Die Ampelregierung verschwand im Orkus. In zwei Wochen ist ein neuer Bundestag gewählt. Auf dem CDU-Parteitag am 3. Februar frohlockte Friedrich Merz: Das erste Mal, dass die Christdemokraten auf der Oppositionsbank sitzen mussten, waren es 13 Jahre (1969-82), das zweite Mal sieben Jahre (1998-2005), jetzt, das dritte Mal, nicht einmal eine Legislaturperiode. Man kann die Jahre auch andersherum lesen: Die 13 Jahre waren geprägt durch Willy Brandt und Helmut Schmidt, die die BRD in die Entspannungsphase des Kalten Krieges und die Europäische Sicherheit einfügten. Die sieben Jahre waren die Kanzlerschaft von Gerhard Schröder, der tragfähige innere Reformen durchsetzte und das Land vor einer Beteiligung an dem völkerrechtswidrigen Irak-Krieg der USA bewahrte. Jetzt das Scheitern des Olaf Scholz, dem die Schuhe seiner sozialdemokratischen Vorgänger von Anfang an viel zu groß waren, und der gegenüber den USA auf eine eigenständige Außenpolitik verzichtete.
Die Ampelregierung erklärte sich bei ihrem Antreten 2021 zu einem „Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“. Bald jedoch erwies sie sich als „schlechteste Regierung, die die Bundesrepublik je hatte“. Das sagte einst Sahra Wagenknecht, bei der CDU wurde das jetzt genüsslich wiederholt. Ressorts waren mit Ministern besetzt, denen jegliche Fachkompetenz fehlte und oft selbst die juristischen Voraussetzungen für das Regierungshandeln nicht verstanden. Es fehlte an politischem Stil, Moralpredigten und Besserwisserei sollten das politische Argument ersetzen. Das alles ist jetzt Geschichte.
Doch es bleiben Nachwirkungen. Zunächst das desaströse Heizungsgesetz, für das der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck verantwortlich ist, das aber durch Scholz abgenickt worden war. Dann die lächerliche grüne Außenpolitik von Annalena Baerbock, die Deutschland international nur blamiert hat. Die absichtlich betriebene Spaltung der deutschen Gesellschaft wird jedoch länger nachwirken – das Heizungsgesetz kann man von heute auf morgen abschaffen, an einer ernstzunehmenden Außenpolitik mittelfristig erfolgreich arbeiten; die Spaltung der Gesellschaft wirkt länger.
Hunderttausende Menschen gingen Anfang 2024 auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus und die Alternative für Deutschland (AfD), für die Verteidigung der Demokratie zu demonstrieren. Allerdings richtete sich „gegen rechts“ damals schon auch gegen die Christdemokratie. Ausgelöst wurden die Proteste durch einen Bericht des Recherchezentrums Correctiv über ein Potsdamer Treffen von Rechtsextremen aus AfD, CDU und Werteunion im November 2023. Später stellte sich heraus, dass das hauptsächlich „Fake News“ waren, die Fakten stimmten nicht, die absichtlich hergestellten Querverbindungen zur Wannsee-Konferenz der Nazis hielten einer Prüfung nicht stand. Hinzu kam, dass Correctiv erheblich durch öffentliche Mittel finanziert wird. Die Familienministerin arbeitete daran, Blockwart-Denunziationszentren einzurichten, bei denen über Vorgänge berichtet werden sollte, die zwar nicht justiziabel sind, aber die dem woken Zeitgeist widersprechen. Medien-Juristen betonten, die SPD-Grünen-Regierung hatte hier Vorfeld-Organisationen installiert, damit die Dinge tun, die der Regierung nach Recht und Gesetz verboten sind.
Nachdem sich am 16. Dezember 2024 die Mehrheit des Bundestages gegen Olaf Scholz gestellt hatte, war der Weg für Neuwahlen frei. Schaut man nun auf die Umfrage-Ergebnisse, so würden seit Wochen etwa 30 Prozent der Befragten CDU/CSU wählen, SPD und Grüne zusammengerechnet fast genauso viele, 28 oder 29 Prozent. Für die AfD sprechen sich 20-22 Prozent aus. Rechnet man die verbliebene Linkspartei und die FDP (die beide, Stand jetzt, nicht in den Bundestag kommen) mit jeweils etwa 4 Prozent hinzu, so kommt man auf ein „links-grünes“ Wählerlager von einem Drittel der Wähler, und auf ein nicht-linkes, nennen wir es „bürgerliches“ Lager von etwa 55 Prozent.
Das bedeutet, nur unter der Voraussetzung der sogenannten Brandmauer gegen die AfD kann das links-grüne Lager in der Wählerschaft um eine relative Mehrheit und Meinungsführerschaft kämpfen. In etlichen anderen EU-Ländern, wie Italien, Schweden, Finnland, nun auch Niederlande, Österreich und Belgien, haben sich die konservativen Parteien entschieden, lieber mit den Rechtsaußen-Parteien zu kooperieren oder zu koalieren, als sich von Sozialdemokraten und Grünen auch weiterhin einen nicht-bürgerlichen Kurs aufnötigen zu lassen. Insofern befindet sich Deutschland noch auf einem „Sonderweg“.
Nun ist seit Dezember 2024 eine wachsende Mehrheit der Deutschen, nach den meisten Umfragen über 70 Prozent, der Meinung, dass die Begrenzung der illegalen Zuwanderung und die Ausschaffung von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen das wichtigste innenpolitische Problem ist, noch vor Inflation, Deindustrialisierung und Renten. Angesichts dessen und der Tatsache, dass die amtierende Scholz-Regierung keine parlamentarische Mehrheit mehr hat, hat Friedrich Merz versucht, entweder die Sozialdemokraten zu zwingen, einer Veränderung der Einwanderungspolitik zuzustimmen, oder mit einer bürgerlichen Mehrheit (die keine der Absprachen ist) eine Beschlusslage zu schaffen, auf die er sich bei künftigen Koalitionsverhandlungen berufen kann. Das wurde so nicht gesagt, aber es war das offenbar politisch Gemeinte.
Der Antrag von CDU/CSU „für sichere Grenzen und das Ende der illegalen Migration“ umfasste fünf Punkte: Dauerhafte Grenzkontrollen; Zurückweisung aller Versuche illegaler Einreise; vollziehbar ausreisepflichtige Personen unmittelbar in Haft zu nehmen; die Bundesländer beim Vollzug der Ausreisepflicht mehr zu unterstützen; das Aufenthaltsrecht für Straftäter und Gefährder zu verschärfen. Dem Antrag stimmten am 29. Januar 348 Angeordnete zu (darunter 75 AfD-Abgeordnete), 344 lehnten ihn ab, 10 enthielten sich. Merz wollte dann noch eins drauflegen und brachte ein „Zustrombegrenzungsgesetz“ ein, das am 31. Januar von jetzt 338 Parlamentariern angenommen, aber von 349 Abgeordneten abgelehnt wurde. Einige der Abgeordneten hatte offenbar der bürgerliche Mumm verlassen.
Bereits bald nach der Abstimmung hatten vor dem Adenauer-Haus der CDU 9.000 Menschen „gegen rechts“ demonstriert. Der Sender Phoenix lobte, das sei die „gesellschaftliche Brandmauer“ gegen die AfD. Am 2. Februar demonstrierten in Berlin 80.000 Menschen „gegen rechts“. In anderen deutschen Städten weitere Zehntausende. Aber ändert das etwas an den wirklichen Kräfteverhältnissen? Allein in Brandenburg hatten im September 2024 fast 439.000 Menschen die AfD gewählt. Wer sich am 2. Februar in Berlin unter die Demonstranten gemischt hatte, das waren überwiegend freundlich wirkende junge Menschen, viele mit Kind und Hund. Aber: Es waren die, die in Berlin immer für oder gegen irgendetwas demonstrieren und nach Sprache und Outfit ganz bestimmt noch nie AfD oder CDU gewählt haben. Anders gesagt: Das eine politische Lager demonstriert gegen das andere.
Das Problem ist, dass die SPD nach dem Scheitern der Scholz-Regierung voll auf eine Schwarz-Weiß- oder Gut-Böse-Dichothomie setzt. Man verweigerte eine Abstimmung mit der CDU über einen geänderten Gesetzestext, heuchelte, dies nicht getan zu haben, und schwafelte dann im Bundestag von „Sündenfall“ und „Tor zur Hölle“. Der Kampf „gegen rechts“ soll aus Sicht der SPD die völlige Inhaltsleere ihres politischen Programms kaschieren. Das hatte sich im Januar 2024 mit den Demos nach den „Fake News“ von Correctiv bereits angedeutet, wurde jetzt aber zur Hauptlinie des Wahlkampfes gemacht. Man hat mit Scholz im Grunde nichts mehr anzubieten.
In den sozialen Medien wurde erklärt: „Keine Zusammenarbeit mit Nazis. Seit 1863.“ Ja, 1863 wurde der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein unter Ferdinand Lassalle, ein Vorläufer der SPD, gegründet. Aber welche Nazis gab es damals? Da war Bismarck noch nicht einmal Reichskanzler.
Schlagwörter: „bürgerliches“ Lager, AfD, Bundestagswahl, CDU, Olaf Scholz, SPD, Waldemar Landsberger