Juli Zeh, Bestsellerautorin – Der zunehmende auch wirtschaftliche Druck, der von den sogenannten sozialen auf die traditionellen Medien ausgeht, hat das Agieren letzterer gravierend verändert. Sie konstatieren: „Alles muss heute immer ganz neu daherkommen und natürlich noch viel schrecklicher sein als alles Vorangegangene. Entsprechend schrill fallen die Handlungsempfehlungen aus. […] Je stärker sie [die traditionellen Medien – die Redaktion] ums Überleben kämpfen, umso schriller fällt ihr Clickbaiting aus. Das unfassbar Neue und Schreckliche ist ja ein Verkaufsmodell. Das setzt einen Teufelskreis des gefühlten Ausnahmezustands in Gang, der sehr ungesund ist für unsere Gesellschaft.“
Ihre Alternative, wenn Sie zu entscheiden hätten?
Dann „dürfte jeder Journalist nur einmal pro Woche einen Kommentar schreiben. Ansonsten müsste er sich dem Versuch widmen, neutral und sachlich über unsere Wirklichkeit zu berichten. Um die Bürger in die Lage zu versetzen, sich ihre Meinungen selbst zu bilden.“
Voilà – das Blättchen kommentiert höchstens alle zwei Wochen. Da sind wir wohl auf einem guten Weg?!
Jan Fleischhauer, Kolumnist beim Focus – Sie sind der Meinung, dass das Magazin Compact „ein Drecksblatt“ ist und dass man überdies unbedingt „an der Zurechnungsfähigkeit seiner Redakteure zweifeln“ müsse. Aber: „[…] auch falsche, hetzerische und sogar offen feindselige Aussagen sind von der Meinungsfreiheit gedeckt“. Daher können Sie dem mit rechtsbeugenden Taschenspielertricks verhängten Compact-Verbot der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der weitgehend kritiklosen Hinnahme desselben durch die hiesigen Leitmedien nichts abgewinnen. Im Gegenteil: „Nehmen wir an, die neue Innenministerin von der AfD hätte sich vor die Kameras gestellt und mit triumphierendem Lächeln erklärt: ‚Ich habe heute die linksradikale Berliner Tageszeitung taz verboten. Die ‚taz‘ sei eine Brutstätte gefährlichen Gedankentums. Auf ihren Seiten würden Polizisten zu Müll erklärt. […] Wie wohl in dem Fall die Reaktionen ausfallen würden? Ich bin sicher, Mediendeutschland stünde kopf.“ Und Sie warnen: „Das ist ja das Tückische, wenn man es als Demokrat mit Recht und Gesetz nicht so genau nimmt: Die von der Gegenseite merken sich das. Präzedenzfälle schaffen ein Vorbild, dem dann auch Leute nacheifern können, die noch viel weiter zu gehen bereit sind als man selbst. Das ist die Nebenwirkung des Präzedenzfalls.“
Wegen Compact würden wir Ihnen nur allzu gern widersprechen. Aber das will uns nicht so recht von der Hand gehen …
Franziska Augstein, Journalistin – Wie sehr Old School sind Sie denn? Behaupten immer noch: „Mit einer ausgewogeneren Ostpolitik, wie Willy Brandt und Egon Bahr sie in ihrer Zeit betrieben, könnte Deutschland auf ein schnelleres Ende des Ukrainekriegs hinwirken, der ja grauenhaft ist vor allem für die dortige Bevölkerung. So eine Politik könnte im Übrigen auch den Vereinigten Staaten nützen: Dann würde die russische Führung nicht so unbedingt und eindeutig in Richtung China gedrängt.“
Dass Sie damit diametral quer zur Regierungslinie und zur vorherrschenden Propaganda der Medien liegen, dürfte Ihnen egal sein. Notfalls nach dem Motto: Viel Feind, viel Ehr‘!
Wir raten: Bleiben Sie bei Ihrem Standpunkt! Wir sind nämlich ebenfalls Old School …
Frank Haun, Chef der Panzerschmiede KNDS Deutschland (vormals Krauss-Maffei Wegmann) – Sie orakeln: „[…] wir haben in Deutschland nur noch einen Bestand von rund 300 einsatzbereiten Kampfpanzern. Daher sage ich oft: Augsburg können wir damit noch verteidigen, München und Berlin dagegen nicht mehr.“
Nach allem, was man so liest und hört, dürfte Ihre Zahl reichlich aus der Luft gegriffen sein, denn die Hälfte der Bundeswehrpanzer steht vermutlich nur noch im Depot, um gegebenenfalls ausgeschlachtet zu werden, damit der kärgliche Rest fahrtauglich bleibt.
Doch davon einmal abgesehen: Wer um Himmels willen sollte bis Augsburg vorstoßen, um dort an den letzten Bundeswehrpanzern zu scheitern? Doch nicht etwa die Russen, die es in der Ukraine weder nach Kiew oder Charkiw, geschweige denn bis Odessa schaffen?
Doch halt: Als Chef eines führenden Rüstungskonzerns wissen Sie womöglich mehr: Polen? Frankreich?
Vom Potenzial her käme das hin.
Da müssen wir mal ernsthaft drüber nachdenken!
Grzegorz W. Kołodko, Professor für Wirtschaftswissenschaften und zweimaliger Ex-Finanzminister Polens – Sie haben völlig Recht mit Ihrer Einlassung: „Einer der dümmsten Sätze der Geschichte wird unreflektiert verbreitet: Wer den Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten. Nein, wenn du den Frieden willst, bereite dich auf den Frieden vor, anstatt ein Vermögen auszugeben, um dich bis an die Zähne zu bewaffnen. Diese Zähne können dir jederzeit von anderen, die sich ebenfalls bewaffnen, gezogen werden. Und heute kann bereits ein kleiner Zwischenfall zu einer großen Katastrophe führen.“
Doch da bekanntlich schon Einstein gewusst haben soll: „Die Majorität der Dummen ist unüberwindbar und für alle Zeiten gesichert.“, wird wohl leider alles beim Alten bleiben.
Zufall, der, und Notwendigkeit, die – Wenn Zufall und Notwendigkeit, das sollen philosophische Betrachtungen ergeben haben, tatsächlich in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen – die umgangssprachliche Formulierung dafür apostrophiert den Zufall als Schnittpunkt zweier Notwendigkeiten –, dann möchte man schon wissen, welche von den letzteren obwaltet haben mögen, damit Rembrandt und Walter Benjamin am gleichen Tage geboren wurden, an dem Gottfried Keller und Anton Tschechow starben (15. Juli). Und Robert Schumann, Vincent van Gogh und Erich Kästner starben ebenfalls am gleichen Tage, an dem Mikis Theodorakis das Licht der Welt erblickte (29. Juli). Wohlgemerkt – nicht an denselben Tagen, aber immerhin …
Schlagwörter: Compact, Friede, Krieg, Medien, Meinungsfreiheit, Notwendigkeit, Ostpolitik, Panzer, Ukrainekrieg, Zufall