22. Jahrgang | Nummer 14 | 8. Juli 2019

Bemerkungen

Der Palast der DDRepublik

Kaum ein Gebäude hatte so viel Symbolkraft für die DDR wie der Palast der Republik. Der Bau war ein Sinnbild für den real existierenden Sozialismus und gewissermaßen auch für eine kommunistische Zukunft. Es kam jedoch alles ganz anders. Vor dreißig Jahren ging der erste deutsche Arbeiter-und-Bauern-Staat unter, vor zehn Jahren wurden die letzten Spuren des Prachtbaus beseitigt. Aber bis heute haben gerade ältere DDR-Bürger ihre eigene Sicht auf das Statussymbol, verbunden mit Erinnerungen an den Palast als Arbeitsplatz, Veranstaltungsort oder einfach als Freizeitraum und Ausflugsziel. Immerhin rund 60 Millionen Menschen besichtigten das „Haus des Volkes“ zwischen 1976 und 1990.
Am 2. November 1973 wurde der Grundstein gelegt, nach 32-monatiger Bauzeit wurde der Palast am 23. April 1976 feierlich eröffnet – es war das Jahr der Biermann-Ausbürgerung. Dem Vorzeigebau war allerdings nur eine Lebzeit von 14 Jahren vergönnt. Was folgte, waren noch einmal 14 Jahre der Agonie, des Leerstands – bis nur noch Haut und Gerippe standen. Dann kamen die Abrissbagger.
Über die Jahre hinweg haben verschiedene Künstler Errichtung und Nutzung, Leerstand und Abriss begleitet. Eine Auswahl dieser künstlerischen Auseinandersetzung präsentiert die Rostocker Kunsthalle mit der Ausstellung „Palast der Republik. Utopie, Inspiration, Politikum“ (1. Juni bis 13. Oktober 2019). Die Rückschau mit unterschiedlichen Ausdrucksmitteln berücksichtigt verschiedene Blickwinkel, Meinungen und Positionen.
Zahlreiche historische Fotografien dokumentieren die Errichtung des Palastes und seine Nutzung. Der Fotograf Georg Eckelt und sein Sohn Christoph beispielsweise näherten sich dem Haus zu verschiedenen Zeiten; so entstanden in den 70er Jahren eine Fotodokumentation von der Baustelle und dem fertigen Bau und 2004 die Bildreportage „Heimkehr aus Troja“ über das asbestsanierte Skelett. Beide Serien veranschaulichen eindrucksvoll Aufbau und Rückbau. Von der Fotografin Sibylle Bergemann gibt es zwei sehr gegensätzliche Arbeiten. Das Foto von 1987 zeigt Besucher auf der Galerie des Hauptfoyers unter dem bekannten Lampenhimmel, während 2008 der Betrachter auf ein Ruinenfeld blickt. Ein letztes Foto von Irina Liebmann trägt den Titel „Arbeiter, den Arbeiterpalast abreißend“.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Kunstwerke, die eigens für den Palast der Republik geschaffen wurden. 16 großformatige Gemälde hingen im Foyer. Die Rostocker Ausstellung präsentiert die Werke von Bernhard Heisig, Willi Sitte, Werner Tübke und Ronald Paris, die auch schon im Palast nebeneinander hingen, an einer Wand. Die Ausstattung des Palastes ist durch Möbel, Porzellan, Design-Entwürfe und einige der berühmten Foyer-Lampen ebenfalls erlebbar.
Begleitet wird die Rostocker Ausstellung von der Berliner Schau „Palast der Republik. Satellit – Kunsthalle Rostock im KVOST“ (Kunstverein Ost, 20. Juni bis 28. Juli 2019), die trotz ihrer Eigenständigkeit als eine Einladung in die Ostseestadt wirken soll. Im Mitteldeutschen Verlag ist zu beiden Ausstellungen ein opulenter und reich illustrierter Katalog erschienen, der besonders mit seinen Textbeiträgen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem sensiblen „Palast“-Thema anregen will. „Wir leben heute in einer Kultur, die alle Zerstörungen dokumentiert, archiviert, interpretiert und künstlerisch aufarbeitet. […] Die Zerstörung hat den Palast erst zum Star gemacht“, schreibt der russische Kunstkritiker Boris Groys. Und so kommt auch der Begleitkatalog mit einem goldenen Umschlag daher.
Kunsthalle Rostock und Elke Neumann (Hrsg.): Palast der Republik – Utopie, Inspiration, Politikum. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2019, 232 Seiten, 30 Euro.

Manfred Orlick

Zeugnisse einer Künstlerfreundschaft

In halbjährlichem Wechsel zeigt die Neue Galerie des Koserower Ateliers Otto Niemeyer-Holstein auf der Insel Usedom kleine, aber feine Sonderausstellungen, in denen Arbeiten Niemeyer-Holsteins mit denen von Mitgliedern seines großen Freundeskreises zusammengeführt werden. Derzeit sind es Zeichnungen und Bronzen von Gustav Seitz, die Gemälden und grafischen Arbeiten des Meisters begegnen. Beide Künstler verband eine tiefe Freundschaft, die bis zum Tode von Seitz im Jahre 1969 anhalten sollte. Eindrucksvoll ist der Kontrast zwischen den mitunter sehr französisch-leichten Federzeichnungen des Bildhauers und seinen gerade im Spätwerk zu archaischer Formensprache tendierenden Bronzen wie die „Kleine Kniende“ (1962). Von der raumbeherrschend aufgestellten „Lauschenden“ (1967) wurde extra für die Koserower Ausstellung durch die Gustav-Seitz-Stiftung ein Guss angefertigt. Die Figur korrespondiert mit der „Stehenden“ von 1957, die sich wiederum in einem stillen Dialog mit Niemeyer-Holsteins „Stehendem Akt“ aus dem Jahr 1960 befindet. Nur wenige werden Seitz’ „Porträt Otto Manigk“ (1965) kennen. Für die Ausstellung wurde der Porträtkopf des Ückeritzer Malers erstmals in Bronze gegossen. Es ist eine eindrucksvolle, sehr kraftvolle Arbeit.
Ab 19. Oktober werden in Koserow Arbeiten der Berlinerin Charlotte E. Pauly zu sehen sein.
„In alter Freundschaft …“ Gustav Seitz und Otto Niemeyer-Holstein. Atelier Otto Niemeyer-Holstein, Ostseebad Koserow/Usedom, bis 13. Oktober 2019, täglich geöffnet von 10 bis 17 Uhr.

W. Brauer

Tucholsky für Eilige

Im Jahre 2012, hundert Jahre nach dem Erscheinen des „Bilderbuchs für Verliebte“, begleitete ich eine mir unbekannte Gymnasialklasse nach Rheinsberg. Die Schüler, die vor allem in Berlin zu shoppen gedachten, erklärten einhellig: „Rheinsberg ist scheiße.“ Vom historischen Schloss wussten sie nichts, von dem Mann mit den 5 PS auch nichts – aber sie hatten ein Urteil. Bei schönstem Wetter blieben die Schüler im Bus, während meine Kollegin und ich die Jubiläumsaustellung zu „Rheinsberg“ ansahen.
Reden wir von einem „Auftragswerk“: Ulf Annel, Kabarettist der Erfurter „Arche“, hatte einen Tucholsky-Abend erarbeitet, den sich der Thüringer Rhino-Verlag als Büchlein vorstellen konnte. Entstanden ist das kleinste Bändchen, das der Rezensent je besprach: 12 mal 8 Zentimeter.
Der Gestus des Kabaretts bleibt durch die Zwischentexte, Bilder, Kommentare und Aktualisierungen weitgehend erhalten. Auf den 93 Seites des „Kleinen Tucholsky-Buches“ wird der Autor als Aphoristiker in der Tradition eines Lichtenberg, als Satiriker, politischer Kopf, Lyriker, Melancholiker und Privatmensch vorgestellt. Einige der Tucholsky-Klassiker findet der Leser wieder „Was darf Satire?“, „Ein Ehepaar erzählt einen Witz“, „Augen in der Großstadt“, „Wenn die Igel in der Abendstunde“… „Mutterns Hände“ ließ man weg und bot dafür die unterhaltsame, gar bebilderte Merkel-Parodie „Muttis Hände“ (Wedel/Annel). Namen wie Olaf Scholz, Wulff, Röttgen, Lindenberg, Helene Fischer ober gar „Bernd“ Höcke werden genannt oder gar in Tucholskys Texte implantiert. Annel übertreibt es hier und da mit seinen Aktualisierungen, die gewiss auf dem Brettl funktionieren. Ein Autor wie Tucholsky braucht solche Zutaten nicht.
Ein gestalterisches Problem zeigt sich in seinen verheerenden Folgen: Natürlich verträgt ein Miniaturbuch keine große Schrift. Die untergeordneten Kommentare und Überleitungen – in schwarzen Lettern auf weißem Grund – sind noch lesbar. Ausgerechnet die Tycholsky-Texte, kursiv gesetzt, in Rot auf rosa Papier, sind in ihrer Darbietung kein Augenschmaus, sondern ein Augengraus. Auch ein Lesen mit Lupe ist auf Dauer kein Vergnügen. Junge Leser, auch Gymnasiasten, hätten mit der Kleinstschrift keine Probleme. Gerade für sie wäre Kurt Tucholsky mit Vergnügen zu entdecken.
Das kleine Buch wurde ansprechend bereichert durch Fotos und Dokumente aus allen Lebens- und Schaffensphasen des Starautors der „Weltbühne“. Die hatte zwar 40 Jahre DDR, nicht aber die „Wende“ überlebt.
Ulf Annel: Kleines Tucholsky-Buch. Rhino-Verlag, Ilmenau 2019, 93 Seiten, 5,95 Euro.

Ulrich Kaufmann

Musikalische Hefe

In jungen Jahren sprießen nicht gar selten nur die lustbetonten, sondern auch die kreativen Triebe. Leider versiegt die künstlerische Ader oft im Erwachsenenalter. Und man ist peinlich berührt über Fundstücke aus früheren Lebensjahrzehnten.
Der in Niedersachsen geborene und aufgewachsene Achim Amme – ein kreatives Multitalent: Autor, Schauspieler und Musiker – wagte ein interessantes Experiment, indem er fünf Jahrzehnte alte eigene Liedtexte mit selbst komponierten Melodien auf eine CD bannte. Während Teile der westdeutschen Studentenschaft den Aufstand gegen den Muff von 1000 Jahren probten, erlebte Achim Amme 1968/69 als Austauschschüler im Rahmen eines einjährigen Auslandsaufenthalts in den USA die Sonnen- und Schattenseiten jenseits des Atlantiks. Sein musikalisches Schatzkästchen hält persönliche Eindrücke und Erinnerungen an diese Zeit in „Am(m)erica“ fest – von Liebesträumen über das Spießertum der Erwachsenen bis zu den das Stadtbild dominierenden Wolkenkratzern, dem in Stahlbeton gegossenen Manifest architektonischen Wahnsinns.
Die Musik atmet den Spirit der damaligen Zeit, ohne dass die vierzehn Songs billige Beatles- oder Yardbirds-Imitate wären. Achim Amme bezeichnet sein Werk selbst, für das er den renommierten Produzenten Julian Dawson gewinnen konnte, als „Zeitreise, die uns ans Ende der 60er Jahre führen sollte.“
Dem früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker wird der Satz zugeschrieben: „Musik ist nicht die Sahne auf dem Törtchen, sondern die Hefe im Teig der Gesellschaft.“ Achim Amme beweist mit seiner CD-Veröffentlichung, dass manches Hefestück auch noch ein halbes Jahrhundert später gären kann.
Achim Amme: Ammerica. CD, Timezone Records 2019, ca. 14,90 Euro.

Thomas Rüger

Blätter aktuell

Das vergangene Jahrhundert stand ganz im Zeichen der USA-Dominanz. Doch Donald Trumps Bruch mit der außenpolitischen Tradition Woodrow Wilsons hat die amerikanische Demokratie zu einem politischen Auslaufmodell degradiert, schreibt der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze. Trump habe damit jedoch keineswegs den Führungsanspruch der USA aufgegeben, im Gegenteil: „America first“ gilt nicht nur nach innen, sondern auch nach außen – beim Handelskrieg mit China wie bei der Abkehr vom Pariser Klimaabkommen.
Fridays for Future, Scientists for Future, Parents for Future und nun auch noch Trade Unions for Future? Der Politikwissenschaftler und Blätter-Mitherausgeber Ulrich Brand fordert die Gewerkschaften auf, sich stärker für das Klima einzusetzen und erklärt, wie gerade Industriegewerkschaften aus dem Dilemma Arbeitnehmerschutz versus Klimaschutz herauskommen können: Nur wenn sie Klima-, Degrowth- und Arbeiterbewegung verknüpfen, werden Gewerkschaften wieder zum Fürsprecher des guten Lebens für alle Lohnabhängigen.
Politik braucht Dialog, doch Hass und Gesprächsverweigerung gelten zunehmend wieder als legitime politische Mittel. Der Soziologe Helmut Fehr analysiert vor diesem Hintergrund die Gesprächskultur der Runden Tische der späten 1980er Jahre und erinnert daran: Dialog war vor 30 Jahren das entscheidende Moment für den Weg zur friedlichen Revolution und in die liberale, pluralistische Demokratie. Denn friedlicher politischer Wandel ist nur möglich, wenn aus Feinden Gegner werden.
Dazu weitere Beiträge, unter anderem: „AfD: Die neue Macht im Osten“, „Griechenland: Tsipras’ Absturz“ und „Niederlande: Populismus mit intellektuellem Anstrich“.
Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, Juli 2019, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.

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WeltTrends aktuell

Die Eskalationsgefahr im Nahen und Mittleren Osten ist groß. Nach dem Ausstieg der Trump-Regierung aus dem multilateralen Atomabkommen mit Iran sollen harte Sanktionen „maximalen Druck” auf Teheran ausüben. Immerhin ist Iran der einzige Staat in der Region, der Washington Paroli bietet. Trumps Vorhaben, Teheran in die Knie zu zwingen, ist jedoch zum Scheitern verurteilt, schlussfolgern die Iran-Experten Behrooz Abdolvand und Heinrich Schulz in ihrer Analyse des seit der Revolution von 1979 schwierigen Verhältnisses zwischen der Weltmacht USA und der Regionalmacht Iran. Weitere Autoren verweisen auf den Nationalismus, mit dem die iranische Führung versucht, den unter wirtschaftlicher Misere leidenden Menschen rhetorisch entgegenzukommen, untersuchen die Beziehungen zwischen Indien und Iran wie auch die „Zweckehe“ von Iran und Russland in Syrien.
Im WeltBlick geht es um Wahlen: in Spanien, der Ukraine und Südafrika.
Der Kommentar setzt sich mit dem Ergebnis der jüngsten EU-Wahlen auseinander.
Die Analyse beschäftigt sich mit dem Stillstand in Albanien. Die große Mehrheit der Albaner befürwortet den EU-Beitritt, die demokratische Entwicklung im Land wie auf dem gesamten Westbalkan stagniert jedoch.
Vor 100 Jahren wurde auf der Pariser Friedenskonferenz eine neue Weltordnung kreiert, die jedoch nur zu bald im Zweiten Weltkrieg unterging. In der Historie werden die Ergebnisse der Konferenz unter die Lupe genommen.
WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 153 (Juli) 2019 (Schwerpunktthema: „Brennpunkt Iran“), Potsdam / Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.

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Aus anderen Quellen

Das unveränderte Strickmuster des Agierens des US-Sicherheitsberaters John Bolton, eines bellizistischen Falken, erläuterte Florian Rötzer: „Es werden neue Gefahren für die USA verstärkt oder auch erfunden, um dann einen Konflikt zu eskalieren, mit dem sich amerikanische Interessen durchsetzen lassen, darauf vertrauend, dass kein Land einen militärischen Konflikt mit den USA riskieren möchte.“ Jetzt hat Bolton gedroht: „Angreifer wie Russland oder andere würden einen ‚Preis zahlen‘ müssen, wenn sie ‚Cyberoperationen‘ gegen die USA ausführen sollten. Die Logik ist ähnlich wie bei den Sanktionen. Man schnürt ein Land so weit ab, bis es klein beigibt. So zumindest die Erwartung des Bullen mit den größten Muskeln.“
Florian Rötzer: US-Sicherheitsberater Bolton droht mit Cyberangriffen, heise.de, 12.06.2019. Zum Volltext hier klicken.

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„Sie haben heute schon einen Kaffee getrunken! Stimmt’s?“, fragt Marco Dettweiler und fährt fort: „Ich auch. Wie haben Sie ihn gemacht? Kaffeemaschine? Vollautomat? Cafetiere? Siebträger? Handfilter? Aeropress? Kapselmaschine? Eine Methode wird es gewesen sein. Bei jeder kann etwas schief gehen. Jede hat ihre Vorzüge. Trotzdem nerven ein paar Dinge am deutschen Kaffeekonsum.“
Marco Dettweiler: Fünf Dinge, die am deutschen Kaffeekonsum nerven, faz.net, 01.05.2019. Zum Volltext hier klicken.

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„Die Pest galt lange Zeit als Geißel der Menschheit“, schreibt Walter Willems, „und viele Weltregionen werden bis heute regelmäßig heimgesucht. Europa ist seit dem Ende der Dritten Pandemie Mitte des 20. Jahrhunderts pestfrei.“ Die Gründe dafür haben Forscher um Barbara Bramanti von der Universität Oslo herausgefunden.
Walter Willems: Warum die Pest in Europa tatsächlich ausstarb, welt.de, 17.04.2019. Zum Volltext hier klicken.

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Günter Gaus’ über 250 zwischen 1963 und 2004 – überwiegend unter dem Titel „Zur Person“ – geführte Fernsehinterviews mit Prominenten aus Politik, Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft und Religion sind zeitgeschichtliche Dokumente von bleibender Relevanz. In der Ausstrahlung vom 19.11.1997 war sein Gesprächspartner Hermann Kant.
Gaus: Rechtfertigt sich für Sie immer noch Stalinismus, weil er antifaschistisch war?
Kant: Das muss ich zunächst auch einmal ganz persönlich nehmen. Wenn es nach den Taten gegangen wäre, als deren Begleiterscheinung ich in Polen in Erscheinung trat, dann hätte man mich ja ohne weiteres umbringen dürfen. Das also war bei diesen Millionen Toten eigentlich erlaubt. Dass man es nicht getan hat, hat mich sehr ins Stutzen gebracht. Ich habe darüber nachgedacht. Jener Stalin war der Oberste von all denen, die mich gefangen hielten. Er hat nicht verhindert, dass sie mich nicht umgebracht, sondern stattdessen geheilt haben. Ich war ja ein sehr versehrter Mann; man hat mich aus dem Beinahe-Tod wieder ins Leben geholt. Auch das war für mich natürlich mit der Überschrift „Stalin“ versehen. dass dann anderen Leuten viel, viel Schlimmes geschehen ist unter demselben Namen, habe ich im Laufe der Zeit zur Kenntnis nehmen müssen und mich dementsprechend auch davon abgewandt. Aber ich kann es nicht so einfach machen.
Günter Gaus im Gespräch mit Hermann Kant, ORB, 19.11.1997. Zum Volltext hier klicken.

Letzte Meldung

Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Meck-Pomm und eine von drei Interimsvorsitzenden der SPD, will nicht ins Rennen um den Parteivorsitz gehen. Über den Grund dafür man muss gar nicht rätseln. Den benannte André Mielke in der Berliner Zeitung, als er Schwesigs Einlassung „Wenn die Grünen in Regierungsverantwortung kommen, wird das Soufflé total zusammenfallen.“ kommentierte: „Als Suizidaldemokratin weiß sie, wie es sich anfühlt, wenn ein alter Auflauf über einem einläuft.“
Ganz anders Gesine Schwan: Sie hat ihren Hut beherzt ins Sommerloch, pardon, in den Ring geworfen. Mit ihren 76 Lenzen ist die Dame immerhin nur knapp halb so betagt wie die alte Tante SPD und auch bloß drei Jahre älter als Konrad Adenauer zum Zeitpunkt seiner ersten Wahl zum Bundeskanzler. Da möchte man den Genossen mit Gottfried August Bürger einfach nur zurufen: „Hallo! Hallo! Frischauf gewagt!“

Alfons Markuske