26. Jahrgang | Nummer 17 | 14. August 2023

Antworten

Sabine Rennefanz, gern gelesene und kluge Kolumnistin – Kürzlich schrieben Sie im SPIEGEL über „Die falsche Brandmauer“, was bedeutet: „Die CDU will weder mit der AfD noch mit der Linken zusammenarbeiten. Das nutzt nur den Rechtsextremen.“ Und: „Manchmal scheint es, als sei das Einzige, worauf sich die CDU in Ost und West dieser Tage noch einigen kann, die Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Linken.“ In Hinblick auf die Thüringer Landtagswahl im nächsten Jahr stellen Sie angesichts der aktuellen Vorhersagen richtig fest, wer die Brandmauer zur AfD halten will, kommt an der Linken nicht vorbei. Die Bundes-CDU habe sich mit dem vor sich her getragenen Antikommunismus im wahrsten Sinn des Wortes eingemauert. Am Ende Ihrer nachvollziehbaren Analyse geben Sie einen hoffenden Ausblick: „Vielleicht bröckelt die Mauer nach links ja doch.“ Oder ist es angesichts des aktuellen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz doch nur verzweifeltes Wünschen? Leider sind Ihre Texte hinter eine Bezahlschranke gesperrt und nur online abrufbar. Merz sollte Sie trotzdem entdecken, er könnte es sich leisten.

 

Stephan Giering, gelegentlicher Blättchen-Autor – Anfang Juli haben Sie auf change.org eine Petition gestartet. „Deutschland sagt NEIN zum Einsatz von Streumunition im Ukrainekrieg“. Die wichtige Schwelle von 75.000 Unterschriften ist bei Redaktionsschluss fast erreicht worden. Ihr Adressat, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, hatte noch als Außenminister 2008 das internationale Abkommen zur Ächtung der Streumunition unterschrieben, heute führt er einen Eiertanz auf und will den USA bei der Lieferung von Streumunition für die Ukraine „nicht in den Arm fallen“. Sie erinnern den Bundespräsidenten und die Bundesregierung an die eigenen moralischen Ansprüche – recht so. Die selbst postulierte moralische Überlegenheit des Westens geht wieder einmal zum Teufel.

 

Wladimir Putin, Kriegsherr – „Wir können das Feuer nicht einstellen, wenn wir angegriffen werden“, erklärten Sie nach dem Russland-Afrika-Gipfel auf die Frage nach den Realisierungschancen des afrikanischen Friedensplanes zur Beendigung des Ukraine-Krieges. Chapeau! Da haben wir doch am 24. Februar 2022 irgendetwas falsch verstanden.

 

Fabio De Masi & André Mielke, Kolumnisten der Berliner Zeitung – Die deutsche Wirtschaft fährt gerade an die Wand, und die Berliner Ampel setzt erkennbar Ehrgeiz daran, dass das auch gelingt. Mit Abstand vorne weg – Finanzminister Lindner: Mit gestrecktem Bein auf der Schuldenbremse spart er mit der großen Kelle quer durch die Ressorts (mit Ausnahme des Militärs, denn der Russe steht ja knapp vorm Brandenburger Tor). So sollen die Mittel für die Digitalisierung der Verwaltung von 377 Millionen auf drei Millionen Euro gekürzt werden. Von 100 Prozent auf quasi Null. „Das ist“, schreiben Sie (De Masi) „ tatsächlich ein Kettensägen-Massaker im Deutschland-Tempo an der digitalen Infrastruktur.“
Schöne Metapher!

Das treibt Sie offenbar auf die Palme, denn Sie schreiben: „Gäbe es einen ökonomischen Lügendetektor, müsste sich der Finanzminister wie bei Monopoly sofort ins Gefängnis begeben. Lindner ist mit seinen Kürzungen der Metzger im Schlachthaus, der das viele Blut beklagt.“

Noch ‘ne schöne Metapher!

Doch unser Wirtschafts-Robert hält durchaus Anschluss. Dessen Ministerium lässt gerade per Online-Umfrage ermitteln, ob man gesellschaftlichen Wohlstand statt über den langweiligen Wert der erzeugten Waren und Dienstleistungen nicht auch über Kriterien wie „Nitratminderung im Grundwasser“, „Existenzgründungen von Frauen“ und „Treibhausgasemissionen“ messen könnte. Sie (Mielke) bringt dies offenbar an den Rand des Erträglichen, denn Sie holzen, das Vorhaben wirke so, „als wolle Hertha BSC feiern, dass es statt Siege im Olympiastadion vegane Bratwürste gibt“.
Auch ’ne schöne Metapher!

Ob es allerdings noch etwas nützte, wenn diesen Machern beim nächsten Wahlurnengang die Rote Karte gezeigt würde, darf bestenfalls als offen gelten.

Und die Perspektive?

Sie (Mielke) verweisen auf die taz-Journalistin Ulrike Herrmann. Die empfehle „in ihrem Bruttosozialproduktgesundschrumpfungsmanifest ‚Das Ende des Kapitalismus‘ […] die britische Kriegswirtschaft der 1940er: Der Staat legt fest, was produziert werden darf, und rationiert die Güter“.

Cum grano salis: „Braucht es, fürs stimmige Ambiente, noch einen frischen Weltkrieg. Keine Sorge, ist in Arbeit.“

Vielleicht sollten wir alle rasch noch eine flotte Sohle aufs Parkett legen? Wie weiland auf den Wohlstandsdecks der Titanic …

 

Clara Herrmann, jüngste Bezirksbürgermeisterin aller Zeiten in Berlin – Seit 2021 amtieren Sie in Friedrichshain-Kreuzberg als grüne Bürgermeisterin, jetzt – nach der Abwahl der roten Franziska Giffey – unter dem schwarzen Regierenden. Gute Nachrichten aus Ihrem Bezirk sind zu hören: Dort sollen in Zukunft schwule und lesbische Ampelmännchen und -frauchen den Fußverkehr regeln. Sie wollen damit „ein klares Zeichen setzen“.

In der Berliner Zeitung lesen wir gerade: „Die neue grüne Elite infantilisiert die Politik und markiert ihren Herrschafts- und Erziehungsanspruch im Alltag der Menschen. Einige werden sich über die neuen Ampelmännchen freuen. Viele andere werden sich kopfschüttelnd von dieser ‚Politik‘ abwenden, die uns zu besseren Menschen machen will, aber es nicht schafft, den Menschen Sicherheit und einen optimistischen Ausblick auf ihre Zukunft zu geben. Statt der Ampelmännchen sollte man besser die ganze Ampel austauschen.“ Starker Tobak, aber nachvollziehbar.

 

Helmut Holter, ganz kreativer Bildungsminister – Sie verstehen es aber auch, das Thüringer Sommerloch zu füllen!

Vor nicht allzu langer Zeit glänzten Sie mit dem Vorschlag, die Zensierung in den musischen Fächern sowie im Sportunterricht abzuschaffen. Jetzt wollen Sie einige Fächer komplett versenken. Astronomie zum Beispiel, das im Freistaat Thüringen immer noch mit einer Wochenstunde in Klasse 10 gepflegt wird. Dazu soll es den Schülern am Ende der Klasse 9 möglich gemacht werden, entweder Sozialkunde, Geografie oder Wirtschaft und Recht abzuwählen. Mit Folgen für die Kurswahl in der gymnasialen Oberstufe … Nur zu, Herr Minister, aber warum so zaghaft? Deutsch zum Beispiel wird eindeutig überbewertet, Mathematik ist eh nur eine Hilfswissenschaft, wer braucht solchen Quatsch noch in Zeiten, in denen der erste Laptop in der Kita-Krabbelgruppe eingeführt wird? Und Ihr Ansatz, „astronomische Inhalte“ im Fach Physik auf verschiedene Klassenstufen zu verteilen, was soll das? Berlin hatte einst einen Bildungssenator, der wollte Chemie, Physik und Biologie zu „Nawi“ fusionieren. Leider hielt der Mann nicht durch. Sie könnten dieses Konstrukt noch mit Geografie und Geschichte ergänzen. Man sollte das dann wieder „Heimatkunde“ nennen und hätte zugleich einen Beitrag zum Kampf gegen Rechts geleistet. Und das Schönste: Sie könnten Lehrerstellen in bislang nicht geahnter Menge einsparen. Darum geht es doch letztendlich …

Im Bildungsmonitoring dürfte Thüringen dann zwar seinen dritten Platz verlieren, aber im Trio mit Bremen und Sachsen-Anhalt wäre man im Kampf um die rote Laterne in guter Gesellschaft. Sie selbst dürfte das dann nicht mehr pressieren. Im nächsten Herbst darf auch in Thrüingen wieder abgewählt werden.

 

Janis Danner, Fitness-Influencer mit 1,5 Millionen Followern und Zerstörer einer Statue – 

Sie feierten mit Freunden den Geburtstag Ihrer Verlobten in einer norditalienischen Luxusvilla, viel Alkohol floss. Aufregende Bilder für Soziale Medien mussten geschossen werden, Sie sind ja schließlich Influencer von Beruf. Die Stimmung stieg. Kurz: Eine wertvolle Statue, geschätzt auf 200.000 Euro und befestigt auf einem Brunnen, ging dabei zu Bruch. Dem Verwalter der Villa boten Sie ohne Entschuldigung 200 Euro für den Schaden, so berichtete dieser. Und weiter: Sie sagten ihm, das Kunstwerk sei ja wertlos und nicht sehr stabil gewesen. Als die Polizei kam, sei weiter Limoncello aus Flaschen in die Hälse der Feiernden geflossen. Bei Twitter (oder X, wer weiß denn, wie es jetzt heißt) ist der Sturz der Statue zu sehen …

In den deutschen Medien wurden Sie und Ihre Freunde meist nur als deutsche Touristen benannt. Was nicht ganz den Tatsachen entspricht. Die Bezeichnung als „deutsche Kultur-Barbaren“ oder wenigstens „Vandalen” wäre angemessener und passender, wenn man das Resultat Ihres Besuchs in der Lombardei sieht

Der kleine Italien-Knigge wäre vor Ihrem Trip eine lohnende Lektüre gewesen. Übrigens gelten allgemein gute Umgangsformen immer und überall. Wie geht es eigentlich der zersprungenen Statue?