21. Jahrgang | Nummer 13 | 18. Juni 2018

Bemerkungen

Der Ausweg

Eine Ameise
lief rechts herum im Kreise.
Auf ihre Weise
wollte sie wo hin.
Dann ging’s ihr durch den Sinn,
dass sie nicht mehr recht wusste,
wohin sie denn nun musste.
Sie dachte sachte nach.
Und dann, mit einem Schlach
fiel es ihr wieder ein.
Wie konnt’ sie so vergesslich sein!
Rasch drehte sie sich um …
und lief nun links herum.

Renate Hoffmann

Film ab

Unter den wenigen klassischen, also im 19. Jahrhundert angesiedelten Western, die in den vergangenen Jahren gedreht worden sind und es bis in hiesige Kinos geschafft haben, sind dem Rezensenten mindestens zwei in bleibend guter Erinnerung: „The Homesman“ und „Slow West“. Beide liefen 2015, und so sind schon wieder drei Jahre ins Land gegangen, bis hier erneut eine Eloge auf das häufig als minderwertig abgetane oder zumindest belächelte Genre angestimmt werden kann. Dieses Mal auf „Hostiles“ von Scott Cooper.
Die Entstehung der USA ist bekanntlich mit drei großen Gründungsverbrechen unmittelbar verknüpft. Deren erstes war die Sklaverei, deren zweites die Dezimierung Mexikos um knapp 1,4 Millionen Quadratkilometer im Gefolge des amerikanisch-mexikanischen Krieges von 1846 bis 1848. Das dritte war schließlich die gewaltsame Vertreibung und weitgehende Ausrottung der indigenen Urbevölkerung auf dem heutigen Territorium der Vereinigten Staaten, die mit der Schlacht von Mabila (Alabama) am 18. Oktober 1540 ihren ersten Höhepunkt hatten. Als Abschluss gilt gemeinhin das Massaker von Chankpe Opi Wakpala (Wounded Knee), verübt vom 7. US-Kavallerie-Regiment am 29. Dezember 1890 an 300 wehrlosen Sioux.
„Hostiles“ spielt irgendwann in den Jahren danach. Dass der Protagonist, Captain Joseph Blocker, vor seinem regulären Ausscheiden als Soldat stehend, einer der Schlächter von Wounded Knee war, wird beiläufig mitgeteilt.
Zu jener Zeit schlug Weißen nur ganz ausnahmsweise das Gewissen ob der barbarischen Behandlung der Ureinwohner und führte zu der Einsicht, dass deren häufig nicht weniger barbarischen Gegenreaktionen im Wesentlichen genau daraus resultierten. Das ist heute hinlänglich bekannt. Für Blocker hingegen, für den das Töten von Indianern mehr als 20 Jahre lang ein nie hinterfragter Berufsauftrag war, ist es ein arger Weg bis zu dieser Erkenntnis. Den zeigt der Film in einprägsamen Bildern von teils jenseitiger Schönheit, aber getragen von einer Melancholie, die sich nicht zuletzt aus dem Wissen speist, dass auf der Seite der Sieger immer wieder neue Barbaren nachwachsen.
Und da der Showdown zum Western gehört wie der Kater zum darin bisweilen im Übermaß gebecherten Fusel, soll hier zumindest noch verraten werden: Auch Scott Cooper verzichtet auf dieses Accessoire nicht.

Clemens Fischer

„Hostiles“, Regie: Scott Cooper. Derzeit in den Kinos.

Aus anderen Quellen

Vor dem Hintergrund der „schlechtesten Beziehungen (zwischen den USA und Russland) […] seit den 80er Jahren“ konstatiert Keith Gessen: „Um zu verstehen, wie man aus diesem Schlamassel herauskommt, muss man verstehen, wie wir da reingekommen sind.“ Mit diesem Ziel analysiert der Autor, wer mit welchem Impetus und mit welchen Folgen in den USA-Regierungen seit 1991 mit Russland befasst war. Sein Fazit: „Das bleibende Geheimnis der amerikanischen Politik gegenüber Russland in den letzten 25 Jahren kann man so ausdrücken: Jede Regierung hat sich verpflichtet, die Beziehungen zu ihrem ehemaligen Gegner im Kalten Krieg zu verbessern, und jede hat in bemerkenswert ähnlicher Weise versagt.“
Keith Gessen: The Quiet Americans Behind the U.S.-Russia Imbroglio, The New York Times (online), 8. Mai 2018. Zum Volltext hier klicken.

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„Das amerikanische Militär etwa“, so berichtet Christoph Schäfer, „hat schon im vorvergangenen Jahr in der kalifornischen Wüste eine Drohne namens ‚Perdix‘ getestet. An der militärischen Forschungsbasis China Lake warfen damals drei Kampfflugzeuge mitten im Flug 104 dieser Drohnen ab, eine nach der anderen. Die Drohnen formierten sich autonom zu einem geordneten Schwarm und flogen ohne weitere menschliche Eingriffe eine programmierte Route ab. Am Ende umzingelten sie ihr Ziel. Bisher sollen die Perdix-Drohnen lediglich zur Überwachung eingesetzt werden. Allzu schwierig wäre es aber nicht, sie mit Sprengstoff zu versehen. Das Ergebnis wäre ein Drohnen-Schwarm, der im Formationsflug ein Ziel angreift und ausschaltet. Technisch ist das beeindruckend. Die entscheidende ethische Frage ist aber nicht, wie schnell oder präzise ein Waffensystem arbeitet und wie viel Künstliche Intelligenz dabei zum Einsatz kommt. Es geht vielmehr darum, ob ganz am Ende noch ein Mensch in einem Kontrollraum sitzt und den Befehl zum Angriff gibt – oder eben nicht.“
Christoph Schäfer: Die Killer-Roboter sind im Anmarsch, faz.net, 2. Juni 2018. Zum Volltext hier klicken.

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„Die einst affärengeplagte Stadtsparkasse Düsseldorf ist plötzlich das Bayern München des deutschen Kreditwesens“, vermerkt Heinz-Roger Dohms und „Vorstandschefin Karin-Brigitte Göbel prahlte bei der jüngsten Bilanz-Pressekonferenz: ‚Das Betriebsergebnis vor Bewertung beträgt 102,5 Millionen Euro; es liegt um 30,4 Millionen Euro über dem Vorjahr.‘“ Des Rätsels Lösung? „Die Geschichte der Stadtsparkasse Düsseldorf muss neu geschrieben werden. Denn wer der Frage nachgeht, wo die üppigen Gewinne urplötzlich herkommen, der stellt fest, dass es sich bei einer der größten Sparkassen der Republik schon seit Jahren nicht mehr um ein Kreditinstitut im engeren Sinne handelt. Sondern zugespitzt formuliert um einen Private-Equity-Fonds mit angeschlossenem Zinsgeschäft.“
Heinz-Roger Dohms: Die unglaubliche Geschichte der Stadtsparkasse Düsseldorf, Finanz-Szene.de, 23. Mai 2018. Zum Volltext hier klicken.

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Als eine der wesentlichen Gründungsurkunden der Bundeswehr gilt Historikern die sogenannte Himmeroder Denkschrift von 1950, im Auftrag der damaligen Bundesregierung unter anderem verfasst von zehn ehemaligen Generalen und Admiralen der Nazi-Wehrmacht. Mit dabei auch der Major a.D. Wolf Graf von Baudissin. Auf die Frage „Was wollte er eigentlich mit seinem Konzept der Inneren Führung und dem Leitbild vom Staatsbürger in Uniform damals erreichen?“ äußerte Claus von Rosen anlässlich des 25. Todestages Baudissins: „Er hatte seit 1945 für sich erkannt, dass in der politischen und auch militärischen Welt sich sehr viel verändert hatte, so dass man nicht mehr auf den alten Formen und auf den alten Grundgedanken ohne nachzufragen aufbauen konnte. Dieses hat er vom ersten Tag in Himmerod, aber auch schon davor, deutlich gemacht. Das sind vor allem die Fragen des Kriegsbildes, der Demokratie, der demokratischen Gesellschaft. Aufgabe der Streitkräfte war nämlich, den Frieden zu bewahren. Das waren seine neuen Dinge und die sollten jetzt für die Bundeswehr eingeführt werden.“
„Soldaten als Staatsbürger in Uniform – Vor 25 Jahren starb Wolf Graf von Baudissin, der Begründer der Inneren Führung“, Interview mit Prof. Claus von Rosen, Nachlassverwalter von Graf Baudissin, ndr: Streitkräfte und Strategien, 2. Juni 2018. Zum Volltext hier klicken.