von Clemens Fischer
Berlin und Potsdam werden in der Adventszeit auch in diesem Jahr wieder Austragungsorte des Louis-Lewandowski-Festivals synagogaler Musik sein. Es ist nunmehr bereits das achte – ein kulturelles Highlight unmittelbar vor den Feiertagen. Das Motto dieses Mal: „Stern der Hoffnung – israelische Chormusik“.
Dabei weise 2018, so Festivaldirektor Nils Busch-Petersen, zugleich zwei geschichtlich besonders gewichtige Jahrestage auf, derer mit der inhaltlichen Fokussierung des Festivals gedacht werden soll: „Das ist zum einen der 80. Jahrestag der nazistischen Pogromnacht von 1938, des Menetekels der wenige Jahre später folgenden Shoa, die Millionen jüdischer Menschen den Tod brachte. Und das ist zum anderen der 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel – ein Tag der Freude und des Aufbruchs.“
Eröffnet wird der Festival-Reigen mit einem Pre-Opening Konzert am 19. Dezember, bei dem das Gedenken im Mittelpunkt steht. Auf Einladung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller – neben dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde der Hauptstadt, Gideon Joffe, wieder einer der beiden Schirmherren des Festivals –, wird dieses Konzert im Roten Rathaus stattfinden. „Und zwar“, wie Busch-Petersen betont, „in einer denkwürdigen Zusammensetzung, die für sich genommen auch ein politisches Statement ganz eigener Art ist: Gemeinsam musizieren werden eine synagogaler Männerchor aus Moskau und ein ukrainisches Sinfonieorchester aus Czernowitz – ein Signal für einen Brückenschlag zwischen den beiden verfeindeten Staaten.“
Einen Tag später und abweichend von der bisherigen Choreographie des Festivals wird das offizielle Eröffnungskonzert, zu dem der israelische Botschafter sein Erscheinen angekündigt hat, dann nicht in der Synagoge Pestalozzistraße in Berlin stattfinden, sondern in Potsdam. Damit folgt die Festivalleitung einer Anregung der brandenburgischen Landesregierung und ganz speziell des Ministerpräsidenten Dietmar Woidke. Weil in Potsdam jüdische sakrale Räumlichkeiten nicht zur Verfügung stehen, wird Sankt Nikolai der Austragungsort sein. Und es wird eine Welturaufführung präsentiert: das Oratorium „Todesfuge“ von Anna Segal.
Dieses und auch die weiteren Festivalkonzerte am 21. und 22. Dezember werden von folgenden Chören und Instrumentalklangkörpern bestritten:
- dem Akademischen Sinfonieorchester der Czernowitzer Philharmonischen Gesellschaft aus der Ukraine. Das Ensemble besteht seit 1992. Es hat sich auf Tourneen in Italien, Spanien, Portugal, Rumänien, Kroatien, Deutschland, Polen, Österreich, den Niederlanden und Südkorea auch einen guten internationalen Ruf erarbeitet. Zum Repertoire des Orchesters zählen heute sämtliche Symphonien von Beethoven, Schubert, Mendelsohn, Brahms, Schumann, Rachmaninov und Tschaikowsky. Chefdirigent und Art Director ist seit 2000 Josyp Sozansky.
- dem Cecilia Ensemble aus Israel. Diese Formation besteht aus acht herausragenden Solo-Sängern und wurde 2016 von Naomi Faran, der Dirigentin und musikalischen Direktorin der Moran Chöre, mit dem Anspruch gegründet, professionelle musikalische Programme in Zusammenarbeit mit den besten Komponisten Israels und anderer Länder aufzuführen. Das zeitliche Spektrum reicht dabei von der Renaissance bis zur Moderne und das künstlerische von Uraufführungen von Kompositionen über A-cappella-Gesang bis zu gemeinsamen Auftritten mit ausgewählten Instrumentalensembles.
- dem synagogalen Moskauer Männerchor The Moscow Male Jewish Cappella, der bereits beim Louis Lewandowski Festival 2015 seine fulminante Berliner Premiere hatte. Das Ensemble war 1989 mit persönlicher Unterstützung von Michail Gorbatschow wiedergegründet worden – in Erinnerung an den Chor der großen Choral-Synagoge Moskaus, der dort bis zur Revolution von 1917 bestanden hatte. Die Sänger sind ausschließlich professionelle Musiker – Absolventen und Lehrer führender Musikinstitute der russischen Hauptstadt oder sie gehören als Solisten solchen Häuser an wie dem Bolschoi Theater.
- dem Berliner Quartett Saxofonquadrat, das 2017 bereits sein zwanzigjähriges Bestehen in der aktuellen Besetzung feierte und dem Kritiker nachsagen, es könne klassische Konzertsäle in eine brodelnde Jazzbühne und verruchte Szeneklubs in einen andächtigen Kirchenraum verwandeln. Die vier Musiker mischen in durchaus respektvoller Manier vielfältige Stile und Einflüsse der europäischen Musiktradition mit amerikanischem und europäischem Jazz. Jenseits stilistischer Grenzen entstehen neue Sichtachsen und Querverbindungen in der Musik.
- dem Ensemble Barocameri aus Israel, vor sechs Jahren gegründet. Zu dem unter der Leitung von Dirigent und Musikdirektor Avner Itai – er ist seit mehr als vier Jahrzehnten der führende Chorleiterdes Landes – stehenden Klangkörper gehören Musiker, Sänger und Instrumentalisten aus ganz Israel. Das Repertoire umfasst neben Kompositionen aus verschiedenen Epochen wie Barock und Klassik vor allem Arrangements israelischer Lieder und Kompositionen.
- dem Adi Classical Young Choir des New Vocal Ensemble aus Israel, 2006 gegründet von Yishai Shteckler und Goni Bar Sela. Seit 2009 zeichnet als Dirigent und Musikdirektor Oded Shomrony verantwortlich. Der Chor tritt in Orchester-Konzerten ebenso auf wie mit eigenständigen A-cappella-Programmen – etwa beim Abu Ghosh Festival, im Jerusalem Music Center oder in der Jerusalemer Mormonen Universität.
- dem Synagogal Ensemble Berlin mit Kantor Isaak Sheffer, geleitet von Regina Yantian. Dieser Chor ist das einzige deutsche Ensemble, das an jedem Freitagabend und Schabbatmorgen sowie an allen jüdischen Feiertagen Louis Lewandowskis Liturgie in der Berliner Synagoge Pestalozzistraße zum Erklingen bringt. Zum Konzertrepertoire gehören auch Werke anderer Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts wie Salomon Sulzer oder Kurt Weill.
Traditionell mit allen beteiligten Chören und in der Berliner Synagoge Rykestraße wird am 23. Dezember das große Abschlusskonzert stattfinden.
Louis Lewandowski Festival: „Stern der Hoffnung – israelische Chormusik“, 20.–23.12.2018 (mit Pre-Opening Konzert am 19.12.) in Berlin und Potsdam. Weitere Informationen zum Programm, den Veranstaltungsorten und Anfangszeiten im Internet; Kartenreservierungen unter reservierung@louis-lewandowski-festival.de.
Der Eintritt zum Eröffnungskonzert in Potsdam ist frei.
Schlagwörter: Chor, Clemens Fischer, Israel, Louis Lewandowski Festival, Musik, Nils Busch-Petersen, Synagoge