24. Jahrgang | Nummer 25 | 6. Dezember 2021

Bemerkungen

Ein großer Aufklärer ging

Der Berliner „Sternenprofessor“ Dieter B. Herrmann gehörte zu unseren ständigen Autoren. Im Frühjahr 2021 hatten wir für die letzte Novemberausgabe einen Text über Diedrich Wattenberg, den langjährigen Leiter der Berliner Archenhold-Sternwarte, vereinbart. Wattenberg war am 26. November 1976 verstorben. Prof. Dr. Dr. Dieter B. Herrmann war sein Nachfolger als Sternwartenchef, 1987 wurde er Gründungsdirektor des Zeiss-Großplanetariums in Berlin. Der Artikel kam nicht mehr zustande. Die schwere Erkrankung unseres Autors machte alle Planungen zunichte. Er starb einen Tag vor dem 25. Todestag Wattenbergs.

Die Natur treibt mitunter bösen Schabernack mit den Menschen. Herrmann wusste das. Er war Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Gesellschaft zur Untersuchung der Parawissenschaften. Er wusste, dass billige Erklärungen schwieriger naturwissenschaftlicher Phänomene größeren Beifall finden als die permanenten Zweifel der Wissenschaft. „Von Mathematik verstehen die meisten Menschen wenig, von Virologie allerdings ebenso. Doch genau über die Aussagen der Virologen urteilen wir – täglich.“ Das schrieb er vor einem guten Jahr im Blättchen in einem Aufsatz über die „Wahrheit in Corona-Zeiten“.

Dieter B. Herrmann gehört in das Kollegium der großen europäischen Aufklärer.
Und er war ein international hoch anerkannter Astronom und Fachmann für die Geschichte der Astronomie und der Astrophysik. Die meisten Menschen schalten innerlich ab, wenn es um Relativitätstheorie, Quantenmechanik, den Urknall oder das Higgs-Teilchen geht – Herrmann hatte die Gabe, das scheinbar Unerklärliche auch für Laien auf verständliche Weise erklärbar zu machen.

Er hielt das für notwendig, um das Menschenvolk, das er liebte, nicht in die Hände von Scharlatanen oder machtgierigen Technokraten fallen zu lassen.
Ich habe ihn ein einziges Mal fast am Rande der Verzweiflung erlebt. Das war, als politische Bösartigkeit gepaart mit solider Halbbildung sein Lebenswerk und das seiner Vorgänger – die Sternwarte und das Großplanetarium – zerstören wollte – und das um das Jahr 2000 herum auch beinahe geschafft hätte. Glücklicherweise gelang es, das Banausentum zu stoppen. Dieter B. Herrmann konnte beide Einrichtungen beruhigt im Jahre 2004 abgeben und sich fortan ungestört seinen Forschungen und seinem Schreiben widmen. Auch dabei reflektierte er immer dicht am aktuellsten Forschungsstand die Geschichte seiner Wissenschaft in großem Gedankenbogen. Das macht den Reiz seiner Schriften aus und wird ihre Wirksamkeit auch über sein Ableben hinaus sichern.
Dass einer wie er sich auch wissenschaftspolitisch engagieren musste, steht außer Frage: 2006 bis 2012 war er Präsident der Leibniz-Sozietät. Ab 2012 engagierte er sich im Vorstand des Urania e.V. Berlin.
Sein Wirken fand vielfache, auch internationale Ehrungen. Die letzte Auszeichnung, den „Silbernen Meridian“ der europäischen Raumfahrtvereine, musste im November 2021 bereits seine Frau, die Berliner Künstlerin Sabine Heinz, für ihn entgegennehmen.

Wir trauern um einen guten Freund und einen großen Wissenschaftler.

Wolfgang Brauer

Weltkunst – atemberaubend!

Auf der Berliner Museumsinsel ist derzeit ein faszinierender Gang durch 5000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte möglich. Die Sonderausstellungsräume der James-Simon-Galerie – das ist das neue Eingangsgebäude – zeigen Kunst und Kultur aus dem Iran. Wobei der Ländername nicht synonym mit dem Staatsnamen der heutigen Islamischen Republik zu setzen ist. Gezeigt wird eine hochkarätige Auswahl von Kunstobjekten aus der Zeit der frühen Hochkulturen über die Kunst des Reiches der Großkönige, die Reiche der Parther – an denen sich Rom die Zähne ausgebissen hatte – und der Sasaniden hinweg über das Kalifat von Bagdad, Persien unter der Herrschaft der Seldschuken bis hin zum Reich der Safawiden. Erst unter deren Nachfolgern, den Quadscharen, die im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts das Reich übernahmen, bildeten sich die Konturen des heutigen Iran heraus. Schon die bloße Auflistung dieser Begriffe zeigt, dass dem Museum für Islamische Kunst Berlin hier ein ganz großer Wurf gelungen ist. Es ist Weltkunst, die hier gezeigt wird. Weltkunst, die – natürlich auch bedingt durch die geografische Lage der Region südlich der großen asiatischen Hochgebirgskette – immer vom Austausch der Formen und Ideen geprägt wurde. Auch die verheerenden Mongoleneinfälle des 13. Jahrhunderts vermochten die anhaltende kulturelle Fruchtbarkeit der Region immer nur kurzzeitig zu unterbrechen. Die insgesamt 360 gezeigten Objekte sind angesichts der Dimensionen, denen sich die Kuratoren zu stellen hatten, nur eine äußerst beschränkte Auswahl. Und von wegen bilderfeindlicher Islam … „Persisch“ stellt sich das ganz anders dar. Für alle an der Geschichte der Weltkunst interessierten Menschen ist diese Exposition ein Muss. Und sie verlangt zwingend eine Fortsetzung: Nämlich über das 19. und 20. Jahrhundert bis in den Iran des 21. Jahrhunderts hinein. Dem scheuklappenbesetzten europäischen Blick auf die asiatische Kunst jenseits Indiens, Chinas und Japans dürfte ein positives Schockerlebnis bereitet werden. Machbar wäre das allerdings nur in Zusammenarbeit mit den großen iranischen Instituten selbst. Ich fürchte aber, da grätscht die deutsche Außenpolitik wieder dazwischen.
Auch die aktuelle Ausstellung ist nur durch internationale Kooperation möglich. Neben den so manchen vertrauten Objekten der Berliner Sammlung steht der Besucher fasziniert vor nie gesehenen Kunstwerken der Sarakhani Collection. Die Sarakhanis mussten 1979 aus Iran fliehen und ließen sich in Oxfordshire nieder. Die Sammlung selbst ist erst gute zwei Jahrzehnte alt. Aber jedes einzelne Stück ein Höhepunkt!

Alfred Askanius

Iran. Kunst und Kultur aus fünf Jahrtausenden, Sonderausstellung des Museums für Islamische Kunst – Staatliche Museen zu Berlin und der Sarikhani Sammlung London, Museumsinsel Berlin – James-Simon-Galerie, Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, bis 20. März 2022; Katalog im Hirmer Verlag.

Der Spahn, der Scheuer, ihresgleichen

Verlasst euch drauf, sie kommen wieder.
Der Spahn, der Scheuer, ihresgleichen.
Zwar müssen sie, punkt jetzt, mal weichen,
Es kommt ein Auf nach jedem Nieder.

Sie sind in Eloquenz und Glätte,
in Redundanz und Apparence
Nichts, was man gern zu Hause hätte
Und nicht als Gast beim Hochzeitstanz.

Doch wenn ihr vorn das Haus verschließt,
Vergesst nicht alle andern Tore.
Denn ehe du es dich versiehst –
Schwupp stehen sie auf der Empore.

Sie sind gebraucht und sind – Gebrauchte
Aus Teflon auf dem Flohmarkt Staat,
Wo alles einmal Abgetauchte
Noch immer seinen Altwert hat.

Verlasst euch drauf, sie kommen wieder.

Eckhard Mieder

Weihnachtliches

Vielleicht gibt’s ja doch keinen Lockdown. Vielleicht ist neben dem politischen doch noch „richtiges“, professionelles Theater möglich … Im Berliner Theater im Palais, einem wundervollen Schatzkästlein des literarischen Kammertheaters, läuft in der diesjährigen Vorweihnachtszeit zum 18. Male „Lichter, Lieder, Pfefferkuchen“. Geschichten und Gedichte von Fontane (der muss sein!) und Wilhelm Busch bis hin zu heutigen Autoren werden auf eine zauberhaft verwobene Weise präsentiert. Dazu Ute Falkenau am Piano natürlich mit Weihnachtsliedern, aber auch mit Stücken von Domenico Scarlatti und Franz Liszt. Kenner des Theaters wissen, dass Frau Falkenaus Darbietungen ihren höchst eigenen Charme haben. Es spielen Gabriele Streichhahn und Carl Martin Spengler. Es gibt hauseigenen Punsch und Weihnachtsbäckerei. Und anschließend kann man doch den Abend mit einem versonnenen Spaziergang über die Museumsinsel ausklingen lassen … Das Kastanienwäldchen ist in einem fürchterlichen Zustand. Aber vielleicht hat bei Ihrem Besuch Frau Holle mitleidsvoll eine Decke über die Schande der Berliner Innenstadt gelegt.

WB

Die nächsten Termine: 9.12., 11.12., 12.12.,14,12., 17.12., 18.12., 19.12., 21.12.; Tickets über www.theater-im-palais.de oder über die Hotline: 01806 700 733.

Eine Begegnung

Der Weihnachtsmann ist müde. Den ganzen Nachmittag musste er Kinderhände schütteln und immer dieselben Fragen beantworten. Dabei stets den taxierenden Blick auf die Mütter, damit er ja kein falsches Wort in den Mund nimmt. Auch der Engel mit seinen ziemlich gerupften Flügeln friert nur noch. Beide zieht es nach Hause. Da versperren ihnen zwei Kinder im Vorschulalter den Weg.
Bist du wirklich der Weihnachtsmann?

Klar doch, was denn sonst!
Und was ist in dem Sack da?

Das darf ich nicht sagen. Das ist ein Geheimnis.
(Er schüttelt den Sack leicht, es knistert in ihm.)
Ach nun sag es doch, greift der frierende Engel ein. Er will weiter.
Das sind die Wunschzettel der Kinder.

Die beiden räumen noch immer nicht den Weg. Der Junge klappt das Visier seines neuen Feuerwehrhelmes hoch.

Mist!
Warum?
Wir haben unsere Wunschzettel zu Hause gelassen, presst das Mädchen fast unter Tränen heraus.
Das ist dumm, da kann ich euch auch nicht helfen, brummt der Weihnachtsmann und wird langsam ungeduldig.
Aber … aber wenn die beiden die Zettel heute Nacht auf den Balkon legen, ist plötzlich aus dem Dunkel die Stimme der Mutter zu vernehmen, kann man dann …
Ja, das geht, sagt der Engel erleichtert. Heute Nacht fliege ich bestimmt vorbei.
Die Kleinen geben mit glänzenden Augen den Weg frei. Sie werden heute Nacht ihre Zettel auf den Balkon legen – und morgen früh sind die ganz bestimmt verschwunden …

WB

Christliche Askese oder Lebenslust

Vor einem Jahr startete der Quintus Verlag die Erkneraner Ausgabe, in der das Werk von Gerhart Hauptmann in loser Folge vorgestellt wird. Nach „Fasching“ und „Die Insel der Großen Mutter oder Das Wunder von Île des Dames“ liegt nun mit Band 3 die Novelle „Der Ketzer von Soana“ vor, die vor und während der Kriegsjahre entstand und dann 1918 in der „Neuen Rundschau“ erschien.

In der mehrfach verschachtelten Erzählung lässt sich der „Herausgeber“ in den Tessiner Bergen von dem Hirten Ludovico, den der Volksmund den „Ketzer von Soana“ nennt, die Geschichte des ehemaligen Priesters von Soana, Francesco Vela, vorlesen, die tatsächlich ein autobiografischer Bericht des mit Francesco identischen Hirten ist. Der junge, asketische Priester, der sogar den Ruf eines Heiligen genießt, tritt seine erste Pfarrstelle in dem Ort Soana in der Nähe des Luganersees an. Hier erfährt er von dem sündigen Geschwisterpaar Scarabota, das mit sieben Kindern hoch im Gebirge lebt. Die Familie wird von der Dorfgemeinschaft gemieden, da man sie der Unzüchtigkeit und des Inzests beschuldigt. In bischöflichen Auftrag, aber auch aus persönlichem Antrieb steigt Francesco an einem Frühlingstag zum Monte Generoso hinauf, um die Frevler zu bekehren, sie zu Buße anzuhalten und sie wieder der römisch-katholischen Kirche zuzuführen.

Beeindruckt von der grandiosen Bergwelt erwacht Francescos Natursinn, der durch kirchliche Regeln und Dogmen verschüttet war. In das Gefühl des Frühjahrs mischt sich ein Gefühl der Erhabenheit. Bei seinem Besuch in der steinigen Behausung der Scarabotas gelingt es dem jungen Eiferer jedoch nicht, die Familie zur Reue zu bekehren. Auf dem Rückweg begegnet ihm Agata, die älteste Tochter des verstoßenen Hirtenpaares, die in ihm ein zweites Frühlingserwachen auslöst. Obwohl Francesco sich bewusst ist, dass die Nähe zu der 15-jährigen Ziegenhirtin, die in Blutschande gezeugt wurde, im krassen Widerspruch zu seinem Zölibat steht, wird er von der Lebenslust förmlich überwältigt und verbringt mit Agata eine hochsommerliche Liebesnacht. Sein neuer Gott ist Eros, der „älter und mächtiger ist als Zeus und die übrigen Götter“. Francesco und Agata als Adam und Eva … das erste Menschenpaar. Ludovicos Erzählung bricht jedoch abrupt ab, sodass die Zukunft des liebenden Paares im Dunkeln bleibt. Die Leser werden einzig mit der Auskunft entlassen, dass der Priester Francesco als Verräter an der Kirche „mit Stockschlägen und Steinwürfen vom Altar gejagt worden ist“.

In der Novelle verarbeitete Hauptmann die Polarität von christlicher Askese und erfülltem Leben. Weltabkehr und Entsagung stehen das Dionysische, das Triebhafte gegenüber. Diesen Dualismus von Geist und Natur versuchte Hauptmann in Einklang zu bringen. Um die Jahrhundertwende weilte er selbst mehrfach in der Tessiner Bergwelt und hatte dabei den Monte Generoso zweimal bestiegen. Als die Erzählung im letzten Kriegsjahr 1918 erschien, stieß sie beim kriegsmüden Publikum auf großes Interesse, sodass sie in kurzer Zeit mehrere Auflagen erlebte. Heute zählt sie zu den schönsten Prosawerken Gerhart Hauptmanns. Dem dritten Band der Erkneraner Ausgabe sind die Radierungen von Hans Meid beigegeben, mit denen die Ausgabe von 1926 bei S. Fischer illustriert war. Ergänzt wird die Neuerscheinung außerdem mit einem Nachwort von Stefan Rohlfs (Leiter des Gerhart-Hauptmann-Museums Erkner), der die Wirkung des Buches nach Kriegsende beleuchtet. So nahmen evangelische Kirchenkreise die Novelle zum Anlass, heftige Attacken gegen Autor und Verlag zu führen.

Manfred Orlick

Gerhart Hauptmann: Der Ketzer von Soana, Quintus Verlag Berlin 2021, 160 Seiten, 15,00 Euro.

Wenn das Leben kein Abenteuer ist …

Das Solodebüt des Musikers Oliver Earnest scheint wie gemacht für trübe Herbststunden. Denn die meisten Songs und Songtexte sind doch von düsteren Stimmungen durchzogen. Nein, das Leben ist kein Ponyhof und auch kein Abenteuerspielplatz. „You say your life doesn’t feel like an adventure/ More like a maze you keep escaping from/ Only to realize your back at the centre/ After each day is done / There’s another day“, heißt es im Eröffnungslied „Gathering Speed“.

Künstlerische Selbstzweifel stehen im Mittelpunkt des Songs „Cancel Therapy“. Aber bei aller Schwermütigkeit gibt es auch immer wieder witzige Textpassagen: „If people talk through your songs/ It must mean they’re shit“.

Man könnte viele lakonische Zweizeiler aus den Texten herausziehen, die sich gut fürs melancholische Poesiealbum eignen würden. Denn Oliver Earnest hat nicht nur Intellekt, sondern ist auch sprachgewandt. Sicherlich kommt ihm zupass, dass er im Kindergartenalter für drei Jahre in Colorado mit seinen Eltern gelebt hat.

Er beherrscht aber auch das musikalische Handwerk; flirrende Gitarrenläufe durchziehen etliche seiner Lieder. Am intimsten und musikalisch am eindringlichsten sicherlich in dem Stück „Just to tempt me“, wo er sich ganz alleine an der Gitarre begleitet.

Und ob er sich selbst immer ganz ernst nimmt? Ernst ist der zweite Vorname von Oliver Hauber; und aus der englischen Version seines Zweitnamens wurde dann sein künstlerischer Nachname. Und sein selbst formulierter Anspruch an sein Wirken lautet: „Ich möchte nicht, dass das Voyeuristische in den Vordergrund tritt, sondern eher, dass das Publikum in meinen Songs auch Teile von sich selbst entdeckt.“

Oliver Earnest ist auf jeden Fall eine lohnenswerte musikalische Entdeckung …

Thomas Rüger

Oliver Earnest: The water goes the other way, CD 2021; Label: Glitterhouse/Indigo, circa 15,00 Euro.

WeltTrends aktuell

Die Spannungen zwischen der EU und Polen nehmen zu – die polnische Justizreform, die Eskalation an der belarussisch-polnischen Grenze und die damit verbundene ungelöste Migrationsfrage, dazu noch Kontroversen in der Außen- und Sicherheitspolitik. Im Norden meldet Polen seine Interessen an, wobei die Ostsee eine besondere Rolle spielt, wie Martin Wycisk betont, Gastherausgeber des Themas.

Für das Publikum hierzulande ist sie aktuelle Ausgabe die Chance, die Meinung polnischer Experten kennenzulernen, zumal WeltTrends ein originär deutsch-polnisches Projekt ist. Die polnischen Autoren analysieren die Rolle Polens in der Sicherheitsarchitektur der NATO, die Beziehungen zu Schweden und Litauen wie auch die Energieträgerversorgung.

Im Kommentar erwartet Marcin Antosiewicz von Deutschland, Europas größter Volkswirtschaft, eine Führungsrolle bei der digitalen und technologischen Transformation. In der Klima-, Grenzschutz- und Migrationspolitik müsse man die politischen Realitäten in Warschau berücksichtigen.

Im WeltBlick geht es Georges Hallermeyer um die aktuellen Turbulenzen in Eswatini, früher Swasiland, und die dem zugrunde liegenden sozialen Konflikte, während sich Heino Matzken mit dem Für und Wider des „Istanbul-Kanals“ auseinandersetzt.

Mit den Erwartungen Pekings an die neue Bundesregierung beschäftigt sich die chinesische Politologin Yu-ru Lian im Gastkommentar; Schlüsselfaktoren blieben: enge Wirtschaftsbeziehungen, Zusammenarbeit beim Klimaschutz und anderen globalen Herausforderungen.
In der Analyse beschäftigt sich Wolfgang Schwarz mit dem Pro und Kontra eines Verzichts auf den Ersteinsatz von Kernwaffen (No First Use) und Marlies Linke untersucht das Verhältnis zwischen den zentralasiatischen Staaten und Afghanistan.

am

WeltTrends – Das außenpolitische Journal, Heft 182 (Dezember) 2021 (Schwerpunktthema: Polen und der Norden), Potsdam/Poznan, 4,80 Euro plus Porto. Weitere Informationen im Internet.

Blätter aktuell

Jüngst verkündete US-Präsident Joe Biden vor den Vereinten Nationen eine Abkehr von der US-Interventionspolitik. Seine Politik spricht jedoch eine andere Sprache, argumentieren der Historiker Andrew B. Bacevich und die Politikwissenschaftlerin Annelle Sheline. Um einen erneuten Kalten Krieg zu vermeiden und glaubwürdig den Kurs zu ändern, ist eine umfangreiche Umstrukturierung des US-Militärs zwingend notwendig.

150 Jahre nach seiner Proklamation in Versailles könnte man das Deutsche Kaiserreich für eine abgeschlossene Epoche halten. Doch in politisch unruhigen Zeiten erlebt es eine Renaissance für die Selbstverständigung der Bundesrepublik, so der Historiker Eckart Conze. Aus Sehnsucht nach einer harmlosen, identitätsstiftenden Geschichte dürften aber nicht der kritische Blick auf das Kaiserreich aufgegeben und dessen autoritäre, militaristische und teilweise völkermörderische Aspekte ausgeblendet werden.

Die Kolonialzeit war geprägt von physischer, ökonomischer und politischer Gewalt der weißen Imperialisten gegenüber der schwarzen Bevölkerung. Diese Gewalt aber setzt sich heute in den ehemaligen Kolonien und gegenüber Migrantinnen und Migranten im globalen Norden fort, so die Autorin Tsitsi Dangarembga. Um sie zu überwinden, müssen wir hierarchische Denkweisen hinter uns lassen, beginnend mit unserer Sprache.

Dazu weitere Beiträge, unter anderem: „Vergiftete Welten: Von Facebook zum ‚Metaverse‘“, „Erbschaftsteuer: Wie von Oligarchen bestellt“ und „Militarisierung der Hochschule: Die Helmut-Schmidt-Uni als Exempel“.

am

Blätter für deutsche und internationale Politik, Berlin, Dezember 2021, Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement: 79,80 Euro (Schüler & Studenten: 62,40 Euro). Weitere Informationen im Internet.

Aus anderen Quellen

Die Blättchen-Sonderausgabe vom 28. Juni 2021 befasst sich mit dem Pro und Kontra eines Nichtersteinsatzes von Atomwaffen. Am 29. November 2021 haben sich NATO-Parlamentarier, die eine nukleare No-First-Use-Politik unterstützen, in einem Offenen Brief an US-Präsident Biden und die Vorsitzenden des US-Kongresses gewandt. Darin heißt es: „Lassen Sie uns klar sagen, dass wir nicht glauben, dass eine First-Use-Option im Sicherheitsinteresse unserer Länder oder im Interesse der NATO als Ganzes liegt. […] Wir ermutigen Sie, in dieser Angelegenheit eine Führungsrolle zu übernehmen, und wir versprechen unsere Unterstützung.“

NATO parliamentarians support nuclear No-First-Use policies, nofirstuse.global, November 29, 2021. Zum Volltext hier klicken.

*

Den Koalitionsvertrag der Ampelkoalition hat sich Theo Sommer angesehen. Für ihn „kein wirklich überzeugendes Dokument“. Drei Dinge störten ihn besonders: Erstens käme das Wort „‚priorisieren‘ […] zwar öfters vor, aber es werden nirgends Prioritäten gesetzt“. Zweitens würde unter dem Label Bürokratieabbau „dem Papierkrieg eine Unmenge neuer Schlachtfelder“ geschaffen. Drittens kümmerten sich die Ampelkoalitionäre „um alles und jedes. […] Darin spiegelt sich ein verhängnisvoller Hang zum Zentralismus wider, der unsere föderale und kommunale Verfasstheit unterminiert.“ Darüber hinaus ist Sommer noch dies aufgefallen: „[…] die Beschaffung von Kampfdrohnen und die Fortführung der nuklearen Teilhabe [ist] auf einmal nicht länger umstritten.“

Theo Sommer: Ein Dokument voller schillernder Lichter, zeit.de, 30.11.2021. Zum Volltext hier klicken.

*

„Als die Sowjetunion 1991 zusammenbrach und aus ihren Ruinen als größter Nachfolgestaat das neue Russland entstand, heuerte die frisch gewählte Regierung von Boris Jelzin eine Clique ausländischer Experten an, die den Aufbruch in ein postsowjetisches System der Demokratie und der freien Marktwirtschaft bewerkstelligen sollten“, erinnert John Feffer. „Es folgte die ökonomische Katastrophe der 1990er Jahre, in deren Verlauf 20 bis 25 Milliarden Dollar aus dem Land abflossen, während das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen 1991 und 1998 um fast 40 Prozent schrumpfte. Die Sowjetunion war einst die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt gewesen. Das heutige Russland liegt in der globalen BIP-Rangliste – noch hinter Italien und Brasilien – an 11. Stelle; und auch das nur dank seiner Energieexporte und der in der Sowjetära aufgebauten Rüstungsindustrie. Was das BIP pro Kopf angeht, so liegt Russland auf Platz 78.“ Für diese Entwicklung habe es eine Reihe von Ursachen gegeben, vermerkt der Autor und warnt zugleich: „Es wäre allerdings ein Fehler, dieses warnende Beispiel als einzigartigen historischen Unfall abzutun.“

John Feffer: Klimapolitik im Zeitalter der Milliardäre, monde-diplomatique.de, 11.11.2021. Zum Volltext hier klicken.