27. Jahrgang | Nummer 7 | 25. März 2024

Extremistische Schlümpfe

von Bruni Butzke

Im vorigen Jahr ging durch die Medien, dass bei der Amadeu-Antonio-Stiftung eine „Meldestelle Antifeminismus“ eingerichtet wurde, die durch das von der Grünen Lisa Paus geführte Bundesfamilienministerium maßgeblich finanziert wird (Das Blättchen 6/2023). Diese Stelle wurde im Bereich „Rechtsextremismusprävention“ geschaffen. Als „bundesweite Meldestelle“ sollten hier „antifeministische Vorfälle“ dokumentiert werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich um strafrechtlich relevante Fälle, wie Beleidigungen, Verleumdungen oder tätliche Angriffe, handelte oder um ablehnende Äußerungen über das Gendern, die ganz klar von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Kritiker nannten dies eine „Kultur des Anschwärzens“, der Denunziation auf Staatskosten. Die Überschreitung des Rechtshorizonts, Straftaten von Äußerungen der Meinungsfreiheit zu unterscheiden, war beabsichtigt und entspricht der offensichtlichen Vorstellung der grün-roten „Eliten“, sich ein Volk nach ihrem Bilde zu formen.

Solch ein Vorgehen wurde nun auf ein breiteres Themenfeld sogenannter Rechtsextremismusprävention sowie auf den Bereich Schule ausgedehnt. BILD titelte am 15. März dieses Jahres: „Vom Direktor gemeldet. Wegen AfD-Video: Polizei holt Schülerin aus dem Unterricht“. Es gab eine anonyme Information, und unverzüglich fuhren drei Polizei-Beamte in die Schule. Der Stern beschrieb den Sachverhalt so: Der Direktor rief die Polizei, weil die 16-jährige Schülerin „mutmaßlich strafrechtliche Inhalte auf Tiktok verbreitet hat“. In dem Video wurde gefragt: „Was haben die Schlümpfe und Deutschland gemeinsam? Beide sind blau.“ Nach Angaben der Mutter war das als „witziger AfD-Werbe-Post“ gemeint. Außerdem hatte sie geschrieben, Deutschland sei für sie nicht nur ein Ort auf der Landkarte, sondern „Heimat“.

Die Ostsee-Zeitung wollte sachlicher berichten und befragte den Direktor. Der sagte: „Es gab ein anonymes Hinweisschreiben, das auf vermeintlich extremistische Posts einer Jugendlichen der Schule aufmerksam machte. Ich übergab diesen Sachverhalt der Polizei zur Klärung, die das Gespräch mit den Eltern suchte.“ Das Mädchen sei aber nicht aus dem Unterricht „abgeführt“ worden, sondern er, der Schulleiter, „habe die Schülerin aus dem Unterricht gebeten. Die Beamten begleiteten die Schülerin ins Sekretariat, wo das Gespräch stattgefunden hat.“ Ist das eigentlich von Bedeutung, wenn das Mädchen oder die junge Frau am Ende drei Polizisten gegenübersitzt?

In sozialen Medien wurde wieder einmal behauptet, das sei „wie DDR“ gewesen. Das ist falsch, zumindest in Berlin wäre das völlig anders gelaufen (wie das in Sachsen damals war, kann ich nicht beurteilen). Anonyme Denunziationen gab es nicht, da musste der Denunziant schon persönlich zum Direktor gehen – verschriftlicht wurde so etwas ohnehin nicht. Dann hätte zuerst der Direktor oder der Klassenlehrer mit der Schülerin gesprochen. Wenn erzieherisch etwas zu tun war, fand das „zivilgesellschaftlich“ statt, das heißt in der FDJ-Gruppe oder durch Vertreter des Elternaktivs – das war die gewählte Elternvertretung der Klasse, die gesetzlich festgelegte Mitspracherechte hatte, – unter Anwesenheit der Eltern. Die Polizei oder die Staatssicherheit wurde nur informiert, wenn es in der Tat um „staatsfeindliche“ Aktivitäten ging. Das hatte dann übrigens immer umfangreiche Berichts-Erstellungen seitens der Schule zur Folge, was die Verantwortlichen natürlich tunlichst zu vermeiden suchten. Auf Grund einer anonymen Anzeige einfach mal eben die Polizei in die Schule zu rufen, war systemisch eher ausgeschlossen. Irgendwie gibt es ja wohl eine Fürsorgepflicht des Lehrers für seine Schüler, nicht eine Denunziantenpflicht, und zwar systemübergreifend.

Das Schweriner Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung (Linken-geführt) berief sich auf eine „Verwaltungsvorschrift für den Umgang mit Notfällen an den öffentlichen Schulen“ und darauf, dass „bei besonderen Vorkommnissen die Polizei zur Abstimmung des weiteren Vorgehens zu benachrichtigen“ sei. Aber warum sind blaue Schlümpfe ein Notfall? Die stammen übrigens aus Belgien und Frankreich, sind im deutschen Sprachraum seit Ende der 1960er Jahre bekannt und schon immer blau. Da gab es die AfD noch gar nicht. Und steht „Heimat“ inzwischen auch auf dem Index?

Die AfD ist eine legale Partei, hat Fraktionen unter anderem im Bundestag und im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Das Wahlalter für die Europawahl liegt bei 16 Jahren. Die Schülerin kann folglich mitwählen. Der Rechtshorizont zwischen Straftat und freier Meinungsäußerung hatte wieder einmal nicht interessiert. Die CDU-Landtagsfraktion hat Sondersitzungen des Innen- und Bildungsausschusses gefordert und nannte das Ganze „ungeheuerlich“. Eines der Ergebnisse dieser Aktion ist darüber hinaus, dass es eine „Hetzkampagne“ und Drohungen – so Ostsee-Zeitung und NDR – gegen die Schule und den Schulleiter gibt. Nun hatte die Polizei wirklich zu tun.

Nachgeschoben wurde medial, es sei nicht nur um die Schlümpfe gegangen, sondern ebenfalls um Screenshots eher rechter Motive. Auch die waren aber wohl klandestin eingereicht worden. Ihr Bezug auf das Tiktok-Konto des Mädchens war nicht gerichtsfest zugeordnet. Aber auch in diesem Falle blieb die Spannung zwischen Fürsorgepflicht des Direktors und Denunzianten-Dienstverpflichtung nicht ausgeräumt. Vielleicht könnte man künftig einfach die Schlümpfe grün anmalen.