25. Jahrgang | Nummer 13 | 20. Juni 2022

Film ab

von Clemens Fischer

Die Corona-Pandemie ist noch nicht wieder da, doch trotzdem war das Kino leer. Außer meiner Begleitung und mir – noch eine einzige Besucherin. Gut, es war nicht bloß ein Wochentag, sondern auch noch ein Freitag. Gut, es war die 13:50-Uhr-Vorstellung. Das alles ist aber kein Grund, dass die Generation 65plus die Gunst der Stunde ohne Popcorn krachende Sitznachbarn nicht nutzt! Liebe Leute, bitte geht ins Kino! Dafür werden Filme gemacht. Und geht besonders in die kleinen, die am meisten darauf angewiesen sind. So wie jenes im Kietz-Klub KISTE im Berliner Stadtteil Hellersdorf. Das hat nur 40 Plätze. Indessen – was für welche! Sessel mit Beinfreiheit und ohne jeden Anflug von Sardinenbüchse. Überdies ein Tisch pro Reihe für Getränke.

Doch zur Sache.

Als die Macher der mit weitem Abstand besten Kostüm-, Stil- und Ambiente-TV-Serie ever – spätestens jetzt weiß die weltweite Fangemeinde, wovon die Rede ist: „Downton Abbey“ – ihren sechs Staffeln im Jahre 2019 ein abendfüllendes Sequel fürs Kino folgen ließen, war die Kritik teilweise verhalten und schlimmer. Nicht hingegen im Blättchen.

Nun also „Downton Abbey II. Eine neue Ära“. Und um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Mit diesem Film ist jeder weiteren Fortsetzung once and for all wenn schon nicht der komplette Boden, so doch ein tragender Balken entzogen. Denn am Ende des Streifens schließt Lady Violet, die Countess of Grantham (Maggie Smith), ihre (gottseidank nur Film-)Augen. Diese dafür leider für immer. Somit wäre jeder nächste Aufguss allenfalls noch Caffè Latte. Doch Cappuccino – nimmermehr.

Und die jetzige Folge? Nochmals Noblesse ohne Ende, natürlich wieder völlig frei von jeglichem Klassendünkel, viel Herz, Schmerz eher wenig, mäßige Spannung, andererseits unmäßige Überraschungen (zum Beispiel: nach nunmehr gefühlt 100 Stunden „Downton Abbey“ darf Schlossherr Lord Crawley, der wie stets brillant distinguierte Hugh Bonneville, seine Gattin, die berückende Elisabeth McGovern, erstmals leidenschaftlich küssen!), nicht unorigineller Plot (im Schloss Downton Abbey wird ein Film gedreht, erst stumm und dann – nolens, volens – mit Ton) et cetera, et cetera … Da konnte die Kritik den Finger selbstredend wieder rasch in die Wunde legen: „Bemühte Handlung“ (Anna Wollner, NDR).

Um im Übrigen wirklich zu ermitteln, ob nicht doch das eine oder andere Sozialklischee ausgelassen wurde, müsste man sich den Film allerdings wohl wenigstens zweimal ansehen. Langweilig wäre er dann immer noch nicht. Mit anderen Worten: Unterhaltungskino, das seinen Eintritt wert ist.

Cum grano salis: Dass Barbara Adolph, die bisherige Synchronstimme von Maggie Smith, dieses Mal nicht zum Einsatz kam, ist befremdend zu merken. Und das liegt nicht manchmal an Ursula Werner. Man hat einfach diese andere, absolut passende Stimmlage im Ohr …

„Downton Abbey II. Eine neue Ära“, Regie: Simon Curtis. Derzeit noch in manchen Kinos und schon im Handel – für 15,99 Euro auf DVD.

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„Downton Abbey II“ spielt zu einer Zeit, als der Stummfilm zwar noch präsent, doch bereits gezwungen war, wegen des aufkommenden Tonfilms in der Versenkung zu verschwinden. Lady Violet kommentiert diesen aus ihrer Sicht allenfalls vermeintlichen Fortschritt mit der ihr eigenen aristokratisch-nihilistischen Noblesse: „Und ich dachte immer, das Beste am Film ist, dass man ihn nicht hören kann. Noch besser wäre es freilich, wenn man ihn auch nicht sehen könnte.“

Mehr ist über den sechsten Aufguss von „Jurassic Park“, der gerade die deutschen Lichtspielhäuser durchwabert, wahrlich nicht zu sagen.

1993 hatte Steven Spielberg die Story von Michael Crichton über die dank Gentechnik, aber mit desaströsen Folgen reanimierten Dinosaurier brillant ins Bild gesetzt. Doch Spielbergs Händchen für außergewöhnliches Kino scheint zwischenzeitlich Schlimmes widerfahren zu sein, denn für den jetzigen Monster-Schinken, der auch noch auf 147 Minuten ausgewalzt wurde, fungiert der einstige Filmgroßmeister als für den ganzen Mist maßgeblich mitschuldiger Executive Producer. Und als ob das nicht bereits schlimm genug wäre, ließ Regisseur und Drehbuchmitruinierer Colin Trevorrow durchblicken, dass das Ende der Fahnenstange zwar vielleicht in Sicht ist, aber keineswegs bereits erreicht sein muss: „Ehrlich gesagt, ich hoffe, dass da draußen irgendwo ein junger Mensch ist, der eine Vision hat […]. Dann soll er damit zu mir kommen und wir machen noch einen weiteren Film.“

Da seien Melpomene und Thalia vor! Die hätten sich, wären im klassischen Griechenland Lichtspielhäuser bereit en vogue gewesen, die Verantwortlichkeit für dieses Genre wohl teilen müssen.

„Jurassic World: Ein neues Zeitalter“, Regie und Drehbuch (Mit-Autor): Colin Trevorrow. Derzeit (unverständlicherweise) in den Kinos.