Georg Schramm, Leuchtturm intellektuellen Anstands – Sie werden den diesjährigen Erich-Fromm-Preis erhalten, den die namensgebende Gesellschaft seit 2006 jährlich an Persönlichkeiten verleiht, die mit ihrem „Engagement Hervorragendes für den Erhalt oder die Wiedergewinnung humanistischen Denkens und Handelns“ im Sinne des Sozialphilosophen Erich Fromm (1900-1980) geleistet haben. Das Blättchen gratuliert von Herzen: Ihnen zu dieser hochverdienten Ehrung Ihres politischen und charaktervollen Engagements und der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft zu dieser Entscheidung. Das einschlägige „Gesindel“ (Schramm) mag´s ärgern, uns freut es gar sehr.
Kurt Tucholsky, Menschenkenner – „Der Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger“, haben Sie einst treffend festgestellt. Verbreitet sind einschlägige Versuche ungeachtet dessen aber doch, möchten wir gern ergänzen.
Alexander Dobrindt, christsozialer Kampfhund – An Ihnen war dieser Tage wieder wunderbar zu erleben, wie Politik realisiert wird, bei der jene, die diese Politik verantworten, um die Abneigung in zumindest breiten Teilen des Wahlvolkes wissen. So also wird in einem Moment, wo sich Innenminister Friedrich für den Umgang mit der Linkspartei rechtfertigen und dabei zumindest teilweise sogar den Schwanz einziehen muss, wieder mal wer vorgeschickt? – Natürlich: Ein Generalsekretär, diesmal halt Dobrindt – neuerdings mit intelligenzverstärkender Brille. Und der bringt dann – in diesem Falle in Jauchs Talkshow – ein Verbot der Linkspartei ins Gespräch, nur mal so. Empörung, mindestens aber Distanzierung allerorten, selbst bei Friedrich dem Großen. Nur eben kann der mit Blick auf seine Ablehnung dieses Vorschlages nun umso fester erklären, dass er die Beobachtung durch den Verfassungsschutz hingegen für absolut richtig hält. Ergo: Will man ein Übel durchsetzen, schickt man einen Kampfhund vor – vornehmlich sind das die Generalsekretär (unvergessen einst der Rote-Socken-Hintze), um nach der Zurückweisung solcher Vorstöße das „kleinere“ Übel durchzudrücken. Klappt fast immer! Jedenfalls solange sich ein Wahlvolk solche Politiker gönnt.
Andreas Lemke, Hobby-Fraktionschef und Niederlausitzer Literatenrichter – Es liegt uns fern zu mutmaßen, warum sich ein sicher sehr nüchtern denken könnender Mensch wie Sie mit Macht und Gewalt die Jacke des Literatenhassers überstreift. Möglicherweise mussten sie in der DDR-Schule den „Tinko“ auswendig lernen und durften damals nicht in den Aufsichtsrat der Stadtwerke Spremberg. Das ist jetzt anders. Aber dass Sie immer noch Ihren Feldzug gegen Erwin Strittmatter mit der abstrusen Begründung führen, Strittmatter habe „sich freiwillig den beiden deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts angedient“ und für diese blödsinnige These nun auch noch das Stadtparlament missbrauchen, verführt uns nun doch zu gewissen Zweifeln. Wie würden Sie sich eigentlich verhalten, hätte der Schriftsteller sich nur „der ersten deutschen Diktatur angedient“? Oder nehmen Sie dem Autoren des „Ladens“ übel, dass er Spremberg (Grodk) schnöde als sorbische, also slawische, Stadt abstempelte?
Newt Gingrich, Republikanischer Vielleicht-Kandidat für´s Weiße Haus – Obama will nun doch Millionäre ordentlich besteuern, und das verlangt gegenspieligen Bewerbern wie Ihnen beim Kampf ums präsidiale Amt viel ab, auch listige Einfälle für das politische Punkten bei den Wählern. Ihnen darf nun Einfallsreichtum und Originalität schon mal zugestanden werden. Haben Sie doch auf einer ihrer Wahlkampftouren versprochen, im Fall eines Wahlsiegs bis 2020 eine permanente Mondstation einzurichten: „Mit dem Ende meiner zweiten Amtszeit werden wir die erste ständige Basis auf dem Mond haben – und sie wird amerikanisch sein“. Voll cool, dürften Ihre Parteigänger dazu sagen. Und vielleicht delegiert man Sie dann selbst in die von Ihnen geschaffene Mond-Kolonie – als Endlager für ausgebrannte Politiker (G. Schramm) wäre der Erdtrabant doch eine feine Alternative zu irdischer Umweltverschmutzung.
Michael Graeter, Klatschreporter, äh, Gesellschaftskolumnist bei der Münchener Abendzeitung – Sie haben jüngst der Öffentlichkeit kund getan, dass die „Frau von Joschka Fischer“, diese „persisch-deutsche Todsünde“ (Berliner Zeitung) mit der „bella carosseria“ (Graeter), „sich frei [macht]“ mit einem, respektive für einen Berliner Gastronomen, der eine Tochter des Malers Gerhard Richter, mit der er zuvor liiert gewesen sei, gegen Frau Fischer „ausgewechselt“ habe, was Sie mit den Worten goutierten (oder kritisierten – hier hätte man, um zu entscheiden, ihren Tonfall zum Print-Interview benötigt): „Das ist Gesellschaft, oder?“ Nach vierzig Jahren im Milieu haben Sie allerdings auch eine sich vom Mainstream deutlich abhebende Meinung, warum der Bundespräsident Christian Wulff schon vor Wochen hätte zurücktreten sollen, „aber nicht aus den ihm vorgeworfenen Gründen“. Und warum sonst? „Weil ich als Bundespräsident nicht auf die Mailbox eines Journalisten spreche. Ich lasse die Sekretärin anrufen und bitte ihn zu mir ins Amt. Man telefoniert nicht so auf Kumpel, und schon gar nicht werde ich dem Journalisten erzählen, was er zu machen und zu lassen hat. Wegen Dummheit müsste er eigentlich das Amt verlassen.“ Wir wollen das an dieser Stelle mal nicht weiter kommentieren.
Helmut Dietl, Filmregisseur – Auf die Frage, ob man eigentlich fragen dürfe, ob unsere First Lady Bettina Wulff sexy sei, antworteten Sie zwar postwendend: „Weiß ich nicht“, hatten dann aber doch ein klares eigenes Votum zur Hand: „Ich persönlich, ich finde sie sexy.“ Das hätte in diesen für unser präsidiales Paar eher harschen Zeiten etwas selten Nettes sein können. Soweit wollten Sie es aber offenbar denn doch nicht kommen lassen, denn sie fügten hinzu: „Aber ich kann mich auch täuschen, weil ich hab ja auch Veronica Ferres schon mal sexy gefunden.“ Ihre Urteile zu kommentieren, maßen wir uns nicht an. Da halten wir es mit dem Sinnspruch: De gustibus non est disputandum.
Valérie Pécresse, Pressesprecherin Sarkozys – Sie haben es als „his masters voice“ doch tatsächlich fertiggebracht, François Hollande, dem sozialistischen Herausforderer Ihres Brötchengebers Sarkozy vorzuwerfen, sein Programm „bedrohe d i e Franzosen“. „Sarko“ hätte noch dazusagen müssen, welche Franzosen Hollande bedroht, der vor allem mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Arbeitsplätze und höhere Investitionen in Bildung angekündigt hat, sofern er der nächste Präsident werden sollte. Mal abgesehen davon, dass auch dann abzuwarten bliebe, was aus solcherart Wahlkampfparolen wird, dürfte wohl folgender Satz Hollandes Sarkozy und „d i e Franzosen“, die er meint, erschüttert haben: „Wir werden von den Besserverdienenden unter uns Anstrengungen verlangen, von denjenigen, die von dem derzeitigen Präsidenten und seiner konservativen Partei viel, ja zu viel erhalten haben. Deshalb wird auch die Vermögenssteuer angehoben.“
Harald Schmidt, Late-Night-Talker und Nicht-mehr-Schauspieler – Seit der Spielzeit 2008 gehörten Sie dem Ensemble des Staatstheaters Stuttgart an. Jetzt haben Sie dem Intendanten gesagt: „Ich höre auf, ich kann es nicht.“ Worauf der Ihnen geantwortet habe, das gelte für viele, aber die machten trotzdem weiter.“ Dem Spiegel verrieten Sie, dass Sie sich die Latte höher legen: „Ich war extrem erfolgreich, war ständig ausverkauft. Aber das war natürlich ein PR-Effekt, und meinen Ansprüchen genügte ich nicht.“ Das sei im Übrigen keine Krise, sondern „eine Befreiung, wirklich. Ich bin ein Jugendtrauma los. Ich bin zur ungeschönten Selbsterkenntnis gekommen, dass es vielleicht noch für den ‚Jedermann’ in Salzburg reichen würde, aber zu mehr nicht.“ Unter diesen Bedingungen bedauern wir, Sie nicht doch wenigstens einmal auf der Stuttgarter Bühne gesehen zu haben, ehrlich.
Apostel Paulus, Briefeschreiber – Ihre Post an die Römer, Korinther und Galater ist völlig zu Recht legendär und somit unverzichtbarer Bestandteil der Bibel. An wen mögen Sie wohl seinerzeit bereits gedacht haben, als Sie folgende Zeilen verfasst haben: „Ich mahne euch, Brüder, beim Namen unseres Herrn Jesus Christus: Seid alle einmütig im Reden und laßt es nicht zu Spannungen unter euch kommen; seid vielmehr wohlgeordnet durch gleiche Gesinnung und gleiche Überzeugung. Es ist mir nämlich über euch, meine Brüder, durch die Leute von Chloë berichtet worden, es gebe Streitigkeiten unter euch …“ (Korinther, 1. Kap. Parteisucht, 10/11)
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