27. Jahrgang | Nummer 5 | 26. Februar 2024

Antworten

Armin Laschet (MdB-CDU), Ex-Kanzlerkandidat der Union – In Ihrer Rede bei der großen Demonstration zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2024 in Aachen haben Sie auf die historischen Zusammenhänge in der Zeit von der Novemberwahl 1932 bis zum 30.Januar 1933 in Deutschland hingewiesen: „Die Nazis verlieren die Novemberwahl, sie büßen zwei Millionen Stimmen ein, gehen auf 33 Prozent zurück. Dann beginnt ein Intrigenspiel, dass man Hitler irgendwie doch zum Reichskanzler ernennen soll, damit er sich entzaubert. Er wird ernannt, hat nur zwei eigene Minister, der Rest sind noch Demokraten. Und binnen zwei Monaten ist das gesamte demokratische System ausgeschaltet.“ Dann schlugen sie folgenden Bogen zur Gegenwart: „[…] wenn in einem deutschen Bundesland die AfD tatsächlich in eine Regierung käme oder sogar den Ministerpräsidenten stellte, könnte sie wichtige Institutionen und Schlüsselstellen wie den Verfassungsschutz, Gerichte oder Polizeipräsidien besetzen. Sie könnten in kurzer Zeit die Säulen der Demokratie ins Wanken bringen. Das muss man sich klarmachen […].“

Diesbezüglich sind wir völlig bei Ihnen.

Dass Sie allerdings ein Zusammengehen mit der Linken und dem BSW nach der bevorstehenden Landtagswahl in Thüringen, um dort gegebenenfalls einen AfD-Ministerpräsidenten zu verhindern, weiterhin ablehnen, lässt uns befürchten, dass Sie die eigene Botschaft noch nicht vollständig verstanden haben …

 

Michael Hudson, Ökonom und emeritierter Wirtschaftsprofessor an der University of Missouri – In einem Interview mit der Berliner Zeitung prognostizierten Sie:Der Euro gerät immer stärker unter Druck. Er wird gegenüber dem US-Dollar noch massiv an Wert verlieren. Erstens, weil die Europäer höhere Preise für Energie zahlen müssen. Denn sie kaufen statt günstigem Gas aus Russland teures LNG aus Amerika. Und zweitens, weil die Europäer immer mehr Geld für die NATO ausgeben müssen.“ Und die Folgen? „Die USA sind wirtschaftlich gesehen ein Profiteur des Krieges in der Ukraine. Die USA […] verhindern, dass Deutschland und die EU ihre eigenen Interessen verfolgen, indem sie Handel mit Russland und China treiben, was zum beiderseitigen Vorteil wäre. Europa muss höhere Preise zahlen und entwickelt sich zum Dienstleister für die amerikanische Wirtschaft. Durch den Ukraine-Krieg wurde Deutschland zu einem wirtschaftlichen Satellitenstaat der USA.“

Offenbar sind Sie ein notorischer Miesmacher!

Gott sei Dank haben wir aber unseren Bundes-Olaf. Der hatte beim Besuch der Messe München im März 2023 verkündet: „Zunächst mal gehe ich davon aus, dass Deutschland vor einer Phase großen Wachstums liegt.“ Und schon in diesem Jahr wird das Realität – mit immerhin 0,2 Prozent mehr BIP!

 

Thomas Fasbender & Moritz Eichhorn, Journalisten – Sie haben die bisherige Amtsführung der Bundesaußenministerin einer Inventur unterzogen und dabei festgestellt, zwar sei deren Lieblingswort möglicherweise „müssen“ – „Immer muss etwas geschehen, am besten sofort. […] Die Krankenhäuser in Gaza ‚müssen funktionieren können‘. […] ‚Der Terror der Hamas muss sofort aufhören.‘ […] ‚ Das Ertrinken im Mittelmeer muss aufhören.‘“ – doch zu „Forderungen nach besseren Zuständen müssten sich […] Verhandlungen, Deals, Ergebnisse gesellen. Wo sind die diplomatischen Erfolge, wo wurde im Geheimen erfolgreich verhandelt?“ Viel wichtiger erscheine der Ministerin demgegenüber offenbar „der Eindruck zu sein, den sie auf Nachrichtenfotos und in der Tagesschau macht: Sie zeigt sich barfüßig auf den Palau-Inseln im Pazifik, beim Tragen von Wasserkrügen im Niger […]. Resultate  vor Ort sind sekundär.“ (Folgerichtig sei der Fotograf „vielleicht die wichtigste Funktion nach der Ministerin“.) Ihr Fazit könnte vernichtender kaum ausfallen:Das ist keine Außenpolitik, das ist ein Ego-Trip“.

Und dass nach einem deutschen Außenminister, von dem auch nur seine Maas-Anzüge in Erinnerung geblieben sind.

 

Roderich Kiesewetter (MdB-CDU), inzwischen offenbar des Wahnsinns fette Beute – Während eines Besuches in Kiew äußerten Sie dieser Tage: „Der Krieg muss nach Russland getragen werden. Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden. Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände.“ Wir fragen Sie jetzt nicht, was Sie an dem Tage beim Frühstück womöglich im Kaffee hatten. Entgegnen müssen wir Ihnen allerdings auch nichts, denn das hat Sahra Wagenknecht getan: „Herr Kiesewetter scheint nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben. Wer den Krieg nach Russland tragen will, indem mit deutschen Waffen russische Militäreinrichtungen und Ministerien zerstört werden, wird den Krieg nach Deutschland tragen.“

 

Maximilian Terhalle, DvD* – Dass Sie, was sicherheitspolitische Fragen betrifft, nicht unbedingt die hellste Kerze am Baum sind, war bereits Gegenstand in diesem Magazin (siehe Blättchen 9/2019). Wir hatten zwar nun schon länger nichts mehr von Ihnen gehört, doch gleichwohl befürchtet, dies könnte leider nur eine Frage der Zeit sein. Und richtig – jetzt erteilten Sie der unter „deutschen Militärs“ verbreiteten Annahme, „dass das Land bis zu acht Jahre Zeit hat, die Dinge in den Griff zu bekommen, bevor ein ermutigter Putin versucht, ein weiteres Stück europäischen Territoriums an sich zu reißen“ (Politico) eine klare Absage: „Putin würde auf keinen Fall fünf bis acht Jahre warten. Wir haben ein oder zwei Jahre.“

Panik?!

Ganz im Gegenteil – ein „pragmatischer Vorschlag“: „[…] noch unter der Biden-Administration jene Nuklearsprengköpfe strategischer Natur […] kaufen, die die Amerikaner eingemottet haben. […] mindestens 1000 plus […] und quer über Europa verteilen.“

Allerdings hat die Sache einen Haken: Über ebenfalls eingemottete Trägersysteme in Gestalt ballistischer Langstreckenraketen verfügen die USA nicht. Da müssten die Sprengköpfe der anrollenden russischen Springflut dann wohl oder übel vor die Füße, respektive Panzerketten gekippt werden …

Aber ganz im Ernst: Was rauchen Sie eigentlich?

 

* – Depp vom Dienst.

 

Erich Vad, Ex-Brigadegeneral und langjähriger Militärberater im Kanzleramt – Vor dem Hintergrund der aktuellen russophoben Kriegshysterie haben Sie die nüchterne Feststellung getroffen: „Die eingesetzten russischen Streitkräfte sind zu

schwach, um die gesamte Ukraine besetzen zu können und erst recht, um einen Krieg mit der Nato zu riskieren.“ Und: „Wer heute fordert, man müsse Russland besiegen und bis zur Handlungsunfähigkeit schwächen, übersieht […], dass ein Zusammenbruch der Russischen Föderation ein riesiges strategisches Vakuum hinterließe: der Osten Eurasiens würde weitestgehend destabilisiert. Im Interesse des Westens wäre dies nicht. Darauf hat zuletzt noch Henry Kissinger kurz vor seinem Tode hingewiesen.“

Angesichts dessen, was demgegenüber andere zum selben Thema äußern, möchte man glatt ausrufen: „Herr, lass‘ Hirn regnen!“

 

Leonid Breshnew, als damaliger Generalsekretär der KPdSU zugleich Führer der Sowjetunion und des Warschauer Paktes – 1981 haben Sie den Vorschlag unterbreitet, ein Expertenkomitee aus den angesehensten Wissenschaftlern unterschiedlicher Länder ins Leben zu rufen. Dssen Aufgabe sollte es sein, die existenzielle Notwendigkeit der Verhütung eines Atomkrieges aufzuzeigen, respektive die internationale Öffentlichkeit darüber zu informieren. Der Vorschlag stieß etwa bei führenden Wissenschaftlern in Großbritannien auf wärmste Zustimmung, wie der Schriftsteller James Aldridge in der Weltbühne 17/1981 berichtete. – Inzwischen steht die Doomsday Clock des Bulletin of the Atomic Scientists, vor allem wegen der signifikant wieder angestiegenen Gefahr eines nuklearen Konfliktes, auf nur noch 90 Sekunden vor zwölfe = Weltuntergang. (Zum Vergleich: Selbst 1962, im Jahr der Kuba-Krise, betrug die Zeitspanne immerhin sieben Minuten.) Da könnte es keinesfalls schaden, auf Ihren Vorschlag zurückzukommen.

 

T.C. Boyle, auch in Deutschland geschätzter US-Schriftsteller – Im Interview mit dem stern haben Sie, was Ihre Meinung zum möglichen nächsten US-Präsidenten (Donald Trump) anbetrifft, aus Ihrem Herzen keine Mördergrube gemacht. Der sei „ein zutiefst skrupelloser, moralisch verkommener Machtmensch. Mit Fake News, Propaganda und Hass auf Minderheiten manipuliert er Menschen so stark, dass sie am Ende gar gegen ihre eigenen Interessen wählen. Mit diesen Methoden unterscheidet sich Trump nicht von Hitler und jedem anderen Autokraten.“ Trotzdem fasste das Magazin nach: Ob es „eine einzige Sache“ gebe, „die Sie an Trump mögen“? Und siehe da – diese Sache gibt es tatsächlich: „[…] dass auch er eines Tages in einem Sarg liegen wird“.

 

Michael Andrick, Kolumnist, wahrscheinlich bereits im Visier des Verfassungsschutzes – Sie gehören offenbar zu den Unbelehrbaren, die unverdrossen Fake News verbreiten. In Ihrer Kolumne in der Berliner Zeitung vom 13. Februar 2024 behaupten Sie doch tatsächlich, Politische Korrektheit – schon die unübliche Eindeutschung des anglikanischen Originals signalisiert eine befremdliche Distanziertheit – sei „der Name für eine Gebots- und Verbotsliste, die in einer Gesellschafts- und Staatsordnung einhalten muss, wer als legitimer Diskutant respektiert werden will“. Doch es kommt noch schlimmer: „Wer gegen diesen Kodex verstößt, der wird gar nicht erst […] zugelassen. Ist jemand zum Zeitpunkt seines ‚Foulspiels‘ bereits an der politischen Diskussion beteiligt, so wird erst eine Verwarnung und bei fortgesetztem Eigenwillen der Platzverweis ausgesprochen: Der Delinquent wird abgesagt (‚gecancelt‘).“ Und dann treiben Sie es auf die Spitze: Eine „Gesellschaft, in der eine ‚politische Korrektheit‘ existiert und zur Beeinflussung des Diskurses eingesetzt wird, [ist] keine Republik“, sondern eine jener „unfreien Regierungsformen“, in denen „wenige Bevorrechtigte (Privilegierte) die Politik [machen] und alle anderen […] gehorchen [müssen], wollen sie nicht Sanktionen riskieren“. Quasi um den Milchschaum auf den Cappuccino zu setzen, diffamieren Sie solche Regierungsformen schlussendlich als „Diktaturen“.

Haben Sie Ihre Kolumne eigentlich bereits im sicheren Exil geschrieben? Und falls ja, verraten Sie uns vorsichtshalber: wo?

 

Ernest Shackleton, bleibend beispielhafter Krisenmanager – Sie waren einer der federführenden Antarktisforscher des frühen 20. Jahrhunderts. Ihre vierte Expedition allerdings – sie begann 1914, und sie wollten als erster die Antarktis auf dem Landwege durchqueren – geriet an den Rand eines tödlichen Desasters. Ihr Schiff, die Endurance, wurde vom Packeis eingeschlossen, driftete mit diesem monatelang, wurde schließlich zerquetscht und sank. Sie gingen mit der Mannschaft aufs Eis. Das war Aufenthalt in extrem lebensfeindlichem Ambiente. Der zog sich hin.  Am 16. April 1916 stachen Sie mit einer kleinen Crew, in einem Rettungsboot, in See, um Hilfe zu holen, und legten dabei (ohne moderne Navigationsgeräte) 1500 Kilometer über das offene Meer zurück, durchquerten anschließend die unerforschte Insel Südgeorgien, bevor Sie eine Walfangstation erreichten. Von dort aus organisierten Sie die Heimholung aller Zurückgebliebenen. Kein einziger Ihrer Mannschaft kam zu Tode.

Sie waren ein vorbildlich verantwortungsethischer Krisenmanager, obwohl es den Begriff zu Ihrer Zeit noch gar nicht gab. Am 15. Februar jährte sich Ihr Geburtstag zum 150. Male. Wir haben Ihrer gedacht und den Hut gezogen.

PS: 1921 starteten Sie in London zu einer fünften Antarktis-Expedition. Acht Männer der Endurance-Mannschaft waren wieder mit dabei. Doch am 5. Januar 2022 erlagen Sie auf Südgeorgien einem Herzinfarkt. Es dauerte dann noch 40 Jahre, bis eine erste Durchquerung des antarktischen Kontinents auf dem Landweg gelang.

 

Armin Rohde, als Schauspieler unter anderem Kommissar in der ZDF-Reihe „Nachtschicht“Als engagierter Tierschützer, der schon vor Jahren auch in einer Kampagne der Organisation Peta zu sehen war, haben Sie nun gleichwohl öffentlich gemacht, dass Sie Ihre „Mitgliedschaft, Zahlungen und jedweden Einsatz für Peta“ aufkündigen würden sollten sich Meldungen bewahrheiten, denen zufolge Peta nunmehr fordere, dass Tierfiguren künftig kein Bestandteil von Karussells auf Rummelplätzen und anderen Ortes mehr sein sollen. Petas Begründung gegenüber dem größten Hersteller von Fahrgeschäften in den USA: Karusselle mit Tiermotiven würden den Einsatz von Tieren als Fortbewegungsmittel und zum Vergnügen normalisieren. Sie halten in der etwas polterigen Art Ihres ZDF-Kommissars dagegen: „Mit alarmistischen Hysterikern möchte ich nichts zu tun haben.“

Gut gebrüllt Löwe, hätten wir dazu früher spontan geäußert. Aber jetzt befürchten wir Gegenwind von Peta, denn wahrscheinlich verletzt ja die Aneignung von Tieren in humanoiden Metaphern die Würde derselben.