben werden, um auf die Lektüre künftig nicht gänzlich zu verzichten.

    Mit besten Grüßen

    Wolfgang Klein

    • Erhard Crome sagt:

      Sehr geehrter Herr Klein,
      bei der Analyse geopolitischer und geoökonnomischer Konstellationen geht es nicht um die innere Verfasstheit von Staaten – Demokratie vs. verbrecherische Diktatur oder autoritäre Herrschaft -, sondern um Machthierarchien im Staatensystem.
      Zugleich erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass der von Ihnen inkriminierte Gedanke auch schon in meinem Britannien-Text in der No. 1 steckt. Wenn Sie es noch ausführlicher wünschen, kann ich das Buch: „Deutschland auf Machtwegen. Moralin als Ressource für weltpolitische Ambitionen“ empfehlen.
      Mit freundlichen Grüßen
      Erhard Crome

  115. Ralf Nachtmann sagt:

    zu: Transparenz
    Lieber Eckhard Mieder,
    nein, Sie erinnern sich leider nicht richtig. Das Transparenzpapier hieß Transparent-Papier“ und kam im Kunstunterricht und in TZ (Technisches Zeichnen), gelegentlich auch in Geometrie zum Einsatz. Das für die Stullen hieß „Butterbrotpapier“. Und die Milch in der durchsichtigen Hülle hatte durchaus einen Namen, sie hieß „Schlauch-Milch“; im Westen übrigens auch.
    In allem anderen hinsichtlich der Transparenz kann ich Ihnen nur zustimmen.
    Herzlich
    Ralf Nachtmann

  116. Ralf Nachtmann sagt:

    zu: An Stätten deutscher Verbrechen
    Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag. Allein der Hinweis auf „Die Grauzone“ ist (für mich jedenfalls), denn alle anderen Filme kenne ich bereits.
    Eins jedoch ist etwas wunderlich: Entweder fuhrt der Autor von Wroclaw nach Krakow, oder von Breslau nach Krakau. In seinem Falle („von Wroclaw nach Krakau“) hätte die Reise nämlich 74 Jahre (von Abfahrt bis Ankunft) gedauert.

  117. Ralf Nachtmann sagt:

    Zur irischen gehört auch eine schottische Karte

    Ein recht kluger Beitrag von Erhard Crome, der völlig zu Recht darauf hinweist, dass mit Fintan O’Toole ein nur wenig geeigneter „Einordner und Erklärer“ der Verhältnisse vom ZDF verpflichtet wurde. Weitaus klüger erlebte ich in den vergangenen drei Jahren Michael Collins, der ja als Botschafter der Republik Irland noch mehr zu gewisser „Zurückhaltung“ verpflichtet ist. Seine stets sehr diplomatisch vorgetragenen Erörterungen hinsichtlich des bevorstehenden so genannten Brexit machten deutlich: Ja, Irland wird eine schwere Last zu tragen haben, allerdings nur für einen überschaubaren Zeitraum und wird sich (hoffentlich!) auf die Solidarität der anderen Staaten der Europäischen Union verlasssen können. Langfristig hingegen wird Irland vom Austritt der Briten aus der Gemeinschaft profitieren. Solche Einschätzungen passen natürlich nicht in die seit dreri Jahren tobende Propaganda-Schlacht.
    Einen weiteren Aspekt wenigstens zu streifen lohnt in diesem Zusammenhang auch. Wie sieht den die Zukunft des Vereinigten Königreiches aus, also als „Vereinigtes“? Der Anschluss des faktisch bankrotten Schottland am 1. Mai 1707 nach zweijähriger Androhung härtester wirtschaftlicher sanktionen (Alien Act) war bereits damals im dortigen Volke verhasst, er entschuldete ja nur die Reichen, die in den Spekulationsjahren zuvor (Darién-Projekt ) sehr viel Geld verloren hatten. Dieser Anschluss ist am ehesten vergleichbar mit dem Hineinzwingen des faktisch bankrotten Bayern 1871 ins preußisch-deutsche Kaiserreich oder in etwas abgewandelter Form dem Anschluss der DDR an die BRD 1990.
    Der Unmut der „Brave Hearts“ konnte selbst durch hohe Investitionen, insbesondere seit den 1960-er Jahren nie aus der Welt geräumt werden. Einzig die Tatsache, dass Großbritannien EU-Mitglied war, führte beim jüngsten Sezessions-Volksentscheid am 18. September 2014 zu einer nicht gerade übermäßigen Mehrheit der „Better-Together“-Befürworter (55:45 Prozent). Hauptgrund für den Verbleib war die Währungsfrage (Beibehaltung des Britischen Pfundes), denn England hatte mit einem sofortigen „Rausschmiss“ der Schotten gedroht. Und die EU hatte, trotz mehrheitlicher Befürwortung des Verbleibs der Schotten bei der Brexit-Abstimmung, kein „monetär-politisches“ Angebot gemacht. Weil man irrigerweise glaubte, dies würde den Ausrittswillen anheizen.
    Nun aber wird nach dem Ausscheiden der unglücklichen, besser: unfähigen Theresa May der Nachfolger Boris Johnson sich mit gleich zwei starken Damen herumschlagen müssen. Nicht ausgeschlossen, dass ihn schon er eine oder ander Alptraum von „Nicky & Arly“ heimgesucht hat. Denn während Nicola Sturgeon ein erneutes Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands anstrebt, will Arlene Foster in Nordirland (auch Provinz Ulster genannt) keinerlei Wirtschafts-Grenze, und sei es auch nur die von Erhard Crome beschriebene (GPS und Galileo, Satellitenbeobachtung der Erdoberfläche und Fernaufklärung).
    Johnson, die meisten Tories und nicht wenige Labour-Abgeordnete im Unterhaus hingegen verweigern sich jeglicher Idee einer „Sonderwirtschaftszone Nordirland“, lautstark assistiert von nordirischen Royalisten und Extremistren (DUP, UUP). Und auch die EU verschließt sich diesem, sicher nicht auf Dauer anlegbarem Weg. Man merkt: In Brüssel geht es nicht um Inhalt, Fortschritt, Solidarität, sondern darum, einen „verhassten Gegner“ zu demütigen und ihn nach Möglichkeit in/auf die Knie zu zwingen.

  118. Ralf Nachtmann sagt:

    Ein anderes Weimarer Quartett
    Dies zuerst: Vielen Dank, lieber Alfons Markuske, für die schönen Erzählungen.
    Vor nun schon recht vielen Jahren fuhren mein Bruder und ich des öfteren von Rudolstadt hinüber nach Weimar. Denn dort gab immer etwas zu entdecken, insbesondere in dem alten Antiquariat, dessen Bücherregale bis unter die schätzungsweise fast vier Meter hohe Decke reichten und in dem es so eng war, dass man bei „Gegenpassage“ fürchten musste, trotz aller Schlankheit ein ein furchtbares Debakel anzurichten. Bevor jedoch Bücher zu entdecken waren, deren einige seltene bis heute im eigenen Regale stehen, galt Folgendes: Unser erster Weg führte stets zum Shakespeare-Denkmal in den Ilm-Park. Schon der 11-Jährige war vom Totenkopf zu den Füßen und dem entrückten Blick des Dichters (im Denkmal) in die Ferne verzaubert. Richtung Stadt führte der Weg stets an der Musik-Hochschule vorbei, aus deren Fenstern stets ein feiner und doch die Fülle und Mischung nie entschlüsselbarer Klang drang. Leider blieb – wohl waren wir zu jung – ein Blick zu den Architekturstudenten verwehrt. Oder fehlte es nur am Mut, einfach hineinzutreten?
    Unvergessen bleibt der Geburtstagsbesuch mit der ersten (festen) Freundin in Elephant. Bis heute lasse ich mich nicht von der Überzeugung abbringen, dass es genau dort die beste aller dazumal erreichbaren Patisserien gab. Die hausgemachten Törtchen, sie waren einfach ein Traum. Ein paar Jahre später, da schon mit einer ebenso späteren Freundin, war zu Zeiten, da der Student aus der Hauptstadt wieder einmal „zu Gange“ war, ein Besuch im „Kasseturm“ Pflicht. Und das Schweigen über as dort Erlebte bis heute auch.
    Ja, welches Weimarer Quartett mag es noch so geben?

  119. Ralf Nachtmann sagt:

    zu: Meinungsverschiedenheiten:
    Lieber Wolfgang Schwarz, auch ich habe Ihren Brief an die (in der BLZ gelesen, Götz Alys Kolumne ebenso. Was soll man da noch sagen, außer: „Also, so ist das,“ das (F)Lugwesen in der amerikanisch-westdeutschen Medienlandschaft. Irgendwann wird hoffentlich vielen Lesern klar, warum „der Genosse Grigori Kossonossow“ kein Geld für ein neues Flugzeug mitbrachte: „Die Bauern seines Heimatdorfes waren eben ein zu ungebildetes Volk.“

  120. Ralf Nachtmann sagt:

    „Im Medien-Krieg“ schreibt Waldemar Landsberger (auch) vom gespaltenen Europa. Leider schreibt er nicht (wie alle anderen kriegerischen und friedlichen Medien auch nicht), wer eigentlich das Fräulein Rackete und ihre „Mission“ finanziert. Oder habe ich das bloß (anderswo) übersehen?

  121. Ralf Nachtmann sagt:

    Ein sehr interessanter und vor allem aufschlussreicher Beitrag von Kollegen Keßler.
    Nur eine kleine Anmerkung: Er zitiert Theodor Bergmann dem Sinne nach: „Die arabischen Aufnahmeländer hätten sich niemals bemüht, die vertriebenen Palästinenser nach 1948 wirklich zu unterstützen und die Flüchtlinge so in ihre Gesellschaft einzugliedern, wie dies beide deutsche Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg tun mussten.“ Hier muss die Bedeutung des Satzes auf „mussten“ gelegt werden. Hätten die damals dort herrschenden Mächte, insbesondere Großbritannien gegenüber den Arabern den gleichen Zwang ausgeübt wie gegenüber den Deutschen, hätten wir im Nahen Osten heute vielleicht auch nur noch „Heimweh-Tourismus“. Und womöglich hätte es nie einen israelischen Premier Benjamin Netanjahu gegeben, der agiert, als (Vorsicht!) führe er ein „Volk ohne Raum“.

  122. Wolfram Adolphi sagt:

    Vielen Dank, lieber Mario Keßler, für Ihren neuerlich klugen, weit greifenden Beitrag „Solidarität statt Boykott“. Und Dank auch für die gute Erinnerung an Theo Bergmann, dessen Lebenswerk für heutiges sozialistisches, solidarisches, Klasseninteressen verstehendes Denken immer wichtiger wird.
    Wolfram Adolphi

  123. Literat sagt:

    Literat sagt:
    Eine Vermutung von Herrn Wohanka als Alternativsatz läßt aufhorchen: „Oder sollten auch einmal ‚Flacherdler‘ zu Worte kommen?“ Dann die Gewißheit: „Sie tummeln sich desgleichen in diesem Raume.“ Wo er Recht hat … Doch: Wer ist wer? Das gilt nicht nur bei der „Klassenfrage“.
    So sicher, wie er offenbar dabei ist, vermag man nicht zu sein, wenn man dies an seiner Einschätzung der Personalie Frau v. d. Leyen prüft. Deren Teilnahme bei „Bilderbergers“, flankiert von Springer-Chef Döpfner und Wirtschaftsführer Zetsche, sei als „einigermaßen schwach bestückt“ zu bewerten. Das wird offenbar nicht von allen so gesehen. Zwar gibt es gegenwärtig Kritik an ihrer Berufung zum höchsten Amt in Brüssel, in der Regel aber mit der Abmilderung, dies sei nicht gegen die Person gerichtet. Wohl gibt es auch zaghafte oder wenig wahrgenommene Begründungen, sie sei fachlich ungeeignet. Wesentlich aufschlussreicher aber: Wer kritisiert nicht? Zuvörderst die Staatschefs, ohne Ausnahme (deutsche Enthaltung zählt dabei nicht). Warum diese Einigkeit? Gibt es eventuell noch eine weitere Gemeinsamkeit bei dem Überraschungscoup? Könnte da nicht für diese Präferenz die NATO mitgestimmt haben? Weiterer Hinweis: Die übliche Häme aus den USA bei unerwünschten Entscheidungen der EU ist erstaunlich zurückhaltend.
    Ist in diesem Umfeld Frau v. d. Leyen wirklich ein „schwache Bestückung“; darf sie wirklich nur auf unbedeutenden Plätzen tingeln? Vielleicht hörte jemand da was läuten, ohne zu wissen, wo die Glocken hängen.
    Man muss nicht US-Staatsbürger sein, um atlantizistisch tätig zu sein – geht auch andersrum. Damit zu der vermutlich ironisch sein sollenden Rundfrage von Herrn Wohanka, ob denn jemand Christoph Bertram kenne, der zur Kernbesetzung der Bilderberger Begegnungen gehöre. Gibt schon welche. Ich weiß sogar von jemandem, der seit Beginn der 80-er Jahre bis gegenwärtig mit ihm befreundet ist, was dem Wissenschaftsaustausch beider Seiten dienlich war; denn Bertram war eben nicht „Deutscher“, sondern internationaler Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland, was seinerzeit den Unterschied machte, ihn aber keineswegs daran hinderte, auch mit der Gegenseite um vernünftige Politik der friedlichen Koexistenz theoretisch und praktisch bemüht zu sein, besonders USA und Kanada eingeschlossen.
    Zurück zur Hauptsache: An der NATO-Präferenz der deutschen Verteidigungsministerin hat international niemand Zweifel. Diese Gewissheit bei allen, die sie kennen, erklärt vielleicht mehr als andere Gründe den überraschenden Vorschlag, der es im Nachhinein dann auch nicht mehr sooo ist. Es sei denn, man hätte sie fälschlich als politisches Leichtgewicht abqualifiziert und langfristige Personalpolitik außer acht gelassen.

  124. Roswitha Clüver sagt:

    Sie wollen also eine Einschränkung des öffentlichen Diskursraumes? Womit begründen Sie den Ausschluss von
    rubikon.news?
    Clüver

    • Stephan Wohanka sagt:

      Ich will nicht „Rubikon“ ausschließen, sondern habe mich gegen einen Text auf seinen Spalten gewandt. Und wenn R. diesen Text abdruckt, kann ich doch wohl mitteilen, dass R. ihn abgedruckt hat.
      Und ich will auch nicht den „Diskursraum“ einschränken, kann ich gar nicht. Ich meine nur, dass alles das, was in diesem Raume ist, nicht unbedingt Gegenstand einer Verlinkung im „Blättchen“ sein sollte. Oder sollten auch einmal „Flacherdler“ zu Worte kommen? Sie tummeln sich desgleichen in diesem Raume.

  125. Stephan Wohanka sagt:

    Liebe Leute, soll ich lachen oder weinen… Nun verlinkt auch das Blättchen den Bilderberger-Stuss! Diesmal sitzt „Rubikon“ – „das Magazin für die kritische Masse. Wir berichten über das, was in den Massenmedien nicht zu finden ist. Herausgegeben wird der Rubikon (zu dem es einiges zu sagen gäbe, aber das führte hier zu weit – St. W.) in Mainz, geschrieben wird er von unabhängigen Journalistinnen und Journalisten überall auf der Welt“ – selbigem auf: „Längst ist es keine dystopische Vorstellung mehr, dass die Puppenspieler der Wirtschaftseliten in der Weltpolitik die Fäden ziehen“, lässt man den wahlweise staunenden oder sich gruselnden Leser wissen. Weiter unten; teils fett und herausgehoben: „Einer der festen Tagesordnungspunkte ist die Verringerung der Weltbevölkerung. Dieses Thema lag Rockefeller – aktuell treibende Kraft (welcher R. der Sippe? – St. W.) hinter den Bilderbergern – sehr am Herzen und wird von seinem Schützling Henry Kissinger propagiert. Denn nur so kann die Weltelite mit den drastisch knapper werdenden Ressourcen länger und besser leben. […] Das sind natürlich alles nur Spekulationen, abgeleitet aus dem Leitziel des Bilderberg-Clubs: Die Reduzierung der Weltbevölkerung“. Ohne die Rothschilds? Diese größten „Puppenspieler“ weltweit (man schaue nur in die entsprechenden Foren) mischen doch überall mit!
    Einige Klicks im Internet und man findet eine Agenturmeldung: „Etwa 130 Teilnehmer aus 23 Ländern haben ihre Teilnahme bestätigt“, für 2019. Neben Jared Kushner waren das US-Außenminister Mike Pompeo, dessen Vor-Vor…-gänger Henry Kissinger; aus Deutschland Ursula von der Leyen, die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg, Springer-Chef Mathias Döpfner und Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer sagte kurzfristig ab. Zumindest das deutsche Kontingent der „weltpolitischen Fädenzieher“ ist damit wohl – gemessen an der Aufgabe – einigermaßen schwach bestückt.
    Im Netz sind auch „the key topics“ des Treffens zu finden; Rockefellers „Verringerung der Weltbevölkerung“ ist – Bilderberger sind Bilderberger – natürlich bestens camoufliert und kommt ganz sicher in allen Punkten vor!
    1. A Stable Strategic Order
    2. What Next for Europe?
    3. Climate Change and Sustainability
    4. China
    5. Russia
    6. The Future of Capitalism
    7. Brexit
    8. The Ethics of Artificial Intellegence
    9. The Weaponisation of Social Media
    10. Cyber Threats.
    Stellten und stellen die Bilderberger die heimlich-unheimliche „Weltregierung“, dann ist es hilfreich, sich die Teilnehmerlisten der Treffen anzusehen. Sie sind öffentlich zugänglich (ob daher echt?). Danach hatte ein gewisser Christoph Bertram – kennen Sie den? – die besagten „Fäden“ fest in der Hand; jahrelang sozusagen Boss der Welt: Von 1978 – 1998 war der Mann beinahe jedes Jahr dabei; so häufig wie kaum ein anderer, selbst Henry Kissinger eingerechnet. Wissen Sie, woher der kam? Na? Aus – Deutschland! Er war eines der beiden deutschen Mitglieder im s. g. Steering Ausschuss und dort für die Auswahl der Themen und der Redner verantwortlich. Ein anderer deutscher „Weltregierer“ war von 1984 – 2016 der Airbus-Chef Thomas Enders – zehnmal dabei. Sogar Jürgen Trittin schaffte es 2012 in den erlauchten Kreis, zusammen mit Ex-CDU-Ministerpräsident Roland Koch… Später muss von der Leyen übernommen haben – ab 2015 war sie quasi jedes Jahr auf den Treffen.
    Noch ein paar Worte zum Autor des in Rede stehenden Rubikon-Artikels, Peter Koenig. Lese ich die Zeilen im Abspann über ihn – ein honoriger Mann; zumindest auf den ersten Blick, der dem zweiten nicht unbedingt standhält. So war K. bejubelter Redner auf der 2008 gegründeten Anti-Zensur-Koalition (AZK) „Europas grösster Plattform für unzensurierte Information“. Der Gründer von AZK, der Schweizer Laienprediger Ivo Sasek: „Ich sage ohne Diktatur geht es nicht, weil diese Schöpfung ist nicht auf Demokratie eingestellt. Sie funktioniert nicht nach demokratischen Prinzipien“. Muss man da sprechen?

    • wolfgangbr sagt:

      Herr Wohanka,
      es handelt sich bei dem von Ihnen attackierten Fall keineswegs um einen Artikel einer unserer Autorinnen oder Autoren – oder gar eine Positionierung der „Blättchen“-Redaktion. Das ist lediglich eine Lektüreempfehlung. Sie haben mitunter eine vertrackte Neigung, die Überbringer einer Ihnen missliebigen Botschaft zusammen mit dieser in den Brunnen zu werfen. Besonders lauter ist das nicht.
      Mit bestem Gruß
      Wolfgang Brauer

    • Stephan Wohanka sagt:

      Lieber Herr Brauer,
      ich habe geschrieben „verlinkt“ – also mitnichten behauptet, dass es sich „um einen Artikel einer unserer Autorinnen oder Autoren – oder gar eine Positionierung der ´Blättchen´-Redaktion“ handelt.
      Aber schon „eine Lektüreempfehlung“ dieses Textes durch das „Blättchen“ halte ich tatsächlich für höchst fragwürdig.
      Freundlichen Gruß
      Stephan Wohanka

  126. Lieber Günter Hayn,
    vielen Dank! Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen! – Ich darf – Ihre Beobachtungen und Argumente nachdrücklich unterstützend – an dieser Stelle ein 2018 erschienenes Buch von Klaus Weber empfehlen: „Resonanzverhältnisse. Zur Faschisierung Deutschlands. Politisches Tagebuch“. Weber, in Bayern zu Hause, hat zwei Jahre lang akribisch Rundfunk-, Fernseh- und Zeitungsmeldungen verfolgt und analysiert, dazu (natürlich anonymisiert!) Alltagsgespräche, und das Ergebnis illustriert aufs Überzeugendste die Ergebnisse jüngster Meinungsumfragen zur Akzeptanz einer möglichen Zusammenarbeit zwischen Union und AfD. – Weber hat sich übrigens 2007 um die Neuherausgabe zweier höchst aktueller ARGUMENT-Sonderhefte vom Anfang der 1980er Jahre in der BRD verdient gemacht: „Faschismus und Ideologie“. Die Bände gehören zu dem großen Schatz marxistischer westdeutscher (und westeuropäischer) Faschismusforschung, der nach dem Verschwinden des osteuropäischen Sozialismus gleich mit „verschwunden“ ist. Auch damit – mit diesem „Verschwinden“ – hat das Heutige zu tun.
    Wolfram Adolphi

  127. Ralf Nachtmann sagt:

    Weißes Dreieck ohne Grund, wie schön hat Angelika Leitzke diesen casus beschrieben. Und da sage noch einer, wir wären arm!

  128. Lars Niemann sagt:

    Ich möchte auf einen Aspekt in Erhard Cromes Analyse zur Europawahl in der jüngsten Nummer des „Blättchens“ eingehen, nämlich seine Vermutung, das „entschiedene ‚Jein‘ (der Partei „Die Linke“) zur EU“ hätte zu deren schlechtem Abschneiden in Deutschland beigetragen. Abgesehen davon, dass mich schon interessieren würde, ob der Autor sich nun eigentlich eher ein klares „Ja“ oder ein deutliches „Nein“ gewünscht hätte, stimme ich ihm in der Sache schon zu. Unentschiedenheit wird von den Wähler/innen sicherlich nicht goutiert, auch wenn sie vermutlich die Stimmungslage in der Partei reflektiert. Grundsätzlich nicht entschieden scheint mir nämlich die Frage, ob die ja in erster Linie sozial ausgerichtete Programmatik der linken Parteien in Europa sich eher im nationalstaatlichen Rahmen oder in der EU umsetzen lässt. Noch viel drastischer als die deutsche Linke ist in Großbritannien Labour an der unentschiedenen Haltung zum Brexit gescheitert, also immerhin einer Frage, die für die Bevölkerung auf der Insel viel gravierender ist als die Auswirkungen der Europawahl auf die deutsche. Ich meine, dass die politischen Kräfte, die sich als „links von der Sozialdemokratie stehend“ (Crome) empfinden, und ihre Anhänger/innen hier schon entscheiden müssen. Auch wenn es zum einen keine hundertprozentige Sicherheit gibt, die richtige Entscheidung zu treffen und wenn es in jeder Richtung Wählerstimmen kosten kann und wird. Es sind vor allem zwei Überlegungen, die mich dazu veranlassen, bei aller berechtigten Kritik, die EU stark zu befürworten und dies auch von allen Parteien des linken Spektrums zu erhoffen. Zum einen glaube ich, dass die globale ökologische Krise mit all ihren Auswirkungen derzeit und für die absehbare Zukunft tatsächlich im Vordergrund steht und stehen muss. [Zwei kleine Nebenbemerkungen möchte ich mir hier gestatten: Nein, Herr Crome, die Grünen geben keine „einfachen Antworten“, sondern sind auf der Suche nach Antworten auf die zentralen Fragen der Zeit. Und: Natürlich sind soziale Ungleichheit, ungerechte Besitzverhältnisse, Ausbeutung real und müssen Gegenstand der politischen Auseinandersetzung sein, aber wir müssen auch endlich zur Kenntnis nehmen, dass sie nicht die einzigen großen Konflikte sind und nicht unbedingt die wichtigsten und schon gar nicht diejenigen, die die „Massen“ (Crome) am meisten bewegen. Die Geschichte lehrt doch eindeutig, dass das eher selten der Fall ist, so sehr sich dass viele Sozialist/innen auch gewünscht haben mögen.] Und deren Lösung, wenn sie denn überhaupt noch möglich ist, kann nur global erfolgen, wobei einzelne Länder vorangehen müssen, aber nur in Staatenbünden wie der EU überhaupt eine Chance auf Wirkmächtigkeit haben. Zum anderen erscheint es mir ausgemacht, dass die junge Generation in Deutschland (und anscheinend auch im europäischen Ausland) „pro-europäisch“ eingestellt ist. Parteien, an deren genereller Zustimmung zum europäischen Einigungsprozess Zweifel bestehen, dürften für gebildete junge Menschen kaum wählbar sein.

  129. Wolfram Adolphi sagt:

    Sehr geehrter Herr Wohanka, meine Antwort kommt spät, denn irgendeine Kommunikationsbremse hatte sich in die Festnetz- oder Mobilfunkleitung eingenistet, aber jetzt ist sie da, die Antwort, und sie lautet: Ich kann gegen Ihre Ermüdung nichts tun. Was ich sagen wollte im Artikel, steht drin, und mit der Aufforderung, etwas anderes reinzuschreiben, kann ich nichts anfangen. Wie ich auch mit raunenden Bezügen auf deutsche Vergangenheiten in Bezug auf China absolut nichts anfangen kann. Also: Blättern Sie einfach weiter, es stehen so viele andere schöne Dinge im Blatt.

    Nun hat die Verzögerung der Antwort aber auch einen Vorteil. Gerade ist mir Frank Sierens neues Buch „Zukunft? China!“ in die Hand gefallen. Sieren widmet es – wie zuvor schon Theo Sommer das seine (siehe meine Besprechung im März) – seinen Enkeln, aber im Unterschied zu Sommer pflegt er nicht das alte Feindbild neu ein, sondern berichtet in der Einleitung von dem Widerstreben, das ihn erfasst hat, als er einen Satz über die chinesischen Kommunisten dergestalt formulierte, dass sie sich „in den letzten Jahren weitgehend nicht nur als machtvoll, sondern auch als friedliebend, weitsichtig und pragmatisch“ erwiesen hätten. „Alles, was ich gelernt habe, wehrt sich dagegen“, lässt er seine Enkel wissen, und dann hat er ihn dennoch aufgeschrieben, diesen Satz, hat das Widerstreben besiegt, und demonstriert im weiteren Text, was Umlernen sein kann.

    Schöne Grüße
    Wolfram Adolphi

    • Stephan Wohanka sagt:

      Sehr geehrter Herr Adolphi,
      ich danke für Ihren Brief. Sie vermeiden zwar, sachlich zu argumentieren respektive schieben Herr Sierens vor – trotzdem Dank; auch für Ihren Tipp, in Zukunft Ihre Texte nicht mehr lesen zu sollen. Ich werde mich daran halten.
      Was Herrn Sierens angeht, so habe ich zu ihm und von ihm nun einiges gelesen und meine, bei ihm eine Ihrer Argumentation gegenüber in Teilen differenzierte vorzufinden. Auch den von Ihnen zitierten Satz fand ich.
      Ich schreibe dies um den 30. Jahrestag des – ja, was? Massakers oder besser doch nur der „Vorkommnisse“ auf und um den Tiananmen-Platz und in ganz China. Das Medienecho weltweit ist groß. Der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe sagte am 2. Juni 2019 in Singapur, die Proteste seien politische Unruhen gewesen, die die Regierung habe bezwingen müssen: „Deshalb ist China stabil“. Er könne nicht verstehen, wieso China noch immer vorgeworfen werde, „den Vorfall nicht korrekt gehandhabt zu haben“. Hat China ihn „korrekt gehandhabt“? Ich versuch´s noch einmal – schreiben Sie doch darüber! Meine Zusage brechend – diesen Ihren Artikel läse ich!
      Freundliche Grüße
      Stephan Wohanka

    • Manne Murmelauge sagt:

      Der neue Wohanka-Beitrag zu Adolphi. Soll es eine gute Idee sein, wenn der eine Autor dem anderen Autor anträgt, das zu schreiben, was er selber nicht kann oder nicht will? Ich zweifle.

  130. Ralf Nachtmann sagt:

    So sarkastisch, wie der Autorenname einzureden versucht, ist die Analyse des Londoner Szenariums gar nicht. Dennoch beruhen deren Annahmen auf mehreren „Grundfehlern“. Da ist zum einen der beschriebene, dass die Russen eh nicht kommen, und dies wohl nicht allein aus „Lustlosigkeit“. Vielmehr wird außer Acht gelassen, dass die USA selbst nach einem (aus unserer Sicht vielleicht wünschenswerten?) Austritt aus der NATO ihre Grundidee von – ich nehm jetzt mal diesen lapidaren Begriff – der Weltherrschaft mitnichten aufgeben werden. Eher im Gegenteil. Was bedeutet dies im Falle eine „Zuspitzung der Lage“ in Europa? Dass die Amerikaner die vermeintlich und wohl tatsächlich geschwächte militärische Ostflanke Russlands auszunutzen versuchen. Immerhin haben sie in Japan einen treuen Vasallen.
    Tatsächlich ist es für Europa (das Schlimme an dieser so oft gebrauchten Formulierung ist, dass sie Russland als Nicht-Europa bezeichnet) tendenziell eher unproblematisch, mit einem vermeintlichen Aggressor Russland „fertig“ zu werden. Das es ja nicht mehr darum geht, den Sozialismus mit seinem teils recht sonderbaren Wirtschaftssystem einzuführen, wie es weiland Jossif Wissarionowitsch Dschugaschwili für toll erachtete, reicht ein dreimonatiger ökonomischer Komplett-Boycott (und sei er durch „passiven Widerstand“ der Käuder erreicht), um jedes angriffige Vorhaben ad absurdum zu führen. Wenn ich das weiß, wissen das die russischen Führer erst recht, und zwar mindestens genauso lange wie ich. Darüber hinaus muss doch jedem klar sein: Wegen drei sumpfigen Äckern und einer Handvoll ohnehin auch künftig unbotmäßigen „Untertanen“ hat zuletzt nur das „alte Rom“ seine Truppen in den Kampf geschickt. Genutzt hat es auch denen auf Dauer nichts.
    Russland fährt eine andere Strategie. Solange Westeuropa sich als „Ami-Knecht“ auf eine Weiterführung des „Verachtungs-Modus“ einlässt, sucht man diese „Gemeinschaft“ eher im Inneren zu zermürben. Den Westdeutsch-Französisch-Britischen Hochmut haben ja Osteuropäer genügend zu spüren bekommen. Das kann gar nicht alles mit Geld zugeschmiert werden. Spätestens, wenn es zur (leider in absehbarer Zeit nicht erwartbaren) Aussöhnung zwischen Russland und Polen kommt (wie auch immer die aussehen mag, sie wird in der Nach-Kaczinski-Ära irgendwann vonstatten gehen), hat die westeuropäisch geprägte EU ein Krisenproblem. Da helfen dann auch die hastigen Aufnahmen von Albanien Mazedonien und des Operetten-Staates „Kosovo“ nicht mehr.
    Eine Anmerkung zum Schluss noch: Wenn Wladimir Putin den Zerfall der Sowjetunion sinngemäß als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts sieht, hat er eines nicht bedacht: Den Zerfall Roms, den Zerfall des Karolingerreiches, den Zerfall des Habsburgerreiches. Möglicherweise setzt er – späte Erkenntnis – auf den Zerfall des Brüsseler Reiches. Könnte doch sein, oder?

  131. Stephan Wohanka sagt:

    Emil Noldes braune Weste von Wolfgang Brauer
    Es ist eine Koinzidenz – Wolfgang Brauer gibt den bekannten Vorgang zur Kenntnis, dass Kanzlerin Merkel die Nolde-Bilder im Kanzleramt abhängen ließ, auch keine neuen für die Wände dort wünsche und das Landgericht Dessau-Roßlau entschied, das „Judensau“-Relief an der Predigtkirche Martin Luthers in Wittenberg nicht entfernen zu lassen, wie es ein Kläger gefordert hatte.
    Merkel verzichtet auf Noldes großartige Kunst, da dieser – wie Brauer schreibt – schon Jahrzehnte vor den Nazis ein straff bekennender Antisemit, ein Kämpfer gegen den „jüdischen Kulturbolschewismus“ war. Merkel (oder auch niemand sonst meines Wissens) fordert nicht die Zerstörung der Bilder Noldes, sondern will diese nicht mehr stets vor Augen haben respektive diese nicht dadurch auszeichnen, dass sie an exponierter Stelle gezeigt werden. So ist, denke ich, ein Umgang mit Noldes „Schuld“ angemessen – man positioniert sich dazu, ordnet die causa Nolde in die Zeitbezüge ein, zeigt ihn aber weiterhin in Museen und Ausstellungen.
    Es wäre daher höchst fragwürdig, ja unsinnig und ahistorisch, das in Rede stehende 700 Jahre alte Kirchen-Relief herausschlagen zu sollen; wo hört man da auf? Auch andere höchst berühmte Kirchen wie in Köln, Erfurt und Regensburg „zieren“ an unterschiedlichen Stellen Jahrhunderte alte antisemitische Bildwerke aus Stein und Holz. Alle beseitigen? Nein – zeigen, benennen, den kulturhistorischen respektive -politischen Kontext in möglicher Nähe zum Bildwerk erörtern; nicht anders!
    Die Sache hat Weiterungen. Kinderbücher sind wohl schon umgeschrieben worden; Kunstwerke, aus „männlich-dominanter“ lüsterner Sicht auf Frauen geschaffen und letztere in Wort oder Bild darstellend werden übermalt oder verhängt; nochmals – wo dann aufhören? Angefangen hat es…

    • Wolfgang Brauer sagt:

      Nein, die Sache verhält sich anders. Die Wittenberger „Judensau“ ist ein antisemitisches Machwerk, das den für die christliche Glaubenspraxis des Mittelalters existenziellen Judenhass am Kochen halten sollte. Das Herunterhacken wird immer wieder mal vorgeschlagen. Neu ist, dass jetzt die Gerichte in der Sache bemüht werden. Das hat schon eine andere Dimension als das moralin-tumbe „Säubern“ von Kinderbüchern. Wer sich mit der Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur auseinandersetzt wird merken, dass solches Tun seit gut 200 Jahren in Deutschland üblich ist. Wenn der Kläger Michael Düllmann seinen Vorstoß ernst meint, muss er das Neue Testament verbieten lassen.
      Emil Noldes „Brecher“ und gar „Thersens Blumengarten“ jedoch sind nun wahrlich keine antisemitischen Bilder. Sowas hat Nolde nie gemalt. Das Auge und das Empfinden des Künstlers Nolde waren (fast) immer stärker als das Denken des tatsächlich von Beginn seiner Künstlerkarriere an immer wieder in völkischen Fieberträumen herumtorkelnden Emil Hansen. Der war ein übler Judenhasser. Das Bild hingegen: Ich finde den Umgang mit „Brecher“ in dieser Ausstellung hochgradig peinlich. Die Aktion des Kanzleramtes ausgerechnet im Vorfeld der besprochenen Ausstellung hat ein Geschmäckle.
      Wenn Nolde gelegentlich versucht hat, „rassisch rein“ zu gestalten, geriet das fast immer an die Grenze völkischen Kitsches, den er selber nicht mochte. Die Wikinger-Bilder sind ein Beleg dafür. Vor dieser blonden Blässe floh er nicht zufällig zu seinen flammenden Sommerblumen. Die haben allerdings nie wieder die Intensität der expressionistischen Jahre erreicht. Der Verrat des Mannes Emil Hansen an der Kunst des Malers Emil Nolde hinterließ Spuren auch in dieser Kunst.
      Mit den in Deutschland allzugern gebrauchten Kategorien von „Schuld“ oder „Nicht-Schuld“ kommt man dieser tragischen Figur nicht näher. Den „Persilschein“ hat er sich selber organisiert. Ein „Täter“ im justiziablen Sinne war Nolde-Hansen nicht. Emil Hansen war ein erbärmlicher Mensch. Emil Nolde ist ein großer Künstler.

  132. Stephan Wohanka sagt:

    Gegen China? Unfug! von Wolfram Adolphi
    Adolphi schreibt: „Nun sendet China Signale, dass es sein Seidenstraßen-Konzept als Teil einer weltweiten Friedens- und Harmonieoffensive betrachtet“ – wie die Chinesen das Projekt betrachten, ist das eine; mich hätte interessiert, wie der Autor selbiges sieht. Soll jetzt am chinesischen Wesen … ? Warum widmet sich der China-Kenner nicht wirklich strittigen Fragen wie zum Beispiel der, dass China im Widerspruch zu internationalem Recht Ansprüche auf riesige Seegebiete stellt? Ich hatte ihn schon einmal indirekt danach gefragt… Die permanente Beweihräucherung Chinas entgegen dem eigenen Credo „Realitäten zur Kenntnis zu nehmen“ ist allmählich ermüdend.

  133. Rudolph Caracciola sagt:

    USA – Iran: „Die Zeichen deuten auf Krieg“, meint Josef Braml, der USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Zum Volltext aud den Link klicken: https://usaexperte.com/2019/05/14/us-iran-beziehungen-die-zeichen-deuten-auf-krieg/#more-1500

  134. erhard weinholz sagt:

    Nun, Herr Jantke, Sie scheinen etwas zu verwechseln: Es ging mir nicht um die Grammatik, sondern die Moral bzw. Unmoral. Da sind erheblich mehr Steigerungsstufen möglich als nur drei. Und falls Ihnen meine ganze Richtung nicht passt: Schlagen Sie doch selber vor, wie man den Lobpreis eines Systems bezeichnen sollte, das an Brutalität in neuerer Zeit nur selten übertroffen worden ist und an Perfidie wahrscheinlich überhaupt nicht. Vielleicht als tiefes Verständnis für die Dialektik des Fortschritts? Ich bin gespannt.

  135. Hilmar Jantke sagt:

    Werter Herr Weinholz, können Sie mir helfen? Bringen Sie doch bitte die von Ihnen teilweise verwendeten Steigerungsformen für die Adjektive zur Hacks-(DDR)-Literatur in die bekannte Reihenfolge Positiv – Komparativ –Superlativ. Gilt: abseitig – pervers – entartet oder gilt: pervers – abseitig – entartet oder gilt: entartet – pervers – abseitig… Sie erkennen sicher auch das zusätzlich enthaltene mathematische Problem der Permutation in dieser Problematik. Könnte eine Sachaufgabe fürs kommende schriftliche Abitur werden? (Oder in den Fächern Gemeinschaftskunde oder Deutsch-Literatur.)

  136. Wolfgang Brauer sagt:

    „Feige, wie das Feuilleton ist…“ – ja, darauf kann man sich einigen. Und das ist noch die harmloseste Zustandsbeschreibung. Ich bin mir nicht ganz so sicher, wer die größeren stalinistischen Anwandlungen hatte (hatte?): der Hacks oder die Müller-Schule. Wenn man denn den Begriff „Stalinismus“ nicht nur an Josef W. festmacht … Ich denke, der Hacks kommt bei solch Vergleich noch ganz gut weg.
    Ich bleibe dabei: Künstler sprechen durch ihr Werk. Hauptsächlich. Auch wenn meine derzeit noch lebenden (hoffentlich noch sehr lange lebenden) Freunde mit solch Profession sich jetzt auf den Schlips getreten fühlen: Das ist absolut ernster zu nehmen als die politischen Gelegenheitssprüche. Auch wenn die manchmal verheerende Wirkung haben, nicht zuletzt für sie selbst. Dem Goethe nahm man seinerzeit auch übel, dass er z.B. an den sogenannten Befreiungskriegen „nichts Bedeutendes“ fand. Dann schrieb er auch noch islamfreundliche Gedichte. Sein Jahrhundert kam ganz konsequent erst mit dem 20. – das 19. gehörte Schiller.
    Hacksens Zeit kommt erst noch. Wolf Biermann wird dann keiner mehr kennen. Dann wird man (vielleicht) seine Texte von vor 1976 ausbuddeln und sich fragen „Ja, und deswegen haben die solchen Streß gemacht?“ — Ach, lassen wir uns nicht verhärten in dieser harten Zeit …

  137. erhard weinholz sagt:

    Von Geibel – wie Hacks ein großes Formtalent – ist geblieben „Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus … “ Viele wissen gar nicht, dass die Zeilen von ihm stammen. Was könnte von Hacks bleiben? Vielleicht die Kindergeschichten, die ja eher für Erwachsene geschrieben sind. Aber selbst da gehen mir, bei allem Vergnügen an der Sache, das Manierierte und, sofern vorhanden, die politische Tendenz auf die Nerven. Weshalb soll ich mich mit dem Werk eines Autors befassen, der bei dem, was die hiesigen Germanisten immer so schön als „Epochenproblematik“ bezeichnet haben, komplett danebengehauen hat, und zwar in mehr als einer Hinsicht? Der statt von Wirklichkeiten von Ideologien redet? Es ist zwar schwer zu sagen, was bleibt von der Literatur einer Zeit, und die Antwort hängt auch immer davon ab, wen man als Aufnehmenden im Blick hat, aber das Ideologisierte geht fast immer unter. Es werden sich vielleicht in hundert Jahren (falls die Menschheit diese nächsten hundert Jahre überlebt) immer noch einige Freunde des Abseitigen oder Perversen finden, die sich an Hacks‘ Werk ergötzen können – aber mehr ist wohl kaum drin. Allein schon deshalb, weil es zu viele andere gibt, die zu lesen eher lohnt.

  138. Stephan Wohanka sagt:

    Zu: Porträt eines Jahrhundert-Dichters von Wolfgang Brauer
    Einer der letzten Sätze des Text lautet so: „´Wer Hacks liest, bekommt eine Ahnung davon, welche Macht die Kunst in einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus entfalten könnte´, schreibt Weber“. „Macht der Kunst“ ist das eine; der in Rede Stehende reüssierte auch mit politischen Einlassungen, wie auch zu lesen ist; dazu ein paar Sätze…
    Ich will gar nicht vorrangig auf Hacks´ Äußerungen wie Stalin habe Russland „in keinem schlechten Zustand“ hinterlassen rekurrieren oder auf seinen mehr als befremdlichen Rückblick auf die DDR der 60er Jahre: „Sie konnten machen, was sie wollten, sie kamen nicht ins Gefängnis“. Dazu passend Stuss wie: „Die Stasi tat doch keinem was“ und auch, in den 1989 demonstrierenden DDR-Bürgern ein „Lumpenkleinbürgertum“ zu sehen. Ach und desgleichen noch nostalgisch: „Der Erdenwunder schönstes war die Mauer“.
    Vielmehr will ich auf auf einen Artikel Hacks´ in der „Weltbühne“ (Nr. 49 vom 01.12.76), in deren Tradition das „Blättchen“ immerhin steht, zur Ausweisung Biermanns verweisen. Während der Text wohl nicht im Netz zu finden ist, ist aber ein Satz, eine Enthüllung, eine Dekuvrierung des Autors ikonographischen Charakters leicht auszumachen: „Böll, man kennt ihn, ist drüben der Herbergsvater für dissidierende Wandergesellen. Biermann hat in seinem Bett übernachtet, und ich hoffe, er hat nicht noch Solschenizyns Läuse darin gefunden“. Die Sorge um Biermanns möglichen Läusebefall verstellte Hacks den Blick, denn ihm hätte doch auffallen können, ja müssen, dass die Ausbürgerung eines Künstlers aus einem deutschen Staat ein ungeheuerlicher Vorgang ist und so seinem bundesdeutschen „Nazistan“ ein realsozialistisches hinzutrat. Hacks bekam auf seinen Text hin viele Briefe gemischter Natur; wer ihm namentlich schrieb, konnte auf eine Antwort rechnen: „Reden wir nicht von der Kunst. Die Kunst ist hier freier als in fast allen anderen Ländern, und vielleicht wird sie es trotz Biermann und Kuntze (so im Original; Lapsus, Absicht? Wohl letzteres – St. W.) bleiben. Wir reden … von Politik“. Aha. Biermann mit Günter Grass vergleichend – beide hätten „ein hübsches Talent und ein enormes Geltungsbedürfnis“ – stellte er fest, dass beiden leider „jegliches Verständnis für politische Wirklichkeit“ fehle. Man könnte meinen, Hacks meinte sich selbst, denn die politische Tragweite der Biermann-Ausbürgerung jedenfalls (und einiges mehr) verstand er nicht im Entferntesten.
    Ach so, 1964 belehrte Hacks den Biermann noch, dass Marx und Engels 1848 nicht etwa nur ein „Kommunistisches Manifest“ verfasst hätten, sondern explizit „Das Manifest der Kommunistischen Partei“. Wer sich doch so immer in die Gesellschaft von Marx und Engels drängelte…

    • Wolfgang Brauer sagt:

      Lieber Herr Wohanka,
      lesen Sie das Buch, das ich in meiner Besprechung empfehle. Sie werden dort die Anti-Biermann-Spitze und die Folgen dieses „Weltbühnen“-Textes umfänglich dargestellt finden. Ich muss Sie aber vorwarnen, Hacks hat noch Heftigeres von sich gegeben. Sie zitieren Bekanntes. Ihr Vorwurf, der Hacks habe die Tragweite der Biermann-Ausbürgerung nicht verstanden, trifft nicht zu. Im Gegenteil, Peter Hacks gehört zu den wenigen, die das sehr wohl begriffen hatten. Nachweisbar in seiner Publizistik, belegbar in seinen Stücken. Die sind allerdings Literatur, Kunst mithin. Die gehorcht anderen Regeln, ästhetischen eben.
      Seine Stalin-Elogen, gerade die nach dem Zusammenbruch der DDR, sind ein unappetitlich eigen Ding. Aber sie taugen nicht dazu, sie separat herauszupicken, um den Mann postum fertig zu machen. Das könnten sie mit (fast) jedem anderen DDR-Autoren auf die eine oder andere Art auch machen. Selbst einer so lauteren Persönlichkeit wie Christa Wolf ist das widerfahren. Sie reflektiert das in „Stadt der Engel“ auf eine sehr zurückhaltende Weise. Das könnte man auch an (fast) jedem westdeutschen Schreibenden exekutieren. Das bringt es eben mit sich, wenn sich Dichter aus dem Elfenbein-Turm herunterbewegen und sich einmischen. Und die, die oben drinnen hocken bleiben, mischen sich auch ein. Sie werden in doppeltem Sinne des Wortes gebraucht.
      Lesen Sie das Buch von Ronald Weber und Sie werden mehr – auch Erschreckendes über Hacks – wissen. Der Band gehört zu der seltenen Art von Büchern, aus denen man klüger rauskommt, als man reingeht. Und was den Hacks angeht: Ich empfehle Ihnen „Ascher gegen Jahn“, dann werden Sie möglicherweise etwas zurückhaltender die verbale Zuchtrute schwingen.
      Sie müssen ihn aber auch nicht lesen. Dann sollten Sie ihn aber auch mit etwas mehr Gelassenheit betrachten.
      Beste Grüße
      Ihr
      Wolfgang Brauer

    • Stephan Wohanka sagt:

      Lieber Herr Brauer,
      ich danke Ihnen für Ihre verständnisvollen Zeilen. Ja, ich bin Hacks wohl auf den Leim gegangen, habe mich provozieren lassen von einem Provokateur; denn ein solcher ist Hacks: Um Auskunft zur Person gebeten, teilte er mit: „Er ist Schriftsteller; sein Leben enthält keine äußeren Ereignisse“. Auch die Einlassungen um die Biermann-Ausbürgerung können – wenn Hacks deren politische Brisanz klar war, wie Sie sagen – nur als Affront verstanden werden. Und das ist umso irritierender, weil es sich bei der Ausbürgerung Andersdenkender um eine Nazi-Methode handelt, die namentlich für die „antifaschistische“ DDR ein Tabu hätte sein müssen. Ich denke schon, dass diese Invektive es Beobachtern schwer machten und noch machen, über die sich auftuende Differenz zwischen dichterischer Genialität und dem teils misanthropen Charakter einfach hinwegzusehen. Muss man einem solchen Mann daher nicht kritisch, ja unhöflich, gar „rückprovozierend“ begegnen?
      Ich habe inzwischen verstanden – Sie machen darauf aufmerksam -, dass nichts in seinen Texte und Aussagen zufällig ist, dass seine Rede zwischen Kunst, Literatur, somit Ästhetik und Politik changiert und zugleich ein „durchsemantisiertes Universum“ bildet; bis hin zu politischen und historischen Kalauern und Üblerem. Aber muss dann nicht die Frage erlaubt sein, inwieweit es zulässig sein kann, das Publikum auf den Arm zu nehmen, ohne Verwerfungen, ja menschlich und politisch Bedenkliches zu bewirken? Oder nicht mehr ernst genommen zu werden? Sein literarischer Rang bleibt davon unberührt – ein galliger Beigeschmack bleibt.
      Ein Kritiker schreibt: „Das den Narzißmus wärmende Feuer öffentlicher Aufmerksamkeit lieferten nur noch die beiden unbedeutenden Postillen ´Junge Welt´ und ´Konkret´; die gesamte Hacksrezeption dieser Jahre (im letzten Lebensjahrzehnt – St. W.) fand im linkssektiererischen Milieu statt. Hacks gab den letzten verbliebenen Affen Zucker, indem er weiterhin jenen halsstarrigen Stalinismus predigte, dem er zeitlebens aus Überzeugung treu geblieben war. Feige, wie das Feuilleton ist, setzte die Rehabilitation des Dichters erst nach seinem Tode ein“. Namentlich das Letztere ist – glaube ich – nicht falsch.
      Herzlich
      Stephan Wohanka

  139. Waldemar Landsberger sagt:

    Der ungarische Kulturwissenschaftler Ákos Szilágyi schrieb bereits im Jahre 1992: „Der ‚Stalinismus‘ ist nicht mehr unser Feind. Er ist vielmehr unser Gegenstand. Wir können ihn in die Hand nehmen, wenden und betrachten wie einen schlechten Zahn, unter dem wir noch vor kurzem so gelitten haben: ‚Das war er also!‘ Kurz, wir können mit ihm bereits machen, was wir wollen, und das muss den Interpreten zur Vorsicht mahnen. Hass und Begeisterung, Ekel und Andacht gehören zur Geschichte des Gegenstandes und sind selbst schon Gegenstand. Niemand lasse sich dadurch täuschen, dass die zu allem entschlossenen Freiheitshelden, die unbestechlichen Streiter für Rache und Abrechnung gerade jetzt – für die Dauer eines Szenenwechsels – in Osteuropa die Bühne betreten, um dem toten Monster tollkühn das Schwert ins Herz zu stoßen, mit dem theatralischen Ausruf: ‚Büße, Elender!‘ Die dem Monster zu dessen Lebzeiten nicht entgegenzutreten wagten oder es nicht wollten, ob sie nun seine leidenden Opfer, schwärmerischen Sklaven oder andächtigen Priester waren – sie gehören heute ebenfalls dem Gegenstand… Wir sind nämlich keine Sieger. Überlebende sind wir. Wenn uns nun, aus der Gnade der Geschichte, als Gegenstand in die Hände kommt, was unser Leben – Schicksal, Institution, Denkweise, Alltäglichkeit der Macht – ausmachte, sollten wir es zunächst einmal in Augenschein nehmen. Die zeitliche, geschichtliche Distanz zum Geschehenen ermöglicht eine neue, in diesen Breiten ungewöhnliche, aber vielleicht nicht unfruchtbare Betrachtungsweise: die der Sachlichkeit. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich spreche nicht von Gleichmut, Objektivität, sondern von der Freiheit, uns von den obligatorischen Interpretationen des Gegenstandes zu lösen..“ Mit Blick auf die „Jubiläen“ von 2019/20 haben wir es wieder mit dem anschwellenden Bocksgesang – um mal ein berühmtes Dichterwort zu zitieren – der obligatorischen Interpretationen zu tun. In der staatspolitischen Propaganda werden dann auch „die Barrikaden“ immer höher.

  140. Birgitte Nyborg sagt:

    Das aufmerksame Studium der “Herzenssachen” von Herrn Weinholz (in Nummer 9/2019) läßt den geneigten Leser des damit der Öffentlichkeit preisgegebenen Bulletins vermuten: es steht nicht zum besten. Weniger hinsichtlich eines befürchteten medizinischen Befundes, aber voll hinsichtlich des ausgebliebenen vertrauensvollen Gesprächs zwischen dem bangenden Patienten und dem medizinischen Personal. Das verdient gewiß ein Höchstmaß an negativ kritischer Würdigung – und die geht bei unserem Informanten so: “Sind wir – “wir” wird nicht näher erläutert, aber Herr Weinholz nimmt offenbar einen vorderen Platz dabei ein – nicht auch wegen der miesen Informationspolitik der SED einst auf die Barrikaden gegangen?”
    Der Gebrauch dieses Bezugs läßt keinen Zweifel am Höchstmaß seiner Mißbefriedigung. Wie aber steht es um die Zuverlässigkeit der Erinnerungen an “einst”? Wo waren “die Barrikaden”, die offenbar kühn erklommen wurden? Selbst die Stasi-Zentrale wurde nach meiner Erinnerung von außen zugemauert. Und dies wurde bislang auch noch (?) nicht als Kampf auf, um und gegen Barrikaden qualifiziert.
    Gerade bei Herzenssachen ist Irrtum offenbar nicht ausgeschlossen; aber mildernde Umstände wären in diesem Fall aussichtsreich geltend zu machen.

    • erhard weinholz sagt:

      Aha, aha, ich dachte schon, das Forum sei, nachdem ein gewisser …. Gott, wie hieß er denn … sich nicht mehr zu Wort meldet, sanft entschlafen (was vielleicht auch kein großer Verlust gewesen wäre). Und wie ich sehe, werden meine Texte nicht nur veröffentlicht, sondern sogar gelesen! Zum sachlichen Gehalt der Zuschrift: „Auf die Barrikaden gehen“ ist bekanntlich eine Redewendung, reale Barrikaden sind für so einen Gang also keine Voraussetzung, man kann ihn allerorts und jederzeit antreten. Eine sehr praktische Sache also.

  141. Wolfgang Ernst sagt:

    Heute ist auch die Zeitung „Neues Deutschland“ zum Thema German Fake News in blindem Eifer auf die Leimrute gehüpft, die die deutschen Dienste, Claus Kleber und die CDU ausgelegt hatten. Glückwunsch zum rückgratlosen Mainstreaming!

  142. Lutz Mühlfriedel sagt:

    Thomas Behlert sei Dank für sein Loblied auf die deutsche (sic!) Rock-TV-geschichtliche Publikationstätigkeit des Labels MIG-Music in seinem Beitrag „Rockpalast für Ever!“ aus Das Blättchen 08/2019. Nun sollte die Begeisterung für die altgediente Kultsendung des WDR allerdings nicht so weit reichen, das einst Ost- und Westrockfans vereinende TV-Event – gewissermaßen schimärenhaft – als eine DDR-Veranstaltung unter der Ägide des Zentralrats der FDJ zu halluzinieren, zu der ein im Blauhemd auf der Bühne erscheinender Albrecht-Metzger-Lookalike die folgenden Worte hervorschmettert: „Liebe Freunde, heute zu Gast BEI UNSEREM Rockpalast …“. Wie ein leicht zu bewerkstelligender Check-Up zahlloser Mitschnitte der „Rockpalast“-Sendungen ergeben würde, lautete die legendäre Formel (‚für Ever!‘) „Liebe Freunde, heute zu Gast BEI UNS IM Rockpalast …“. Krümelkackerei? Vielleicht – doch Damals-Dabeigewesene akzeptieren Überlieferungen von Legenden eben nur, wenn deren legendärer Gehalt dabei auch erhalten bleibt.

  143. Wolfram Adolphi sagt:

    Liebe Ingeborg Ruthe, mein Dank kommt spät, aber er kommt: Vielen Dank für diesen ausgezeichneten Beitrag über Alfred Hrdlicka! Bitte mehr von dieser Art!
    Wolfram Adolphi

  144. HWK sagt:

    Die Welt bejubelt das erste Foto eines schwarzen Loches. Als gäbe es nicht bereits hunderte Aufnahmen vom BER…
    HWK

  145. Rainer Rau sagt:

    soviel zum Thema unendliche Erdölprodukte.

  146. HWK sagt:

    Die Getreideproduktion, so ist derzeit zu lesen, liegt unterhalb des weltweiten Bedarfs zwecks hinreichender Ernährung. Schlimm, keine Frage. Leider wird unterschlagen, dass die Petrolchemie dafür längst eine veritable Lösung gefunden hat. Der pflanzlich so massiv gewonnene Biosprit ist dank der wissenschaftlichen Innovationskraft dieser Branche mittlerweile dergestalt weiterentwickelt worden, dass er sorglos auch als Energy-Drink verzehrt werden kann, was die befürchteten Defizite der Getreideproduktion und damit der verfügbaren menschlichen Ernährungsbasis mehr als nur aufwiegt. Selbst geschmacklichen Wünschen vermag das neue Tankstellenprodukt zu entsprechen, z.B. in Form von Biosprit mit Knäckebrot- oder auch Baguettearoma. Aber darüber schweigen die linksversifften Medien natürlich.
    HWK

  147. Rita Werner sagt:

    Ersticken durch Umarmung – Greta Thunberg darf grade leibhaftig erleben, wie man liebevoll vereinnahmt wird. Ein Treppenwitz nebenher: Auf jener Filmpreis-Gala, wo sie von den Schönen und zumindest nicht eben Prekären mit standing Ovations gefeiert wurde, schenkte Hauptsponsor Volkswagen – natürlich ebenfalls beifallsbedacht – der Gewinnerin des Nachwuchspreises einen VW T-Cross, also eine Spritschleuder vom Feinsten…
    Honi soit qui mal y pense.

  148. Rita Postler sagt:

    Es wärmt doch wrklich das Herz, wenn man auf solch fundierstes Humorverständnis stößt.
    „Dame“ Postler

    • Manne Murmelauge sagt:

      Ihr „Humor“ trifft allerdings exakt Tonfall und Gestus, in dem derzeit die politisch korrekten Exorzisten die obrigkeitsstaatliche Sprachverhunzung sowie die dritte Klotür verteidigen.

    • Wolfgang Schwarz sagt:

      Hinweis der Redaktion:
      Persönliche „Komplimente“ dürften nun hinreichend ausgetauscht sein.
      Weitere Freischaltungen, sobald es wieder „zur Sache“ geht.

  149. Rita Postler sagt:

    Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
    das von Ihnen Angeführte könne man nicht aussprechen? Mag sein, aber auch dafür ließe sich in einem gendersolidarischem Selbstverständnis eine Lösung finden. Warum eigentlich können wir nicht statt all dieser Sternchen und/oder Unterstriche im Oralen jenen Klicklaut einführen, der bereits ewig zur Lautsprache der südafrikanischen Xhosa gehört, auch hierzulande vielleicht bekannt dank Miriam Makebas „Klick-Song“. Sicher, wir alle müßten uns ein wenig Mühe geben, diese Sprachtechnik zu erlernen, aber das wäre doch die Mühe wert, oder? Immer eingedenk auch der Marxschen Mahnung: „Die Philosophen haben die Welt nur interpretiert, es kömmt aber darauf an, sie zu vergendern“.
    Rita Postler

    • Manne Murmelauge sagt:

      Liebe Dame, der Unterschied ist nur, Marx wollte die Welt verändern, Sie die Sprache.

  150. Otto Pfeiffer sagt:

    Liebe Blättchen-Redaktion,
    ich gestatte mir eine Bemerkung zu Eurer Bemerkung zur angeblich „geschlechtergerechten Sprache“:
    Ich bin da ganz bei Daniela Dahn. Außerdem geht es bei Lichte besehen doch gar nicht um geschlechtergerechte Sprache, sondern um geschlechtergerechte Schrift! Alle europäischen Sprachen benutzen Buchstabenschriften, wo man aussprechen kann, was man schreibt – und keine Hieroglyphen wie die alten Ägypter. Und ich zumindest mag LehrerSternchenInnen, PolitikerUnterstrichInnen oder SchülerBinnenIInnen nicht aussprechen. Übrigens: Warum hat noch niemand von den Verfechtern und Verfechterinnen der Geschlechtergerechtigkeit gefordert, das Bundeskanzleramt in Bundeskanzlerinnenamt umzubenennen? Sie meinen doch nicht etwa, dass sich das nicht mehr lohnt, weil Frau Kramp-Karrenbauer es doch nicht werden wird?
    Mit freundlichen Grüßen

  151. Stephan Wohanka sagt:

    Zu: Antworten – Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Chefin

    Ich bin nicht sicher, ob ich den Satz „Also, wir bleiben … dabei, dass Sie im Vergleich zu Ihren Alternativen Friedrich Merz und Jens Spahn die bessere Wahl waren“ heute noch mittrüge. Ist nicht eher schon erwiesen, dass AKK keine „gute Wahl“ ist?
    Der „geschmacklose Witz“ – geschenkt. Böser die Verschlimmbesserung, das deutsche Volk als „das verkrampfteste Volk, das auf der Welt rumläuft“, zu beschimpfen. Ein Kollektiv für die eigene Befindlichkeit in Haftung zu nehmen, ist schon happig. Weiter: Wenn „die wirklichen Probleme“ des Landes „die Stärkung der Wirtschaft, der Schutz der Außengrenzen, die Abschiebung straffälliger Asylbewerber und der Bundesfinanzminister, der nur an die SPD-geführten Ministerien“ seien, dann drängt sich mir schon der Gedanke auf: Betreibt die Frau anstelle von Seehofer jetzt innerhalb der Union die Geschäfte der AfD? Ihre Einlassung „Die einzigen, die Schengen derzeit perfekt nutzen, sind kriminelle Elemente und nicht die Sicherheitsbehörden“ verstärkt meinen Eindruck. Während Macrons Ideen für Europa wenigstens in Teilen – sicherlich auch bedingt durch die Gelbwesten-Proteste – einen sozialen Part haben, kommt AKK auf den grotesken Vorschlag, einen europäischen Flugzeugträger bauen zu wollen…
    Alles in allem – die Frau bewegt sich konsequent in eine Richtung durch die politischen Kulissen dieser Republik; diese Richtung ist weniger konservativ denn rechts. Von einer „tiefschwarzen CDU-Vorsitzenden“ ist zu lesen.

  152. Klaus-Dieter Grimmer sagt:

    Fortsetzung meines Textes vom 8.03.2019
    …Jetzt wirbt er laut polternd dafür, für seine ehemaligen Landsleute im Schwarzen Meer ein Bermudadreieck zu schaffen, so geschehen auf der Sicherheitskonferenz in Odessa am 1. März 2019.
    Fragt sich nur, wie er das mit den in der bankrotten Ukraine zur Verfügung stehenden maritimen Mitteln schaffen will. Oder er organisiert es nach dem gleichen Muster wie neulich in der Meerenge von Kertsch. Mit schrottreifen Küstenschutzbooten, die mehr an Travens Totenschiff erinnern, eine Provokation anzetteln und dann nach Art von Goethes Zauberlehrling die „Freie Welt“ zu Hilfe rufen.
    Als ehemaliger Leninpionier und Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes, auch Komsomol genannt, war er im Verlauf seines früheren Lebens bestimmt ein braver, staatstragender Bürger der Sowjetunion und hätte es sich nicht träumen lassen, einmal seine Notdurft so kräftig in das Nest seiner ehemaligen Heimat zu verrichten.
    Das Chamäleon, es möge mir den Vergleich verzeihen, ist ein Weisenknabe gegen solche Art Farb- oder Flaggenwechsel.
    Übrigens der Herr Klimkin hat Heiko Maas wegen seiner deutlichen Aussagen an die Adresse Russlands anlässlich der Sicherheitskonferenz in München heftig gelobt. Bestimmt für das Selbstwertgefühl des Genossen Maas sehr zuträglich. Wer von solchen „Politikern“ gelobt wird, braucht keine Kritiker mehr.
    Manchmal ist die Wirklichkeit ein Tollhaus und lässt sich nicht mit rationalem Gedankengut erklären.
    Mir bleibt nur eine Hoffnung, dass die Brandts, Genschers und Bahrs in der Außenpolitik mit Russland eine Renaissance erfahren. Denn diese unerträgliche und USA-hörige Stümperei in der Politik mit Russland ist nicht nur irrational, sondern auch undankbar und letztlich gefährlich.
    Dank an Wolfgang Schwarz für seinen Weckruf.

    Entschuldigung, den Umfang meines Textes betreffend! Das nächste Mal halte ich mich an die Vorgaben der Redaktion

  153. Achim Höger sagt:

    Völkerrecht ist Staatenrecht. Welcher Staat legt schon in seiner Verfassung fest, dass sich ein Teil von ihm separieren darf. Es gab m.W. nur einen: die UdSSR. Aber auch da gab es kein gesetzliches Verfahren, so dass sich dieser Teil der Verfassung nicht realisieren ließ. Und als 1990 ein Verfahren festgelegt worden war, hielt sich keine der Unionsrepubliken daran.
    Kritiker der – völkerrechtswidrigen – Trennung Kosovos von Serbien wurden übrigens von der FAZ (7.5.2011) des „realitätsfremden Völkerrechtsdogmatismus“ bezichtigt. Man nimmt’s eben, wie man’s gerade braucht.

    • Ralf Nachtmann sagt:

      ja, und die Verteidiger der durch eine fremde Militäraggression erfolgten Abtrennung des Kosovo wollen Unterstützer eines selbständigen (freien) Kataloniens am liebsten im Zuchthaus sehen.
      Genau: „Man nimmt’s eben, wie man’s gerade braucht.“
      PS: Eine „Estelada Blava“ ist auch in der Müllerstraße in Berlin-Mahlsdorf zu sehen.

  154. erhard weinholz sagt:

    Wenn ich mich recht erinnere, ist damals auch hier im Blättchen ein Völkerrechtler zu dem Schluß gekommen, Putins Krim-Politik sei mit bestehenden Verträgen usw. nicht in Übereinklang zu bringen, also rechtswidrig. Es gibt aber bei der Beurteilung solcher Dinge vielleicht noch andere Gesichtspunkte von Belang. Wie ich im Internet gesehen habe, strebt schon seit den frühen 90er Jahren eine rußlandorientierte Mehrheit der Krim-Bevölkerung die Loslösung von der Ukraine an. Wenn eine Region o.ä. partout nicht dort bleiben will, wo sie ist, sollte man sie da nicht ziehen lassen? Es scheint mir sinnvoll zu sein, selbst wenn in dem Falle das repressive Putin-Regime von dem Vorgang in erheblichem Maße profitiert hat.

  155. Klaus-Dieter Grimmer sagt:

    Gedanken zum Artikel von Wolfgang Schwarz im „Blättchen“ Nummer 5/19 Seite 12

    Die Sache mit den Elchen
    Wer sich vom Saulus zum Paulus entwickelt, verändert seine Ansichten fundamental, einfach gesagt vom Gegner zum Befürworter oder umgedreht, einer Sache, Ansicht, Ideologie, Laster oder … was auch immer.
    In der Antike wurde Saulus als strikter Verfolger der Christen zum Paulus, einer der bekanntesten Apostel des damaligen aufstrebenden Christentums.
    Vom humanistischen Kern des Christentums aus betrachtet, etwas durchaus Positives.
    Solche Menschen, die ihre Ansichten radikal verändern, gibt es seit der Antike, bis in die heutige Zeit, leider oftmals mit weniger gutem Ausgang.
    Diese Erscheinung ist im sozialen Evolutionsprozess der Menschheit ein häufig anzutreffendes Phänomen.
    Wem sind sie nicht schon mal im täglichen Umgang aufgefallen: frühere Kettenraucher als dann später militante Nichtraucher oder gut im Futter stehende Menschen, die plötzlich zu Vegetariern wurden und versucht haben, andere massiv zu missionieren, auch glühende Staatsdiener der ehemaligen DDR, die nach der Art des Wendehalses (der arme Vogel) zu fast schon fanatischen Verfechtern der übergestülpten neuen Ordnung wurden.
    Es gibt sie überall, die ehemaligen „Kettenraucher“ jeglicher Couleur.
    Das sprichwörtlich gewordene „aus dem Saulus zum Paulus“ wurde im Volksmund bis in die heutige Zeit weitergetragen. Das sehr begriffliche „Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche“ vom kürzlich verstorbenen Satiriker F.W. Bernstein, bei einem Wortspiel erschaffen, ist ergänzend hinzugekommen.
    Gemeint ist immer das Gleiche: Menschen, die sich prinzipienlos, das oft in atemberaubender Geschwindigkeit, von einem Pendelausschlag zum anderen, als dessen Antipoden entwickeln.
    Die eigene Vergangenheit leugnend, dabei gegenwärtig so handelnd, als wäre das seit Menschengedenken schon immer ihre Ansicht gewesen.
    Dabei gilt: „Desto mehr sie sich, oftmals aus karrieristischen Gründen, korrumpiert haben, umso heftiger wird dann der Gegenausschlag“!
    Es ist größte Vorsicht geboten vor solchen Personen, erst recht, wenn diese in der Öffentlichkeit ihr Unwesen treiben.
    Nun möchte ich nicht all die Menschen in einen Topf werfen, vor allem die nicht, die zur Einsicht gelangt sind und Reue empfinden zu ihrem früheren Handeln und Tun.
    Menschen sind ja vor allem Eines, lernfähig, diese Lernfähigkeit hängt aber vom Charakter des Individuums ab, von dessen Fähigkeit zur objektiven Selbstspiegelung.
    Interessant ist in diesem Zusammenhang der Verweis auf Politikerinnen und Politiker, die Wendmanöver ihrer Ansichten, besonders krass, ja nicht nachvollziehbar, bewerkstelligt haben.
    Da gibt es in Litauen eine Präsidentin, Dalia Grybausskaite. Bis zum Zerfall der Sowjetunion hat sie an der Parteihochschule der KPdSU in Wilnjus als Dozentin gearbeitet und ihr wird nachgesagt, dass sie auch für den KGB als willige Informantin tätig war.
    Nun gibt sie sich in ihrer Argumentation schon seit langem als eine zu Fleisch gewordenen Russophobin zu erkennen. Heute ist sie bereit, atomare Waffen der USA auf litauischem Territorium gegen den „Erzfeind“ Russland stationieren zu lassen und ordnete Russland im Verlauf ihrer letzten Rede vor der UN-Vollversammlung in die Reihe terroristischer Staaten ein.
    Ihr ist zuzutrauen, dass sie kurz vor dem Einschlafen darüber nachdenkt, wie sie den Antrag zum Beitritt Litauens als 51. Staat in die Vereinigten Staaten von Amerika formulieren will.
    Ein ähnlicher Kandidat in diesem Ranking ist der in der RSFSR geborene und in Kursk aufgewachsene ukrainische Außenminister P.A. Klimkin. Er ist schon länger für seine gelinde gesagt unfriedlichen Äußerungen im Zusammenhang mit seiner ehemaligen Heimat bekannt, ja berüchtigt.
    „Russland befindet sich im Blutrausch….“! sagte er kürzlich in München.

    Die Kommentarfunktion lässt „nur“ 4000 Zeichen zu. Deshalb endet der Beitrag hier – d. Red.

  156. Jürgen Scherer sagt:

    Zu der verdienstvollen und notwendigen Dauerrubrik „Der Westen und Russland – zum Diskurs“ lediglich eine kleine Anmerkung:
    Der Umgang Russlands mit der Krim ist völkerrechtlich umstritten, m.a.W., dafür den Begriff Annexion zu verwenden, erscheint problematisch und gibt allein die Sicht des Westens zu den Vorgängen um die Krim wieder. Deshalb sollte der Begriff, wenn schon verwendet, zumindest in Anführungsstriche gesetzt werden. Zur Vertiefung empfehle ich folgenden Artikel: https://www.wissensmanufaktur.net/krim-zeitfragen.
    Herzlichst
    Jürgen Scherer

    • Stephan Wohanka sagt:

      Die im Link anempfohlene Wissensmanufaktur – Institut für Wirtschaftsforschung und Gesellschaftspolitik ist meines Erachtens eine mehr als fragwürdige Quelle, desgleichen der in der Sache dort schreibende Karl Albrecht Schachtschneider. Ich bliebe dezidiert dabei, die Krim-Annexion weiter als Annexion ohne Anführungszeichen und als völkerrechtswidrigen Akt zu sehen.

  157. Ralf Nachtmann sagt:

    danke für die interessanten Überlegungen von Herbert Bertsch hinsichtlich der aktuellen (zwei davon herausgehoben) Gutachten bezüglich der FDGO. Ich selbst kenne Prof. Murswiek seit mehr als 25 Jahren als einen ausgezeichneten Völkerrechtswissenschaftler, ohne seine (persönlich) konservative Einstellung in allen Einzelheiten zu teilen. Mal abgesehen von der 1970-er „Jugendsünde“ hat Murswiek einen unleugbar wichtigen Beitrag (und im Nachhinein sogar ganz entgegen des Kasseler Auftretens) zum innereuropäischen Selbst- und Nachbarverständnis geleistet. Ich jedenfalls habe ihm viele höchst intellektuelle Anregungen zu verdanken. Und in gewisser Weise verstehe ich auch Bertsch so.

  158. Siegfried Fischer bespricht in der Blättchen-Sonderausgabe 1/2019 das Buch von Ulrich Knappe „Über paradoxen Sozialismus“ auf eine Weise, die zum Lesen anregt. Sehr weit ist dieser Vorsatz wenige Tage nach der Veröffentlichung des Beitrags bei mir naturgemäß noch nicht gediehen; trotzdem folgen hier einige Anmerkungen aus einer anderen Perspektive.

    Im Unterschied zum Rezensenten und seinem Autor lebe ich in Westdeutschland seit meiner Geburt im Kapitalismus; fast genau so lange bin ich mit diesem Zustand unzufrieden. Aus dieser Motivation heraus beschäftige ich mich seit mehr als vierzig Jahren mit den ökonomischen Schriften von Karl Marx, die meiner Ansicht nach einen hervorragenden Zugang zur Frage bieten, wie der Kapitalismus funktioniert. Wie er sich freilich überwinden lassen mag, ist dort nur an wenigen Stellen angedeutet. – Von Reformen in der Sowjetunion und in der DDR erhoffte ich mir positive Impulse für die Entwicklung auch im Westen; die Geschichte hat diese Hoffnung widerlegt. Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur psychosozialen Versorgung in den Neuen Bundesländern war ich ab 1992 zwei Jahre lang mit der resultierenden Situation befasst und mache mir seitdem eigene Gedanken über das Thema.

    Mit der Definition des „realen Sozialismus“ als „das als gesellschaftliches Eigentum verpackte und deklarierte Kollektiveigentum einer oligarchisch strukturierten Staatsbürokratie“ bin ich einverstanden. Aber ging es dabei wirklich um Warenproduktion? Oder basierte das Ganze nicht eher auf einer Naturalwirtschaft, die von den Planungsbehörden notdürftig in geldwirtschaftliche Formen gekleidet wurde?

    Zur „Marxschen Gesellschaftsanalyse“ ist anzumerken, dass es sich dabei um einen Torso handelt. Der einzige mir bekannte Versuch, den Begriff der „Klassen“ systematisch zu definieren, bricht nach etwas mehr als einer Seite ab – und mit ihm der Dritte Band „Das Kapital“. Bis dahin erfahren wir immerhin, dass es drei große gesellschaftliche Klassen gibt: „Lohnarbeiter, Kapitalisten, Grundeigentümer.“ Die oben erwähnte Staatsbürokratie übte mindestens de facto auch das Grundeigentum aus – und wie weit ihr daran lag, ähnlich wie der Kapitalismus die „unmittelbaren Produzenten aus der Stellung eines bloßen Zubehörs des Bodens“ zu befreien (so Marx a.a.O. S. 630), ist durchaus fraglich. – Ansonsten gibt es Anwendungsbeispiele: Marx erklärt mit Hilfe des Klassenbegriffs die aktuellen Vorgänge in Frankreich, Engels in einem fragmentarischen Text den „Status Quo in Deutschland“. Dabei erwähnt letzterer auch Bürokraten und Literaten als eigene Klassen; ferner taucht der problematische Begriff des „Lumpenproletariats“ auf. Eine Klärung der Begriffe täte also Not. – Die Analyse, wie sie heute verstanden wird, ist dagegen oft das Werk unbedarfter oder gar böswilliger Restaurateure.

    Das besprochene Buch stellt sich dieser Problematik offenbar; weitere Bemerkungen verbieten sich daher, solange ich es nicht kenne. Sie sind aber auch überflüssig, da ich meinerseits bereits 2006 in einem Buch den Versuch unternommen habe, den „realen Sozialismus“ mit Hilfe des Klassenbegriffs zu analysieren. Die damit angestrebte Diskussion ist bisher leider ausgeblieben. – Inhaltsvereichnis und eine Leseprobe sind online unter folgender Adresse zugänglich:
    http://www.bernhard-mankwald.de/leseprobe2006.htm
    oder auch durch das Link im Kopf dieses Kommentars.

  159. Thaddäus Faber sagt:

    Nur noch bis 11. März: Die Kunst der Novembergruppe

    Sie gilt als die bekannteste unbekannte deutsche Künstlervereinigung – die 1919 gegründete Novembergruppe, die ihren Namen von der damaligen unvollendeten Revolution herleitete. Sie verschrieb sich der Moderne und war offen für alle Stilrichtungen der Bildenden Kunst, für Architekten, Schriftsteller, Komponisten und Filmemacher. Noch im Gründungsjahr traten 170 Künstler der Gruppe bei.
    In ihren ersten Jahren war in Malerei und Bildhauerei Abstraktes vorherrschend. Trotz ihrer Selbstapostrophierung als „radikal“ und „revolutionär“ agierte die Gruppe in dieser Zeit weitgehend unpolitisch, was Künstler wie George Grosz und Conrad Felixmüller kritisierten, die deswegen selbst erst relativ spät, nach entsprechenden Änderungen in der Ausrichtung der Gruppe, beitraten – 1924 der eine und 1927 der andere. Ansonsten gehörten namhafte Vertreter unterschiedlichster Künste dazu – Maler wie Otto Dix, Max Pechstein und Paul Klee, Architekten wie Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, der die Gruppe zeitweise leitete, und Bruno Taut, Komponisten wie Kurt Weill und Hans Eisler …
    Zwischen 1919 bis 1932 richtete die Novembergruppe knapp 40 Ausstellungen aus und war bei den jährlichen staatlichen Großen Kunstausstellungen in Berlin jeweils prominent vertreten. Dabei mussten Bilder von Mitgliedern bisweilen gegen die offiziellen Veranstalter „durchgekämpft“ werden – so etwa, als Grosz‘ beißende Satire „Die Stützen der Gesellschaft“ nicht zugelassen werden sollte.
    Neben Ausstellungen zeichnete die Novembergruppe auch für Publikationen verantwortlich und veranstaltete Konzerte sowie Lesungen. Sie finanzierte sich in nicht unerheblichem Maße über Feste und Kostümbälle. Letztere mit bis zu 6000 Gästen, was bei einem Eintrittspreis von 30 Reichsmark für kräftigen Zustrom in die Kasse sorgte.
    Derzeit feiert die Berlinische Galerie den 100. Geburtstag der Novembergruppe mit einer Ausstellung, die 119 Werke von 69 Künstlern zeigt, darunter 48 Gemälde, 14 Skulpturen sowie 12 Architekturmodelle und -zeichnungen. Dass so bekannte Mitglieder der Gruppe wie John Heartfield, Lionel Feininger oder Franz Radziwill allerdings nicht vertreten sind, ist zu bedauern.
    Die Kulturbarbaren, die sich selbst Nationalsozialisten nannten, zwangen die Gruppe gleich 1933 zur Auflösung und zur eigenhändigen Streichung aus dem Vereinsregister. Das kostete 16 Reichsmark, und die preußisch-penibel ausgefüllte Rechnung dafür ist in der Exposition ebenfalls zu sehen.
    Viele Werke von Künstlern der Gruppe wurden von den Nazis als „entartet“ eingestuft, nicht wenige vernichtet. Noch schlimmer traf es Mitglieder der Novembergruppe wie Ines Wetzel oder Otto Freundlich, die in KZs geworfen und dort umgebracht wurden.
    „Freiheit – Die Kunst der Novembergruppe“ – Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124 – 128, 10969 Berlin; Mittwoch – Montag 10:00 – 18:00 Uhr, Dienstag geschlossen; noch bis 11. März.

  160. Wolfgang Schwarz sagt:

    Mit ihrem unsäglichen sprachregelnden Framing-Manual* hat die ARD mehr als nur einen Vogel abgeschossen.
    Aber wie das so ist: Wer den Schaden hat, der spottet jeder Beschreibung – auch dank André Mielke von der BERLINER ZEITUNG: „Ich habe einen Ohrwurm. Er heißt: ‚Die ARD ist von uns, mit uns und für uns geschaffen.‘ […] Der Satz stammt aus dem ‚Framing-Manual‘. Das ist eine – theoretisch interne – Anleitung, anhand derer die Öffentlich-Rechtlichen ihre moralische Überlegenheit über alle anderen, vergleichsweise ehrlosen und korrupten Medien in die Publikumshirne ziselieren können. […] Ich […] erwarte, dass man diese Instruktionen nun wortgetreu anwendet und Judith Rakers vor dem Wetterbericht sagt: ‚Die ARD ist der verlängerte Arm des Bürgers.‘ ‚Die ARD existiert einzig und allein für uns.‘ ‚Menschlich. Exzellent. Deins.‘ […] ‚Wir sind Ihr.‘ Jeden Abend.“ Und dann ist dem Lästermaul Mielke auch „noch eingefallen, woher ich den Sound kenne. Der Dichter Louis Fürnberg schrieb 1949 eine Hymne auf […] die Partei. […] Man muss den Refrain nur minimal modifizieren, um seine visionäre Kraft zu entfesseln. Dann drückt ‚Die ARD, die ARD, die hat immer recht‘ unwiderstehlich aus, was jeder Bürger für den Fernsehgrundversorger empfinden sollte: „Sie hat uns alles gegeben/ Sonne und Wind und sie geizte nie/ Wo sie war, war das Leben/ Was wir sind, sind wir durch sie/ Sie hat uns niemals verlassen/ Fror auch die Welt, uns war warm/ Uns schützt die Mutter der Massen/ Uns trägt ihr mächtiger Arm/ Sie hat uns niemals geschmeichelt/ Sank uns im Kampfe auch mal der Mut/ Hat sie uns leis nur gestreichelt/ zagt nicht und gleich war uns gut.“
    Doch genug der verkürzten Zitiererei! Man sollte sich schon den kompletten Mielke reinziehen: https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/-von-uns–mit-uns–fuer-uns–wieso-das–framing-manual–der-ard-zu-hinterfragen-ist-32109650

    * https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2019/02/framing_gutachten_ard.pdf

    • Ralf Nachtmann sagt:

      hieß das nicht früher: „Alles mit dem Volk, durch das Volk, für das Volk“?

  161. Rudolph Caracciola sagt:

    Über Trump keinerlei Illusionen zu haben, ist eine Sache.
    Schlimmste Befürchtungen allerdings auf eine Weise bestätigt zu bekommen,
    wie das gestern durch Michael Cohen, Trumps langjährigen Consigliere, während dessen erneuter Anhörung im US-Kongress geschah
    (http://www.spiegel.de/politik/ausland/michael-cohen-die-wichtigsten-aussagen-des-ex-anwalts-ueber-donald-trump-a-1255490.html#ref=nl-morningbriefing)
    ist dann doch noch mal was anderes …

  162. Stephan Wohanka sagt:

    Venezuela: Laut Spiegel Online hat Russlands Uno-Botschafter Wassili Nebensja die Lieferung von Hilfsgütern nach Venezuela als „Zwangsernährung“ bezeichnet, da Maduro diese nicht genehmigt habe. Bisher war in Rede stehender Begriff für Fälle reserviert, in denen Personen aufgrund eines Hungerstreiks oder Essstörung in eine lebensgefährliche Lage geraten waren und deshalb zwangsweise künstlich ernährt wurden. Russlands tüchtigem Diplomaten ist eine schöne Umdeutung des Begriffs gelungen.

  163. Rainer Rau sagt:

    Einer der ganz Großen der Deutschen Schauspielkunst, kein geringerer als Eduard von Winterstein, schreibt in seinen Memoiren
    „Mein Leben und meine Zeit“(S. 235) :

    „Damals schien es mir in der Tat das ‚Ziel meiner Wünsche‘, den Hamlet zu spielen. Es ist wahrscheinlich das Ziel eines jeden Helden- oder Charakterspielers gewesen. … Ich muß jetzt etwas sagen, was manchen verblüffen und viele zum Widerspruch herausfordern wird. Ich habe mich im Laufe der Jahre zu der Ansicht durchgerungen, daß der Hamlet, die Darstellung der Hamletrolle und nur sie – ich denke nicht an das literarische Kunstproblem der Hamlettragödie –, daß dieser Hamlet eigentlich gar keine so große und schwere Aufgabe der Schauspielkunst ist. … Was Hamlet zu sagen hat, ist so klar, so eindeutig, so unproblematisch, daß die Worte gar keine ‚Auffassung‘ zulassen. Es gibt nur eine Auffassung, und das ist die Auffassung des Dichters, die er klar und unzweideutig in den Worten Hamlets niedergelegt hat, so daß an ihnen gar nichts zu deuten oder zu deuteln ist.“

  164. A. Hoeger sagt:

    Betr. Klaus Joachim Herrmann . . . . . Fehlgriff nach den Kurilen

    Mitnichten handelt es sich bei den südlichen Kurilen respektive nördlichen Territorien – je nach Standpunkt – um vier zwischen Russland und Japan strittige Inseln. Was Chabomai oder Habomai genannt wird, ist nämlich seinerseits eine Gruppe aus zehn Inseln und etlichen Felsenriffen. „Bewohnt“ werden sie allerdings nur von einem russischen Grenzposten auf dem größten der Einlande, das etwas größer als die Insel Poel vor Wismar ist.

  165. R. Kord sagt:

    Lieber Herr Romeike,
    Sie haben völlig recht: Die politische Positionszuschreibung „Links“ und/oder „Rechts“ ist von einer solchen Unschärfe, dass sie gern in zum Teil beliebigem Sinne angewendet, mindestens aber relativiert werden kann. Gleichwohl sind diese Begriffe doch offenbar notwendige Verständigungs-Krücken im politischen Diskurs, wären sie doch sonst wohl nicht schon so lange gebräuchlich, schon, weil sie jedesmalige lange Abschweifungen darüber ersparen, was genau man meint. Insofern halte zumindest ich es für zulässig und nur schwer verzichtbar, mit diesen Begriffen zu operieren.
    Was nun Mainstreame betrifft, so bieten sich auch dafür verschiedene Sichten und Interpretationen an. Nimmt man die Gesamtheit der zeitnahen Kommentare zu Rußland in den deutschen Medien her, so zeichnet diese in der Tat eine nahezu ausschließlich kritische, oft genug gehässige und also feindselige Haltung aus. Allerdings gibt es auch eine linke mediale Öffentlichkeit – und die ist zumindest quantitativ (siehe allein die Zahl einschlägiger Publikationen im Portal „Linksnet“) gar nicht so gering – so gibt es auch hier eine klare Dominanz, einen Mainstream eben. Und der nimmt Rußland von Kritik nahezu komplett aus und betrachtet das Land permanent als Opfer seiner imperialen Gegner USA und Europa. Aber genau das – diese Ausschließlichkeit – ist, meine jedenfalls ich, jenes Rasterdenken, das Linke historisch mehr als nur gelegentlich in die Irre geführt hat, was als Lehre aus der Geschichte also ebenso zu berücksichtigen wäre wie das auch für die Urteile über das Wesen des Kapitalismus/Imperialismus statthaft bzw. notwendig ist.
    Abgesehen davon, dass sich das Gros des von Ihnen wohl gemeinten Mainstreams gegen Moskau nicht in erster Linie an den inmneren Verhältnissen Rußlands abarbeitet sondern an schwer zu leugnenden Aggressivitäten (Krim/Ostukraine etwa), bestätigt Ihr Ansatz, dass es also darum ginge, dass Rußland an deutschen Wesen genesen solle, m. E. dessen eben erwähnte Einseitigkeit. Die mag man pflegen, um sich damit in Klarheit und Entschiedenheit seiner Auffassungen gut zu fühlen – mein Instinkt sagt mir allerdings , dass, wer der Feind meines Feindes ist (also z.B. der globalen US-Aggressivität) nicht zwangsläufig mein Freund sein muß (Putin, nicht Rußland!). Dies in der hier wiederum gebotenen und damit natürllich wieder angreifbaren Knappheit.
    Mit respektvollen Grüßen,
    R. Kord

  166. Literat sagt:

    Jede Vergangenheit war Gegenwart mit unbekannter Zukunft.
    Fast auf den Tag vor 100 Jahren notierte Feuchtwanger am 18. Februar 1919 diesen Erkenntnis- und Merksatz:
    „Und all dein Tun gleicht einer Spur im Schnee“.
    Drei Tage später: „Durchsprechprobe zu ‚Nachtasyl‘. Eisner erschossen. Neue Revolution. Aufführung ‚Nachtasyl‘ aufgeschoben. Große Aufregung.“
    Zwei Tage drauf, am 23. Februar: „Politik. Einen Aufsatz über Kurt Eisner geschrieben. Er gefällt Marta nicht.
    In die Schublade.“

  167. R. Kord sagt:

    Lieber Herr Romeike, die jüngsten Einlassungen im Forum zu Rußland nochmal nachlesend, vermag ich die Aussage, dass Rußland links sei, nicht aufzufinden. Die Rede ist vielmehr davon, dass es linke Kommentatoren sind (und dies nicht nur etwa im Rotfuchs oder dem ND), die ihre – gewiss subjektiv ehrliche und natürlich auch statthafte – Sympathie zu diesem Land mit einem nahezu parteiischen Rundumverständnis für Putins Politik artikulieren. Das ist in der linken Medienwwelt (denn eine solche gibt es hierzulande zumindest im Printbereich durchaus), scheint es jedenfalls, ebenso ein Mainstream wie auf bürgerlicher Seite das Gegenteil. Überzeugender wird durch diese unipolare Sichtweise keiner dieser Ansätze.
    R. Kord

    • Bernhard Romeike sagt:

      Lieber Herr Kord,
      linker Mainstream in Deutschland? Dazu müssten zwei Fragen beantwortet werden: (1) was ist „links“? Wenn man Eintreten für veganes Essen, die dritte Klotür und Tempolimit auf allen Wegen für links hält, sind natürlich ganz viele „links“. Wenn man Linkssein jedoch an die soziale Frage bindet, stellt sich das anders dar. (2) Wo ist dann in den Medien die Symmetrieachse? Wenn man die FAZ für die Mitte nimmt, entsteht ein größeres „linkes“ Feld, als wenn man zum Beispiel die TAZ nimmt. Man kann natürlich auch COMPACT für die Mitte halten, dann sind alle anderen „links“, außer der Jungen Freiheit.
      Im Ernst: in Sachen Russland geht es um friedliche Koexistenz, nicht um linke Sympathien. Ich hatte ja auch nicht unterstellt, es sei gesagt worden, dass Russland „links“ sei, sondern dass den „Russland-Verstehern“ das Etikett linker Sichten angeheftet wird. Das ganze Putin-Bashing fordert doch, dass die dort endlich so eine schöne Demokratie einführen sollen, wie „wir“ sie in Deutschland haben. „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!“ Das deutsche Wesen hat nur eine andere Mütze auf, als 1914.
      Mit Freundlichkeit! BR

  168. Jürgen Scherer sagt:

    Werter Herr Wohanka!
    Danke für die freundlichen Rückmeldungen auf meine Anmerkungen zu Herrn Niemanns Text.
    Zugegeben, mit Venezuela habe ich mich durch meine verkürzte Aussage „vergaloppiert“ – nicht gut! Dennoch möchte ich auf ein paar Einschätzungen zur Ergänzung Ihrer Anmerkungen hinweisen. Denn einen „politisch leeren Raum“ gibt es wahrlich nicht, aber der reale politische Raum sollte auch nicht unterschätzt werden!
    https://deutsch.rt.com/amerika/83262-us-sicherheitsberater-bolton-us-firmen/
    https://amerika21.de/2019/01/221127/us-finanzministerium-venezuela
    https://www.maskenfall.de/?p=13268
    Was meine anderen Anmerkungen zu Herrn Niemanns Text angehen, kann ich nicht erkennen, dass meine Lesart nicht zutreffend sein sollte. Auch wenn der von Ihnen zitierte Satz mit Fragezeichen versehen ist, verstehe ich ihn im Rahmen des Tenors des Textes eher als rhetorisch. Genau deshalb habe ich auf die eigentlichen Ursprünge und Urheber ökologisch bewussten Widerstands hingewiesen. Insgesamt bleibe ich bei meiner Auffassung, dass in Niemanns Text zu viel Verständnis für rechtes Gedankengut vorhanden ist, das seinen Ruf nach einer handlungsfähigen Linken eher konterkariert.
    Mit freundlichen Grüßen
    Jürgen Scherer

  169. Hilmar Jantke sagt:

    Werter Herr Stephan Wohanka,

    lassen Sie mich in Ihrer Hauspostille zu Wort kommen. Zu Wort kommen zu Ihrem „Realismus“- und „Realitäts“-Fable im Leitartikel zum Beitrag des Herrn Scherer: „Lieber Herr Sch., bei aller Sympathie, ein wenig Realismus beim Betrachten der Realitäten sollten Sie doch walten lassen und sich die Frage gefallen lassen, wie es zu diesem Exodus (und anderen höchst bedenklichen Phänomenen) kam. Und da sind wir nolens volens wieder bei der „Mangelwirtschaft“; diesmal nur nicht als „Klischee“, sondern bitterer Realität.“

    Ich möchte statt mit dem Latinum mit dem Alltags-Englisch „glänzen“ und beginne mit: „Like it or not“, da kommt ein Beispiel für die Miß- und Mangelwirtschaft im Land des Maduro. Gehen Sie durch das Bergdorf El Cercado besuchen Sie sicher die dortigen Töpferwerkstätten, kommen aber nicht umhin, am Rande der Siedlung eine wilde Mülldeponie (mehr nur eine Aufschüttung, von der der Wind die Plastikabfälle weit gestreut hat) zu registrieren. Man spricht das an und es wird einem erklärt: Müllentsorgung liegt eigentlich in kommunaler Hand, ist aber zu einer Aufgabe jedes einzelnen Haushaltes in dem Ort geworden. Nachbarn tun sich zusammen, laden den Müll auf ein Gespann oder Gefährt auf und an der Dorfgrenze wieder ab. Natürlich verfügt die Kommune über Müllfahrzeuge für die Entsorgung in die eigentliche Deponie – aber die haben zweierlei Manko. Zum einen ziert sie die Aufschrift „Chavez Vive, La Lucha Sihue!“ und zum anderen sind sämtliche Reifen zerstochen – und da gäbe es einen kausalen Zusammenhang, behauptet man. Gleich nebenan stehen zwei Busse für die Schüler- und Personenbeförderung, der Tatbestand der zerstochenen Reifen ist der gleiche, die Losung ist eine andere: „Pa lante Comandante Municipio Gomez“. Warum werden keine neue Bereifungen aufgezogen? Zum einen sind LKW- und Busbereifung vom Embargo betroffen und zum anderen könne Kuba im erforderlichen Umfang nicht liefern, heißt es.

    Was sagt mir das Beispiel: Die von Ihnen, Herr Stephan Wohanka angesprochenen „bittere Realität“ in von der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas bestimmten Kommunalverwaltung in El Cercado kann ich nur bestätigen. Diese Parteigänger Maduros sind nicht in der Lage die Probleme der kommunalen Müllentsorgung und des Nahverkehrs zu bewältigen – wegen der „falschen“ Losungen an ihren Fahrzeugen.

    Hilmar Jantke

  170. Jürgen Scherer sagt:

    Ich finde es immer mal wieder erstaunlich, wie Autoren, die es vermeintlich gut mit der Linken meinen, Verständnis für rechte Positionen aufbringen können, Positionen, die m.E. nicht diskursfähig sind, m.a.W. einfach abgelehnt, verurteilt werden sollten, vom Weiterverbreiten ganz zu schweigen.
    Meine Kritik richtet sich auf einige Details in dem Beitrag von Lars Niemann. Da wird z.B. aufgezählt, was die derzeit lauthals daher kommende Opposition gegen unsere liberale Demokratie ausmacht. Zugleich wird das Ganze subsumiert unter „Rechstruck“ in Anführungszeichen, also unter sogenanntem Rechtsruck. Ja, was ist sie denn sonst die insgesamt menschenverachtend sich gerierende „Bewegung“? Da werden Flüchtlinge zu Freiwild, Klimawandel wird geleugnet, Nationalismus und Abschottung wird als Allheilmittel gepredigt und neuerdings gar einem Drexit gehuldigt, und das einem Land, das exportabhängiger gar nicht sein könnte.
    Da wird einem seelischen Raunen der Rechten das Wort geredet, dass einen schon staunen lässt. Und dabei wird völlig außer acht gelassen, dass die umweltbewusste Bewegung in unserer Republik eher linke als rechte Wurzeln hat. Schließlich sind die Grünen nicht vom Himmel gefallen. Ich erinnere an Antiatomdemos, an Brokdorf, an die Startbahn West und zuletzt den Hambacher Forst.
    Und dann das sattsam bekannte Klischee von der Mangelwirtschaft: Von der Franz.Revolution bis Venezuela sei zu beobachten, dass die Linke nicht richtig wirtschaften könne. Ausgeblendet wird, wie immer das Umfeld, unter der linke Politik handeln muss/te. Bei Venezuela ist es das kapitalistische und dabei vor allem der große kapitalistische Agent in den USA, der in seinen Vorhöfen keine Unbotmäßigkeiten duldet. Wie damals in Chile unterstützt er rechte Gegenwehr gegen einen demokratisch gewählten Präsidenten. Ausgang? Warten wir´s ab. Leider spricht die historische Erfahrung gegen Maduras.
    Rechter Autoritatismus sei eher eine Herzenssache der Menschen und es gehe den meisten von ihnen damit gut, über Jahrzehnte! M.W. dauerte das „3. Reich“ gerade mal 12 Jahre und die „Wirtschaftsblüte“ war dem unersättlichen Imperialismus des Systems zu verdanken. Und die deren Herzenssache Autoritatismus nicht ist, oft eine erkleckliche Anzahl dürfen darunter leiden – schon vergessen?
    Und wenn ich weiß, es geht nicht mehr, hol´ ich mir die Gene her. So wird argumentiert, um das angebliche geringere Interesse an Besitzverhältnissen im Verhältnis zu „Fremdenangst“ zu erklären. Über ungerechte Besitzverhältnisse wurde schon diskutiert, da war die Flüchtlingsfrage noch gar nicht hochgespielt worden. Allerdings ist die Diskussion über Besitzverhältnisse eben nicht erwünscht, während die über Flüchtlinge das nötige Angstpotential entfalten lässt, um von der Wesentlicheren abzulenken. Eine Frage der Gene? Eher eine des Interesses!
    Es ist also nicht der „Wunsch nach autoritärer Führung“, der so viele Menschen derzeit nach rechts schielen lässt, es ist die dem System dienende geschürte Angst, die viele blindlings nach Sicherheit rufen lässt und die von rechts gerne bedient wird. Das heißt wohl den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Gegen blindmachende Angst, ich bleibe dabei, hilft Aufklärung und nicht Vernebelung. Das ist der ideelle Teil der Angelegenheit, der materielle wäre, den Menschen beim Herauskommen aus ihrer sozialen Not zu helfen. Beides gehört zusammen!
    Deshalb ist es nicht sonderlich glaubwürdig, die Linke und ihre Handlungs(un)fähigkeit zu bedauern, wenn man im selben Atemzuge die sogenannten Stärken des Autoritatismus, teilweise unter Zuhilfenahme seiner Ideologie, sanktioniert.
    Mit frdl. Grüßen
    Jürgen Scherer

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass Jürgen Scherer etwas kritisiert, das mit dem Sinn des real lesbaren Textes von Lars Niemann nun wirklich nichts zu tun hat. Und zu behaupten, die USA seien für die leeren Regale und 1,5 Millionen Flüchtlinge vor dem Sozialismus des 21. Jahrhunderts in Venezuela verantwortlich, ist schon recht dreist. Da hätte sich wahrscheinlich selbst der seinerzeitige Genosse Joachim Herrmann etwas Schlaueres ausgedacht.

    • Stephan Wohanka sagt:

      Lieber Herr Scherer,

      es ist ja sympathisch, wenn Sie „es immer mal wieder erstaunlich (finden), wie Autoren, die es vermeintlich gut mit der Linken meinen, Verständnis für rechte Positionen aufbringen können …“. Sie beziehen das „auf einige Details in dem Beitrag von Lars Niemann“. Ich sehe diesen Text nicht so heikel wie Sie; und wenn schon, dann hätte ich seine fragende These „Könnte es sein, dass die Anhänger von rechten Parteien sich dieser Bedrohungen, vielleicht unbewusst, stärker gewahr sind als wir anderen, die wir uns davor noch längst nicht genug fürchten?“ zu kritisieren: Nein, Anhänger von rechten Parteien nehmen die Bedrohungen nicht stärker wahr – sie negieren sie ja zum Teil, wie Niemann auch schreibt -, sondern sie schüren damit Emotionen, Gefühle, ja Hass, instrumentalisieren sie und machen damit gefährliche, antidemokratische Politik.
      Aber Gegenstand meines Beitrags ist Folgendes; Sie schreiben: „Und dann das sattsam bekannte Klischee von der Mangelwirtschaft: Von der Franz.Revolution bis Venezuela sei zu beobachten, dass die Linke nicht richtig wirtschaften könne. Ausgeblendet wird, wie immer das Umfeld, unter der linke Politik handeln muss/te“. Ja – was denn? Sollte, um „linke Politik“ zum Erfolg führen zu können, ein politisch leerer Raum geschaffen werden? Ohne hochphilosophisch zu argumentieren – Menschen als soziale Wesen agieren stets in politischen „Umfeldern“; anders geht’s gar nicht. Und: Ist nicht – mit anderen Worten – der „Klassenkampf“ die „Erfindung“ der Linken? Sie weiter: „Bei Venezuela ist es das kapitalistische und dabei vor allem der große kapitalistische Agent in den USA, der in seinen Vorhöfen keine Unbotmäßigkeiten duldet“. ??? Haben die laut UNO-Angaben drei Millionen Venezolaner ihr Land etwa als Missionare des im Lande blühenden „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ verlassen? Natürlich nicht, sie sind vor Hunger, Elend, Kriminalität und politischer Repression vor allem in die Nachbarländer geflohen – und um das hier gleich zu sagen – das ist schon ein internationales Problem, was vor die UNO gehört. Lieber Herr Scherer, bei aller Sympathie, ein wenig Realismus beim Betrachten der Realitäten sollten Sie doch walten lassen und sich die Frage gefallen lassen, wie es zu diesem Exodus (und anderen höchst bedenklichen Phänomenen) kam. Und da sind wir nolens volens wieder bei der „Mangelwirtschaft“; diesmal nur nicht als „Klischee“, sondern bitterer Realität: Der Staatsmonopolist Petróleos de Venezuela (PDVSA) war noch 2000 einer der bestgeführten, modernsten Ölkonzerne Lateinamerikas, sein Personal galt als exzellent ausgebildet. Als 2003 Tausender PDVSA-Mitarbeiter streikten, politisierte Chávez das Unternehmen rigoros. Er ersetzte Manager durch Parteigänger der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas; Chávez-kritische Fachkräfte wurden ausgemustert. 2007 wurde das Unternehmen verstaatlicht; heute haben dort Generäle das Sagen. Bald danach – wie Wunder – begann die Ölausbeute zu fallen. Auch der Ölpreis sank; alle Ölländer agierten in diesem preislichen Umfeld, mussten damit klarkommen. Die Produktion sinkt geradezu systematisch; waren es 2008 rund 3,3 Millionen Fass pro Tag, so in den ersten elf Monaten 2018 nur noch 1,38 Millionen. Verheerend für ein Land, dessen Deviseneinnahmen zu mehr als 90 Prozent aus dem Verkauf von Rohöl und -produkten stammen. Wobei die USA der Hauptabnehmer waren. Die Regierung beklagt die versäumten Investitionen, nur war das Ausland schuld, aus welchem laut Maduro die PDVSA mit mafiösen Kräften infiltriert worden waren, die „von Investitionen in die Erdölindustrie gezielt abgesehen haben, um diese zu zerstören“. Das bekannte Muster: Läuft´s im Innern schlecht, ist das Ausland schuld.
      Eine russische Boulevard-Zeitung, sicherlich unverdächtig, dem „US-Agenten“ das Wort zu reden, schreibt: „Der Hass der Masse auf Maduro und seine reiche Clique ist so groß, dass Russland ihn nicht an der Macht wird halten können…“.
      Freundliche Grüße
      Stephan Wohanka

  171. Rüdiger Kord sagt:

    Wolfram Adolphis Blättchen-Beiträge namentlich zu China schätze ich seit langem. Im aktuellen Artikel tut sich mir aber eine Frage auf, die ich, beim Versuch des Weiterdenkens, nicht recht zu beantworten weiß. Offenkundig sekundiert der Autor ja dem festlandchinesischen Anspruch auf Taiwan. Und auch dem via Fairbanks ins Feld geführten (wenn auch nicht akklamationsverpflichtenden) “Kulturalismus”, auf dessen Grundlage Peking seine anhaltende Forderung nach Wiedereingliederung der Insel in das chinesische Staatsgefüge untermauert: “Chinas Einheit ist“, schrieb mit John King Fairbank einer der bedeutendsten Chinakenner der USA schon 1979, „ein Attribut des Chinesischseins selbst. Sie entspringt einem Kulturalismus, der etwas deutlich Stärkeres ist als der Nationalismus westlichen Stils. Ohne sie gäbe es die Volksrepublik als Staat gar nicht. Es ist diese elementare politische Kraft, die die Forderung begründet, dass Taiwan als Bestandteil Chinas betrachtet wird, denn es wird von Angehörigen des gleichen chinesischen Volkes bewohnt.“
    Hmm… Sieht man davon ab, dass die Insel – laut Verweis von W. A, – ursprünglich eine indigene Bevölkerung hatte und so richtig erst durch die Flucht von zwei Millionen Anhängern Tschiang Kaischeks sinisiert worden ist, so ergibt sich aus einer Verlängerung dieser Idee meiner Absicht nach auch eine Rechtfertigung der völkerrechtswidrigen Einverleibung der Krim durch Russland oder das ähnliche Bestreben in Sachen der Ostukraine; der Begriff “Völkerrecht” erhielte eine ganz neue Bedeutung, auf deren Grundlage dann viele weitere Grenzüberschreitungen zum Zweck “ethnischer Vereinigungen” gerechtfertigt wären.
    Dass Wolfram Adolphi die Drohung Pekings, zum Zwecke der “Wiedervereinigung” ggf. militärische Mittel, also Gewalt, einzusetzen, lediglich für eine beunruhigende Vorstellung hält, mutet mich übrigens merkwürdig an. Da deucht mich eine ähnliche Haltung zu obwalten, wie sie bei vielen linken Kommentatoren zeitgenössischer russischer Politik dominiert: Prinzipielle Sympathie mit einem Land (gegen die ja nichts zu sagen ist), aber eben eine sich daraus ergebende Selbstbeschneidung von analytischen Möglichkeiten oder gar Notwendigkeiten, für Publizisten, wie ich finde, sogar Notwendigkeiten, gegenüber den Machthabern solcher Länder klare Kante dort zu zeigen, wo das hingehört, ist bestenfalls für eine Parteipresse statthaft. Das Kettenrasseln Pekings in Sachen einer Insel, bei der es nicht einmal – wie in vergleichbaren Fällen gern als Grund angeführt – um Bodenschätze u. ä. geht, sondern um rein nationalistische Machtansprüche, würde für meine Begriffe dazugehören.
    Lieber Wolfram Adolphi, bitte klären Sie mich doch auf.
    Ihr Rüdiger Kord

    • Sehr geehrter Herr Wohanka, sehr geehrter Herr Kord,
      vielen Dank dafür, dass Sie sich so ausführlich mit meinem kleinen Beitrag auseinandergesetzt haben. Ich berechne die Zeit, die Sie investiert haben, und bin froh darüber. Denn was kann einem Erfreulicheres geschehen. – Ihre beiden Beiträge sind freilich so reich an Gedanken, Meinungen, Stellungnahmen und Bezügen auf diverse Ereignisse und Zusammenhänge, dass es mir schwer fällt, darauf zu antworten. Es geht mir ein bisschen wie dem Maler, der gefragt wird, was er mit seinem Bild eigentlich sagen wollte. Also: Es steht, was ich sagen wollte, alles drin. Im Artikel. Und es ist klar erkennbar, glaube ich, dass ich einen Widerhaken setzen will gegen das, was als Mainstream täglich über uns kommt. (Es gab hier im Forum auch schon Überlegungen dazu, ob es den gibt, diesen Mainstream, aber dazu will jetzt nicht weiter ausholen.) Sehr geehrter Herr Kord, Sie regen an, gegenüber den Machthabern in China „klare Kante“ zu zeigen. Ich setze in meinem Artikel einen Widerhaken gegen die Machthaber im westlichen Teil der Welt. Also in den USA und im mit den USA verbündeten Deutschland. Dabei – das räume ich ein – mag der Eindruck entstehen, ich „sekundierte“ die KPCh-Führung. Die Welt wird’s überleben. Eine einsame KPCh-Sekundierung gegen ungezählte Trump-Sekundierungen. (Während wir hier über einen Xi-Jinping-Satz nachdenken, sorgt Trump gerade in Zentralamerika „für Ordnung“. Und Deutschland steht an seiner Seite.) – Warum schreibe ich, wie ich schreibe? Weil ich seit fünfundvierzig Jahren professionell mit China und den internationalen Beziehungen befasst bin und meine Erfahrungen habe. Erfahrungen aus einer Zeit in den achtziger Jahren, da ich als Auslandskorrespondent der DDR in Japan im Tokioter Internationalen Presseclub mit einer Menge kluger Menschen aus der westlichen Welt darüber reden konnte, wie überaus wichtig es ist, China genauso ernst zu nehmen wie das je eigene Land. Was auch einschließt, zu wissen, dass China die Welt genauso intensiv betrachtet und bewertet, wie das im je eigenen Land geschieht, und seine Schlussfolgerungen daraus zieht. Da traf sich meine marxistische Weltbetrachtung mit den Beobachtungen sehr erfahrener anderer Weltbetrachter. – Erfahrungen dann aus der Abwicklung der DDR, die einschloss, dass von der Außenpolitik der DDR nichts übrigblieb und ich mein „Expertentum“ hinfort – von einer Ausnahme in der Forschung zu den deutsch-chinesischen Beziehungen abgesehen – als privates Hobby ausleben durfte. Einmal noch habe ich öffentlich Außenpolitik betrieben: Am 24. Januar 1991 habe ich im Berliner Abgeordnetenhaus vor den Folgen des damaligen Irakkrieges der USA für die langfristige Verschiebung des Weltkräfteverhältnisses gewarnt, auf die Zerstörung bewährter Friedenssicherungsmechanismen hingewisen, von der dadurch wachsenden Kriegsgefahr gesprochen – und wurde von der CDU-Fraktion niedergeschrien. Seit jenem Krieg ist die UNO immer weiter geschwächt worden – und das hat nichts mit China zu tun. – Im Jahre 1991 übrigens hätte der Westen die kulturelle und menschenrechtliche usw. Überlegenheit, von der er immer träumt und auf die er sich in seinem Handeln beruft, generös ausleben können. Die Sowjetunion lag am Boden, und China begann gerade erst, in der Welt wieder Fuß zu fassen. Die USA standen einsam an der Spitze – aber warben nicht etwa für eine Welt der Gemeinsamkeit, eine Welt der gemeinsamen Lösung der ökologischen und sozialen Existenzprobleme der Menschheit, sondern führten sofort Krieg: erst gegen den Irak und dann gegen Jugoslawien, und beim Letzteren bombardierten sie „zufällig“ die chinesische Botschaft in Belgrad. – Ich betrachte die Welt mit diesen Erfahrungen und addiere meine Meinung zu den vielen anderen. So habe ich’s auch diesmal getan und danke nochmals für Ein- und Widerspruch. – Wolfram Adolphi

    • Stephan Wohanka sagt:

      Sehr geehrter Herr Adolphi,
      Sie antworten Herrn Kord und mir freundlich, zugewandt, vermeiden aber auf die sachliche Kritik an Ihrem Text einzugehen. Das müssen Sie auch nicht. Jedoch bewirken Sie so, dass Ihre „Widerhaken“ zur reinen Ideologie wenn nicht verkommen, so doch einer solchen nahe kommen. Ich denke schon, dass Herr Kord mit seiner Einlassung, aus der Sie lediglich die „klare Kante“ destillieren, gar nicht so unrecht hat. Ich gebe sie nochmals wieder: „Da deucht mich eine ähnliche Haltung zu obwalten, wie sie bei vielen linken Kommentatoren zeitgenössischer russischer Politik dominiert: Prinzipielle Sympathie mit einem Land (gegen die ja nichts zu sagen ist), aber eben eine sich daraus ergebende Selbstbeschneidung von analytischen Möglichkeiten oder gar Notwendigkeiten, für Publizisten, wie ich finde, sogar Notwendigkeiten, gegenüber den Machthabern solcher Länder klare Kante dort zu zeigen, wo das hingehört, ist bestenfalls für eine Parteipresse statthaft“. Vom Duktus her nicht ganz schlüssig, von der Intension her jedoch völlig.
      Beste Grüße
      Stephan Wohanka

    • Bernhard Romeike sagt:

      Hochmögende Diskutanten, wie kommt denn eigentlich eine Sicht zustande, dass Verständnis für Russland „links“ sei? Bei diesem Thema geht es um Realpolitik, Verhinderung eines Atomkrieges und aktuell darum, ein neuerliches Stationieren von Mittelstreckenraketen in Mitteleuropa abzuwenden. Ansonsten ist Russland heute nicht die Fortsetzung der Sowjetunion mit anderen Mitteln, sondern ein ebenso imperialistisches Land wie die USA, Deutschland usw. Im übrigen – nochmals zum Thema „links“: Die AfD tritt im Gegensatz zu den vier Parteien, die abwechselnd die Bundesregierung stellen, ebenfalls für gute Beziehungen zu Russland ein.

  172. Stephan Wohanka sagt:

    Wieder mal: China-Alarm von Wolfram Adolphi
    Eine Gewaltandrohung gegenüber einem souveränen Staat „ist – für sich genommen – in der Tat eine beunruhigende Aussicht“. Immerhin das. „Ein eigenständiger Staat im modernen Sinne war Taiwan nie“ – ist es aber heute oder will Adolphi negieren, dass Taiwan mit eigenem Hoheitsgebiet, Währung und Staatsvolk bzw. -gewalt und so eigener Identität ein solch souveräner Staat ist? Schon 2000 sahen sich nur noch 12 Prozent der Taiwaner sich als Chinesen, während es 1994 noch 48 Prozent waren. „Aber darf man in der global vernetzten Welt etwas nur ´für sich´ nehmen? Nein, darf man nicht…“. D´accord. Auch ich denke, dass den USA die wachsende ökonomische, politische und militärische Macht Chinas ziemlich gegen den Strich geht, dass die USA um ihre Vormachtstellung im pazifischen Raum fürchten und mit (militärischen) Muskelspielen reagieren. Können oder müssen aber beide Mächte nicht inzwischen als strategische Wettbewerber um den Einfluss im Pazifischen Raum und darüber hinaus gesehen werden? Und ist China auf diesem Hintergrund nicht auch dabei – und das vermisse ich bei derartigen geopolitischen bzw. -strategischen Analysen –, mit auch militärischer Gewalt Fakten zu schaffen?
    „Die Gruppe von Chinesen, die im Mai (2018 – St. W.) in der vietnamesischen Stadt Cam Ranh gelandet waren, hatten sich den Beginn ihres Vietnam-Urlaubs wohl anders vorgestellt. Bevor sie das Land betreten durften, beschlagnahmten vietnamesische Grenzbeamte ihre T-Shirts. Auf den T-Shirts waren die Landesgrenzen Chinas abgebildet. In rot war zusätzlich die sogenannte ´Neun-Striche-Linie´ eingezeichnet – der Umriss jener Zone, die China im Südchinesischen Meer für sich beansprucht. Für diese Provokation hatten die Vietnamesen kein Verständnis“. Die Anekdote lässt zumindest darauf schließen, dass nicht alle Anrainerstaaten Chinas amused sind ob der – gezielten? – Vorgehensweise des Landes, seine Bürger in aufreizender Manier politisch zu instrumentalisieren….
    Das Südchinesische Meer liegt bekanntlich zwischen China, Vietnam, Malaysia und den Philippinen, auch Brunei und Taiwan haben dort Ansprüche. Doch das weitaus größte Gebiet beansprucht die Volksrepublik China für sich, bis „hinunter“ nach Malaysia. Etwa 80 bis 90 Prozent dieses Seegebietes bezeichnet Peking als sein mare nostrum; ein rohstoffreiches Seeareal und wichtige Schifffahrtsstraße. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag wies 2016 die Ansprüche Chinas zurück, doch ignoriert Peking das Urteil: „… wann ihm welche politischen und Völkerrechtsprinzipien gerade wichtig sind und wann nicht“ – Adolphis Feststellung trifft wohl so auch auf China zu. Zur Festigung ihrer Ansprüche hat die Volksrepublik dort mehrere künstliche Inseln aufgeschüttet, auf denen Kampfflugzeuge und anderes militärisches Gerät stationiert werden können oder schon sind. Das Fiery-Atoll, zu den Spratly-Inseln gehörend, ist so eine Insel – mehr als tausend Kilometer von Chinas Küste entfernt, aber nur etwa 200 Kilometer von der der Philippinen. Trifft so desgleichen nicht auch auf China zu, was Adolphi den USA – und das nicht zu unrecht – zuschreibt; nämlich: „Diese Art der Weltbetrachtung und der auf ihr basierende Kurs sind finstere Steinzeit. Nicht um die so überaus notwendige weltweite Kooperation geht es da, sondern um die uralten Instrumente Konkurrenz und Krieg“.
    Die Präambel der Verfassung Chinas von 1982 besagt, dass „Taiwan Teil des heiligen Territoriums der Volksrepublik China (ist)“. In der Verfassung von 1978 nota bene war Taiwan nicht erwähnt. Was hat sich da geändert? Vielleicht fühlte man sich in Peking damals noch zu schwach, um drohen zu können? Die tatsächlich „groteske Aktion“, dass Taiwan einmal als Republik China auch die Abermillionen Festlandchinesen „vertreten“ wollte, darf jetzt im Umkehrschluss nicht dazu führen, dass China einen souveränen Staat bedroht und dass das als „China-Alarm“ denunziert wird.
    Alles in allem – mich überzeugt der Text nicht.

  173. Renate Kabel sagt:

    In einem „Blättchen“-Beitrag hat dessen Autor unlängst die – ja durchaus berechtigte – Forderung der intellektuellen Rechten nach inhaltlicher statt denunzierender Auseinandersetzung auf einen nicht ganz unwichtigen Aspekt hingewiesen: Wer ernst genommen werden will, schaue auch darauf, mit wem er umgeht und sich umgibt. Und da, so der seinerzeitige Hinweis, darf sich besagte Rechte nicht wundern, wenn ihre Verbandelung mit AfD-Lufhoheitlern der sehr “groben” Denkart auf auch deren inhaltliche Nähe abgeklopft wird. (Immerhin distanziert sich ja mittlerweile sogar die AfD-Spitze derzeit von Leuten Höcke und Poggenburg.)
    Der Aspekt, aus dem Umgang von politischen (übrigens natürlich auch privaten) Kräften zumindest teilweise auch auf deren originäre Wesensart zu schließen, ist aber keineswegs nur in diesem Falle aussagekräftig. Und so wäre dem sich intensiv – und dies vorrangig verständnisvoll – mit Russland beschäftigendem „Blättchen“ eigentlich auch mal einen Blick darauf wert, welche politischen Protagonisten sich in Putins Umfeld freundschaftlich tummeln. Erdogan gehört ebenso dazu wie Orban, Netanjahu, Assad, Salvini, Le Pen, der saudische Bin Salman… Auch AfD-Vertreter waren beim Kreml-Oberen zu Gast, und sie sind sogar mit Ehrungen bedacht worden; Linksparteimannen aber ebenfalls.
    Nun ist fraglos zu konzedieren, dass Putins ursprüngliche Offerten, am Westen partnerschaftlich anzudocken, von jenem zurückgewiesen worden, bereits vor Krim und Ostukraine! Dass dies kontraproduktiv war und ist, wenn es um einen entspannten und friedensorientierten Umgang miteinander geht, ist unbenommen.
    Nun neigen verschmähte Liebhaber auch im Privaten durchaus gern dazu, sich am Verschmäher zu rächen, indem man mit etwas fast schon provokativ anderen anbandelt. Putin ist solche schlichte Denkweise vermutlich nicht zuzutrauen, im Ergebnis kommt es bei der Sammlung seiner jetzigen Bundesgenossen allerdings auf etwas Gleiches raus. Und dass – sofern diese Schlussfolgerung zutrifft – auch dies kein vertrauensschaffender Vorgang ist, dürfte evident sein. Es sei, man betrachtet sein Verständnis für Moskaus Aktionen und Reaktionen z.B. in Rüstungsfragen als so etwas wie eine brüderliche Solidarität, was allerdings mit dem Selbstverständnis einer journalistischen politischen Publikation nicht recht zusammenzubringen sein dürfte.
    Die Granden der „Weltbühne“ jedenfalls wussten ihre Sympathie für das, was die russische Revolution einst wollte, sehr wohl souverän mit der massiven Kritik an dem zu verbinden, das seither gemeinhin Stalinismus genannt wird.
    “Zeige mir, wer deine Freunde sind, und ich sage dir, wer du bist”, lautet ein griechisches Sprichwort. Auch in Sachen Russland, d.h. Putin, scheint mir eine solche Betrachtungsweise am Platze.
    Renate Kabel

  174. HWK sagt:

    Nun muss man Blättchen-Leser in Sachen Trump sicher weder aufklären noch gar agitieren, aber die Sammlung seiner Unseligkeiten, wie sie hier zusammengestellt worden ist, hat denn doch ´was:
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-zwei-jahre-im-amt-luegen-beleidigen-golfen-a-1248808.html
    HWk

  175. Heino Bosselmann sagt:

    Zu: Jörn Schütrumpf, Karl und Rosa – und Leo, 22. Jahrgang | Nummer 1 | 7. Januar 2019

    Gerade mit Blick auf all die Tragik und die Opfer: Interessant wäre es ja, wüsste man zu durchdenken und zu beurteilen, inwieweit in der so wohlformuliert klaren Maßgabe Rosa Luxemburgs, an der Stelle der bürgerlichen Demokratie – mit ihrer „süßen Schale der formalen Gleichheit und Freiheit“, unter sich die soziale Ungleichheit verbirgt – eine sozialistische zu schaffen, inwieweit also darin je eine echte historische Chance damals oder überhaupt irgendwann bestand oder vielmehr – unerkannt bzw. wider Willen – eher die Genetik einer neuerlichen Gewaltperversion verborgen war, weil die einstige Sozialdemokratin und spätere Kommunistin anthropologisch falsch lag, wie der Utopismus und das „Prinzip Hoffnung“ stets falsch liegen. Wo etwa ist „dem Menschen“ eine sozialistische Demokratie in dieser Weise je möglich gewesen? Nicht doch am ehesten etwa im Schweden Olof Palmes, also wiederum in der Schale der bürgerlichen Demokratie? – Der „herbe Kern der sozialen Ungleichheit“, ist er nicht Teil der „conditio humana“, folglich weder gut noch schlecht, sondern das Normale, das sich nur recht und schlecht, nie jedoch prinzipiell regeln lässt, es sei denn man versucht es irgendwie gedankensynthetisch, was blödsinnig wäre, oder eben mit Gewalt, was – Maoismus, in Kambodscha … – ein Verbrechen darstellte? Wieviel luxemburgische Hoffnung mag es oder darf es noch gebe? Nicht viel, scheint mir.

  176. Ralf Nachtmann sagt:

    @ erhard weinholz

    Sie fragen: „Wem erscheint es denn billig, diesen sog. Sozialismus zu verteufeln?“ Ich antworte: Zum Beispiel mir, allerdings hätte ich schreiben sollen: „zu billig“. Sie fragen: „Welche Demütigungen sind gemeint? Ist das ein Zitat?“ Es ist ein Zitat, eins von mir selbst. Das aber ist nicht von Belang. Ich glaubte bisher, dass die Demütigungen, die Menschen im Nationalsozialismus durchleiden mussten, nicht mehr explizit genannt werden müssen. Dasselbe glaubte ich auch hinsichtlich der Demütigungen den nachfolgenden Sozialismus. Und „diese mir unbekannten Demütigungen“ aus der (nach-sozialistischen) Gegenwart sehen etwa so aus: Es fliegt ein Pflasterstein durch die Fensterscheibe mit einem Zettel dran: „Weg mit rotem Chaotendreck“. Und nicht viel später wird man „Nazi“ geziehen, allein weil man beispielsweise den Sinn der gegenwärtigen Art der Einwanderung in Zweifel zieht oder angesichts eines Fassadenstreits ein gewisses und recht diskutables Gender-Problem erkennt. Nähere Details aber gehören nicht in ein solches Forum. Wer war eigentlich der Franzose der einmal schrieb, Klarheit sei die Höflichkeit der Autoren? Jules Renard schrieb: Klarheit ist die Höflichkeit des Schriftstellers. (Ein solcher bin ich nicht. Zwar sind Schriftsteller Autoren, aber nicht jeder Autor ist auch Schriftsteller.) Marcel Reich-Ranicki (sicher bekannt) machte daraus: Klarheit ist die Höflichkeit des Kritikers. Auch Unklarheit regt zuweilen zum Nachdenken (und Diskutieren) an. Und genau da treffen wir uns also wieder. Bleiben Sie mir gewogen.

    • Sehr geehrter Herr Nachtmann,
      ich „glaube“ nicht an ein Mastermind K., sondern versuchte nachzuweisen, dass dieser Mann ein anderes Land will, das ich und viele andere nicht wollen. Die Geschichte zeigt, dass derartige Personen nicht unbedingt „Genies“ sein müssen, wie der Begriff „Mastermind“ auch zu übersetzen wäre; nein es genügt, wenn ihre „Intellektualität“ so weit reicht, den im Artikel beschrieben politischen Einfluss ausüben zu können.
      Desgleichen gestehe ich, Ihren ersten Beitrag bis auf die eben erläuterte Stelle auch nicht verstanden zu haben. In Ihrer Antwort auf Herrn Weinholz stellen Sie Einiges klar, was mich zum Widerspruch reizt. Sie schreiben: „Ich glaubte bisher, dass die Demütigungen, die Menschen im Nationalsozialismus durchleiden mussten, nicht mehr explizit genannt werden müssen. Dasselbe glaubte ich auch hinsichtlich der Demütigungen den nachfolgenden Sozialismus“. Der zweite Satz ist wohl fehlerhaft durch eine Auslassung, aber das passiert. Ihre Intension ist klar – und die teile ich nicht: Im Gegenteil – ich bin der Auffassung, diese „Demütigungen explizit“ benennen zu sollen, immer und immer wieder, um einen Rückfall namentlich in den „Nationalsozialismus“, aber auch „den nachfolgenden Sozialismus“ zu verhindern. Wobei ich „Demütigungen“ für einen wenig hilfreichen Euphemismus halte; es geht – in unterschiedlichem Maße – um teils monströse Verbrechen; ich muss das nicht ausführen.
      Wenn Sie meinen sollten, permanente Warnungen nutzten sich ab – auch das sehe ich nicht so: Solange die bundesdeutsche Fahne SchwarzRotGold für eine Nazi-Fahne, ja ein Symbol für Auschwitz gehalten wird, kann es – für mich jedenfalls – nur den eben beschriebenen Schluss geben.
      Beste Grüße
      Stephan Wohanka

  177. Ralf Nachtmann sagt:

    Stephan Wohanka glaubt an einen „Mastermind Kubitschek“; na, ist das nicht zu viel Ehr‘ für einen Simpel, der Intellektualität zwar vortäuscht, tatsächlich aber mangels eigenen Habens, verachtet?
    Im Übrigen erscheint es billig, den von den rechten Bewegungen in Europa propagierten „nationalen Sozialismus“ zu verteufeln, solang man selbst einige „bestimmte Demütigungen“ (noch?) nicht selbst durchlitten hat, durchleiden musste.
    Die gute Braut ist eben hässlich, und der junge Bursch wünscht sich ’ne hübsche.

    • erhard weinholz sagt:

      Vielleicht braucht man ja für eine solche Rolle nicht sonderlich viel Intellektualität. Dies zum ersten Satz. Zum zweiten: Wem erscheint es denn billig, diesen sog. Sozialismus zu verteufeln? Welche Demütigungen sind gemeint? Ist das ein Zitat? Und wenn man diese mir unbekannten Demütigungen durchlitten hat, erscheint es dann nicht mehr billig, diesen sog. Sozialismus zu verteufeln? Tja, wer weeeß … Ein Franzose schrieb einmal, Klarheit sei die Höflichkeit der Autoren.

    • Helmut König sagt:

      Wer, sehr verehrte Frau Cordula, hat Sie veranlaßt, so überaus scharf auf verschlungenden Wegen gegen den derzeitigen Präsidenten der VSA anzureiten? Ehrlich mal!

  178. René Bertram sagt:

    Dito „werter Herr“ (es freut mich, dass Sie meinem Namen das dazugehörige Genus richtig zugeordnet haben) –
    Auch Ihre Anmerkungen klingen schlüssig, mir bleibt nur die Frage unbeantwortet, was ist, wenn besagter Mainstream mit seinen (freilich beilleibe nicht allen) Sichtweisen einfach mal recht hat.
    Oder scheidet das Ihrer Ansicht nach aus, weil sich dort ja alles im Rahmen des politisch Gelenkten und/oder Korruptiven bewegt? Und auch: Inwiefern nehmen Sie die NZZ und mehr noch Cicero von Ihrem Verdikt aus? (Übrigens: Bei eller Zuneigung auch meinerseits zum Blättchen kann ich auch bei dem nicht voraussetzen, dass dort allzeit nur zu lesen ist, was dann als „richtig“ zu gelten hat. Auch diese Publikation ist Menschenwerk, und der Mensch, wir wissen es spätestens seit der Bibel, ist ein fehlbares Wesen.)
    Zumindest diesbezüglich bin ich denn doch irritiert, grüße Sie, Herr Ernst, desungeachet aber mit vorweihnachtlicher Freundlichkeit,
    R. Bertram

  179. René Bertram sagt:

    Es tut mir leid, aber mich fröstelt es jedesmal ein wenig, wenn ich einen mutigen Polemiker den Begriff „Mainstream“ gebrauchen höre oder eben lese. Aus der Verachtungsfülle, die darin mitschwingt, speist sich da jedesmal die eigene Überlegenheit des unterdrückten, aber bescheidwissenden Außenseiters, eines Märtyrer der Aufklärung sozusagen.
    Wenn ich an Zeiten des Realsozialismus zurückdenke, kann jedenfalls ich nur resümieren, dass der antikommunistische Mainstream der Westmedien – trotz auch allem Schwachsinn vor allem des Boulevards und weiteren Fehlleistungen – im Kern über eben jenen Sozialismus mehr Zutreffendes veröffentlicht hat als dies die Agitatoren und Propagandisten des Wahren und Guten taten.
    Mainstream bedeutet dominierende Mehrheitlichkeit, nicht mehr, nicht weniger. Dass eine solche nur deshalb falsch und eben verachtenswert ist, weil sie nicht zur eigenen Sichtweise passt – erschließt sich mir leider nicht. Im Gegenteil: Das ist gute (?) alte Argumentationssitte aus realsozialistischen Zeiten. Wie ich gehört habe, sind diese aber perdu.
    René Bertram

    • Werner Richter sagt:

      Dieser Aspekt spielt hier beim Begriff „Mainstream“ keine Rolle. Er wird i.d.R. gebraucht, um die Differenzen zwischen „seriösem“ Journalismus, also der unparteiischen Berichterstattung und einer immer mehr aus verschiedener Richtung dirigierten zu beschreiben. Dazu sind die Arbeiten von Uwe Krüger gewissermaßen akademischer als auch politisch-praktischer Hintergrund. Er analysierte die Organisationsstränge von Institutionen, z.B. von Stratfor (Nato) zu Schlüsselpersonen in den Medien, in deren Ergebnis ein „Durchstechen“ von Interpretationen zu aktuellen Ereignissen in die „Hauptmedien“ erfolgt. Er nennt dabei durchaus Roß und Reiter. Auch aus der Branche liefern Leute Belege dafür, z.B. Harald Schumann. Inzwischen sind weitere Propagandastränge, anders kann man das wohl nicht bezeichnen, publik geworden, ein neues Beispiel wird hier benannt: https://www.heise.de/tp/features/Infowar-oder-Absurdistan-Britisches-Aussenministerium-im-Strudel-der-Desinformation-4253994.html.

    • Wolfgang Ernst sagt:

      Werter Herr,
      Ihre Einlassung klingt schlüssig, trifft des Pudels Kern aber nicht. Bereits in Goethes Faust ist nachzulesen:
      „Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
      Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
      In dem die Zeiten sich bespiegeln.“
      In diesem Sinne haben sich schon Karl Marx, die 1848er und die deutschen Sozialdemokraten im 19. Jahrhundert damit befasst, dass die bürgerliche Presse gegen Bezahlung, auf Geheiß der respektiven Regierung und/ oder unter Zutun geheimdienstlicher Einflussagenten lügt. Nicht immer, aber des öfteren.
      Jetzt sparen wir uns mal den „Reichsminister für Propaganda und Volksaufklärung“ und stellen schlicht fest, dass solcherlei Pressewesen sich nach 1945 rekonstruierte, im Westen in alter Weise und im Osten dergestalt, dass sich das SED-Politbüro als der neuen „Herren eigner Geist“ konstituierte. Der Kalte Krieg beflügelte das beiderseitige, vor allem das wechselseitige Lügen. Der Unterschied war nur, dass die Stalinisten im Osten sichtlich grobschlächtiger und dümmer waren, als die bürgerlichen Propagandisten im Westen. Mit dem Ende des Realsozialismus waren erstere beiseite geschoben, die letzteren blieben als „Sieger der Geschichte“ übrig. Das ist es, was heute „Mainstream“ geheißen wird, nicht nur als Medienphänomen, auch in Politik und Wissenschaft.
      An der Tatsache, dass bestimmte Themen, z.B. bezüglich Russland oder Ukraine, in den bürgerlichen Großmedien nicht oder nur tendenziös behandelt werden, wird deutlich, dass wir es derzeit in Deutschland ebenfalls mit einer klandestinen Lenkung zu tun haben. Wer alternative Medien lesen will, muss zur Neuen Zürcher Zeitung oder zum Cicero greifen, auf die Nachdenkseiten gehen oder das Blättchen lesen.

  180. Werner Richter sagt:

    Zu: Bemerkungen, Günther Krause, untote Skandalnudel Heft 26/18
    Zum alten Witz hatte ich schon immer ein getrübtes Verhältnis, wenn auch die Mehrzahl meiner „Genossen“ ihm selbst klammheimlich oder offen applaudierten. So waren sie halt, die SED-Nationalisten (Thierry Meyssan) mit der DDR-Fahne am Balkon zum 1. Mai. Ich fand Karl Eduard, heute würde man das cool nennen, sachlich, sowohl in Bezug auf seine Kapitalismuskritik wie der der BRD-Politik und fand das in einigen Begegnungen bestätigt. Den Witz, der Realität wiedergibt, fand ich jedoch ungerecht. Seine Sendung am Montag nach Willi Schwabe war mir die wichtigste überhaupt.
    Man könnte meinen, das sei Geschichte, jedoch ließ mich eine Gegebenheit nachdenklich werden. Bei einer Diskussion im Haus der Demokratie saß ich neben Susann Witt-Stahl, ohne sie zu kennen. Nach ihren Diskussionsbeiträgen sprach ich sie an: Wissen Sie, daß Sie genau der Argumentationsmethode von Schnitzler folgen? Sie dachte kurz nach: Ich bin gerade dabei, „Melody & Rhytmus“ neu heraus zu bringen. Z.Z. lese ich gerade die „gesammelten Werke“ von Schnitzler, der hat mir viel zu geben.
    Wenn man heutzutage noch dem Witz hinterher feixt, sollte man sich doch fragen, warum eigentlich.

    • Lieber Herr Jakubowski, die Komplexität der Lage in Syrien ist mir bewußt, versuche, sie mit Verfolgung und Einordnung zu erfassen. Jedoch bezog sich meine Einlassung auf das Narrativ der als Bürgerkrieg bezeichneten Kampfhandlungen zu Beginn. Da haben wohl wiederum Ihre Einwände zu den Abläufen danach doch nichts verloren.
      Das von Ihnen erwähnte progressiv-demokratische Projekt der Revolution in Rojava hat auch meine gespannte Aufmerksamkeit, aber auch da ist die Lage nicht ganz so eindeutig, da ja damit auch eine Kooperation mit den US-Streitkräften verbunden ist, die ja an allem anderen interessiert sind, als wirklich demokratische Projekte zu fördern. Es dient ihnen als Feigenblatt.
      Wenn man vom „Assad-Regime“ spricht, dann dürfte selbstverständlich sein, vom Erdogan-Regime, saudischen, katarische usw. zu sprechen. Denn diese Regimes sind keinen Deut besser bzw. schlimmer bezüglich der Menschenrechte. Dies könnte für viele nordafrikanische Regierungen gelten. Daß aber die Rede ausschließlich vom „Assad-Regime“ ist, geht wohl auf die Zielstellung der Nato, eine nicht gefügige Regierung zu beseitigen, in deren Folge bewußt in Kauf nehmend eine ganze relativ stabile Region zerstört wurde, zurück. In diesem Zusammenhang lehne ich diese Bezeichnung zumindest als unzulässig ab.

    • Stephan Jakubowski sagt:

      Lieber Herr Richter,

      da gebe ich Ihnen auf der Ebene der Form vollkommen Recht – es handelt sich in meinen Augen um das türkische, das libysche, usw. Regime. Eine Trennung nach schlecht und etwas weniger schlecht fällt da bisweilen schwer und die Verargumentierung, warum bei dem einen eine Delegitimierung statthaft ist und bei welchem nicht mehr, ist oft subjektiv eingefärbt.

      Man sollte bei der grundsätzlichen Frage der Urheberschaft eines Aufstandes nicht vergessen, dass damit auch oft eine Wertung einhergeht und die Reduktion eines Aufbegehrens auf einen geheimdienstlichen „Regime-Change“ ebenfalls einen delegitimierenden Beigeschmack hat. Gerade das revolutionäre Projekt in Rojava aber trägt ja den Grundgedanken vom Objekt zum Subjekt zu werden.
      Zur Frage der Kooperation zwischen der Revolution in Rojava und den USA hat sich das KCK recht eindeutig geäußert. Kurz zusammengefasst heißt es da: Man weiß um die Gegensätzlichkeiten in der Frage „kapitalistische oder demokratische Moderne“ und kennt auch die jeweiligen Haltungen. Weiter aber sind die USA für die Bewegung nützlich im Kampf gegen den IS und als Puffer gegen die Türkei gewesen. Erwartet hat man nichts und war sich jederzeit bewusst, dass es den USA zu keiner Zeit um die Unterstützung der (wie ich finde) besten demokratischen Bestrebung unserer Zeit gehen könnte, sondern ausschließlich um direkten Einfluss bei der geopolitischen Gestaltung der Region.

    • Entschuldigung, da ist mir eine Deplatzierung meines Beitrages gelungen. Er gehört natürlich zum Beitrag von Stephan Jakubowski am 21. Dezember 2018 um 11:14.

    • Werner Richter sagt:

      Lieber Herr Jakubowski, da gehen wir völlig konform. Hatte schon hier vor Jahren auf die besondere Bedeutung der Entwicklung in Rojava aufmerksam gemacht, da m.M. nach darin Keime einer genossenschaftlichen und zugleich basisdemokratischen, auch in der Wirtschaft, Struktur zu erkennen sind, die es nur noch in den katalanischen und baskischen Zivilgesellschaften gibt. Dabei deutete ich an, hier Ansätze zu einer Nichtwarengesellschaft möglicherweise vorzufinden. In der extremen äußeren Situation von Rojava ist es schon ein Wunder, daß das Projekt immer noch existiert und damit auch die Versorgung 100.000er Binnenflüchtlinge ohne nennenswerte Unterstützung, aber unter Sanktionen seitens der Türkei, zusätzlich gewährleistet. Die Bundesrepublik, EU und Nato unterstützt da lieber die syrischen Ableger der Barsani-Truppen, die den Hofhund der Türkei geben, genau die, die einst die Jesiten entwaffneten und den Türken zum Fraß vorwarfen. Aber ich verstehe schon, warum YPG & Co. nicht auf die Assad-Avancen eingingen, so spielten sie jedoch va banque mangels Alternative. Ihnen blieb nur die Wahl zwischen Pest und Cholera und sie wählten verständlich letzteres, das bißchen Durchfall namens USA kann man überleben.

  181. Werner Richter sagt:

    Zu Syrien: hybride Machtspiele staatlicher Akteure Heft 26/18 17.12.2018
    Es ist wohl zwingend geboten, als auf mediale Anerkennung und Bezahlung angewiesener Beobachter zumindest ab und zu Darstellungen des Mainstreams zu übernehmen und Gleichklang zu signalisieren.
    Schon die Ausgangslage dürfte darunter fallen, die aber so mehr als zweifelhaft ist. Es gibt nicht wenige seriöse Analysten auch vor Ort, die es genau umgekehrt wahrgenommen haben und dazu ziemlich viele handfeste Beweise anführen, bis hin zur Globaleinschätzung, daß von vorn herein außersyrische Kräfte agierten, die dann nach und nach einheimische, wie auch immer, dafür gewannen, alten Zwist wieder hochspielend. Erinnert sei an damals noch mögliche Reportagen aus dem Nordosten Syriens, als erstmals Truppen in Ortschaften kamen. Eine Frau erzählte, das seien zwar nach der Sprache Araber gewesen, aber kein Syrer. Von den inzwischen vor dem „Bürgerkrieg“ abgezogenen größten Waffendeal aller Zeiten, zur Ausrüstung und Ausbildung der Proxy-„Widerständler“, der Teilnahme von Spezialeinheiten vieler Nato-Staaten und der Rolle der „Koalition“ vor dem „Bürgerkrieg“ muß mal gar nicht gesprochen werden.
    Das zweite Signal (Ich bin doch im Prinzip auf eurer Seite) kann man in der Verwendung des Begriffes „Assad-Regime“, „Machthaber Assad“ wäre eine weitere mögliche Variante, sehen. Dieser Ausdruck relativiert die Aggression der Nato und ihrer regionalen Handlanger, verleiht ihr in eine gewisse Berechtigung, die des gut gemeinten Demokratieexportes, und gibt der syrischen Regierung eine Mitschuld, worin Hauptschuld mitschwingt.
    So tief kann man sinken.

    • Stephan Jakubowski sagt:

      Lieber Herr Richter,

      unter der Vorraussetzung einer unglaublichen Komplexität des wer-mit-und-wer-gegen-wen im Syrienkrieg ist Ihr Fokus auf den US-Imperialismus doch ein bisschen arg verkürzt. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, darf nicht vergessen werden, dass der NATO-Partner Türkei, kräftig ausgerüstet aus Deutschland, nur mit der Freigabe des Luftraum durch Russland (und die USA) den Angriff auf Afrin starten konnte. Mit islamistischen Milizen (zum Teil aus den Reihen des IS), die vorher vom NATO-Partner USA bekämpft wurden, welcher wiederum bis vor kurzem Seite an Seite mit den Kräften der SDF gegen den sogenannten IS kämpfte. Gleiches gilt für die neuerlichen Angriffspläne gegen die selbstverwalteten Gebiete im syrischen Nordosten. Hier zeigt sich ein hochkomplexes Konstrunkt aus globalen wie regionalen imperialistischen Bestrebungen, die ein klares Freund-Feind-Schema aushebeln. Erschütternd ist, dass das progressiv-demokratische Projekt der Revolution in Rojava droht, zwischen all diesen Akteuren aufgerieben zu werden.
      Im übrigen finde ich, dass man sehr wohl vom „Assad-Regime“ sprechen darf, denn die massive Gewalt, die gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt wurde und die Tatsache, dass auch Assad seinen nicht unerheblichen Anteil am Erstarken des IS hatte zeigen, dass sich auch dieses Regime für den Erhalt der eigenen Macht und zur Durchsetzung regionaler Hegemonialvorstellungen nicht zu schade für schmutzige Hände war und ist.

  182. Werner Richter sagt:

    Es ist geschehen, das Undenkbare und Nichtseinsollende. Eine Zeitschrift brachte einen Artikel zum Erscheinen der Neuausgabe „Das Kapital 1.1-1.5“¹. Zeichen oder Wunder? Die heilige Dreifaltigkeit des Journalismus, zumindest von Einigen beschworen und wohl nur in grauer Theorie existent, ist durchbrochen.
    Aber lassen wir die Dramatik, es ist eigentlich stinknormal. Das „Kapital“ erschien um Wesentliches erweitert und eine Zeitschrift berichtet darüber, was eigentlich ihre Aufgabe ist. Das ND hatte ja schon eine Besprechung für die Buchmesse veröffentlicht², sodaß hier garantiert keine Sensation vorliegt. Beides wurde hier im Forum bereits erwähnt. Es entwickelt sich eben, Genossen, auch der Journalismus.
    Der gemeinte Artikel als Gastbeitrag von Heinrich Harbach erschien auf der Website des Heiseverlages „telepolis“³. Dort begründet der Autor die Bedeutung des Ereignisses sowohl für die gesellschaftswissenschaftliche Theorie, die Interpretation des „Kapitals“, als auch für die praktische Politik, zumindest, soweit sie sich links wähnt. Es ist der Teil „Das Kapital 1.5 Die Wertform“, in bisherigen Ausgaben nicht vorhanden, und alle bisherige Kapitalinterpretationen in Frage stellend, der Furore macht.
    Die Website hat auch ein Forum, von dem ich hoffe, daß es fruchtbringende Diskussion bringt. Aber, für die, die mit ihm noch keine Erfahrungen gemacht haben, ist es sehr gewöhnungsbedürftig, es tummelt sich da allerlei, auch grobes Volk, wie auch sonst in der Gesellschaft. Das muß nicht negativ sein.
    Auch dem Nichtökonomen, der ja in der Regel mit der marxistisch-leninistischen Theorie, mit dem „Kapital“, und Praxis Berührung hatte, kann die Beschäftigung damit von Vorteil sein. Er hat Bezüge dazu, ob er will oder nicht.
    ¹ Rolf Hecker/Ingo Stützle (Hg.): Karl Marx. Das Kapital 1.1 bis 1.5. Fünf Bände im Schuber. Karl Dietz Verlag, 896 S., br., 30 €
    ² Die Wertform – das Fundament der kapitalistischen Produktionsweise !
    (zu „Das Kapital 1.5“ der Taschenbuchausgabe von „Das Kapital 1.1-1.5“) Zum 200. Geburtstag von Karl Marx, Der Springpunkt, https://www.neues-deutschland.de/artikel/1081770.karl-marx-der-springpunkt.html
    ³ https://www.heise.de/tp/features/Die-Wertform-Das-Fundament-der-kapitalistischen-Produktionsweise-4237120.html

  183. Ute Rucht sagt:

    Danke an E. Crome für diese nüchterne und damit sachlich-realistische statt emotional-ideologische Sicht auf das Problem der Linken in deren Bemühen (oder Versagen), wieder eine wirklich einflußreiche gesellschaftliche Wirkungsmacht zu werden.
    Ute Rucht

  184. Rolf Kegel sagt:

    „Ach, verraten zu sein, ist immer der Trost der Geschlagenen“, hat C. v. Ossietzky einmal, wie ich finde sehr treffend, resümiert.
    Mal sehen, wer sich in Sachen SPD – außer per Abwendung von ihr – noch alles als Opfer gerieren wird, was ohnehin des (nicht nur) Deutschen beliebteste Daseinsform sein dürfte.
    Nebenbei (und hier nicht als Widerspruch zu Sarcasticus gemeint), dass alle kommunistischen und andere linken Parteien – die einen mehr, die anderen weniger – ihre ursprünglichen Ideale verraten haben, wo sie an irgendeiner Form der Macht waren, sollte irgendwie immer mitgedacht werden. Wenn ich, nur mal auf die Gegenwart bezogen, daran erinnere, dass die heutigen Großdesaster u. a. der Berliner Wohnungs-, Bildungs-, Ämter-und Gesundheitsszene einst auch von der neuerlich mitregierenden Linken in deren erster Koalition mit der SPD mitzuverantworten ist, da sie mit (auch) ihrer rigiden Sparpolitik die Ideale der sozialen Gemeinschaft (hier einer Stadt) verraten hat, statt auszusteigen, um wenigstens nicht mitschuldig zu werden.
    Rolf Kegel

  185. Darf ich – auch wenn es ganz unüblich ist – meinem „Bravo“ für Wolfgang Klein noch ein Textstück hinterherschicken? Ein eigenes? Aus meinem Roman „Hartenstein. Bd 2: Im Zwielicht der Spuren“, erschienen Anfang 2018? Dort habe ich auf Seite 113ff geschrieben:
    „Fassungslos […] stand er“ – gemeint ist Jakob Hartenstein – „vor der Nichtbereitschaft der Herrschenden, eine Politik zu betreiben, die der Komplexität dieser Flucht- und Migrationsbewegungen, wie sie so überdeutlich auf der Hand lag, auch nur in Ansätzen gerecht geworden wäre.
    Für einen winzigen Moment hatte er geglaubt, es könne vielleicht gut ausgehen. Das war der Augenblick gewesen, da die Kanzlerin, um blutige Zusammenstöße und Hunger- und Trinkwasserkatastrophen der Flüchtlinge, die im Süden Europas gestrandet waren und nun zu Zehntausenden nach Norden strebten, zu verhindern, die Grenzen geöffnet und ‚Wir schaffen das‘ gesagt hatte.
    Ja, hatte Jakob gedacht, das war ein gutes Wort. War dem Reichtum Deutschlands angemessen und allem anderen, dessen man sich im Land glücklich schätzte und das man sonst gar nicht genug preisen konnte: wie demokratisch die Gesellschaft organisiert und wie effektiv sie verwaltet war; wie vorbildlich man sich um diejenigen kümmerte, die keine Arbeit finden konnten oder auf andere Weise von dem, was als Erwerbsleben galt, ausgeschlossen waren; wie hoch der Gerechtigkeitsanspruch war im Land; und wie modern das Menschenbild, mit dem man darauf bestand, frei zu sein von Rassismus und Intoleranz, Diskriminierung und Ausländerfeindlichkeit. Und war auch angemessen den riesigen Gewinnen, die Deutschland daraus zog, dass es in der Globalisierung zum Exportweltmeister geworden war. Die Welt stand offen allem, was in Deutschland selbst und in deutschen Firmen, die sich allüberall auf den Kontinenten angesiedelt hatten, mit Gewinn für Deutschland produziert wurde – da war es doch nur logisch, dass umgekehrt auch Deutschland der Welt offenstehen musste, und es war gut, dass sich das im Kanzlerinnenwort spiegelte.
    Aber wie sehr hatte er sich geirrt.
    Nicht einen Tag lang hatte ‚Wir schaffen das‘ Bestand gehabt. Nicht einen einzigen Tag. Blitzschnell hatte sich Gegendruck organisiert, und blitzschnell waren die Signale auf Rückzug gestellt. Den vollzog, wie es ihre Art war, die Kanzlerin nicht direkt, aber sie vollzog ihn. Trug den Satz noch ein paarmal vor sich her, aber höhlte ihn dabei schon aus, nahm ihm allen Kern und jede Kraft. Denn sie, die sonst so gerne von Werten sprach – von christlichen, abendländischen, europäischen – hielt nicht in die Höhe den wichtigsten Wert von allen: das Bild vom Menschen als eines überall gleichen. Das universale Menschenbild.
    Und: Sagte nicht, mit wem sie sich zusammentun wollte in ihrem ‚Wir schaffen das‘, benannte für ihren Satz keinen Adressaten, keine gesellschaftliche Kraft. Dabei bot diese Kraft sich ihr an in hunderttausendfacher Form. Mit überwältigendem Enthusiasmus und in selten erlebter Gemeinsamkeit meldeten sich junge Leute allüberall zu bereitwilliger Hilfe. Nichts wollten sie dafür haben, kein Geld war ihnen wichtig, das Helfen selbst war ihnen Inhalt und Zweck genug. […]
    Aber die Kanzlerin sah sie nicht, diese Kraft, sprach sie nicht an, ermutigte sie nicht, und schon gar nicht machte sie sich zu einem Teil von ihr. […]
    Indes: Da sie allein blieb mit ihrem ‚Wir schaffen das‘, die Kanzlerin, sich nicht verbündete, nicht Kraft suchte bei anderen, hatte der Gegendruck leichtes Spiel. Baute sich auf in ihrer eigenen Partei und in der, mit der sie in Koalition sich befand, und baute sich gleichzeitig auch auf der Straße auf und mit einer neuen Partei, die aus diesem Gegendruck sich speiste und ihn weiter erhöhte.“

    • Klaus Müller sagt:

      Wahre, wichtige, wunderbare Worte – danke Wolfgang Klein, danke Wolfram Adolphi!

  186. Bravo, uneingeschränktes Bravo, lieber Wolfgang Klein, für Ihre wunderbare Ansprache.

  187. Rainer Rau sagt:

    Heimat ?
    Meine Familie, meine Freunde, mein Verein, meine Genossinnen und Genossen
    Biesdorf, Kaulsdorf, Marzahn, Hellersdorf, vielleicht auch noch Berlin.
    Meine Straße, das Getreideviertel, die Oberfeldstraße, das Wuhletal, der Kienberg.
    Das ist mein zu Hause
    Hiddensee, Rügen, Rostock, Warnemünde, Hamburg, Kiel, die Ostseeküste, die Ostsee,
    Hohensaaten, die Oder, Bad Lauterberg, der Brocken, der Harz, Leipzig, Dresden, Klieken, die Elbe, Bingen, der Rhein, Passau, die Donau, Singen am Hohentwiel, Konstanz, der Bodensee,
    Kochel am See . . .
    Deutschland – ist meine Heimat – nicht aber mein Staat
    Und Europa?
    Inzwischen auch meine Heimat?
    Bück, Mielno, Swinoujscie, Marianske Lazne, Pertisau, Obergurgel, Keutschach, Morschach, Brunicio, St. Johann, Menorca, Madeira, Ponta Delgada, Kreta, Osoyro, Lappenranta, Edam . . .
    Ja!

  188. erhard weinholz sagt:

    Zur Abwechslung heute einmal lyrische Anmerkungen:

    Konservatives Prophentenwort
    Das Personal, das nichts mehr schreckt, es wird tagtäglich frecher,
    Der Geist ist krank und schmutzbedeckt, o ihr Kulturverbrecher!
    Die Menschheit ist gemein und dumm und wird noch immer dümmer,
    Und überhaupt ist alles schlumm, und morgen wird‘s noch schlümmer.

    Auf meinen Spaziergängen durch Berlin begleitet mich, das nun sei allen Herbert-Roth-Verächtern ins Stammbuch geschrieben, des öfteren ein von mir erdachtes Lied im Stil des Meisters, das Köckeritzsch-Stöckeritzsch-Lied (eigentlicher Titel: Gemeinsam geht es besser). Die Melodie, so scheint mir, stellt sich beim Lesen wie von selbst ein, Tempo: flott, aber nicht hastig.
    Von Köggeritsch nach Stöggeritsch (so die Originalaussprache) durch Wiese, Feld und Hain, den langen Weg nach Stöggeritsch geh ich nicht gern allein.
    Chor: Nach Stöggeritsch!
    Von Köggeritsch nach Stöggeritsch ist es nicht mehr so weit, geh’n wir den Weg nach Stöggeritsch auch einmal zu zweit.
    Chor: s. o.
    Von Köggeritsch nach Stöggeritsch beflügelt sich der Schritt, geh’n wir den Weg nach Stöggeritsch gemeinsam gar zu dritt.
    Chor: s. o.
    Von Köggeritsch nach Stöggeritsch, da geht es wie geschmiert, zieh’n wir hin gen Stöggeritsch (langsamer werdend) zu guter Letzt zu viert!
    Chor: s. o.
    Wenn möglich, mit Zitherbegleitung servieren.

    • Werner Richter sagt:

      Vielleicht ist dabei ein bißchen Abwechslung anzuraten, z.B. mit alten Kinderreimen, gesungen nach Volksmelodien, wie dem:
      Aaf dr Olm, do schtiat a Kuah,
      die mocht dös Auerschloach aaf un zua.
      Donebn schtiat a dummes Schwein,
      dös schaut dr Kuah ins Auerschloach nei.
      Do sogt die Kuah: Du dummes Schwein, wos schaust’n mia ins Auerschloach nei.
      Do sogt das Schwein: Du dumme Kuah, was mochst’n’s Auerschloach aaf un zua.
      Danach kann man inbrünstig aufatmen: Heimat, Deine Sterne!

    • Herr Richter möge sich sagen lassen, dass derart abgestandener Unflat durch noch so viele Diphtonge nur unwesentlich erträglicher wird.

      Erhard Weinholz dagegen sei gepriesen für das ebenso humane wie soziale Ideal, das er der faustischen Tragödie der Individuation entgegensetzt. Die Ausspracheregel (Köckeritzsch -> Köggeritsch usw.) erweist sich darüber hinaus als praktische Lebenshilfe: ich war mal in Leutzsch bei Leiptzsch und kann jetzt mit dieser Tatsache wesentlich entspannter umgehen. Hier zeigt sich ein Autor, der nicht nur die ethische, sondern auch die phonetische Kompetenz hat, selbst mit einem Nietzsche fertig zu werden. Und vom Intellekt her langt’s sowieso allemal.

      Mein Lieblingsbuchstabe bei „Heim und Welt“ war übrigens bisher „C“; der mit den „blonden blauäugigen Heiken“.

    • Werner Richter sagt:

      Herr Mankwald, das ist wirklich ein Kinderlied aus historisch prekären Proletenverhältnissen. Die Leute hatten keine Zeit, sich um die Befindlichkeiten von Schöngeistern zu sorgen. Man kann das natürlich ausblenden in heutiger Sattheit und sich mokieren. Aber Prekariat ist im Kommen und die Umgangsformen sind auch wieder dem entsprechend. Sie wiederspiegeln auch diese Lebensverhältnisse. Da ist doch ein Erinnern durchaus angebracht, wenn auch nicht jedermanns Geschmack. Wenn man jedoch Deftigkeit mit Niedrigniveau gleichsetzt, hat man ein Problem.

    • Herr Richter, proletarische Verhältnisse sind mir als Sohn eines Arbeiters durchaus bekannt; ebenso mindestens die ersten vier Zeilen Ihrer Verse, wenngleich in anderer Mundart. Daher das Prädikat „abgestanden“.
      Zu dem, was Sie „Prekariat“ nennen, gehöre ich als Empfänger des sog. „Arbeitslosengelds II“ seit Jahren selbst. (Nebenbei bemerkt empfinde ich den Ausdruck als diffamierend. Prekär heißt „auf Bitten angewiesen“; ich habe bestimmte Rechte. Und welche Umgangsformen zu dieser Situation passen, möchte ich gerne selbst entscheiden.) Gerade in dieser miesen Lage waren mir die Verse von Erhard Weinholz ein Trost; Ihren Kommentar dagegen empfand ich als trostlos.
      Vielleicht verstehen Sie das besser, wenn ich auf ein Marx-Zitat zurückgreife: W. zeigt gleichnishaft, wie wer auch immer damit beginnt, sich „zur Klasse zu organisieren“; Sie zeigen die „Konkurrenz“, die uns immer wieder davon abhält. Wenn unsereins einander mit solchen Schmeicheleien belegt, haben doch nur die Herrschenden wirklich etwas zu lachen.

  189. Werner Richter sagt:

    Zu St. Wohanka „Nation, Heimat und Patriotismus“
    Es mag daran liegen, daß ich, immer unterwegs, nie länger an einem Ort lebte, die Begriffe Nation, Heimat, Patriotismus klingen mir recht hohl. Ich traure deswegen nicht, bin eher froh darüber. Allerdings ist mir der Begriff der Klassenzugehörigkeit nicht so fremd, den erlebte ich in Echtzeit, nicht nur als Gefühl, sondern sehr real. Wenn die erstgenannten Begriffe zum Politikum aufsteigen, weckt das meinen Argwohn. Nicht unbegründet kommt dann der Verdacht, da will doch jemand ein Süppchen kochen, das auch ich dann, wenn es wieder mal in die Hosen geht, auslöffeln soll. Stephan Wohanka hat die Gefahrenpunkte genannt, ein Autor in telepolis hat den Heimatbegriff historisch betrachtet, der dann im SS-Reichssiedlungshauptamt seine Vollendung fand:
    https://www.heise.de/tp/features/Vom-Gartenhaus-nach-Buchenwald-4223487.html
    Das kommt mir in den Sinn, wenn plötzlich wie aus dem Nichts Heimatministerien gebraucht werden.
    Außerdem weckt „Heimat“ Erinnerungen an Herbert Roth, der mich neben der Operette schon in jungen Jahren ohne Kompromisse zum Rock‘n Roll trieb. Und zwar nur der Originalversion, der verdeutschte Kitsch war mir ein Gräuel.
    Dieses Heimatgesäusel ist mir auch zu kitschig, Papiergirlanden am Maibaum gleich, erinnert an Pappkameraden. Und ich finde das Fazit eines Kabarettisten für zutreffend: Nationalisten erschlagen ihre vermeintlichen Gegner, Patrioten machen so was nicht. Sie lassen die Nationalisten ihre Gegner erschlagen.

  190. Jürgen Scherer sagt:

    Zu Bs „Windstille“:
    Ein Raunen geht durch den Blättchenwald, Herr B. verkündet ein Ende – gar bald.
    Was will er uns sagen?
    Zunächst mal, dass alles ganz fürchterlich und Passivität unser Land bestimme. Abhilf´ allein bringe mutig Aktion. Reif sei die Zeit für mutige Tat. Doch die konsumistische Haltung der jungen Elite verhindre Erkenntnis, intellektuellen Durchbruch und Tatkraft für Veränderung. Es bedürfe gewissermaßen der Unbedarftheit der „klugen Unterpriviligierten“ (Wer immer das sein mag, Herr B. verrät es uns nicht.), gälte es den Anfängen zu wehren. Nach Kästner blieben noch 5 Jahre Zeit, bevor der Sturm losbreche, der rechte nämlich.
    Um zu seinen Schlussfolgerungen zu gelangen, bemüht Herr B. ein Endzeitszenarium, das er nicht als Blaupause verstanden wissen will. Aber als Menetekel dient es ihm doch, für das, was er uns denken lassen will. (Wobei Mensch schon wissen sollte, dass Hodis´ „Weltende“ den vermuteten Sturz des Haleyschen Kometen auf die Erde zum Anlass hatte und sich quasi lustig machte über die damit einhergehende Weltuntergangsangst.)
    Des Weiteren führt Herr B. an, heute herrschten „Grundvereinbarungen“, die kaum jemand vereinbart habe. Welche meint er, das Grundgesetz z.B.? Wenn ich recht sehe, wird es, außer von rechten Wirrköpfen, darunter den „Reichsbürgern“, nicht infrage gestellt, ist eine passable und anerkannte Grundlage für das Zusammenleben in unserer Republik.
    Von der Jugend sei nichts zu erwarten, da fehle außer dem vom Konsumismus verseuchten Intellekt die Beseeltheit. Was aber ist mit den jungen Menschen, die sich zu Tausenden gegen TTiP engagieren, „Pulse of Europe“ unterstützen, bei „#Aufstehen“ auf die Straße gehen, im Hambacher Forst für Umwelt und Demokratie kämpfen, sich bei attac engagieren oder den G20kapitalismus herausfordern – beseelt sind von Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung?
    Und wenn ich recht sehe, werden ganz viele Gegendemonstrationen gegen „Pegida“ und die „ AfD“ gerade wegen der zuvor erwähnten Werte auch von jungen Menschen getragen.
    Von Windstille keine Rede, im Gegenteil!

  191. Werner Richter sagt:

    Zu Heerke Hummel Blä. 23-2018
    Zum x-ten Mal ist die These von der Revolution des Finanzwesens (Geldes) durch die Aufhebung der Goldbindung des $, die dadurch erfolgte Wesensänderung des Geldes von einer Ware zu einem Zertifikat für gesellschaftlich geleistete Arbeit zu lesen. Auch ständige Wiederholung der These macht sie nicht glaubwürdiger. Die Analyse kann man sich sparen, sie erfolgte zu anderer Gelegenheit bereits mehrmals und ist im Forum nachlesbar. Jedoch eine Einordnung scheint angebracht. All den Thesenvarianten ist gemeinsam, daß ihnen das Verständnis des Geldes und vor allem der allgemeinen Ware völlig fehlt. Den Status einer allgemeinen Ware erhält ein Ding unbewußt, gesellschaftlich instinktiv durch das Zusammenwirken von Warenbesitzern. Sie wollen es nicht, aber sie müssen es tun, weil nur so die Warenzirkulation funktioniert und damit auch die allgemeine Warenproduktion. Insofern muß eine übergeordnete Instanz das gesellschaftlich sanktionieren, was der Mensch blindwirkend geschaffen hat. Dieser Mechanismus funktioniert solange, wie i.d.R. der Staat bzw. Staatengemeinschaft, um eigene Existenz zu sichern, seinen Segen gibt (als 2008/9 Lehmann Brothers insolvent ging, mußte die gesamte Weltgemeinschaft dafür büßen, weil sonst ein globaler Konkurs gekommen wäre). Solange die Welt ihren Austausch auf Waren aufbaut, muß sie den auch über Geldbeziehungen abwickeln. Natürlich war temporär die Deckung des Geldes und seiner Konvertibilität durch den Goldstandard gegeben, aber durch seine quasi Aufhebung hat sich der Status des Geldes als Allgemeine Ware nicht geändert solange die staatliche Gewähr gegeben ist. Es wird erst in Frage gestellt durch Staatsbankrott oder den der Industrieländer.
    Es ist ein Phantasiegebilde, den unbewußten Charakter der Allgemeinen Ware aufzulösen und bewußt mit geleisteter Arbeit gleich zu setzen. Diese Theorie hebt den Zusammenhang von Warenzirkulation und -produktion auf und tut so, als sei die Aufhebung des Kapitalismus ein Klacks.
    Die Aufhebung des Goldstandards hat natürlich auch damit zu tun, daß wir wieder (!!!) im Finanzkapitalismus angekommen sind und das Kapital verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten zur Verwertung suchen muß.

  192. Wolfgang Ernst sagt:

    Da die dort in Rede stehenden „Eliten“ sich gegen solcherart Kritik abschotten wollen, werden Mausfeld und sein Buch inzwischen als „Verschwörungstheorie“ denunziert – mit dem derzeit wohlfeilsten Scheinargument, um sich mit kritischen Sichten gerade nicht auseinandersetzen zu müssen.

    • Ja, das ist eine der hauptsächlichen Keulen, die bei solchen Gelegenheiten benutzt werden. Vielleicht wirkt es inzwischen auch eher als Bumerang: Wo am heftigsten „Verschwörungstheorie“ geschrien wird, werden möglicherweise viele oftmals erst recht hinschauen.
      Durch das, was ich an Mausfelds Ausführungen kritisiere, leistet er dem allerdings auch ein wenig Vorschub. Denn er stellt eine vermeintlich unschuldig verführte Bevölkerung den Herrschenden und Medien pauschal gegenüber. Das werden viele gern lesen, die ihre Eigenverantwortung für das gesellschaftliche Geschehen nicht wahrhaben und sich auf das Verfluchen von Eliten beschränken wollen.
      Die soziale Realität ist weitaus differenzierter – wie seit voriger Woche einmal mehr die Leipziger „Mitte“-Studien belegen. Sie heißen nun „Autoritarismus“-Studien und haben diesmal ein Zitat von Erich Fromm als Titel: „Flucht ins Autoritäre“: https://www.psychosozial-verlag.de/2820

  193. Ich habe mich inzwischen ausführlicher mit Rainer Mausfelds Buch auseinandergesetzt. Wen das interessiert, kann es hier nachlesen:
    Kein Mensch wird als Schaf geboren
    https://andreas-peglau-psychoanalyse.de/kein-mensch-wird-als-schaf-geboren-zu-rainer-mausfelds-buch-warum-schweigen-die-laemmer/

  194. Klaus-Dieter Grimmer sagt:

    „Merzrevolution“
    Die deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts enthält für das Jahr 1848 ein wichtiges Ereignis, die sogenannte Märzrevolution. Durch revolutionäre Ereignisse im Februar in Frankreich inspiriert, kämpfte das deutsch Bürgertum gegen die lokale Willkür der vielen deutschen Fürstenhöfe für die Schaffung eines deutschen Nationalstaats. Die gewählte Aufmachung ist einem Wortspiel geschuldet, denn sollte der mit allen Wassern des internationalen Finanzkapitals gewaschenen Herr Merz die Nachfolge zumindest für den CDU Vorsitz von Frau Merkel antreten, kann Deutschland mit einer „Merzrevolution“ diese aber äusserst konservativ und von oben geführt, rechnen.
    Diese „ Revolution“ wird nicht etwa der Steuererklärung auf dem Bierdeckel zur massenhaften Anwendung für die deutschen Steuerbürger zum Durchbruch verhelfen, sondern soziale Kälte wird noch dominanter, die Polarisierung von Arm und Reich noch viel deutlicher hervortreten.
    Merz wird bestimmt nicht sofort aber auf Perspektive die Abrissbirne der letzten Überbleibsel der sogenannten „Sozialen Marktwirtschaft“ werden. Seine Sozialisierung, seine Dutzenden Posten und Pöstchen im internationalen Finanz- und Immobiliengeschäft wird ihm objektiv keine andere Wahl lassen. Außerdem ist ihm zuzutrauen, dass er gar nichts anderes will.
    Die Kreise, die diesen smarten Herrn unterstützen bzw. auf ihr Schild gehoben haben, erwarten nichts anderes von ihm.
    Dann kommt noch hinzu, dass Merz nicht unterstellt werden kann, eine besonders kritische Distanz zum derzeitigen US Präsidenten zu haben. Also es ist deutlich damit zu rechnen, dass die deutsche „Zickerei“, zur von Trump geforderten entschiedenen Aufstockung des Rüstungsetat, mit ihm schnell der Vergangenheit angehören wird. Umso schneller, sollte er auch noch Kanzler werden.
    Mit der Hoffnung von Herrn Caracciola bin ich einverstanden, Merz sollte weiter im Pausenmodus verbleiben. Das ist besser für unser Land!

  195. erhard weinholz sagt:

    Ein paar Überlegungen im Anschluß an Stephan Wohankas aus meiner Sicht höchst begrüßenswerten Forum-Beitrag. Bisher war ja im „Blättchen“ (warum eigentlich gerade hier?), wenn es um den Fall Skripal ging, immer nur von Beweisen in Anführungszeichen die Rede, von britischen Unterstellungen, von einer beweislosen Bezichtigungsstrategie und dergleichen mehr. Einer der betreffenden Autoren wunderte sich, daß der Westen mit Formulierungen wie „mit höchster Wahrscheinlichkeit“ arbeite. Aber was kann denn in einem solchen Falle überhaupt als Beweis gelten? Daß sich Putin höchstpersönlich hinstellt und erklärt: Natürlich haben wir den Kerl um die Ecke bringen wollen!, ist wohl kaum zu erwarten. Es ist von der Moskauer Führung ja zu verschiedenen Zeiten gelogen worden, daß sich die Balken biegen: im Falle der Morde von Katyn, der Raubkunst-Depots, des Abschusses einer koreanischen Passagiermaschine im Jahre 1983. Bis es dann irgendwann nützlich erschien, doch die Wahrheit zu sagen. Ich vermute, daß es auch im Fall Skripal so sein wird – und wundere mich zugleich, daß es immer noch Menschen gibt, die aus den genannten trüben Erfahrungen nichts gelernt zu haben scheinen. Daß auch westliche Regierungen gelogen haben, bemerke ich mal nebenbei, kann ja als Argument nicht reichen.
    Stephan Wohanka schließt mit dem Satz: „Solange ‚Links‘ mit Fakten, Tatsachen ‚unangenehmer‘ Natur, die also nicht so recht ins ideologische Muster passen, so umgeht, bleibt es um ‚Links‘ schlecht bestellt.“ Das führt mich zu einer zweiten Frage: Was ist das für eine Weltsicht, die hinter diesem Umgang steht? Und wer vertritt sie? Indirekt erschließt es sich vielleicht in gewissem Maße dadurch, daß es auch hierzulande eine sozialistische Linke gegeben hat, die sich von den Moskauer Lügen nicht hat einnebeln lassen und die auch nicht der Meinung war, eine Lüge sei eine gute Sache, wenn sie für gute Sache ist. Es war zugleich eine Linke, die sich für den verkorksten DDR-Sozialismus nicht hat einspannen lassen, jenen Sozialismus, der mir in eben diesem Umgang mit den Realitäten noch immer herumzugeistern scheint.

    • Hajo Jasper sagt:

      Mich im Einvernehmen mit E. Weinholz wähnend, würde ich gern auf György Dalos verweisen, der sein ideologiefernes Verständnis vom Links-Sein so formuliert hat: „Ich bin ein Linker in meinen kulturellen Reflexen, möchte jedoch diese Haltung nicht ohne Reflexion über mich ergehen lassen. Dementsprechend muss ich für den GAU gerüstet sein, wenn etwa ein Konservativer plötzlich Recht hat oder ein Vertreter des Fortschritts eine enorme Dummheit präsentiert. Jenseits dieser traditionellen Sicht fühle ich mich jenen Paradiesvögeln verpflichtet, die in einer Frage so, in einer anderen wiederum anders denken. Andersdenken ist für mich nicht nur eine Form der ideologischen Devianz, sondern auch das Recht, über etwas anderes als die Themen des gängigen Diskurses nachzudenken.“
      Nun muß auch im Falle Skripal freilich gelten, dass Täterschaft (wessen auch immer) bewiesen werden muß. Auch wenn das schwer ist, haben doch etwa Fälle und irrationale Hintergründe, auf die Roland Helfrich in diesem Forum verwiesen hat, dass dies früher oder später zumeist machbar ist. Die bisherige finale Unbewiesenheit des Skripal-Anschlages allerdings spöttisch als eine Art Beleg dafür zu nehmen, dass es Moskau nicht gewesen sein kann, deucht mich in der Tat mindestens blauäugig und vermutlich wirklich von einstiger Bruderbündlichkeit genährt, die einfach davon absieht, dass Putins Rußland längst kein „Vertreter des Fortschritts“ und nichts anderes und besseres ist als andere Staaten, vor allem solche, die um geopolitische Pfründe bemüht sind.

    • Werner Richter sagt:

      Auch zum Parallelbeitrag von S. Wohanka gedacht.
      Hätte je jemand gedacht, hier eine Adaption der Putin/Rußlandversteher-Unterstellung erleben zu können? Das Absurde daran kann an vielem bereits Dargestellten mit Neigung zu einer Nato-Einordnung anhand abgewogener ziemlich sicherer Fakten als gekontert verbucht werden. Dazu ist auch ein Artikel von A. von Westphalen auf http://www.heise.de vom 9. Nov. erhellend. Darin geht es um die berühmten Fakten der Briten, was diese wirklich wert sind.

  196. Roland Helfrich sagt:

    Bernhard Romeikes Hinweise auf die fehlende Stringenz eines russischen Mordversuchs an Skripal sind sehr plausibel. Nur eine Facette geheimdienstlichen Tötens ist ungenannt, wiewohl aber existent: Irrationalität bei Tätern und/oder Auftraggebern.
    Aktuell zu besichtigen am Falle Kashoggi, dessen Tötung an Dämlichkeit bei zudem mangelnder „Dringlichkeit“ kaum zu überbieten ist. Ähnliches ist einst geschehen, als der volkspolnische Geheimdienst 1984 den Pfarrer Jerzy Popiełuszko ermordete. Gleich mehrere Pannen hat sich diesbezüglich der Mossad geleistet und einst auch der Geheimdienst des sozialistischen Buklgariens per „Regenschirm-Mord“. Keines allein dieser Opfer war von solch einer Bedrohung für die jeweiligen Regime, dass ihre Tötung sozusagen als „ultima ratio“ alternativlos gewesen wäre. Und das sind nur die Fälle, die bekannt geworden sind…
    Roland Helfrich

    • Stephan Wohanka sagt:

      Schattenkrieger und Schattenmacht
      von Bernhard Romeike
      Wollte ich, wie der Autor, über Geheimdienste und deren Treiben nachsinnen – ich hätte den Fall Skripal dazu nicht (mehr) bemüht.
      Um die These, dass Russland für den dilettantischen Mordversuch nicht verantwortlich sein könne, führt er eine Reihe rhetorischer Fragen an: „Warum sollte Russland Interesse haben, einen ehemaligen Agenten zu ermorden, der zuvor im russischen Gefängnis saß, entlassen wurde und ausreisen durfte? Ihn aus dem Weg zu räumen, hätte man im russischen Gefängnis einfacher haben können“. Russland ließ S. aber laufen, warum auch immer. Wohl mit einigem politischen Bauchgrimmen, denn schon 2010 empörte sich Putin über Doppelagenten: „Verräter werden verrecken, glaubt mir. Die 30 Silberlinge, die sie erhielten – sie werden daran ersticken“. Des weiteren war damals – im März 2018 – hierzulande zu lesen: „Es scheint aber in Putins Apparat auch Kräfte zu geben, die alle geschriebenen und ungeschriebenen Regeln (niemals Gewalt anzuwenden auch gegenüber ausgetauschten Agenten – St. W.) infrage stellen wollen. Vor ein paar Tagen bezeichnete Kiril Klejmjonow, Moderator des Staats-TV-Senders Perwy Kanal, Skripal als ´professionellen Verräter´und warnte das Publikum, dieser Beruf sei einer der gefährlichsten und ungesündesten in der Welt. Besonders schlecht ergehe es den Berufsverrätern in Großbritannien. ´Leute hängen sich auf, vergiften sich, stürzen mit dem Hubschrauber ab und fallen aus dem Fenster, in fabrikmäßigen Mengen´“. Immerhin. Aber natürlich kein Beweis.
      Weiter im Reigen des Rhetorischen: „Er wohnt, wie es heißt, in einem Haus, das der britische Auslandsgeheimdienst MI6 finanziert. Überwachen die das Haus nicht?“ Vielleicht das Haus nicht; es waren aber genügend Kameras installiert, um doch zwei Individuen herauszufiltern – nicht vor dem Haus, aber in Salisbury und auch bei An- und Abflug nach und von London innerhalb von zwei Tagen. Das führte dazu, dass „nach wochenlangen Auswertungen unzähliger Videoaufnahmen die britische Polizei die Täter identifiziert haben will“. Und die stellte die Bilder beider ins Netz und nannte ihre Namen. Das Dementi folgte auf dem Fuß: „Die in den Medien veröffentlichten Namen und Bilder sagen uns nichts“ (Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa). Romeike weiter: „Es gibt unzählige Ungereimtheiten“ – natürlich auf britischer Seite. Ich meine – doch wohl nun eher auf russischer! Nachdem diese wochenlang von „Unsinn“ (Lawrow) oder von „dreckigen Spielen“ (UN-Botschafter Nebensja) gepoltert hatte, ging es dann trotz obigen Dementis ganz schnell: Plötzlich konnten russische Behörden – laut Putin – die gesuchten Männer identifizieren: „Wir wissen wer sie sind, wir haben sie gefunden“. Es seien „Zivilisten“, keine „Militärangehörigen“. Putin hoffe (!), die beiden Männer würden sich dazu entscheiden, mit Medien zu sprechen und alles über sich erzählen. Kurz danach strahlte Russia Today ein rund 25-minütiges Interview voller Skurrilitäten mit den beiden Männern aus: Zwei harmlose Touristen waren nach London geflogen und zweimal in Salisbury gewesen. Am ersten Tag, dem Vortag des Giftanschlages, reisten sie zurück nach London,weil sie – russische Männer, keine Barbiepuppen – „Schneematsch“ vertrieb. Honi soit qui mal y pense….
      Ich will nun gar nicht eingehen auf die nicht unplausiblen nachfolgenden Recherchen, die die beiden „Touristen“ dem Geheimdienst GRU zuordnen. Nur noch: Putin bezeichnete kürzlich S. als „Dreckskerl, sonst nichts“.
      Es bleibt festzuhalten: Während die britische Seite von Anfang an behauptete, dass russische Agenten S. umbringen wollten, schlug die russische Seiten propagandistische Haken und gab nur zu, was offensichtlich war. Wirklich bewiesen ist nichts. Aber das Schema ist nicht neu.
      Es geht aber noch um mehr: Solange „Links“ mit Fakten, Tatsachen „unangenehmer“ Natur, die also nicht so recht ins ideologische Muster passen, so umgeht, bleibt es um „Links“ schlecht bestellt.

    • Werner Richter sagt:

      Es ist schon interessant, welche Konturen vermeintlche Götterdämmerung schärfen kann. Wobei diese dem Aufmerksamen schon länger hätten aufgefallen können, zumindest gewisse russophobe Züge. Nun traut man sich einen Zack schäŕfer, angewandt werden, schon durch Georg W. erprobte Taktiken, dem andersdenkenden Gegenüber ideologische Vorurteile anzulasten, was dann die eigenen als Gegenteil erscheinen lassen soll. Das wirkt immer.
      Nichts dagegen zu sagen, es ist allen alles zumutbar. Aber deshalb der einen, suspekten Seite dann den Schwarzen Peter zuschieben und die der eigenen entgegen gesetzten Stimmen gleich mit in den Orkus zu schicken ist nicht der Anerkenntnis mehrseitiger Verursachung zuordenbar. Es scheint verlockend zu sein, in einer eigentlich nur liberalen Zeitschrift dem konservativen Geist mehr Raum zu schaffen, aber ob die Vertretung von Nato-Positionen (nicht zum ersten Mal), die durchaus und sehr wahrscheinlich als Teil der antirussischen Kampagne gesehen werden können, dem dienlich ist, kann bezweifelt werden. Die Mehrzahl der Leser, darin liegt wohl die Fehleinschätzung, ist noch nicht reif für die Akzeptanz der dann als sich selbst erfüllende Prophezeiung wirkenden Grundthese vom bösen Russen, die bei Herrn Wohanka seit jeher durchschimmert.

    • Manne Murmelauge sagt:

      Herr Wohanka moniert den Text eines anderen Autors, weil er den so nicht geschrieben hätte. Musste er auch nicht. Oder war er zuvor zu Texten genötigt worden, die er nicht schreiben wollte?

  197. Rudolph Caracciola sagt:

    Einst wollte Friedrich Merz, der offenbar untote „Bierdeckel-Fritz“, den Deutschen ein stark vereinfachtes Steuerrecht bescheren; die Steuererklärung sollte „auf einen Bierdeckel“ passen. Doch dann erging es ihm mit Angela Merkel auch nur so wie anderen ambitionierten CDU-Nachwuchsgranden – oder wie es in der Werbung für „Fisherman’s Friends“ so schön heißt: „Sind sie zu stark, bist du zu schwach!“ 2002 unterlagen Merz im Revierkampf mit Angie und hatte fortan keine Aussicht mehr auf ein Spitzenamt. Mit seinem Rückzug aus dem Bundestag 2009 schließlich war er in die politische Versenkung verklappt.
    Wirtschaftlich dürfte ihn dieser Karriereschwenk allerdings saniert haben, denn hernach sammelte er lukrative Posten wie andere Bierdeckel. Auch bei Heuschrecken wie BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt. Er sei heute, so die taz, „ein umtriebiger Lobbyist […]. Wirtschaftspolitisch marktradikal, gesellschaftspolitisch erzkonservativ“. Merz hat klar für Trump votiert („kann die Spaltung Amerikas überwinden“) und ist ein Aufrüstungsprediger vor dem Herrn, der nicht müde wird zu fordern: „… dass wir die Zusage endlich einhalten müssen, die wir seit Jahren geben: bis zu zwei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts tatsächlich für Verteidigungsausgaben bereitstellen.“
    Kaum dass die Kanzlerin jetzt den letzten Punkt hinter die Verkündung ihrer Rückzugsabsichten gesetzt hatte, sprang Merz wie Kai aus der Kiste und warf seinen Hut für den CDU-Vorsitz in den Ring. Das erfüllt den Tatbestand des Fellversaufens bevor noch die gerade Verblichene überhaupt zur letzten Ruhe gebettet ist. Zu all den wenig sympathischen bis widerlichen Zügen, die ihm eigen sind, gesellt sich also auch noch ein Mangel an politischer Pietät.
    Seinen Abgang von 2009 log er sich später ja mit dem Sprüchlein schön, er hätte sich eine Pause von der Politik verordnet. Da wollen wir jetzt mal hoffen, dass eine hinreichende Mehrheit seiner Parteigenossinen und -genossen insofern noch alle Tassen im Schrank hat, dass er im Pausenmodus verbleibt …

  198. erhard weinholz sagt:

    Sehr geehrter Herr Bosselmann,

    ganz kurz nur noch; es gäbe sicherlich erheblich mehr in dem Zusammenhang zu sagen, ich habe aber das Gefühl, dass es von meiner Seite genug sei.
    Mir scheint, Sie irren, wenn Sie meinen, mir ginge es eher um Haltung und Bekenntnis als ums Argumentieren. Wenn ich sage: Wer diesen Aufruf unterschreibt, festigt die Stellung einer rechten Scharfmacherin – dann ist das ja wohl ein Argument. Ein funktionales allerdings, das heißt: Ich frage nicht danach, wo Sie stehen, sondern was Ihr Tun bewirkt. In diesem Falle meines Erachtens nichts Gutes.
    Rätselhaft ist mir, wie Sie darauf kommen, man sei darauf erpicht, im Blättchen vor allem die von einem selbst bevorzugten Bekenntnisse zu lesen, von möglichst stubenreinen Autoren obendrein. Ich bin als Leser an Bekenntnissen nicht sonderlich interessiert, sehe auch nicht, dass das Genre im Blättchen eine Rolle spielt; am ehesten könnte ich noch Ihre Texte dort einordnen (ohne sie darauf reduzieren zu wollen). Dass sich Organe wie das Blättchen einer bestimmten Richtung verpflichtet fühlen, halte ich hingegen für gut und richtig.

    Es grüßt Sie: Erhard Weinholz.