27. Jahrgang | Nummer 21 | 7. Oktober 2024

Antworten

Olaf Scholz, (nahezu ununterbrochen etwas glückloser) Bundeskanzler – Es behaupten ja immer noch welche, Sie stammten aus Osnabrück. Wir halten das für Fake News. Es gibt schließlich ziemlich stringente Indizien dafür, dass Sie, wie CDU-Chef Friedrich Merz, Sauerländer sind. Über die erzählt man bekanntlich:

Kommt ein Sauerländer mit einem Papagei auf der Schulter in die Kneipe.

Fragt der Wirt: „Und, spricht er?“

„Weiß ich auch noch nicht“, antwortet der Papagei.

Im Unterschied zu Ihnen wäre Merz dann allerdings eher die Ausnahme, die die Regel bestätigt …

 

Michael Douglas, großer Mime und Kinokünstler – Aus dem Schatten eines Übervaters wie Kirk Douglas zu treten – der hatte mit Streifen wie „Wege zum Ruhm“ und „Spartacus“ Filmgeschichte geschrieben und als Randle McMurphy in „Einer flog übers Kuckucksnest“ am Broadway reüssiert –, war sicher keine leichte Sache. Doch Sie haben es geschafft. Ausgerechnet mit „Einer flog übers Kuckucksnest“. Ihr Vater hatte auch die Filmrechte erworben, doch das Projekt kam nicht vom Fleck. Bis Sie in die Rolle des Produzenten schlüpften, Milož Forman als Regisseur engagierten und die Hauptrolle mit dem seinerzeit noch leidlich unbekannten Jack Nicholson besetzten. Der Film räumte 1976 die Big Five ab – die fünf wichtigsten Oscars. Was Papas Ärger über die Wahl des Hauptdarstellers endgültig in Stolz gewandelt haben dürfte, denn gelungen war dies zuvor überhaupt erst einem einzigen Film. Petitesse am Rande: Als Sie zusammen mit Nicholson den Film durch internationale Auftritte promoteten, galt der Publikumsapplaus stets Ihnen, denn Sie waren damals bereits ein Weltstar – durch Ihre Rolle an der Seite von Karl Malden in der Serie „Die Straßen von San Francisco“. Für Ihre Darstellung des Finanzhais Gordon Gekko in „Wall Street“ bekamen Sie 1988 auch einen Oscar als Bester Hauptdarsteller. Nicht wenige Ihrer Filme sind in Erinnerung geblieben – wie „Eine verhängnisvolle Affäre“, „Black Rain“, „Der Rosenkrieg“, „Basic Instinct“ oder „Falling Down“. Um nur die bekanntesten zu nennen.

Jetzt wurden Sie 80.
Wir möchten unseren herzlichsten Glückwunsch nachreichen und dies mit der Ermunterung verbinden: Toppen Sie bitte nochmals Ihren Vater! (Der starb bekanntlich mit 103 Jahren.)

 

Gabor Steingart, Therapeut am Siechenbett der SPD – Sie diagnostizieren mit Blick auf den Bundeskanzler: „Eher singt Roland Kaiser im Wembley-Stadion und spielt Til Schweiger den nächsten James Bond, als dass Scholz eine zweite Amtszeit bekommt. Er ist – man muss es so deutlich formulieren – beim Publikum und der Kritik durchgefallen. Das kann passieren. Das ist kein Drama. Das ist demokratische Normalität. Das Drama der Gegenwarts-SPD besteht vielmehr darin, dass sie die Gesetze von Marktwirtschaft und Demokratie für sich nicht akzeptieren will. Sie hat ein Produkt ins Schaufenster gestellt, das keine Begehrlichkeit weckt und deshalb unverkäuflich ist – in Brandenburg, in Sachsen, in Thüringen und auch im Rest der Republik.“ Stattdessen empfehlen Sie ein „Umdekorieren“: Boris Pistorius als SPD-Kanzlerkandidat.

Wirklich?

Ihr heiliger Ernst?

Der Mann will das Land auf Kriegstüchtigkeit trimmen – gegen eine atomare Supermacht! Und ohne jegliche eigene Idee, ob es nicht vielleicht auch etwas weniger suizidal ginge …

Allerdings – Sie verweisen darauf, dass Pistorius nach Umfragen der mit Abstand beliebteste Politiker Deutschlands und damit die letzte Chance der SPD sei.

Stimmt. Doch leider ist das Argument eines von teuflischer Ambiguität. Denn bekanntlich befürchten nicht bloß Zyniker: Ließe man das Volk heute ungefiltert entscheiden, hätten wir morgen auch die Todesstrafe wieder.

 

Maggie Smith, Unvergleichliche – Sie waren bereits mit zwei Oscars dekoriert – als Beste Hauptdarstellerin (1970, „Die besten Jahre der Miss Jean Brodie“) und als Beste Nebendarstellerin (1979, „Das verrückte California-Hotel“) –, bevor sie durch Ihre Darstellung der strengen, aber höchst menschenfreundlichen Lehrerin und stellvertretenden Schuldirektorin Minerva McGonagall in den Verfilmungen der Harry-Potter-Romane ab 2001 endgültig zum Megastar auf der Leinwand wurden und ab 2010 in der Fernsehserie „Downton Abbey“ noch einen draufsetzten. Als ebenso blasierte wie ironisch-scharfzüngige verwitwete Hochadelige Lady Violet, Countess of Grantham, missbilligten Sie vermeintliche technische Fortschritte wie elektrisches Licht ebenso wie die meisten Verhaltensweisen Ihrer Mitmenschen. Sie selbst sagten von sich: „Ich hatte in diesen Rollen nicht das Gefühl, zu schauspielern.“

Wir gehören zu Ihren bleibenden Fans, wie man unseren Kinofilmbesprechungen über die Jahre wohl entnehmen konnte – siehe „Das Quartett“ (4/2013), „My Old Lady“ (26/2014), „The Lady in the Van“ (9/2016), „Dowton Abbey“ (21/2019) und „Downton Abbey II. Eine neue Ära“ (13/2022).

Jetzt sind Sie, 89-jährig, verstorben. Damit endet eine Ära!

 

Kris Kristofferson, Vieltalentierter – Sie sind als einer der bedeutendsten Songwriter aller Zeiten in die Musikgeschichte eingegangen. Ihre Texte und Kompositionen wurde und werden von Hunderten Künstlern gesungen, darunter Musik-Legenden wie Janis Joplin, Ray Charles, Johnny Cash, Elvis Presley, Greatful Dead, Willie Nelson, Joan Baez … Ihr Mentor und Freund Johnny Cash hatte mit Ihrem Lied „Sunday Morning Coming Down“ 1970 einen Nr.-1-Hit in den Country-Charts. Unser All-Time-Favourite ist allerdings „Me and Bobby McGhee“ in der Interpretation von Jannis Joplin. Nicht zuletzt wegen solcher unvergleichlicher Weltschmerzsentenzen wie „freedom’s just another word for nothing left to lose“ („Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, nichts mehr zu verlieren zu haben“) und „I’d trade all of my tomorrows for one single yesterday“ („Ich würde meine gesamte Zukunft für ein einziges Gestern eintauschen“).

Als Sänger standen Sie mit Bob Dylan, Johnny Cash und anderen Größen auf der Bühne. Zusammen mit Ihrer zweiten Frau, Rita Coolidge, erhielten Sie zweimal den Grammy als bestes Country-Duo.

Auch auf der Leinwand reüssierten Sie. So 1976 in „A Star Is Born“ an der Seite von Barbara Streisand, was Ihnen einen Golden Globe einbrachte. Unvergessen sind uns insbesondere Ihre Westernauftritte. Mit James Coburn in Sam Peckinpahs grandiosem Panorama „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ von 1973, in dem Bob Dylan mitspielte und die Filmmusik beisteuerte (mit dem Ohrwurm „Knokin‘ on heaven‘s door“). Und in dem nicht minder starken Streifen „Heaven’s Gate“ von Michael Cimino (1980), der mit seinem überbordenden Budget zwar die Universal Studios ruinierte, weil er an den US-Kinokassen floppte: Das Publikum wollte sich keinen Spiegel vorhalten lassen, wie gewaltgeschwängert die Einwanderungsgeschichte der USA tatsächlich verlaufen war. Heute jedoch gehört der Film längst zum Kanon der größten Western ever.

Auch politisch haben Sie Flagge gezeigt. Unter anderem mit Ihrem Auftritt beim Internationale Künstler gegen Rassismus Festival 1993 im Hamburger Thalia-Theater.

Mit 88 Jahren sind Sie nun selbst an heaven’s door vorstellig geworden. Wir haben keinen Zweifel, dass Sie gebührend empfangen worden sind.