von Hannes Herbst
We have no permanent allies,
we have no permanent enemies,
we only have permanent interests.
Henry John Temple,
Viscount Lord Palmerston
Die häufige, nachgerade rituelle Beschwörung der unverbrüchlichen Freundschaft zur Sowjetunion und des Bruderbundes zwischen SED und KPdSU war in der DDR ein ganz zentrales Element im ideologischen Kanon der Partei der Arbeiterklasse. Das änderte sich pro forma selbst dann nicht grundsätzlich, als bald nach der Amtsübernahme von Michail Gorbatschow als Generalsekretär der KPdSU die SED-Führung zunehmend auf Distanz vor allem zu dessen innenpolitischem Kurs ging.
Ausdruck einer von oben verordneten und bürokratisch organisierten tiefen Verbundenheit war vor allem die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF), die als Massenorganisation 1985 auf ein sechs Millionen zählendes Heer zahlender Mitglieder verweisen konnte. Für Angehörige der SED war der Beitritt praktisch obligatorisch, ohne dass dies allerdings – mit Ausnahme der Beitragsentrichtung – weiterführende Verpflichtungen nach sich gezogen hätte. Dort, wo sich tatsächlich enge freundschaftliche Beziehungen zwischen Bürgern beider Staaten entwickelten, geschah dies eher nicht im Rahmen der DSF sondern im privaten Bereich.
Stalin-Note und Friedensvertragsvorschlag
In welchem Verhältnis die Führung der Sowjetunion tatsächlich zu der von ihr gegründeten DDR stand, hatte sich bereits anhand der sogenannten Stalin-Note von 1952 gezeigt. Ausschließlich vor dem Hintergrund sowjetischer Sicherheitsinteressen und um die absehbare Wiederbewaffnung der BRD sowie deren Eingliederung in die NATO zu verhindern, schlug der sowjetische Diktator Verhandlungen über die Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands vor und stellte im Rahmen dieses Angebotes die Existenz der DDR, ohne mit der Wimper zu zucken, zur Disposition. Und auch ohne vorherige Information oder gar Abstimmung mit der Führung in Ost-Berlin. Die SED- und DDR-Spitze wurde vielmehr vor vollendete Tatsachen gestellt.
Mit nicht ganz so brutaler Rigorosität, aber mit ähnlichen Intentionen und ebenfalls ohne vorherige Konsultation mit Ost-Berlin offerierte Moskau 1959 – Parteichef war inzwischen Nikita Chruschtschow – den Vorschlag eines Friedensvertrages zwischen den Siegermächten und den beiden deutschen Staaten, denen die Perspektive einer Konföderation in Aussicht gestellt wurde. Auch in diesem Fall war die DDR der Happen, der insbesondere auf Bonner Seite den Appetit anregen sollte. Zumindest nicht völlig im Regen stehen lassen wollte Moskau dieses Mal aber seine ostdeutschen Verbündeten, denn der Vorschlag enthielt einen Passus, demzufolge Personen, „die in der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages Handlungen begangen haben, die darauf abzielten, die Erfüllung der gemeinsamen Beschlüsse der UdSSR, der USA, Englands und Frankreichs über Deutschland […] zu erleichtern“, wegen dieser Handlungen nicht verfolgt werden sollten. „Diese Bestimmung“, so interpretierte seinerzeit der Spiegel, „soll vor allem die Kommunisten der heutigen ‚DDR‘ schützen […].“
„Brüderliches“ bis Juni 1941
Deren Repräsentanten wie Walter Ulbricht, Wilhelm Pieck und andere, die das Moskauer Exil überlebt hatten, dürften allerdings mit derartigen wenig brüderlichen Vorgehensweisen hinreichend vertraut gewesen sein, hatte doch Stalin, unter anderem mit Hilfe der Kommunistischen Internationale, bereits in den 1920er Jahren rigoros in die KPD hineinregiert – bis hin zu wiederholten personellen Weichenstellungen in der Führung, um die Gefolgschaft nicht zuletzt im Hinblick auf jene verhängnisvolle These vom Sozialfaschismus zu sichern, mit der in der Zeit der heraufziehenden braunen Barbarei die Sozialdemokratie zum Hauptfeind der Kommunisten erklärt und als solcher vorrangig bekämpft wurde. Mit den bekannten Folgen. In den 1930er Jahren waren überdies in der Sowjetunion auch zahlreiche deutsche Kommunisten Opfer des großen Terrors geworden. Sie wanderten entweder für Jahre ins Gulag und sind teilweise dort zu Tode gekommen, oder sie wurden ohne diesen Umweg direkt ermordet. Und schließlich wussten Ulbricht, Pieck und Genossen, dass die Sowjetunion bis 1941 exilierte deutsche (und österreichische) Kommunisten und Antifaschisten direkt an Deutschland überstellt und damit der Gestapo ausgeliefert hatte, darunter Margarete Buber-Neumann, die Witwe des 1937 in der UdSSR ermordeten führenden KPD-Funktionärs Heinz Neumann. Diese Praxis diente der „Pflege“ eines guten Verhältnisses zu Hitler-Deutschland und war im Übrigen keineswegs erst eine sowjetische Morgengabe aus Anlass des Hitler-Stalin-Paktes von 1939. Zwar waren nach diesem Vertragsabschluss weitere hunderte Kommunisten und Antifaschisten überstellt worden, eingesetzt jedoch hatten diese Auslieferungen bereits 1937. Nach sowjetischen Namenslisten hatten schon vor dem Pakt von 1939 über 1.000 Betroffene dieses Schicksal erlitten. (Dokumentarisch nachgewiesene Einzelheiten hat Anfang der 1990er Jahre der österreichische Historiker Hans Schafranek zusammengetragen – „Zwischen NKWD und Gestapo. Die Auslieferung deutscher und österreichischer Antifaschisten aus der Sowjetunion an Nazideutschland 1937-1941“).
Weitere Antifaschisten und Exilkommunisten waren gezwungen worden, den rettenden Hafen Sowjetunion wieder zu verlassen – so der spätere DEFA-Filmstar Erwin Geschonneck, der den Nazis daraufhin 1939 in Prag in die Fänge geriet, im KZ landete und am 3. Mai 1945 den Untergang des in der Lübecker Bucht von britischen Flugzeugen versenkten KZ-Schiffes „Cap Arcona“ nur knapp überlebte.
Breshnew-Doktrin
Nach 1968 maßte sich die UdSSR unter der Führung Leonid Breschnews schließlich auch offiziell an, sich in jedem der anderen Länder des Warschauer Vertrages einzumischen, ja – wie bereits 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und 1968 in der ČSSR – auch militärisch einzugreifen, wann immer dort aus Moskauer Blickwinkel der reale Sozialismus in Gefahr geriete. Diese im Westen als Breschnew-Doktrin apostrophierte Attitüde bekam nicht zuletzt SED- und DDR-Chef Erich Honecker zu spüren. Als er zur – nach Moskauer Befinden – Unzeit zum Staatsbesuch nach Bonn aufbrechen wollte, wurde er genötigt, die bereits vereinbarte Visite wieder abzusagen. Beim nächsten Versuch wurde er im August 1984 zu KPdSU-Generalsekretär Konstantin Tschernenko nach Moskau zitiert und mit der mehr oder weniger direkten Drohung seiner Absetzung bei weiterer Unbotmäßigkeit konfrontiert. Das erhalten gebliebene Protokoll dieses Geheimtreffens, an dem auch Gorbatschow teilnahm, ist ein besonders krasses Dokument der „Brüderlichkeit“, wie sie von der sowjetischen Führung verstanden und ausgeübt wurde – nachzulesen in D. Nakath & G.-R. Stephan: „Die Häber-Protokolle. Schlaglichter der SED-Westpolitik 1973-1985“.
„Verbunden“ bis zum Untergang
Dass der Bruderbund mit der Sowjetunion zu den großen Lebenslügen der DDR gehörte, zeigte sich dann noch einmal besonders drastisch in der letzten Phase von deren Existenz – bis hin zum Ableben des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden. Viel Aufschlussreiches dazu enthält unter anderem der von der Moskauer Gorbatschow-Stiftung editierte Band „Michail Gorbatschow und die deutsche Frage. Sowjetische Dokumente 1986 – 1991“. Dort liest man zum Beispiel im Protokoll einer Beratung Gorbatschows im kleinen Kreis (beteiligt unter anderem: Schewardnadse, Jakowlew, Tschernajew, Krjutschkow, Schachnasarow und Falin) zur deutschen Frage am 26. Januar 1990, dass der KPdSU-Generalsekretär lediglich „‚5‘ versammeln“ wollte, , nämlich die vier Siegermächte und die BRD, um angesichts der sich zuspitzenden Systemkrise in der DDR und des Kurses der BRD – Bundeskanzler Helmut Kohl war bereits im November 1989 mit seinem Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der deutschen Teilung in die Öffentlichkeit gegangen – „die Rechte der Deutschen und die Rechte der Übrigen“ zu klären. Bei dieser Gelegenheit meinte Gorbatschow zugleich, müsse Kohl „damit […] rechnen, […] dass es einige Jahre dauern wird, die DDR wirtschaftlich zu schlucken“.
Wo dabei die DDR rangierte? Unter „ferner liefen“ – sie war für Moskau offenbar längst wieder zu jener Quantité négligeable geschrumpft wie schon zu Zeiten der Stalin-Note und auch von Chruschtschows Friedensvertragsvorschlag. (Manche behaupten, sie wäre trotz ständiger Liebedienereien der SED-Oberen in Moskau – siehe dafür exemplarisch das Wortprotokoll einer Begegnung zwischen Honecker und Breschnew auf der Krim 1976 – und trotz zeitweise anders lautender sowjetischer Rhetorik nie etwas anderes gewesen.)
Der ostdeutschen „Bruderpartei“ gegenüber gaukelte man zu jenem Zeitpunkt jedoch noch heile Welt vor, wie bereits das nächste Dokument des erwähnten Bandes offenbart – das Protokoll eines Gespräches Gorbatschows mit dem damaligen DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow, das nur vier Tage später, am 30. Januar 1990, geführt wurde. Gorbatschow zu Modrow: „Das Wichtigste ist der Erhalt der staatlichen Souveränität der DDR, die Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten.“ (Modrow war als führender SED-Funktionär „den Freunden“, wie das gängige Sowjetunion-Synonym auch in breiten Kreisen der Bevölkerung der DDR lautete, treu und in einem nicht nur unsympathischen Sinne gläubig ergeben. In diesem Falle allerdings hielt es dann offenbar doch lieber mit Faust – „Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ –, fuhr nach Hause und verkündete zwei Tage später, am 1. Februar 1990, seinen eigenen Stufenplan zur deutschen Einheit.)
Im Juli 1990 schließlich gab Gorbatschow Kohl in dem kleinen Kaukasus-Örtchen Archys grünes Licht für die NATO-Mitgliedschaft ganz Deutschlands und servierte dabei zugleich die DDR auf dem silbernen Tablett. Valentin Falin, zeitlebens selbst kein besonderer Freund des ostdeutschen Bruderlandes, resümierte in seinem Buch „Konflikte im Kreml. Der Untergang der Sowjetunion“ kurz und bündig: „Die Abmachungen von Archys sind in vieler Hinsicht einzigartig. Über das Schicksal der DDR, immerhin ein Mitglied der Vereinten Nationen, wurde ohne Beteiligung der Republik, in Abwesenheit ihrer Vertreter, entschieden. Die UdSSR setzte alle mit der DDR geschlossenen Verträge und Abkommen außer Kraft, wobei sie in den meisten Fällen die darin vorgesehenen Verfahren schlicht ignorierte.“
Nur folgerichtig war deshalb, was der letzte Botschafter der DDR in Moskau, Gerd König, nach zutiefst frustrierenden Jahren im Amt als weitere Demütigung empfinden musste, als er am 16. September 1990 die sowjetische Hauptstadt verließ: „Die sowjetische Seite nahm unsere Abreise kaum zur Kenntnis. Offiziell waren zur Verabschiedung lediglich ein stellvertretender Abteilungsleiter und ein Mitarbeiter der Protokollabteilung des sowjetischen Außenministeriums erschienen. Damit setzte sich fort, was ich in den letzten Tagen in vielen sowjetischen Institutionen und bei manchem der ‚Freunde‘ zu spüren bekommen hatte. An die Stelle der Heuchelei von der unverbrüchlichen Freundschaft zur DDR und ihren Bürgern war eine demütigende Gleichgültigkeit getreten. Das Schicksal der DDR und deren Bürger interessierten kaum noch.“
Rückblick und Fazit eines Botschafters
Königs – von tiefer persönlicher Desillusionierung* zeugenden – unvollendet und postum unter dem Titel „Fiasko eines Bruderbundes“ publizierte Erinnerungen beleuchten im Übrigen den „Bruderbund“ nicht nur für die relativ kurze Zeit des Autors als Botschafter in Moskau (1987-1990), sondern auch im historischen Rückblick.
Ein durchaus typischer Fall in diesem Kontext war die jahrzehntelange sowjetische Ausbeutung von Uran-Vorkommen im Süden der DDR: „Die Sowjetunion zeigte wenig Bereitschaft, […] offene Fragen zu lösen. Bereits im Dezember 1978 versuchte Ministerpräsident Willi Stoph, mit der sowjetischen Regierung das Problem der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut zu erörtern. Die DDR wollte, dass die Verrechnung ihres Aufwandes für die SDAG Wismut und die Lieferung von Uran an die UdSSR als Verteidigungsbeitrag der DDR und als Beitrag zum Kernenergieprogramm der RGW-Länder akzeptiert wird. Die SDAG Wismut führte keinerlei Steuern an den Haushalt der DDR ab, sie zahlte nur eine pauschale Gemeindesteuer, die 1984 rund 4,5 Millionen Mark betrug. Bereits der Versuch, gemeinsam mit der sowjetischen Seite diese Fragen kameradschaftlich zu beraten und zu lösen, dem später weitere Anläufe folgten, wurde von der sowjetischen Seite scharf zurückgewiesen.“
Ob, wie bisweilen behauptet worden ist, die DDR ein weit wohlhabenderes Land geworden wäre, wenn die Sowjetunion für das gewonnenen Uran von Anbeginn der Förderung an hätte Weltmarktpreise zahlen müssen und die DDR das radioaktive Schwermetall auch hätte ins NSW (nicht-sozialistische Wirtschaftsgebiet) exportieren dürfen, entzieht sich zwar meiner Beurteilungskompetenz, doch zumindest für die 1980er Jahre kann diese Frage klar verneint werden – damals war der Weltmarktpreis für Uran stark rückläufig und die Gestehungskosten in der DDR lagen infolge der zu jener Zeit nur noch sehr unergiebigen Lagerstätten deutlich darüber.
Anfang 1986, nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt als KPdSU-Generalsekretär, legte Gorbatschow seinem Politbüro ein Dokument vor, in dem die bisherige Praxis der UdSSR gegenüber den anderen sozialistischen Ländern einer grundlegenden Kritik unterzogen wurde – sie wurde als Politik der „Drohungen, des Zur-Ordnung-Rufens, des Antreibens und des Kommandierens“, kurz gesagt als „Paternalismus“, charakterisiert, was dem Verhältnis zwischen der KPdSU und den Bruderparteien großen Schaden zugefügt habe. Künftig sollten solche Prinzipien wie Gleichheit, Gleichberechtigung, Selbständigkeit und strikte gegenseitige Nichteinmischung zur Anwendung kommen.
Im November des gleichen Jahres trug Gorbatschow diese Überlegungen in einer geschlossenen Beratung des RGW vor und ging noch einen Schritt weiter: Die KPdSU werde sich künftig nicht mehr anmaßen, über den politischen Kurs der Bruderparteien zu urteilen.
Das war im Grunde genommen der Abschied von der Breschnew-Doktrin, deren Existenz von sowjetischer Seite ja immer bestritten worden war.
Soweit die rhetorische Ebene. Die Moskauer Praxis der nachfolgenden Jahre, als die übrigen Warschauer Vertragsstaaten sich mehr und mehr weigerten, auf der Basis des nunmehr neuen sowjetische Modells (Glasnost und Perestroika) eigene grundlegende Reformprozesse in Gang zu setzen, nahm Gerd König völlig anders wahr: „Die Haltung der sozialistischen Länder zur Umgestaltung in der Sowjetunion und deren Akzeptanz wurden zum bestimmenden Faktor für die sowjetische Politik gegenüber den sozialistischen Staaten. Faktisch versuchte die sowjetische Führung, ihre Hegemonialrolle gegenüber ihren Verbündeten in neuer Form durchzusetzen. Sie zeigte dabei wenig Flexibilität und bediente sich oft genug überkommener Methoden politischen Drucks.“ Man ist an den berühmten fatalistischen Ausspruch des früheren Gazprom-Chefs und nachmaligen russischen Ministerpräsidenten Wiktor Tschernomyrdin erinnert: „Wir wollten nur das Beste, aber dann kam alles wie immer.“
Da sich das sowjetische Gesellschaftssystem aber auch gegenüber den vergleichsweise radikalen Gorbatschowschen Veränderungsansätzen als reformunfähig erwies und schließlich kollabierte, ist die Frage, ob die Reformverweigerung in der DDR den hiesigen Zusammenbruch nicht noch beschleunigt hat, eine bloß akademische. Ohne das sowjetische Potenzial im Rücken wäre der Real-Sozialismus auch in der DDR nicht überlebensfähig gewesen.
Nichtsdestotrotz sind im Nachhinein auch in dieser Hinsicht Legenden gestrickt worden, die unter das Thema „Bruderbund“ fallen. So haben Gorbatschow, Schewardnadse, Jakowlew und andere in ihren Erinnerungen behauptet, sie hätten Honecker immer wieder nachdrücklich auf Fehler und Reformerfordernisse in der Politik der SED hingewiesen. Gerd König hat in seiner Funktion als Botschafter an vielen dieser Zusammenkünfte in Moskau und in Berlin teilgenommen. Sein Fazit: „Eine verständnisvolle Diskussion wichtiger Streitpunkte, ein Aufeinanderzugehen oder gar eine Klärung unterschiedlicher Auffassungen erlebte ich nie.“ Und an anderer Stelle: „Die Probleme der DDR sind von Gorbatschow in den Treffen mit Honecker nie direkt und offen angesprochen worden, und Vorschläge hat er erst recht nicht unterbreitet.“
Das Gesamtfazit Gerd Königs kann auch als solches für diesen Beitrag gelten: Die DDR bildete von 1949 bis zu ihrem Ende „in erster Linie einen zentralen Faktor der sowjetischen machtpolitischen und Sicherheitsinteressen in Europa“; die insgesamt „asymmetrischen Beziehungen gestatteten es vorwiegend der Sowjetunion, ihre Interessen und Ziele durchzusetzen, oft in Übereinstimmung mit der Führung der DDR, nicht selten aber auch gegen deren Willen“.
*
In der DDR mit ihrer verbreiteten Kultur des „subversiven“ – meist hinter vorgehaltener Hand weitererzählten – politischen Witzes kursierte auch dieser:
Frage: Was sind die Sowjets eigentlich – unsere Freunde oder unsere Brüder?
Antwort: Natürlich unsere Brüder! Freunde kann man sich doch aussuchen.
* – „All die Jahre nach dem Krieg war die Sowjetunion mein Vorbild. Ich verteidigte ihre Innen- und Außenpolitik […].“
Schlagwörter: Bruderbund, DDR, Freundschaft, Gerd König, Hannes Herbst, KPdSU, Michail Gorbatschow, SED, Sowjetunion