24. Jahrgang | Nummer 23 | 8. November 2021

Bemerkungen

Blätterfall

Der Herbstwald raschelt um mich her.
Ein unabsehbar Blättermeer
Entperlt dem Netz der Zweige.

Du aber, dessen schweres Herz
Mitklagen will den großen Schmerz:
Sei stark, sei stark und schweige!

Du lerne lächeln, wenn das Laub
Dem leichteren Wind ein leichter Raub
Hinabschwankt und verschwindet.
Du weißt, dass just Vergänglichkeit
Das Schwert, womit der Geist der Zeit
Sich selber überwindet.

Christian Morgenstern (1871–1914)

Mietanpassung – oder: vernebelnde Sprachverhunzung

Schon Ludwig Tieck, wiewohl unverdrossener Vollender und Herausgeber von Schlegels heute längst klassischer Shakespeare-Übersetzung, wusste: „Der Mensch steht unter dem Affen, eben deswegen, weil er die Sprache hat.“

Eckhart Henscheid (zusammen mit Carl Lierow und Elsemarie Maletzke) lieferte 1985 mit „Dummdeutsch. Ein Wörterbuch“ den Kompaktnachweis für Tiecks Befund, der sich von a wie abbauen* bis z wie zynisch** erstreckte. In der 1993er Ausgabe findet sich dieses: „Kitchenette: Soll ab sofort zur guten alten Küche gesagt werden. Was ungefähr so einleuchtend ist wie Carport für Garage, Nagelstudio für Fußpflege oder Tuner für Radio. Ein Herr Riemann aus Bonn hat in der FAZ vorgemacht, wie so etwas eskalieren kann: ‚Altersheim – Altenheim – Seniorenheim – Altenwohnstift – Seniorenresidenz‘.“

Die letztgenannten Begriffe – sprachverhunzende Euphemismen allesamt – sind allerdings keine linguistischen Betriebsunfälle, sondern vorsätzliche Schöpfungen, um die häufig genug inhumane Realität des höchst lukrativen Geschäftsmodells der hochpreisigen Verwahrung hilfsbedürftiger Alter weich zu zeichnen und damit weniger augenfällig erscheinen zu lassen.

In anderen Fällen soll Milchglas zwischen Protagonisten und Betroffene von Herrschaftsverhältnissen geschoben werden, etwa zwischen die der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Indem die Masse derer, die ihre Arbeitskraft zu Markte tragen müssen, um überhaupt leben zu können, als Arbeitnehmer verunklart wird und das Häuflein jener, die den durch Arbeit geschaffenen Mehrwert zum Zwecke der eigenen Bereicherung kostenfrei aneignen, als Arbeitgeber.

Etwas anders liegt der Fall bei den Eigentümern fremd genutzter Wohnimmobilien, die ihren Mietern regelmäßige Mieterhöhungen gern als bloße Mietanpassungen andienen, respektive aufs Auge drücken. Da soll zwar auch der Sachverhalt des dem Anderen immer tiefer in die Tasche Greifens sprachlich aufgehübscht werden, doch um Anpassung handelt es allemal – nämlich an die Bedürfnisse eines Syndroms, das pathologisch den Tatbestand des „den Hals nicht voll kriegen Könnens“ erfüllt.

Alfons Markuske

* – „Bau nicht ab, bau auf Milch“, so ein in „Dummdeutsch“ verewigter seinerzeitiger Werbeslogan.

** – „Meist“, heißt es dazu in „Dummdeutsch“, „in der Doppelmoppel-Formation mit dem praktisch bedeutungsgleichen ‚menschenverachtend‘. Von FAZ bis taz, von Frankfurter Rundschau bis ARD, von ZDF bis Spiegel die Allzweck-Ressentiment-Vokabel aller moralisch Bessergestellten und sich vor allem besser Dünkenden. Jenseits seiner antiken Semantik und Etymologie und jenseits seines ursprünglichen philosophischen Kerns signalisiert es ‚unerbitterlich‘ (Karl Valentin) tendenziell sinnfrei die Reklamation des Guten durch Dick und Dünn, gegen die kein Kraut von Böse mehr gewachsen ist. Das Dumm- und Totschlagwort des Jahres; wo nicht des Jahrzehnts […] – der auslaufenden 80er samt 90er Jahre.“

Medien-Mosaik

Wer mit der Comic-Zeitschrift MOSAIK nur die Abrafaxe verbindet, liegt schief. Den kleinen mit Zauberkräften ausgestatteten Männern macht schon seit einiger Zeit ein Damentrio Konkurrenz. Anna, Bella & Caramella, kurz die Annabellas genannt, erleben in diesem Herbst bereits ihr 50. Abenteuer im eigenen MOSAIK-Comicmagazin. Im Gegensatz zu den Abrafaxen präsentieren sie sich allerdings nur einmal im Quartal mit neuen Abenteuern. Warum es keine früheren weiblichen Helden im MOSAIK gab, wird vielleicht dadurch erklärt, dass Zauberkräfte eher bösen Hexen zugemessen wurden. Und das sind die zeitreisenden hübschen und selbstbewussten jungen Dinger wirklich nicht. In jüngster Zeit fällt auf, dass ihr Zeichenstil an die beste Zeit der Abrafaxe-Vorgänger, der Digedags, erinnert. Vielleicht haben jetzt Großeltern und Enkelinnen gleichermaßen Spaß an den Heften.

Anna, Bella & Caramella: Flucht in die Wolken, Heft 50 in allen Zeitschriftenläden und im MOSAIK-Shop, 3,60 Euro.

*

Unter Filmemachern besteht in den letzten Jahren ein gestiegenes Interesse an Geschichten großer, antifaschistisch grundierter Intellektuellen-Familien aus der DDR – etwa die Familien Gysi, Heise und Brasch. Gerade letztere fasziniert, weil sie mit Thomas Brasch einen Autor und international beachteten Filmemacher hervorgebracht hat, der in ständigem Gegensatz zu seinem Vater, dem SED-Funktionär Horst Brasch, stand. Nach einem 2018 erschienenen aufschlussreichen Dokumentarfilm von Annekatrin Hendel haben nun Autor Thomas Wendrich und Regisseur Andreas Kleinert einen Spielfilm über die Braschs vorgestellt. „Lieber Thomas“ stellt den ältesten Sohn in den Mittelpunkt und versucht, ihn zu erklären. Erfährt man wirklich mehr über den Künstler und Menschen?

Glücklicherweise will der Film die realen Stationen von Thomas´ Leben zwar reflektieren, aber nicht völlig erklären. Geheimnisse bleiben, und die betreffen sein Denken, das – hier wird kein Geheimnis gelüftet – seit den Jahren als junger Mann von Alkohol und Drogen geprägt war. Wendrich hat den Film in Kapitel eingeteilt, die die Gegensätze in Thomas´ Denken an-, aber nicht ausdeuten. Die Auseinandersetzungen mit dem Vater (von Tochter Marion 2012 in dem Buch „Ab jetzt ist Ruhe“ ebenso liebevoll wie schonungslos ausgebreitet) bilden ein Zentrum des Films. Als Anregerin wie auch als hilflose Bremserin der Ausschweifungen von Thomas Brasch fungiert die Freundin Katharina. In ihr kann (von Jella Haase mit frappierender Porträtähnlichkeit gespielt) Kathi Thalbach wiedererkannt werden. Die Filmemacher weisen allerdings darauf hin, dass alle Personen an die Realität angelehnt sind, aber durchaus dramaturgisch frei gestaltet wurden.

Wendrich taucht mit vielen Zitaten in die Gedankenwelt Thomas Braschs ein und entdeckt surreale Szenen, in denen oft Schusswaffen und Gewalt, aber auch Liebe und Geborgenheit eine Rolle spielen. Kleinert und sein Kameramann Johann Feindt haben der Versuchung widerstanden, die in der Phantasie angesiedelten Szenen in dem konsequent in Schwarzweiß gedrehten Film in die Farbe zu wechseln. So entsteht für den Zuschauer eine anregende Irritation. War es so? Geschah es in Thomas´ Phantasie? Oder war es eine Zutat der Filmemacher? Keine Angst – meist wird es aufgeklärt.

Neben Jella Haase sind vor allem Jörg Schüttauf als Horst Brasch (der konsequenterweise auch Erich Honecker spielt) und natürlich Albrecht Schuch hervorzuheben, der die Thomas-Rolle vom 22- bis zum 50-Jährigen spielt. Einerseits beeindruckend, ihm in seinen Verwandlungen zuzusehen, andererseits entdeckt er aber nicht die Triebkraft seiner Figur. Was erstrebte Thomas, der zwar anders sein wollte, aber doch die DDR als Heimat empfand? Auch die Filmemacher bleiben da vage. Vielleicht sind Kleinert und Wendrich, die beide pralle DDR-Erfahrungen haben, da noch Suchende.

Lieber Thomas. Regie Andreas Kleinert, Verleih Wild Bunch, ab 11.11. in zahlreichen Kinos

bebe

Film ab

Mit Typen, die in das Segment Macho fallen, ist hierzulande – außer in bestimmten subkulturellen Milieus – seit längerem kein Staat mehr zu machen. Doch auch in auswärtigen Landstrichen wie etwa Mexiko, in denen insbesondere Teile der männlichen Bevölkerung immer noch ein eher urtümliches Verhältnis zum Machismo pflegen, sind dessen Vertreter alles andere als Sympathieträger. So weit die Regel. Die erfährt bekanntlich ihre Bestätigung durch die Ausnahme. Von einer solchen berichtet – unter anderem – Clint Eastwoods jüngster Film.

Apropos Eastwood: Der ist inzwischen 91 Jahre alt, und längst nicht erst seit seiner vorangegangenen Hauptrolle unter eigener Regie – „The Mule“ (2018) – ist jedes Jahr davon in sein Gesicht gegraben und altersgerechte Gebrechlichkeit stets mit präsent. Doch für den versehrten früheren Rodeo-Star Mike Milo, den Eastwood dieses Mal gibt, ist er noch einmal genau in der richtigen optischen und physischen Verfassung. Und Minimalist in seiner schauspielerischen Darstellungsweise ist Eastwood schon immer gewesen.

Möchtegern- und seiende Machos verkörperte Eastwood bekanntlich in seinen Frühwestern und vor allem als Dirty Harry in Reinkultur und begründete damit seinen internationalen Ruhm. Dem Jungen, mit dem er in „Cry Macho“ unterwegs ist, gibt er stellvertretend für alle solche Typen das altersweise finale Fazit mit auf den Weg: In deren Leben gehe es immer nur darum zu zeigen, dass man Mumm habe, doch dies sei eine Motivation nur für Idioten.

Natürlich könnte man an diesem Roadmovie rumnörgeln, wie Kollegin Susan Vahabzadeh es in der Süddeutschen Zeitung getan hat: „Eastwood vermittelt über weite Strecken des Films – eigentlich immer dann, wenn er nicht gerade sitzt – den Eindruck, er könne sich nur noch mit Ach und Krach auf den Beinen halten. […] Mal ganz im Ernst: Clint Eastwood ist einer der ganz Großen in Hollywood, sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur – aber bei der filmemacherischen Genauigkeit setzt er hier auf Seniorenrabatt. […] Alles, wovon er hier erzählt, hat er schon einmal besser gesagt.“ Recht hat sie, die Kollegin! Aber welchen Eastwood-Fan wird das davon abhalten, dem Meister (das vielleicht letzte Mal) bei der Arbeit zuzuschauen? Von den stimmungsvollen Aufnahmen karger texanischer und mexikanischer Landschaften ganz abgesehen und vom sensiblen Umgang mit stolzen Pferden ganz zu schweigen …

Clemens Fischer

„Cry Macho“, Regie und Hauptrolle: Clint Eastwood. Derzeit in den Kinos.

Blätter aktuell

Als Joe Biden seine Präsidentschaft antrat, bestand vor allem eine Erwartung an den Demokraten: Er werde mit der Politik seines Vorgängers brechen. Doch während sich Bidens Rhetorik stark von der Donald Trumps unterscheidet, führt er dessen nationalistische Außenpolitik größtenteils fort, analysiert der Diplomat und Präsident des Council on Foreign Relations, Richard Haass. Zur Bewältigung der globalen Krisen aber sei internationale Kooperation unabdingbar.

Seit die Taliban Mitte August die Macht in Kabul übernommen haben, warten zehntausende Afghaninnen und Afghanen auf eine Evakuierung durch die Bundesrepublik. Doch während es der privaten Initiative „Kabul Luftbrücke“ gelang, hunderte Menschen zu retten, haben deutsche Behörden bisher nur einen Bruchteil ihrer Ortskräfte außer Landes gebracht, kritisiert der Abgeordnete des Europäischen Parlaments Erik Marquardt. Dahinter stecke politisches Kalkül: Nicht zuletzt aus wahltaktischen Gründen wurde die Rettung von Menschen verschleppt und verzögert – mit fatalen Folgen für die Betroffenen.

Der äußerst knappe Einzug in den Bundestag ist für die Linkspartei eine herbe Niederlage. Doch ihr Abstieg hat sich seit Jahren angekündigt, meint der Politikwissenschaftler Moritz Kirchner. Nur wenn es der Partei gelänge, ihren Dogmatismus zu überwinden, kann sie den Niedergang aufhalten.

Dazu weitere Beiträge, unter anderem: „Japan unter Fumio Kishida: Zurück in die alte Erstarrung?“, „Chile: Unaufhaltsam in den Umbruch?“ und „Österreich oder ein Abgrund von Demokratieverrat“.

am

Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, November 2021, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.

WeltTrends aktuell

Quad und AUKUS – sie sollen für die Neuformierung der Sicherheitsarchitektur im Indo-Pazifik stehen. In erster Linie geht es um die Auseinandersetzung mit der aufstrebenden Macht China. Nicht verwunderlich, dass der absteigende Hegemon USA in beiden Bündnissen dominiert. Deutlich wird die antichinesische Ausrichtung der neugegründeten Formationen, wie John Neelsen, Gastherausgeber im Thema, herausstellt. Die Hinwendung Indiens zum „Westen“ verstärkt sich, zugleich betont jedoch der indische Sicherheitsexperte Raja Mohan die „strategische Autonomie“ des Landes im regionalen Kräftegleichgewicht. AUKUS begann mit einem Eklat im Verhältnis Frankreich-USA, den Ralf Havertz skizziert. Nicht zu übersehen sind die schwelenden Grenzkonflikte, nun verstärkt bei Seegrenzen, aber auch die Nuklearwaffen in diesem Raum.

Um Schwierigkeiten geht es ebenfalls im WeltBlick. Günther Maihold skizziert das Verhältnis zwischen Deutschland und Italien, in dem es zur Entfremdung komme, während Frank Hantke am Beispiel Kosovo zeigt, wie schwierig es ist, einen Ausgleich zwischen Minderheitenrechten und dem Zusammenhalt eines Staates zu finden.

Vor 30 Jahren zerfiel die UdSSR; die meisten ehemaligen Unionsrepubliken gründeten die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Ihre heutige Rolle erläutert im Interview Ilham Nematov (Usbekistan), stellvertretender Vorsitzende des GUS-Exekutivkomitees.

Im Kommentar fordert Lutz Kleinwächter von der künftigen deutschen Regierung, dass sie Verantwortung in einer „instabilen multipolaren Welt“ übernehme und formuliert Leitlinien für eine kooperative deutsche Außenpolitik.

am

WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 181 (November) 2021 (Schwerpunktthema: „Indo-Pazifik – Eine neue Konfliktzone“), Potsdam / Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.

Aus anderen Quellen

„Die Linke hat an alle anderen Parteien – inklusive an die Nichtwähler – große Stimmenanteile verloren“, erinnert Rainer Rupp an den 26. September 2021. „Im Vergleich zur letzten Bundestagswahl haben sich die für die Linke abgegebenen Stimmen sowohl in absoluten Zahlen als auch prozentual beinahe halbiert.

Am meisten hat die Partei bei ihrer linken Kernwählerschaft verloren, denn die neue Führung wollte unbedingt in der neoliberalen und pro NATO geprägten deutschen Parteienlandschaft ankommen und auf Augenhöhe akzeptiert werden.“

Rupp: „Heulen und Zähneknirschen“ in der Partei Die Linke, freidenker.org, 24.10.2021. Zum Volltext hier klicken.

*

62 namhafte Wissenschaftler aus Deutschland haben in einem Offenen Brief von der neuen Bundesregierung ein stärkeres Engagement und mehr Initiative gegen autonome Waffensysteme wie zum Beispiel Killer-Roboter gefordert. Die Unterzeichner heben unter anderem hervor: „Der unregulierte Einsatz autonomer Waffensysteme stellt eine ernsthafte Gefährdung für das Völkerrecht sowie die Menschenrechte und vor allem die Menschenwürde dar. Die aktuelle Entwicklung droht zudem ein Wettrüsten, gefolgt von mehr regionaler und globaler Unsicherheit, auszulösen. Ohne Regulierung werden sich autonome Waffen außerdem schnell weiterverbreiten, wodurch das Risiko zunimmt, dass Konflikte in Maschinengeschwindigkeit ausgelöst oder zum Eskalieren gebracht werden, ohne dass Menschen noch bremsend eingreifen können.“

In einem zweiten Offenen Brief haben sich weitere Wissenschaftler gegen ein militärisches Drohnenprogramm und eine „Entmenschlichung der Entscheidung über Leben und Tod“ ausgesprochen: „Der wissenschaftlich-technologische Stand ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass jede moderne ferngelenkte bewaffnete Drohne nur ein Software-Update von einer vollautonomen tödlichen Waffe entfernt ist, ohne dass dies nachgewiesen werden kann! Bewaffnete Drohnen müssen jetzt vermieden werden, bevor der Entwicklung hin zu vollautonomen Waffen kein Einhalt mehr geboten werden kann.“

Constanze Kurz: Neue Bundesregierung soll Killer-Roboter einhegen, netzpolitik.org, 01.11.2021. Zum Volltext hier klicken. Zum Wortlaut des Offenen Briefes hier klicken.

Redaktion Telepolis: „Entmenschlichung der Entscheidung über Leben und Tod“, heise.de, 01.11.2021. Zum Volltext hier klicken.

*

Nicht dass satirische Überhöhungen bei Zeitgenossen mit fest gefügtem Glauben etwas bewirkte, doch bisweilen schärfen sie die Wahrnehmbarkeit des Problems. So meinen etliche Kritiker, dass auch der 20. Deutsche Bundestag, wiewohl mit mehr Abgeordneten als jemals zuvor, die Vielschichtigkeit der Bevölkerung nicht hinreichend abbilde, mithin nicht divers genug sei. Für Burghard Ewert, Chefredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung, illustriert das weniger ein Problem des Parlaments als eines, das der Haltung der Kritiker zugrunde liegt. Den Widersinn des Vorwurfs verdeutliche unter anderem dieses (ironisierte) Gedankenspiel: „Wie viele der Abgeordneten sind eigentlich drogenabhängig? Nur sie sind ja in der Lage, für eine fundierte Suchtpolitik zu sorgen. Wer am längsten abhängig ist, sollte den Vorsitz einer entsprechenden Arbeitsgruppe übernehmen. Er hat schließlich die meiste Erfahrung.“ Und: „In anderen Zusammenhängen nennt man die Zuständigkeit eines persönlich Betroffenen – Befangenheit. Hier soll sie zum Konzept erklärt werden.“

Burghard Ewert: Der Bundestag und die Erwartungen an die Volksvertreter, deutschlandfunk.de, 30.10.2021. Zum Hörtext hier klicken.

*

„Seit beinahe zehn Jahren befindet sich die Zentralafrikanische Republik (ZAR) in einem andauernden Bürgerkrieg“, beginnt Milena Düstersiek und fährt fort: „In dem schon seit der Unabhängigkeit von gewaltsamen Auseinandersetzungen und Putschen geprägten Land geht es um mehr als um einen Konflikt basierend auf Ideologie, Religion oder Ethnie. Mit wachsender Präsenz und Einmischung anderer Staaten geht es in der ZAR auch um die Vormachtstellung und Einfluss in Zentralafrika, zwischen dem Westen auf der einen Seite und Russland, China und der Türkei auf der anderen Seite.“

Milena Düstersiek: Der Wettstreit um Zentralafrika, imi-online.de, 11.10.2021. Zum Volltext hier klicken.