Roland Koch, Glückspilz – Mit Ihrem Abgang aus der Szene der Primärpolitik ist Ihnen nun gleich zwiefaches Glück zuteil geworden. Als designierter Vorstand beim Baukonzern „Bilfinger Berger“ dürften Ihre Bezüge zum einen deutlich höher liegen, als dies als Hessens Ministerpräsident der Fall war. Und noch mehr Einfluss auf die Politik als bisher garantiert Ihnen der Job in der Beletage der Wirtschaft auch noch. Da wünschen wir brutalst-möglichen Erfolg!
Carsten Maschmeyer, Ex-AWD-Chef und Selfmade-Millionär – Um die materielle Enge einer freudlosen Kindheit hinter sich zu lassen, hetzten Sie – nach abgebrochenem Medizinstudium – in den 90er Jahren Ihre Drückerkolonnen unter dem Kürzel AWD durchs Land, um das Geld anderer Leute Gassi zu führen, wie der Kabarettist Volker Pispers einmal das Wesen der Finanzdienstleistungsbranche auf den Punkt brachte. Längst werden Sie von den Neureichen als Ihresgleichen akzeptiert und lassen uns nun via „Welt am Sonntag“ in Ihren Weinkeller schauen. Zum Beispiel auf Ihren „Pomorol Petrus, 1982, Sechs-Liter-Flasche“. Der ist „unbezahlbar“ – natürlich, denn: „ … hier liegt kein Riesling aus der Pfalz. Ich bin gern großzügig zu meinen Gästen.“ Etwa zu Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, denn Sie kommen beide „von ganz unten. Klar verbindet das …“. Oder zu Bundespräsident Christian Wulff, dem Sie sagten, bevor er im Sommer Urlaub auf Ihrer Residenz in Mallorca machte: „Christian, ich will kein Geld von dir, aber bitte zahle die 300 Euro, damit du unangreifbar bist.“ Warum ausgerechnet 300 Euro? Das ist „der reguläre Tagespreis für ein Ein-Zimmer-Appartment … Die gesamte Anlage würde sicher 20.000 Miete pro Woche kosten …“ Haben wir richtig gehört? Der Bundespräsident mit Frau und Kind und vielleicht auch noch mit Bodyguards und Entourage in einem Ein-Zimmer-Appartment? Da mag uns Ihre Großzügigkeit doch glatt gestohlen bleiben.
Hillary Clinton, US-Außenministerin – Nach der erneuten Veröffentlichung von fast 400.000 Geheimdokumenten des Pentagon aus dem Irak durch Wikileaks war Ihrerseits zu hören, dass sie „unmissverständlich jedwede durch Einzelpersonen der Gruppen veröffentlichte Information, die für das Leben von Soldaten und Zivilisten der USA oder ihrer Verbündeten ein Risiko ist“, verurteilten. Vielleicht sollten Sie mal mit Ihren Leuten von der CIA reden. Die schalten Gegner der USA seit längerem erfolgreich mit unbemannten Drohnen aus der Luft aus, und was im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan klappt, sollte dort, wo sich das Führungspersonal von Wikileaks tummelt, nicht unmöglich sein. Die dabei unvermeidlichen zivilen Kollateralschäden können ja dann wieder geheim gehalten werden – wie im Falle des Irak bis zur Veröffentlichung der eingangs genannten Pentagon-Dokumente.
Alice Schwarzer, Feministin und „Emma“-Chefin – 1977 hatten Sie landesweites Aufsehen mit einer Klage gegen das Magazin „Stern“ wegen sexistischer Darstellungen erregt. Unter anderem wegen eines Titelbildes mit einer sparsam bekleideten Frau, die von hinten gezeigt wurde. Inzwischen sind Sie offenbar altersmilde, machen Sie doch seit einiger Zeit Werbung für „Bild“. Das ist die Zeitung, die nur dann auf ein Aktfoto auf der Titelseite verzichtet, wenn im Inneren des Blattes etwa Stephanie zu Guttenberg über die Folgen verzerrter Darstellung von Sexualität klagt. Nun schreiben Sie gar noch für „Bild“ und erklärt: „Wenn ich ausschließlich in feministisch korrekten Blättern veröffentlichen würde, dann bliebe mir nur noch die Emma.“ Ihre Kritiker meinen, bei Ihnen habe schon immer der Zweck die Mittel geheiligt. Doch angesichts der Auflagendifferenz („Emma“: 43.000, „Bild“: 3,1 Millionen) dürfte das lediglich Ausdruck eines schlecht verhohlenen Neides sein.
Madeleine Albright, Ex-US-Außenministerin – Erst jetzt wurde uns durch einen Beitrag von Andrew Cockburn in „Le Monde diplomatique“ bekannt, was Sie bereits 1996 in Ihrer damaligen Funktion als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen in die Fernsehkameras von CBS gesagt hatten. Auf die internationalen Sanktionen gegen Irak, die auch zu einer starken Einschränkung der Arznei- und Lebensmittelimporte des Landes und zu einem signifikanten Anstieg der Kindersterblichkeit geführt hatten, reagierte Saddam Hussein damals mit einigen Zugeständnissen im Hinblick auf seine Waffenprogramme und auf Kuwait. Die Frage von CBS, ob das den Tod einer halben Million Kinder wert sei, beantworteten Sie mit einem klaren: „Wir glauben, das ist es wert.“ Dieses freimütige Bekenntnis zur Barbarei verschlägt uns noch heute die Sprache – auch weil es offenbar auf einem so breiten Konsens beruhte, dass Sie unbeanstandet zur Kommissionvorsitzenden zur Vorbereitung der neuen NATO-Strategie berufen werden konnten, die im November in Lissabon verabschiedet werden soll.
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