21. Jahrgang | Nummer 26 | 17. Dezember 2018

Antworten

Angela Merkel, im Finassieren unschlagbar – Ihre Amtszeit als CDU-Chefin endete, wie sie begonnen hatte: in einer Auseinandersetzung mit Friedrich Merz. Als Sie diesem 2002 mit Hilfe von Edmund Stoiber erfolgreich den Fraktionsvorsitz nahmen und ihm damit – wie anderen Unionsgranden und den Jungmachos vom Pacto Andino vor und nach ihm – den Zahn zogen, je die absolute Spitze in der Partei und im Staate zu erlangen, das hatte ein Format, das Ihnen Ihre Gegner nicht zugetraut hatten.
Merz aber lauerte durchaus beharrlich auf eine neue Gelegenheit, gestützt von der ebenfalls von Ihnen zu Fall gebrachten Grauen Eminenz der Partei, die Sie immer in Ihrer Nähe und damit im Auge behielten. Als sich in diesem Jahr die Gerüchte verdichteten, dass Merz im Falle des Falles kandidieren würde, hatten Sie ihm und den Seinen noch einmal eine Finesse voraus: Sie erklärten Ihren Rücktritt vom Parteivorsitz und verhinderten so, dass die Zeit weiter gegen Sie und Ihre Wunschnachfolgerin lief und das gegnerische Lager sich noch stärker formieren konnte. Und als die Graue Eminenz dann aus der Deckung trat und sowohl vor als auch auf dem Wahlparteitag mehr oder weniger offen für Merz votierte, behielten Sie die Contenance und blieben neutral im Hintergrund.
Ihre Rechnung ging auf, hauchdünn zwar, aber nicht zuletzt das macht doch den Reiz eines olympischen Finales aus.
Chapeau!
Würde Machiavelli sein Buch heute schreiben, es hieße nicht „Il Principe“ sondern „La Cancelliera“.

Lisa Eckart, eine ziemlich singuläre Mischung: ätzend & ästhetisch – Noch hat das Feuilleton Sie nicht als die Charlotte Roche des deutschsprachigen Kabaretts geoutet, obwohl die Assoziation naheliegt, wenn Sie über Ihren künftigen Alltag als Hausfrau sinnieren: Erst masturbieren, dann Kuchen backen und zwischendurch nicht die Hände waschen. „Dann schmeckt der Kuchen nach mir und ich nach Vanille.“
Man sollte also einiges abkönnend zu goutieren in der Lage sein, um Sie als kabarettistische Entdeckung des Jahres zu apostrophieren. Was wir hiermit ausdrücklich getan haben wollen! Der Kollege Thorsten Wahl von der Berliner Zeitung nannte Ihren Vortrag „blasphemisch, pornographisch, provokant und dabei pointiert“. Wir könnten es nicht besser ausdrücken. Aber am besten exemplifizieren können das natürlich Sie selbst:
Ihr Fazit zum Sex in der Ehe? Wenn einer etwas tue, was der andere nicht wolle, sei das Vergewaltigung. Wenn beide etwas tun, was beide nicht wollen, dann sei das – Demokratie.
Woher die Kippa stammt? Jesus sei schließlich das einzige Kind gewesen, das seine Mutter von innen her entjungfert habe – das Hymen auf der Schädeldecke.
Eine Weisheit der weitgehend ausgerotteten Indianer laute: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, wird jeder merken, dass man Veganer essen kann.“ Zum Thema Kannibalismus haben Sie im Übrigen einen Vorschlag, den wir sofort unterschreiben werden, wenn die erste Petition dazu aufploppt: Jeder Soldat im Krieg solle den getöteten Gegner erst verzehren müssen, bevor er den nächsten umlegen darf; das würde Kriege doch sehr verlangsamen.
Wer jetzt meint, Ihrem ersten Programm – die letzte Vorstellung in der Berliner „Bar jeder Vernunft“ lief am 4. Dezember – gottseidank entkommen zu sein, der wird um Ihr zweites auf Teufel komm‘ heraus einen Bogen schlagen. Wir hingegen freuen uns auf dessen Berlin-Premiere am 10. Februar 2019.

Günther Krause, untote Skandalnudel – Erst das Dementi, nun doch die Bestätigung: Sie ziehen ins RTL-Dschungelcamp ein. Aber irgendwie müssen die 38.000 Euro ja zusammenkommen, zu denen Sie aktuell verknackt sind – wegen eines 2017 erworbenen und hernach bewohnten Hauses, für das Sie den Kaufpreis von 459.000 Euro schuldig geblieben waren. Aber was ist schon das Dschungelcamp, wenn man Offenbarungseid und Verurteilung wegen Betrugs, wegen Insolvenzverschleppung und wegen vorsätzlichen Bankrotts schon hinter sich hat. Ist der Ruf erst ruiniert …, die Sottise klingt doch geradezu wie für Sie erfunden!
Allerdings wollen Sie im Dschungelcamp nicht den „abgehalfterten DDR-Promi“ geben, der sich mit Bananen bewerfen lasse, sondern über die deutsche Einheit sprechen. „Ich habe dazu einiges zu sagen“, verrieten Sie der Super IIIu.
Da wären wir schon auch neugierig. Auf Ihre möglicherweise Beichte, denn dass da noch mehr als eine Rechnung offen sein könnte zwischen Ihnen und größeren Teilen der früheren DDR-Bevölkerung schwant uns bereits, seit wir 1991 vom Lobgesang Wolfgang Schäubles, Ihres westdeutschen Verhandlungspartners beim Einigungsvertrag, Kenntnis erhielten: „Im Gegensatz zu dem Ministerpräsidenten (Lothar de Maizière – die Redaktion) ließ Krause nie den Drang verspüren, irgendetwas aus der alten DDR in das neue Deutschland retten zu wollen. Das erleichterte mir die Kooperation mit ihm.“
Andererseits: die deutsche Einheit als Thema im Dschungelcamp? Ob das die Fans des Formats goutieren werden? Nicht dass es Ihnen ergeht wie in dem alten Witz, der das Verhalten von DDR-Fernsehzuschauern zum Gegenstand hatte, wenn aus der Röhre die Namen Ulbricht oder von Schnitzler ertönten. Sie entsinnen sich?
Frage: Was ist ein Ulb?
Antwort: Das ist die Zeitspanne, die der Zuschauer braucht, um den Kasten auszuschalten, wenn der Name Ulbricht fällt.
Frage: Und was ist ein Schnitz?
Antwort: Ein halber Ulb.

Nicht dass künftig noch eine dritte Frage kommt:
Und ein GüKra?
Ein viertel Schnitz!

Dank Fernbedienung.

Oliver Bäthe, Sympathieträger buchstabiert sich anders – Als Vorstandschef der Allianz lag Ihr Einkommen 2017 bei fünf Millionen Euro, „also“, wie Sie meinen, „weit unterhalb dessen, was man sagen könnte, wenn man die Größe der Allianz und ihre Bedeutung berücksichtigt“. Dazu passte Ihre – zugegebenermaßen originelle –Antwort auf die Frage, ob Sie es gerecht fänden, dass sich ein normaler Angestellter bei der Allianz keine Wohnung in München leisten kann: „Gerechtigkeit ist für mich ein marxistischer Begriff. Ich weiß nicht, was das ist.“ Damit bestätigen Sie zugleich unsere bereits seit längerem gehegte beunruhigende Befürchtung, dass man es selbst mit einer Inselbegabung an die Spitze eines Weltkonzerns schaffen kann.

Melania Trump, First Lady & Second Slip-Up – Wir möchten Abbitte leisten dafür, dass wir bisher nur Aufmerksamkeit für Ihren Gatten und dessen Auftritte als Dickhäuter im Porzellanladen hatten. Dabei ist unsere Ignoranz Ihnen gegenüber völlig unbegründet, denn Sie bewegen sich in den betreffenden Gefilden ja durchaus mit vergleichbarer Eleganz. Allerdings poltern Sie nicht verbal und verzichten auf wilde Gestik und dräuende Mimik, Sie botschaften subtiler. Vor allem durch Ihre Trikotagen. Doch das nicht weniger deutlich: Mit High Heels ins Katastrophengebiet, mit Sonnenbrille zum Besuch im Notfallzentrum für Flutopfer, mit Jacke samt Mir-egal-Spruch in ein Heim für Flüchtlingskinder an der mexikanischen Grenze, mit Kolonialzeit-Hut nach Kenia. Und das ist nur ein Auszug Ihrer Auftritte, seit Sie an der Seite Ihres Blondlings das Weiße Haus geentert haben.
Kledage als Mittel der ständigen Provokation – da muss man auch erst mal drauf kommen!
Uns half zugegebenermaßen Kollegin Jennifer Wiebking von der FAZ auf die Sprünge. Ihr Fazit: „Es fällt […] schwer, sich jemanden vorzustellen, der es in jüngerer und länger zurückliegender Vergangenheit auf ähnliche Weise geschafft hat, mit Mode so zu düpieren […]. Und es fällt schwer zu glauben, dass diese Sammlung an Skandalen lediglich einer Reihe von Ungeschicklichkeiten geschuldet ist.“
Doch trotz zweifelsfreier prêt-à-porterer Kreativität Ihrerseits von uns zwar ein „First Lady“, aber nur ein „Second Slip-Up“. Der Donald lässt es dann doch einfach mehr krachen …

Bezirksamt Pankow (Berlin), das mit dem Füllhorn – In Pankower Platanenstraße ist es dem Bezirk gelungen auf einer Strecke von lediglich 700 Metern 44 Straßenschilder zu platzieren. Laut Bezirksamt der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer wegen. Alle Schilder weisen Autofahrer am Anfang und am Ende neugestalteter Parkbuchten darauf hin, links an den dort wachsenden Straßenbäumen vorbeizufahren. Auch ohne Schild gibt es allerdings gar keine andere Möglichkeit. Der „Schildbürgerstreich“ kostete dem Bund der Steuerzahler zufolge 5000 Euro. Chapeau!
Wir hoffen, dass andere hauptstädtische Bezirke dem Pankower Beispiel allein aus Gründen der urbanen Ästhetik nun schnell folgen. Berlin hat über 5400 Kilometer Straßen und nach dem Pankower Schlüssel somit Platz für knapp 340.000 Straßenschilder. Auch sollte auf so ein global einzigartiges touristisches Alleinstellungsmerkmal nicht länger verzichtet werden!

Bodo Uebber, Noch-Finanzvorstand von Daimler und noch einer, der den Hals nicht vollkriegen kann – Aufsichtsratschef bei Thyssen-Krupp sollten Sie werden, aber die Reise nach Jerusalem, sorry, nach Essen war zu Ende, bevor sie noch richtig begonnen hatte. Stein des Anstoßes: Ihre Vision, das Salär für den Job von rund 200.000 auf etwa 400.000 Euro per anno zu verdoppeln. Die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat spielten nicht mit. Weil: Der Mischkonzern zieht gerade ein Sparprogramm durch.
Mit Einkommen sei es halt wie mit Schuhen, philosophierte schon John Locke: „Sind sie zu klein, dann drücken sie; sind sie zu groß, lassen sie uns stolpern und fallen.“
Dabei ging es bei Ihnen ja nun wirklich nur um Peanuts.
Unser Rat: Fangen Sie einfach an zu singen. Am besten Schlager, und am besten knäpplich beschürzt. Ja – so wie die singende Sagrotan-Flasche Helene Fischer. Die hat es mit 28 Millionen Euro Jahreseinkommen gerade auf Rang acht unter den weltweit bestbezahlten Musikerinnen geschafft.

Harald Martenstein, auch kloologisch unterwegs – Sie erfuhren, „dass in Berlin mittlerweile zwei Drittel der Schüler die Schulklos nicht mehr besuchen, weil sie zu schmutzig seien. Dies hat eine Befragung unter Schülern ergeben. Wie die Berliner Schüler mit diesem Problem umgehen, das ja stets zeitnah und unbürokratisch gelöst werden muss, wurde nicht ermittelt.“ An anderer Statt, nämlich in Potsdam, hätten Schüler angesichts vergleichbarer Notdürfte „eine eigene Putzfirma namens ‚Putzdamer‘ gegründet. So was könnte man in Kreuzberg unter dem Namen ‚Kotberger‘ machen […].“ Des Weiteren lasen Sie, „dass manche Berliner Schulen schon vor einigen Jahren schriftlich begründen mussten, warum sie Toilettenpapier brauchten. Erklärt sich dieses Bedürfnis nicht von selbst?“ Mit dem allgegenwärtigen Outsourcing haben Sie Probleme: „Was mir nicht in den Kopf will: Wieso müssen staatliche Grundaufgaben wie Schulklos neuerdings von NGOs und Firmen erledigt werden? Der populistischen Frage, wofür man eigentlich Steuern zahlt, kann man sich da schwer erwehren.“ Vielleicht würden ja „als Nächstes die Berliner Krankenhäuser an Ärzte ohne Grenzen übergeben und die Berliner Kindergärten an terre des hommes. Die Regierung kann sich dann ungestört ihren internen Machtkämpfen widmen.“
Lieber Martenstein, wann gehen Sie denn eigentlich endlich in Rente? Wir würden Sie in unserer ehrenamtlichen Redaktion nicht nur mit offenen Armen empfangen, nein – wir würden Ihnen mit fliegenden Fahnen entgegenstürmen!