26. Jahrgang | Nummer 4 | 13. Februar 2023

Antworten

Franka Lehfeldt, nun ja – Sie sind westsozialisiert, erst 33, Frau des diensthabenden deutschen Finanzministers und aktuell in herausgehobener Position als Chefreporterin bei der WELT entlohnt. Mehr mildernde Umstände lassen sich schwerlich geltend machen. Dass Ihnen der Unterschied zwischen Roter Armee und Roter Armee Fraktion (RAF) nicht geläufig ist (Sie am 27.01.2023, dem Holocaust-Gedenktag: „Heute vor 78 Jahren befreite die Rote Armee Fraktion die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz.“), wollen wir Ihnen daher nicht ankreiden. Schon gar nicht populistisch. Und schon überhaupt nicht nach dem Motto: DBDDHKP.

Annalena Baerbock, oliv-grüne und oberste Diplomatin, vom Völkerrecht daherkommend – Vor der Parlamentarischen Versammlung im Europarat erklärten Sie am 25. Januar mal so nach dem Mittagessen: „We are fighting a war against Russia and not against each other.“ Auf Deutsch: „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht untereinander.“ Diese unverhohlene Erklärung kommt von einer Außenministerin, in deren Stellenbeschreibung Diplomatie einen besonderen Wert haben sollte. Wenn eine Ministerin am Tag der deutschen Entscheidung für die Lieferung von Kampfpanzern Leopard 2 in das Kriegsgebiet zwischen Russland und der Ukraine zugleich als unverblümte Dreingabe nebenbei von deutscher und europäischer Kriegsbeteiligung schwafelt, so ist das skandalös, nicht nur weil es Putins Argumentationen in die Hände spielt.

Arnold Schölzel, Hobbyhistoriker – Mit wahrhaft revolutionärer Inbrunst schleudern Sie immer wieder dem westlichen Imperialismus die friedensliebenden Botschaften der russischen Chefetage ins Gesicht. „Jetzt sehen wir leider, dass die Ideologie des Nationalsozialismus – nun in ihrer modernen Gestalt, ihrer modernen Manifestation – wieder eine direkte Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes schafft, wir sind immer wieder gezwungen, die Aggression des kollektiven Westens abzuwehren.“ Dieser mit Blut gequirlte Quark stammt aus der Rede des russischen Präsidenten vom 2. Februar 2023, in der dieser die Toten von Stalingrad zur Legitimation seiner eigenen Angriffskriege missbraucht. Wenn das russische Volk ihm dies durchgehen lässt, ist das seine Sache, darüber haben wir nicht zu richten. Wenn Sie aber unsereinen über Ihr – uns durchaus einmal wichtig gewesenes – Hausblatt junge Welt unkommentiert mit solch militantem Unsinn traktieren, gehört deutlich Einspruch erhoben! „Es brennt das Herz vor Scham, / Es schweigt das Herz beklommen“, schrieb Johannes R. Becher einmal in solchen Zusammenhängen.

Ricarda Lang, Ko-Vorsitzende der Grünen – 1994 geboren, Sie sagen von sich: „Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der Frieden wie eine Selbstverständlichkeit schien.“ Das mögen Menschen in Afghanistan, Irak,  Somalia, Libyen, Syrien und Jemen naturgemäß anders sehen. Doch wir wollen nicht meckern. Ist doch schön, dass Ihr Blick über den Tellerrand wenigstens bis zur Ukraine reicht!

Luisa S. und Yannik S., junge Aktivisten der Letzten Generation und Bali-Urlauber – Sie hatten kürzlich einen Gerichtstermin in Baden-Württemberg, den Sie wegen eines Urlaubs nicht wahrnehmen konnten. Sie befanden sich auf der tropischen Insel Bali im Indischen Ozean. Sicher mussten Sie sich von den anstrengenden Blockaden erholen. Ein Sprecher der Letzten Generation verteidigte den Urlaubstrip: „Sie haben den Flug als Privatleute gebucht, nicht als Klimaschützer. Das muss man auseinanderhalten.“ Da fällt einem nur die Arthur Schopenhauer zugeschriebene Sentenz ein: „Der Wegweiser muß den Weg nicht gehen, den er weist.“ Oder, wie schrieb Heinrich Heine einst?: „Ich weiß, sie tranken heimlich Wein / Und predigten öffentlich Wasser.“

Dr. Bernd Fischer, Sprachfreund und Sammler von Genderblüten – Sie wollen in Hessen eine Initiative gegen Gendersprache an Universitäten, Schulen und Behörden starten. Auf unser Verständnis dürfen Sie zählen. Ihre Beispiele für unsinnige Sprachverhunzung sind: „Fachkräftinnenmangel“, „Samenspender*innen“, „Krankenschwesterin“ im WDR, „Busfahrende“ im Stellenangebot der Deutschen Bahn, „Islamist*innen“ im ZDF über den frauenfeindlichen Taliban, „Frauen*“ als Empfehlung der Goethe-Universität (sic!) Frankfurt am Main, da Frauen ein gesellschaftliches Konstrukt seien und das biologische Geschlecht in Frage stehe. Verwunderlich sei nur, finden Sie, dass nie von „Geisterfahrer*innen“ oder „Bankräuber*innen“ zu lesen ist. Wir möchten Ihnen noch drei Blüten aus Wien ans Herz legen: Vor laufender Kamera Harald Mahrer („Kinder und Kinderinnen“) und Eva Glawischnig („Eltern und Elterinnen“) und auch die nur durch eine aufmerksame Grafikerin am millionenfachen Druck gehinderte Broschüre „Liebe Prostatapatienten und Prostatapatientinnen“. Gerade hereingekommen und noch ganz aktuell aus einer Berliner Wahlwerbung von Regina Kittler, Die Linke: „Deshalb müssen Kinder- & Jugendtheater als wichtige Akteur*innen berlinweit eine stärkere Förderung erfahren.“ Möge der Gott der Grammatik und der Lexik mit uns sein, falls es ihn gibt.

Unbekannter Wähler in Berlin – Sollten Sie am Tag vor dem Erscheinen dieses Blättchen-Heftes als Wiederholungswähler gegrübelt haben, wen Sie denn dieses Mal wählen, und sich dann nach reiflicher Überlegung entschieden haben, so sei Ihnen warnend gesagt, selbst diese Wahl steht noch unter höchstrichterlichem Vorbehalt, auch wenn es keine erneuten Wahlpannen gegeben haben sollte. Die Wahl kann noch vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden. Abgeordnete der Berliner Stadtregierung (rot-rot-grün), die befürchten, nicht wieder gewählt zu werden, hatten gegen die Wiederholung geklagt, was uns jetzt nicht verwundert. Wir sind auf die Entscheidung gespannt. Wäre es in diesem oder jenem Fall für Sie und sie nicht einfacher gewesen, die Wahlwiederholungstaste Ihres Telefons zu drücken? Oh ja – so kommen ja die gleichen Zahlen heraus.