17. Jahrgang | Nummer 14 | 7. Juli 2014

Antworten

Joachim Gauck, Politikbelobiger – Sie haben die Rolle der Bundesregierung für deren zumal frühes Engagement in der Ukraine-Krise – „konsequent, prinzipientreu und zugleich deeskalierend“ – ausdrücklich gelobt. Hier sei deutlich geworden, dass „Deutschland eine Verantwortung übernimmt, die ihm als wichtigem Mitglied der Europäischen Union und als Unterstützer einer normenbasierten Werteordnung zukommt“. Schade, dass Sie nicht erwähnt haben, welche die unwichtigen EU-Mitglieder sind, denen eine ähnliche Verantwortung nicht zukommt. Sie waren ja mal Pfarrer und sollten sich mit dem Begriff einer wünschenswerten Demut eigentlich auskennen. Ihre Sprache ist mittlerweile allerdings eher die eines präzeptors germaniae.

Ursula von der Leyen, Bundesadlerin – Sie haben im Bundestag für die Anschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen geworben. Mit Ihrer zierlichen Weiblichkeit wird es nun allerdings immer schwieriger, Ihre eigentliche Bestimmung als echte Amazone zu kaschieren. Immerhin gehen wir von so viel Lauterkeit Ihrerseits aus, dass Sie die wehrfähigen Ihrer sieben Kinder längst mit einer kleidsamen Bundeswehruniform versehen und ihnen die Bewerbung für einen friedenschaffenden Einsatz an einer der vorhandenen Fronten angeraten haben.

Volker Kauder, Debattensoftie – „Ich gehe sonntags zur Kirche und bete jeden Tag. Und ich versuche als Politiker, nach den Grundsätzen meines Glaubens zu handeln“, haben Sie einem Spiegel-Interviewer zum besten gegeben. Wer namentlich Ihre Zwischenrufe im Bundestag kennt, muss allerdings eine sehr merkwürdige Vorstellung vom Christentum bekommen. Davon, dass Sie laut Heckler & Koch-Hauptgesellschafter Heeschen „immer wieder die Hand“ über diese deutsche Waffenschmiede gehalten haben, schweigen wir fremdschämend betreten.

Dirk Niebel, Versorgter – Es ist doch schön, wenn man sich in jemandem mal nicht irrt. Uns jedenfalls verwundert nicht ein bisschen, dass Sie, derzeit quasi arbeitslos, ab 2015 Lobbyist des Rüstungskonzerns Rheinmetall werden und dann „den Konzernvorstand in allen Fragen und Aufgaben der internationalen Strategieentwicklung beraten sowie die Chefetage der Waffenschmiede „beim Aufbau der globalen Regierungsbeziehungen unterstützen“ sollen. Im Unterschied zum Entwicklungshilfe-Ministerium, dem sie unter Schwarz-Gelb vorstanden, halten Sie ihren künftigen Arbeitsort gewiss nicht für überflüssig und abschaffenswert. Ein guter Verschiebebahnhof für Entwicklungshilfe per Waffenexport ist er allemal.

Jakob Augstein, Erklärer der Zeitläufte in Freitag und Spiegel Der amtierende Bundespräsident hat es Ihnen ja offensichtlich angetan. Kürzlich war es mal wieder soweit – in einer „Unser Monarch“ betitelten Kolumne nahmen Sie Maß: „Er redet viel, sehr viel, und Freiheit ist sein Leitmotiv, aber in Wahrheit hat er dazu wenig zu sagen. Freiheit ist für ihn die Abwesenheit der DDR. Das ist für einen älteren Herrn, der im untergegangenen Staat gelebt hat, durchaus verständlich. Aber es hilft uns Heutigen nichts. Wir werden von Netzriesen und Nachrichtendiensten überwacht, wir ringen um ein zeitgemäßes Verständnis von Freiheit. Das ist nicht das Thema unseres 74-jährigen Präsidenten […].“ Und sie legten gleich noch eine Kohle nach: Auch der „frei flottierende Kapitalismus, der immerhin eine weltweite Finanzkrise ausgelöst hat“, sei nicht Gaucks Thema. „‚Kein Zweifel: Die Branche befindet sich im Wandel‘, sagte er vor Kurzem fröhlich auf dem Deutschen Bankentag in Frankfurt. Lauter glückliche Banker applaudierten. Endlich mal jemand, der ihnen nicht die Manipulation der Wechselkurse oder irrwitzige Boni vorhielt.“ Nun ja, zwar schlägt unser Herz für die Geschundenen und zu Unrecht Verunglimpften dieser Erde, aber in diesem Falle können wir Ihnen beim besten Willen wirklich nicht widersprechen.

Lion Feuchtwanger, auch Exeget – „Widerstrebt nicht dem Übel“, sei der gefährlichste Satz des Evangeliums, befanden Sie. So betrachtet dürften wir hierzulande – von marginalisierten Ausnahmen abgesehen – inzwischen eine weitgehend durchchristianisierte Linke haben, die dem (unausgesprochenen) Credo folgt: Das Übel nicht mehr an der Wurzel packen, sondern es oberhalb derselben (kosmetisch) entübeln! Daran hatte sich seit dem frühen 20. Jahrhundert bekanntlich bereits die deutsche Sozialdemokratie im Wortsinne abgearbeitet – so lange nämlich, bis sie aufhörte, eine linke Partei zu sein. Dem Übel nicht (grundsätzlich) zu widerstreben ist also auch außerhalb des Evangeliums höchst gefahrvoll, weil ein schleichendes Mittel linker Selbstkastration.

Norbert Müller, Brandenburger Linken-MdL – Via Facebook haben Sie Joachim Gauck mit Bezug auf dessen jüngste Äußerungen über die Rolle Deutschlands bei Militärinterventionen als „widerlichen Kriegshetzer“ tituliert und damit einen Auseinandersetzungsstil wieder aufleben lassen, wie er sich in tiefen Kalte-Kriegs-Zeiten in Sprache zu kleiden pflegte. Sie hätten Gauck freilich auch nach dem Grund befragen können, warum er, der – wie seine ganze Kirche – seinerzeit forderte, „Schwerter zu Pflugscharen“ zu schmieden und „Frieden ohne Waffen zu schaffen“ von dieser pazifistischen Generalisierung nun abgerückt ist; der Mann dürfte seine Schwierigkeiten haben, dies zu erklären. Aber nein, wenn auch Holzhammer zur Verfügung stehen … Diese geben allerdings immer auch Auskunft über jene, die ihn gebrauchen.

Thomas Oppermann, SPD-Fraktionschef im Reichstag – Grober Keil auf groben Klotz? Das wäre eine nachsichtige Interpretation dafür, dass Sie die schwachsinnige Titulierung Gaucks als Kriegshetzer durch einen offenbar profilierungssüchtigen Linken im Gegenzug mit einem Nazi-Vergleich beantworten. Nachsicht verdient aber weder das eine noch das andere Bemühen darum, den politischen Gegner mit – zumal simplen – Totschlagargumenten zu diffamieren, und sei eine Kritik (was nicht identisch ist mit Diffamierung) auch noch so berechtigt. Umgangsformen wie diese sind der Tod von Politik, sofern man unter dieser nicht zuletzt auch den Streit von Meinungen und nicht das Keulenschlagen versteht.

Patrick Köberle, Vorsitzender der 3.000-Mitglieder-Partei DKP – „Wir arbeiten daran, die DKP wieder zu einer flächendeckend eingreifenden Partei zu machen“ haben Sie in einem Interview erklärt.
Leider hat Ihnen der Interviewer nicht die Gelegenheit gegeben, uns mitzuteilen, wann die DKP je eine „flächendeckend eingreifende“ Partei war, die sie nun „wieder“ werden soll. Auch honoriger Wille schützt vor Torheit nicht.

Stephen Hawking, Humor-Botschafter – sie haben den Monty Pythons zu deren gefeierter Comeback-Show nach 34-jährigerAbstinenz eine Videobotschaft nach London gesandt und sich darin für die pythonsche Sichtweise auf den Kosmos ausgesprochen. Ihre wissenschaftliche Kapazität ist bekanntermaßen von nahezu unbegrenzter Dimension, Ihr Humor, wie wir nun wissen und uns darüber freuen, ist es also auch.