23. Jahrgang | Nummer 7 | 30. März 2020

Antworten

Ute Scheub, Redenschreiberin in spe – Sie haben in der taz schon einmal eine Rede der Kanzlerin vorweggenommen. Sie schreiben: „Vor 1985 war es gesetzlich verboten, in Kliniken Gewinne zu machen. Müssen wir nicht dahin zurückkehren? Wir brauchen Krankenhäuser, die nach Kriterien des Gemeinwohls wirtschaften und Personal menschenwürdig bezahlen. Wir haben genug Pflegekräfte im Land – doch die meisten haben wegen schlechter Bedingungen ihre Arbeitsstelle gewechselt. Nun stehen wir in der Pflicht, sie zurückzugewinnen.“

Wir hoffen, die Kanzlerin sieht Ihr großes Potential und engagiert Sie für künftige Äußerungen. Vermutlich bedarf das noch eines Zaubertranks, aber wer weiß …

Unbekannter Spanier, Frischluftfreund – Zu den Gründen, die in Spanien zum Verlassen der eigenen Wohnung derzeit von der Polizei akzeptiert werden, gehört das „Gassi“-Gehen mit dem geliebten Schnuffi. Die Größe ist dabei egal. Inzwischen wurden Menschen mit Ziegen, Schweinen und selbst Kanarienvögeln – die hoffentlich nicht am Halsband – auf den Straßen gesichtet. Gar nicht witzig fanden die Beamten, wie die Polizeigewerkschaft Jupol auf Twitter meldete, einen Mann, der einen Plüschhund an der Leine ausführte. Wir wissen nicht, wie wir reagieren sollen: Darf man über soviel Chuzpe lachen oder sollte man besser den Kopf schütteln über so viel Unverschämtheit? Wie so oft liegt wohl die Wahrheit in der Mitte und wir staunen über einen weiteren Beleg menschlicher Kreativität. Spanien gilt nicht umsonst als die Wiege des Schelmenromans.

Peer Steinbrück (SPD), verbaler Gürtellinien-Ignorant – Über die Corona-Krise kann man sehr unterschiedlicher Meinung sein. Absolut grenzwertig sind aber Sprüche, die derzeit durch die sozialen Medien geistern und alte nationalistische Vorurteile kultivieren. So nach der Art: „Ich verstehe bis heute nicht, warum die Deutschen Nudeln und Klopapier kaufen. Ich finde den Unterschied zu den Franzosen, die Rotwein und Kondome kaufen, bemerkenswert.“ Hier spricht der deutsche Stammtisch. Das sind die Sprüche von Opa, als der noch in Frankreich diente: „O là là, die Französinnen, sag ich dir … Und die Franzosen erst, spitz wie mein Seitengewehr.“ Das ist nicht witzig, das ist unverhohlener Chauvinismus, das sind Wehrmachtsspäße. Und für einen langjährigen Spitzenpolitiker vollkommen indiskutabel. Weshalb Sie diesen Satz im Deutschlandfunk absonderten, ist uns vollkommen unverständlich. Und weshalb der Interviewer Jürgen Zurheide Ihnen das durchgehen ließ („Okay, ein bisschen lächeln muss ich dann doch …“) erst recht nicht. Es ist nicht Ihre erste Entgleisung dieser Güte. Gut für uns und unser Verhältnis zu unseren französischen Nachbarn, dass Ihre Sehnsüchte in Richtung Kanzlerschaft seinerzeit abgeblockt wurden.

Jochen-Martin Gutsch, Autor und Spötter – In Ihrer jüngsten Prognose zur Coronapest mutmaßten Sie: „Steigen werden auch die Geburtenzahlen. Es ist wie in der DDR: Wenn sonst nichts los ist, hat man eben Sex. Später wird man von den ‚Corona-Kindern‘ sprechen, die im März, April 2020 gezeugt wurden. Ängstliche Kinder, die nicht gerne ins Freie gehen und zu Hause am liebsten mit Toilettenpapier spielen.“

Da ist Ihnen ein klitzekleiner Denkfehler unterlaufen. Auch wenn in der DDR sonst nichts los war – von viel zu vielen Dingen des Lebens, notwendigen oder auch bloß schönen, gab es ständig viel zu wenig, so dass die Leute permanent auf der Jagd danach waren. Zu viel Zeit für Sex blieb da nicht.

In Zeiten von Kontakt- und Ausgangssperre wird das natürlich exponentiell anders sein! Was meinen Sie, sollen wir schon mal anfangen, um Deutschland prophylaktisch eine Mauer zu ziehen? Damit die Myriaden von Corona-Blagen dann auch Auslauf haben …