Die Berliner Zeitung publizierte jüngst einen längeren Artikel unter der Überschrift: „Vorauseilender Gehorsam. Mit nachhaltiger Anbiederung sucht die AfD die Nähe zum russischen Regime“. Der Text beginnt mit dem Hinweis, die „Zusammenarbeit“ der AfD „mit der russischen Führung“ sei seit Jahren ein Thema. Dann heißt es, zuletzt sei der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron „in die Schlagzeilen“ geraten. „Laut dem tschechischen Geheimdienst soll er in Prag einen Geldkoffer von einem russischen Netzwerk entgegengenommen haben“.
Zuvor hatten sich alle deutschen Medien, die diesen Fall ausmalten, auf einen Bericht der tschechischen Zeitung DeníkN bezogen, wonach eine Reihe von Personen in Verbindung mit einer „prorussischen Internetplattform“ namens Voice of Europe (VoE) gestanden hätte, darunter Bystron. Dabei solle auch Geld geflossen sein. Das sei auf der Grundlage eines Berichtes des tschechischen Inlandsgeheimdienstes in der tschechischen Regierung besprochen worden sein.
Bystron bestritt die Darstellungen. Belege des Geheimdienstes wurden nicht vorgelegt. In den entsprechenden Berichten war lediglich von Geldübergabe die Rede. Der Geldkoffer wurde in der Berliner Zeitung offenbar hinzugedichtet. Wahrscheinlich sollte das finstere Assoziationen an die einstigen Schmiergeldaffären der CDU unter Helmut Kohl wecken.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung machte den klar instrumentellen Zweck des ganzen Vorgangs deutlich: „Trotz des Vorwurfs, er habe Geld aus Moskau erhalten, hält die AfD-Führung an Petr Bystron fest. Auf einer tieferen Ebene ist tatsächlich auch egal, ob Geld floss oder nicht: Die AfD macht, was Moskau gefällt.“ Moniert wird hier also nicht ein möglicher Geldfluss, sondern die politische Position im Verhältnis zu Russland und dem russischen Ukraine-Krieg. In der Berliner Zeitung jedoch wird die tschechische Erzählung für bare Münze genommen.
Es folgt dann eine sachliche, in vielem augenscheinlich zutreffende Darstellung des Verhältnisses von AfD-Vertretern zu Politikern, Journalisten und Wissenschaftlern in Russland. Um am Ende jedoch zu der Pointe zu kommen, die AfD sei „ein derzeit nützlicher Einflussagent in Deutschland, der bei prorussischen Positionen vorauseilenden Gehorsam zeigt. Eine Versorgung solcher nützlichen Helfer mit Koffern voll russischem Geld ist im gegebenen weltpolitischen Klima durchaus vorstellbar“.
Hier ist noch einmal an den Hinweis des Staatsrechtlers Ulrich Vosgerau (Blättchen 5/2024) zu erinnern: „Die Kernkompetenz von Kampagnenjournalisten wie denen von Correctiv liegt […] darin, unterlassungsfeste Texte formulieren zu können, die zumal beim ungeübten Leser den Eindruck hinterlassen, geballte Tatsachenaufklärung zu vermitteln, obwohl in Wahrheit gar keine Tatsachen vorkommen.“ Der jetzige Text in der Berliner Zeitung erfüllt exakt diesen Tatbestand. Zumal dem am Anfang hinzugedichteten Koffer am Ende im Plural weitere hinzugefügt werden.
Der Autor des Beitrages ist Roland Bathon, geboren 1970 in Schweinfurt. In der Berliner Zeitung war er bisher nicht aufgefallen, seine Artikel standen eher in nd und im Freitag. Bücher hat er ebenfalls publiziert. Bathon „ist freier Journalist. Er schreibt vor allem zu Russland und Osteuropa“. So wird er bei IPG vorgestellt. Dort ist er regelmäßig Autor. Das ipg-journal versteht sich „als engagierte Debattenplattform für Fragen internationaler und europäischer Politik“. Es ist die Online-Fortsetzung der früheren sozialdemokratischen Zeitschrift Internationale Politik und Gesellschaft und wird herausgegeben von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Im Internet findet man Roland Bathon auch beim SPD-Kreisverband Schweinfurt.
Die Berliner Zeitung macht immer wieder darauf aufmerksam, wenn andere Zeitungen Transparenzregeln verletzen und entsprechende Interessenkollisionen entstehen, aber verschwiegen werden. Ganz in diesem Sinne hätte zu diesem Bathon-Artikel die Anmerkung gehört, dass hier ein SPD-Mann über die AfD als Helfershelfer Putins schreibt. Damit passt der Text in die mit den sogenannten Correctiv-Recherchen zur Geheimtagung nahe dem Veranstaltungsort der berüchtigten Wannseekonferenz Anfang des Jahres losgetretene Kampagne, die SPD-Innenministerin Faeser und Verfassungsschutz-Oberbeamte in Bund und Ländern zu immer weitergehenden Versuchen zur Begrenzung der Meinungsfreiheit benutzt haben. Die Auseinandersetzung mit der AfD muss jedoch politisch geführt werden. Sie mit Unterstellungen und unbewiesenen Behauptungen zu führen, ist „unter der Gürtellinie“ und wird schlussendlich politisch nach hinten losgehen.
Hinzu kommt für die Friedensbewegung und die friedensbewegte Linke: Die Argumentationsmuster, die hier gegen die AfD ausprobiert werden, können im Handumdrehen auch gegen sie verwendet werden. Gegen alle, die für ein Ende des Ukraine-Krieges nicht durch immer mehr Waffen für Kiew und deutsche Kriegstüchtigkeit, sondern für ein Einfrieren des Krieges und Verhandlungen eintreten.
Wer solche Positionen vertritt, ist „nützlicher Einflussagent“ Russlands, vertritt „prorussische Positionen“ und zeigt „vorauseilenden Gehorsam“ gegenüber dem Kreml. Bei derart „nützlichen Helfern“ seien Koffer voll russischem Geld „vorstellbar“. Ein solcher Satz funktioniert als Denunziation, auch wenn nichts bewiesen ist.
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