18. Jahrgang | Nummer 10 | 11. Mai 2015

Antworten

Maja Plissezkaja, göttlicher Traum auf Spitze – Am 2. Mai sind Sie endgültig von der Bühne abgegangen. Sie dürften in den mehr als sechs Jahrzehnten auf den Brettern, die die Welt bedeuten, Millionen Menschen glücklich gemacht haben. Wir sind jetzt traurig.

Frank Henkel, singender Bursche – Sie sind Mitglied der „Sängerschaft Borussia“, einer „fakultativ schlagenden“ Burschenschaft. Blöderweise kollidiert dies mit einem öffentlichen Amt: Sie sind Bürgermeister von Berlin mit CDU-Ticket und auch noch Innensenator. Auf die provozierende Frage eines Abgeordneten, ob Sie seit Ihrer Amtsübernahme an Mensuren oder rechtspopulistischen Veranstaltungen der „Borussia“ teilgenommen hätten, meinte Ihr grund-getreuer Staatssekretär, dass der Senator solches „in seiner Funktion als Senator“ (sic!) nicht getan habe. Und zu den Aktivitäten der Privatperson gebe man keine Auskunft. Dürfen wie Sie daran erinnern, dass der seinerzeitige Sozialstaatssekretär Michael Büge im Mai 2013 gefeuert wurde, weil er partout nicht von seinen privaten Aktivitäten als „Alter Herr“ der Burschenschaft „Gothia“ ablassen konnte? Nicht dass die Treue ihres Staatssekretär sich einmal als eine Art „Nibelungentreue“ erweisen wird…

Amelie Deuflhard, anfangsverdächtige Hamburger Theater-Intendantin – Sie sind verantwortlich für das Kunstprojekt der Theaterfabrik Kampnagel „ecoFavela Lampedusa Nord“. Im Rahmen dieses Kunstprojektes erhielten fünf afrikanische Flüchtlinge für sechs Monate in einer winterfest gemachten Holzhütte ein Winterquartier. Jetzt wird gegen Sie wegen des Verdachts auf „Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsrecht für Ausländer“ ermittelt. Die hamburgische Staatsanwaltschaft folgt damit einer Anzeige der AfD-Vorsitzenden Jörn Kruse und Bernd Baumann. Und zum Entsetzen unserer überhaupt nicht rechtslastigen Rechtsbehörden sind Sie nicht nur nicht einsichtig, Sie zeigen sich auch noch verstockt! Sie sind stolz darauf, „dass es das, was es sonst nur in Kirchen gibt, als Kirchenasyl, jetzt auf Kampnagel als Kunstasyl gibt.“ Wir möchten Sie in dieser Uneinsichtigkeit von Herzen bestärken!

Corinna Harfouch, Atemberaubende – Gestern erhielten Sie den Berliner Theaterpreis 2015 der Stiftung Preußische Seehandlung. „Man muss sich mit Geschichten beschäftigen, die einem fremd sind, hat Corinna Harfouch einmal gesagt. Diese verlockende, unsere Seelenräume erweiternde und aufwühlende Fremdheit hat auf den deutschsprachigen Theaterbühnen und Leinwänden über die Jahrzehnte hinweg kein klareres Gesicht gefunden als eben das von Corinna Harfouch. Schauspielerei war für sie von Anbeginn ein Würdeberuf.“ So urteilte die Jury. Und wir können uns kaum eine Würdigere für diesen schönen Preis vorstellen. Herzlichen Glückwunsch!

Angela Merkel, Gemeinschaftssuchende – In der FDJ sollen Sie gewesen sein, hat der Mannheimer Morgen jetzt herausgefunden. Schrecklich. Und dann setzen Sie noch eins drauf: Im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund („FDGB“) und der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft („DSF“) seien Sie auch noch gewesen und das sogar freiwillig! Aus „Gemeinschaftsgründen“ seien Sie in diese systemnahen Kaderorganisationen gegangen. Sie könnten sich da nur auf ihre „Erinnerung stützen. Wenn sich jetzt etwas anderes ergibt, kann man damit auch leben.“ Soviel Gelassenheit sei vielen anderen auch gewünscht. Gelassen wurde sie aber Hunderttausenden in den letzten 25 Jahren nicht. Fragen Sie mal den Bundespräsidenten ihres Herzens…

Michael Müller, Berliner Oberorganisierer – Als Regierender Bürgermeister legen Sie sich aber mächtig ins Zeug. Dieser Tage informierte uns der Tagesspiegel, dass Sie ein „Sonderreferat Flughafen“ gebildet hätten, „mit Mitarbeitern mit Kompetenzen“. Das ist ja nun etwas völlig Neues, Mitarbeiter mit Kompetenzen… – und das in Berlin! Und „tausende Seiten Unterlagen der Flughafengesellschaft“ hätten die auch schon gelesen. Denn: „Wir wollen endlich loslegen.“ In Japan gibt es Firmenhymnen zur morgendlichen Einstimmung auf die Schwierigkeiten des Arbeitstages. Wir empfehlen Ihnen Otto Reutters Couplet vom gewissenhaften Maurer. Das hat den passenden Refrain: „Aber nu geh’n wa ran, / Nu fang’ wa gleich an!“ Dann ist Feierabend.

Joachim Gauck, Bundespräsident – Von links her werden Sie gewöhnlich gern geschmäht, und bisweilen geben Sie dafür ja durchaus auch die Vorlagen. Die Gerechtigkeit gebietet aber umso mehr Anerkennung für Ihre diesjährige Rede zum 8. Mai. Nicht nur, dass Sie von Weizsäckers in (West-)Deutschland erstmals offizielle Charakterisierung dieses Datums als „Tag der Befreiung“ neuerlich aufgenommen haben: Den Umgang der Wehrmacht mit sowjetischen Kriegsgefangenen als „eines der größten Verbrechen des Zweiten Weltkriegs“ haben Sie nun ausdrücklich dem sehr bewusst betriebenen Vergessen entrissen. Respekt!

Feminismus, von uns Gegangener oder zumindest zu Tode Langweilender? – In einer live im ZDF übertragenen Trauerfeier aus Anlass Ihres Dahinscheidens erklärte ein Vertreter der Wirtschaft: „Vor 100 Jahren kämpften Frauen für ihr Wahlrecht, indem sie sich vor Rennpferde warfen. Heute besitzen sie eigene Kutschen, spezielle Parkplätze und die gesamte rechte Autobahnspur. Kurz, der Feminismus hat sich überholt. … Mehr Quote brauchen wir […] nicht, denn die Frauen haben sich die Wirtschaft bereits vollkommen selbständig erobert, ganz ohne gesetzliche Regelungen. Nehmen Sie nur den Niedriglohnsektor: Über 70 Prozent sind fest in weiblicher Hand. Da kann man doch sagen: Die Frau ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“ Ein anderer Aufgreifer des Themas, ein Herr Rosenfelder und seines Zeichens Ressortleiter Feuilleton beim Springer-Zentralorgan Die Welt, verschriftlichte sich gar: „[…] das Thema macht mich […] sofort willenlos und gleichgültig, es löst in meinem vegetativen System einen Gähnreflex aus, den ich dann durch simulierte Aufmerksamkeit zu überspielen versuche.“ Ob die Herren da nicht doch irren oder zumindest zur Unzeit gähnen? Zwar leben nicht alle Totgesagten endlos länger (Erich Honecker!), aber manche vielleicht doch…

Dieter Hallervorden, Komiker – Nachdem Sie den beglückten Österreichern erklärt haben, den Ihnen in der Wiener Hofburg verliehenen Filmpreis Romy „heim ins Reich zu führen“, kommen wir nun endgültig zu der Überzeugung, dass Sie tatsächlich so beklopft sind, wie Sie televisionär seit Jahren nur zu tun schienen, Respekt!