18. Jahrgang | Nummer 2 | 19. Januar 2015

Friedensbewegung in der Kontroverse

von Reiner Braun

So oft und viel wurde schon seit Jahren, ja dem letzten Jahrzehnt, nicht mehr über die Friedensbewegung in den Medien berichtet oder kontrovers diskutiert.
Sicher ist es zunächst ein Erfolg, nach Jahren „eher stiller“ und beharrlicher Hintergrundarbeit wieder in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung angekommen zu sein. Auch die Kontroverse ist mehr als verständlich, richten sich die Aktionen der Friedensbewegung doch gegen den Mainstream der politischen und gesellschaftlichen Eliten, Krieg als Instrument der Politik nicht nur tagtäglich zu praktizieren, sondern durch eine „ideologische Großoffensive“ – militaristisch gesprochen – die Bevölkerung „kriegsreif zu schießen“.
Dennoch sind die Schärfe und der Ton der Auseinandersetzung überraschend: ist die Friedensbewegung doch weit davon entfernt, eine Massenbewegung für den Frieden zu sein. Mit 4.000 Teilnehmern war diese zwar die größte Demonstration der Friedensbewegung in Berlin seit Jahren (auch weitere Demonstrationen am 13.12. hatten durchaus Beispielcharakter), aber immer noch weit entfernt von den hunderttausenden Teilnehmern an den Großdemonstrationen gegen den Irakkrieg oder von den Anti-Raketen Aktionen der 80er Jahre.
Es liegt nicht am Aufruf zu den Aktionen: Dieser unterscheidet sich in den inhaltlichen Formulierungen und in den Kernforderungen nicht von den Aufrufen zu den Ostermärschen, zu den Demonstrationen gegen den NATO-Gipfel oder zur Sicherheitskonferenz in München. Ihn „russlandfreundlich“ im Sinne einer aktiven Unterstützung der oligarchischen Politik Putins zu nennen, dazu gehört schon ein gehöriges Maß von Ignoranz. Die NATO-Expansion gen Osten muss aber schon benannt werden, als das was es ist: mindestens gerichtet gegen den Geist der „Charta von Paris von 1990“ und weiterer internationaler Abkommen, expansiv und friedensgefährdend.
Es liegt primär auch nicht daran, dass sich erstmals ein neuer gesellschaftlicher Akteur an diesen Aktionen beteiligt und in die Vorbereitung und Mobilisierung gemeinsam mit Organisationen und Initiativen aus der traditionellen Friedensbewegung eingebunden war: Teilnehmer und auch Organisatoren von „Montagsmahnwachen“. Diese wurden instrumentalisiert, um ganz andere politischen Ziele zu verfolgen.
Wer aber sind die „Montagsmahnwachen für den Frieden“? Warum steht deren Zusammenarbeit mit Organisationen der traditionellen Friedensbewegung so im Kreuzfeuer medialer Kritik? Warum sind sich die Medien von FAZ über Spiegel bis zur taz weitgehend einig in der Be- beziehungsweise Verurteilung dieser Bewegung? (Früher unterstützten sie per Form und Inhalt der Berichterstattung und Kommentierung durchaus völkerrechtswidrige Kriege.)
Die Montagsmahnwachen sind eine neue (weitgehend spontane) soziale Bewegung, voller Heterogenität und Vielfalt, mindestens zu Beginn auch nach rechts offen. Sie sind aber sui generis keine rechte Bewegung (siehe wissenschaftliche Studie der TU Berlin). Deswegen ist auch jeder Vergleich mit Pediga abwegig. Viele der dezentralen Mahnwachen haben sich klar von Pediga abgegrenzt und sind aktiv an den Protestaktionen dagegen beteiligt. (Nicht akzeptable Äußerungen einzelner Personen relativieren diese grundsätzliche Absage nicht, sondern zeigen nur die nach wie vor vorhandenen inhaltlichen „Unausgegorenheiten“ und bestärken den Eindruck, dass es sich bei den Montagsmahnwachen um eine umkämpfte Bewegung handelt.)
Die Mahnwachen entwickelten in den letzten Monaten deutliche Abgrenzungen von rechten Positionen, Personen und Organisationen, so die Trennung von „Elsässer“, den „Reichsbürgern“ und anderen rechten Sekten. Diese Veränderungen wurden auch durch Spaltungen vollzogen.
Die – unter anderem auf zwei bundesweiten Treffen in Waltersroda und Zeitz – vollzogene „Anti-Rechts-Entwicklung“ hin zu Positionen demokratischer, sozialer und linker Bewegungen ist von Teilen der traditionellen Friedensbewegung und ihrer Diskursbereitschaft entscheidend beeinflusst worden.
Ein nicht unwesentlicher Schritt war die Erklärung der Kooperation für den Frieden zu den Mahnwachen vom Juni 2014 in der es heißt:

Die Grundlage eines offenen Dialoges und des Gespräches ist der Antifaschismus und die unzweideutige Ablehnung des Antisemitismus. Jeder Kooperation mit rechtsradikalen, faschistischen Kräften erteilt die „Kooperation für den Frieden“ eine grundlegende Absage.

Die Kooperation setzt sich auf der oben beschriebenen Grundlage für örtliche, dezentrale Formen der Zusammenarbeit ein.

Nur auf dieser antifaschistischen Grundlage war und ist eine Zusammenarbeit möglich. Dabei geht es zunächst um erste Schritte. Wir haben keine unserer inhaltlichen Positionen aufgegeben, eher neue Partner für diese gefunden. Wie die weitgehend dezentrale Zusammenarbeit mit Montagsmahnwachen sich entwickeln wird, werden weitere Aktionen und sicher kontroverse Diskussionen zeigen. Der 13.12.2014 mit der größten Friedensdemonstration in Berlin seit Jahren war jedenfalls ein ermutigender Auftakt.
Die Kritik an der Zusammenarbeit spitzt sich auf Personen zu, aus linker Sicht wenig verständlich, geht es doch bei der Zusammenarbeit oder bei Bündnissen um die gemeinsame Aktion sozialer Organisationen oder Institutionen. Immer wieder werden die Namen „Lars Mährholz“ und „Ken Jebsen“ genannt, mit denen es eine Zusammenarbeit nicht geben dürfte. Dabei werden immer wieder dieselben, zweifellos kritikwürdigen Zitate der beiden Personen wiederholt, anderslautende Aussagen, eigene Distanzierungen und Entwicklungen der Betreffenden hingegen nicht zur Kenntnis genommen. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen: etliche inhaltliche Positionen der beiden sind nicht mit meinem marxistisch geprägten Weltbild kompatibel. Aber beide sind keine „Rechten“ oder „Antisemiten“.
Lars Mährholz hat sich in mehreren Aufrufen von Faschismus distanziert. Am 26. Oktober 2014 erfolgte mit anderen Mahnwachen-Vertretern zudem eine Distanzierung von Jürgen Elsässer, der bei den Mahnwachen als Redner aufgetreten war. In der Stellungnahme heißt es: „Unsere Bewegung orientiert sich an den humanistischen Werten der Gleichheit aller Menschen.“ Unklare Positionen, spontaneistische antikapitalistische Äußerungen konnten und können rechtsradikal missbraucht oder interpretiert werden. Lars Mährholz ist für mich ein Lernender, aber kein Rechter.
Ob Ken Jebsen, ein durchaus scharfzüngiger Kritiker israelischer Politik, nicht eher ein „Opfer“ der Hetzkampagnen von Herrn Broder ist, ist für mich jedenfalls eine offene Frage (auch Jakob Augstein war ja im Visier von Herrn Broder).
Ich will nichts von den Positionen der „Montagsmahnwachen“ verharmlosen, aber plädiere für einen kontroversen politischen Diskurs. Dabei müssen Veränderungen anerkannt werden und Prozesse zu neuer inhaltlicher Positionsbestimmung entwickelt werden. Es ist die aktuelle Aufgabe „der Linken“, in spontan aufbrechenden Bewegungen ohne erhobenen Zeigefinger politische Aufklärung zu leisten, oder anders ausgedrückt: zu Politisieren. War das bei Hartz IV, bei Attac oder bei Blockupy etwa anders? Welche große Aufgabe haben Sozialisten und Kommunisten in der „68 Rebellion“ geleistet? – Ein wenig kann durchaus davon für die aktuelle Diskussion gelernt werden.

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Aber auch die traditionelle Friedensbewegung kann von den überwiegend jungen oder erst jüngst politisierten Menschen der Montagsmahnwachen lernen: den Mut zur Aktion, über 30 Wochen bis zu 90 Mahnwachen jeden Montag mit einem inhaltlichen Programm müssen erst organisiert werden. Trotz aller Angriffe immer wieder auf die Menschen zuzugehen, dazu gehört auch Mut und Engagement. Das „immer wieder auf die Straße und zu den Menschen gehen“ sollte durchaus auch uns anspornen.
Zurück zur Frage: warum diese „offiziöse“ Hetze gegen die traditionelle und „neue“ Friedensbewegung:

1. Die Entwicklung der Mahnwachen (tausende auf den Straßen, präsent in fast 90 Städten) ist für die politische Klasse ein Seismograf für mögliche zukünftige (gemeinsame) große Friedensaktionen, gegen NATO-Kriege und Interventionen. Diese möglichen Aktionen sollen von vornherein diskreditiert und gesellschaftlich isoliert werden. Sie wollen nicht noch einmal von einer erruptiv sich ausbreitenden unabhängigen Friedensbewegung wie in den 80er Jahren überrascht werden.

2. Ein besonderes Gefahrenpotential für die politische Klasse liegt in einer Verbindung zwischen den Mahnwachen mit ihrer Aktionsbereitschaft und Internet-Kompetenz und der traditionellen Friedensbewegung mit ihren analytischen und strategischen Kompetenzen. Daraus kann eine neue massentaugliche Protestbewegung mit eigenen Kommunikationskanälen resultieren, die viel mehr Menschen zu klaren unmissverständlichen Friedenspositionen mobilisiert.

3. Mehr Aktionen, wie sie sich in diesem „Friedenswinter“ andeuten, sind eine klare Opposition gegen die Kriegspropaganda von Bundesregierung, Präsident und Medien. Diffamierungen und Kontroversen können ihre Aktionsfähigkeit einschränken. So haben viele diesen Dezember noch gezögert, ob es sich lohnt und richtig ist, mitzudemonstrieren. Sie können bei wachsender Ausstrahlungskraft der Aktionen sicher mobilisiert werden.

4. Die scharfe politische Auseinandersetzung macht auch eine dringend erforderliche Erneuerung der traditionellen Friedensbewegung schwieriger. Der Druck führt zu Rückzugstendenzen aber auch zum „Einmauern“ in traditionelle Positionen.

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Es geht – dies ist der große Rahmen für unser „kleines Tun“ um die zukünftige politische Entwicklung Deutschlands und seiner Rolle zwischen Krieg und Frieden:
Für die politische Klasse unseres Landes ist es nicht unwichtig, für ein sogenanntes Reformbündnis sogar zentral, die Partei DIE LINKE zur Aufgabe ihrer Anti-Kriegs- und Anti-Militarismus- Positionen zu bewegen. Dieses geschieht mit der Diskussion über eine rot-rot-grüne Schimäre. Deutschland ohne Anti-Kriegs-Partei ist das Ziel. Dabei gibt es für dieses Ziel auch Schützenhilfe aus der Partei DIE LINKE. Politiker dieser Partei, die noch nie die Friedensbewegung politisch unterstützt haben, missbrauchen die Diskussion um die Entwicklung der Friedensbewegung, um etwas ganz anderes zu erreichen: die Verschiebung von Kräfteverhältnissen innerhalb ihrer Partei DIE LINKE von der grundsätzlichen Ablehnung von Krieg als Mittel der Politik hin zu einer auch kriegsbefürwortenden „Einzelfallprüfung“ für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland. Eine antimilitaristische Partei im Bundestag ist unterstützend für die Friedensbewegung, die Friedensbewegung als reale Bewegung wiederum stärkt eine parlamentarische antimilitaristische Repräsentanz – ohne Anti-Kriegs-Aussage verliert die Partei DIE LINKE ihr Alleinstellungsmerkmal als Friedenspartei und macht sich selbst überflüssig.

Erstens. Es geht um die Positionierung zu Russland.
Alle die, die an einer Politik der Entspannung und der „gemeinsamen Sicherheit“ festhalten, sollen zu „Putins Lakaien“ werden, um umso intensiver die Expansions-und Kriegspolitik gen Osten fortsetzen zu können: Nichts anderes bedeuten die weitere Ausdehnung der NATO, der Raketenabwehrschirm, die neuen Atomwaffen und die klar aggressive Ausrichtung der neuen NATO.
Wir warnen vor den Gefahren einer durch die NATO-Politik herbeigeführten Dynamik hin auch zu einem „großen“ Krieg“. Wehret den Anfängen!
Warum wird wohl auf den „Aufruf der 60“ (Nicht in unserem Namen …), unter dem sich auch aktive Kriegsbefürworter, zum Beispiel des Jugoslawien- oder Afghanistan-Krieges, befinden, medial so drauf gehauen? Es geht um eine strategische Weichenstellung.
Dabei sollte die Friedensbewegung auch gegenüber diesem Aufruf nicht auf einem Auge blind sein. Dieser Aufruf formuliert nicht friedenspolitische Kernaussagen, wie die Absage an die NATO und einen umfassenden Abrüstungsprozess, ist aber Ausdruck eines auch im gesellschaftlichen Mainstream vorhandenen Unbehagens am Zurückdrehen der historisch gewachsenen Ostpolitik.

Zweitens. Es geht grundsätzlich um die Vollendung der Interventionspolitik nach dem Ende des Kalten Krieges und die neue Rolle Deutschlands (als der Hegemon Europas) in der Welt. Die Bundesregierung mit ihren geostrategischen Interessen unterstützt kriegerische Interventionen, oft unter dem Deckmantel „humanitärer Interventionen“. Massenhafte Opposition dagegen ist für die herrschende Politik unerwünscht und gefährlich. Auch deshalb der „größere Hammer“ gegen „kleine Bewegungen“, auch deshalb nutzen Medien und Politik jeden Spaltpilz, real oder erfunden.

Drittens. Es geht auch um aktive Demokratie gegen Rechts versus Stillhalten oder gar um das Überlassen der Straße (Hegemonie über die Plätze) für rechtsradikale Politik und Aktionen. Pediga ist mit der Politik der Herrschenden anschlussfähig oder kompatibel. Die Bundesregierung vergießt Krokodilstränen über Pediga, hat sie doch die Atmosphäre der Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit in diesem Lande durch ihre Politik (Sozialabbau) und durch viele Reden (das Boot ist voll, Sozialschmarotzer, Deutschland ist nicht das Sozialamt der Welt …) mit herbeigeführt. Die Friedensbewegung (in der ganzen Vielfalt und Breite) steht wie in den 90er Jahren auch für Solidarität, Internationalität und Mitmenschlichkeit. Im Umgang mit Minderheiten zeigt sich immer auch das Selbstverständnis einer Gesellschaft im Ganzen. Uns verbindet nichts mit Pegida, Hogesa oder wie auch immer sich der mehrheitsfähige Rassismus in seiner Stammtischvariante nennt. Notwendig ist aktiver Widerstand dagegen und eine umfassende Aufklärung. Das beinhaltet das intensive Überlegen, wie wir Menschen, die auf die „Rattenfänger“ hereinfallen, für die sozialen Bewegungen gewinnen können. Das darf niemals durch inhaltliche oder strukturelle Anbiederung geschehen, sondern durch Aufklärung über gesellschaftliche Prozesse, über Kapitalismus und Neoliberalismus und über die Herrschaftstechnik der Spaltung, mit der die Herrschenden unterschiedliche Gruppen der arbeitenden Klasse gegeneinander aufbringen. Eine Anti-Pediga- und Friedensbewegung für Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie, gegen Krieg und Interventionen, gegen Rassismus und Nationalismus, das ist die Herausforderung. Es geht um die Abwehr innerer und äußerer Feindbilder, die dialektisch mit einander verbunden sind. Als Beispiel sei nur an die Kriegspläne erinnert, die sich um das neue Bundeswehr/NATO Einsatzzentrum in Kalkar und die neue schnelle NATO-Eingreiftruppe „Speerspitze Ost“ in Münster ranken. Das ist Kriegspolitik.

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Wir – Alte und Junge in der Friedensbewegung – sind dieser Auseinandersetzung derzeit noch nicht gewachsen. Wir „Traditionalisten“ standen lange nicht vor der Situation, dass losgelöst von den jahrzehntelangen Strukturen der Friedensbewegung neue Menschen für den Frieden in Aktion treten und zumindest die Gefahr ihrer Instrumentalisierung besteht. Aufmerksamkeit, kritische Diskussionen und Reflexionen sind mehr als angebracht. Gerade wer die Zusammenarbeit will, muss diese Stimmen ernst nehmen und sich immer wieder der Diskussion stellen.
Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass es zu Konflikten kommt. Leider haben wir nicht immer die Form gefunden, diese unter Akzeptanz des anderen und seiner Meinung auszutragen. Klare Worte sind hilfreich, das Verweigern, Entwicklungen mit einzubeziehen, erschwert vieles. Aber auch hier sind Veränderungen möglich. Solidarität ist nicht nur die „Zärtlichkeit der Völker“ (Che Guevara) sondern auch ein tiefes mitmenschliches Bedürfnis des Umganges miteinander.
Folgende Kernpunkte scheinen mir für die weitere Diskussion zentral:

1. Die Diskussion über die realen Kriegsgefahren.
Haben wir eine Kontinuität zu den letzten Jahren oder sind wir/kommen wir in eine qualitativ neue Situation dramatisch wachsender Gefahren, die selbst einen „großen Krieg“ nicht mehr unmöglich erscheinen lassen?
Meine These: wir haben eine internationale Militarisierung neuer Dimension, in der Deutschland als europäischer Hegemon eine ausgesprochen aktive Rolle spielt.

2. Wie schaffen wir eine Revitalisierung oder auch Erneuerung der Friedensbewegung in Aktion und nicht nur auf dem Papier oder in sich selbst befriedigenden Diskussionszirkeln?
Die Dialektik von Aktion (möglichst auch großer) und Aufklärung (dies beinhaltet Analyse und Alternativen der zivilen Konfliktbearbeitung) scheint mir der zentrale Ansatzpunkt. Die Fortsetzung des Friedenswinters ist ein erstes Forum, um wieder stärker aktionsfähig zu werden. Initiativreich für mehr Engagement vieler zu wirken ist eine große Herausforderung und öffnet wiederum neue Räume für spontanen Protest. Nur auf Spontanität zu setzen heißt, die Gestaltung von aktiver (Friedens-)Politik zu minimieren.

3. Wie kommen wir wieder zu einer aktiven, gestaltenden, nicht ausgrenzenden Bündnispolitik in der Friedensbewegung, die alle mit einbezieht, welche die Grundsätze teilen:
„Wir sagen Nein zu Antisemitismus, neuen Rechten, Reichsbürgern, Rassismus, Nationalismus und Faschismus.“ (Erklärung zu Beginn der Berliner Demonstration am 13.12.2014)
Es geht in der aktuellen friedenspolitischen Diskussion um viel mehr, als um Zusammenarbeit mit den „Montagsmahnwachen“. Ausgrenzung und Verengung sind prinzipiell schädlich, auch wertkonservative Positionen müssen in einer Bewegung, die um gesellschaftliche Mehrheiten ringt, willkommen sein. Die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Großorganisationen (Gewerkschaften, Kirchen) muss intensiviert werden. Die Zusammenarbeit mit der globalisierungskritischen, der Solidaritäts- und entwicklungspolitischen Bewegungen, sowie mit alternativen ökonomischen und wachstumskritischen Initiativen soll verstärkt werden. Dies bedingt eine absolute parteipolitische Unabhängigkeit. Unverzichtbar ist eine verstärkte internationale Vernetzung.

4. 2015 könnte ein Schlüsseljahr werden. Durch die Aktionen um den 13.12.2014 wurden erste Türen einen Spalt weit geöffnet. Auch Kontroversen führen zu neuen Erkenntnissen. Das Jahr 2015 beinhaltet durch historische Daten (70 Jahre Befreiung, Bombenabwürfe auf Hiroshima, UN Gründung) und aktuelle Ereignisse (G7 Gipfel, geplante Erhöhung des Rüstungshaushaltes) viele Anknüpfungspunkte, den Friedenswillen der Menschen durch Aktionen der Friedensbewegung (zur Artikulation zu bringen.

Reiner Braun ist Geschäftsführer der IALANA (International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms), Co-Sprecher der „Kooperation für den Frieden“.