Von Donald Trump mag man halten, was man will, aber was diesen undiplomatischen Menschen von seinem politisch „korrekten“ Amtsvorgänger Joe Biden unterscheidet, ist der aufrichtige Vorsatz, nach jahrzehntelangen Fehlentwicklungen eine grundlegende Kurskorrektur vorzunehmen. Das gilt insbesondere für den absurden Eskalationskurs der Militaristen von NATO und Militärisch-industriellem Komplex (MIC) – Bis zu Trumps Amtseinführung Mitte Januar gilt es jedoch noch ein sehr gefährliches Zeitfenster zu überbrücken.
Dies hat die Biden-Regierung mit ihren jüngsten Initiativen unterstrichen. Erstens wurden Mittelstreckenraketen für den Einsatz weit ins russische Territorium freigegeben, zweitens Menschen verstümmelnde Landminen geliefert und drittens noch eine Empfehlung ausgesprochen. Nachdem schon Hunderttausende Soldaten der Verteidigung der Ukraine geopfert worden sind, sollte dort nach Bidens menschenverachtender Ansicht die Altersgrenze für den Ruf an die Front von 25 auf 18 Jahre herabgesetzt werden. Diese „weise“ Empfehlung eines alten Mannes, der sein Leben weitgehend hinter sich hat, ist zutiefst unmoralisch. Junge Menschen für Ziele um ihr Leben zu betrügen, die sich friedlich erreichen lassen, entspringt derselben empathiefreien Mentalität wie sie Autokraten vergangener Zeiten an den Tag gelegt haben, die in Ausübung ihrer Macht schon immer bedenkenlos Menschen geopfert haben.
Um die überfällige Abkehr vom militaristischen Irrweg zu einer endgültigen zu machen, gilt es, einige Lehren aus der fernen und nahen Vergangenheit tief im politischen Bewusstsein der Bürger zu verankern.
Auch unsere steinzeitlichen Vorfahren haben bereits Kriege gegeneinander geführt. Doch standen diese hinsichtlich der Brutalität weit hinter dem Gemetzel zurück, das uns die Zivilisation mittlerweile eingetragen hat. Auf die früheren Verhältnisse kann man anhand von Beobachtungen an noch heute oder bis vor kurzem als Jäger und Sammler lebenden Stammeskulturen schließen, unter anderen an Pygmäen Innerafrikas, Buschleuten im südlichen Afrika und Indios im Amazonasgebiet.
Hinter dem zunehmend ausufernden Militarismus läßt sich unschwer der Faktor Macht ausfindig machen. Indem Macht zur Selbstverstärkung tendiert, sind schon früh autokratisch regierte Reiche entstanden, die auf Kosten schwächerer Nachbarn expandierten. Wie ein Blick in die Geschichte zeigt und heutige Politik bestätigt, waren in diesem Monopolyspiel der Herrschenden eher die intriganten und rücksichtslosen Egozentriker im Vorteil als gerechte Idealisten. Die Interessen der Bürger gerieten darüber weitgehend ins Abseits – und ebenso freiheitsliebende Menschen. Dieses traurige Resultat würde den Menschen bewußt sein, wenn sie ehrlich zu sich selbst wären. Dann würden sie erkennen, dass nur eine Minderheit ihrer Mitmenschen zum authentisch freien und fairen Charaktertypus gehört, der nicht von anderen bevormundet werden möchte und auch keine Ambitionen entfaltet, andere zu bevormunden oder zu übervorteilen.
Die Mehrheit machen dagegen diejenigen aus, die in untergebener Position kuschen und jede noch so abwegige (auch grausame) Anweisung von oben unkritisch befolgen – in übergeordneter Position aber autoritäre Züge annehmen und berechtigten Widerspruch ignorant abbügeln. Diese Bilanz zeigt, dass sich die Menschheit auf einem desaströs falschen Entwicklungsweg befindet.
Die Entstehung der freiheitlichen USA mit der Unabhängigkeitserklärung von 1776 hatte die riesige Chance geboten, diesen Kurs nachhaltig zu korrigieren. Denn das freiheitlich-demokratische Konzept mit seiner damals noch fairen Marktwirtschaft machte das Land im Verlaufe des 19. Jahrhunderts zu einer wirtschaftlichen und damit automatisch auch militärischen Supermacht. Europäische und einige asiatische Länder folgten dem Beispiel Eine friedlich wachsende Wertegemeinschaft mit globaler Integrationskraft zeichnete sich ab.
Doch spätestens seit der Präsidentschaft William McKinleys haben sich die Vereinigten Staaten von diesem Kurs eines erfolgreichen Vorbildes auf den eines erfolglosen militaristischen Weltpolizisten fehlleiten lassen. Nach zwei Weltkriegen – richtiger Bruderkriegen innerhalb der europäisch geprägten Zivilisation – und mitten im desaströsen Vietnamkrieg sah sich Präsident Dwight D. Eisenhower bei seiner Abschiedsrede im Januar 1961 zu einer sehr ernsten Warnung veranlasst. Diese Warnung galt dem rasch wachsenden Einfluss des MIC, des Militärisch-Industriellen Komplexes aus hochrangigen Vertretern aus Militär, Rüstungsindustrie und Politik.
Doch im Ambiente vergesslicher Bürger, unkritischer Medien und ebensolcher Politiker konnte sich der MIC zu einem nur oberflächlich kontrollierten Staat im Staate weiterentwickeln. Dieser hat im Vietnamkrieg erstmals die Vollversion eines absurden Kurses der Selbstzerstörung einer Supermacht zu maximalen Kosten für die Staatskasse inszeniert. Die Niederlage war nach 20 Jahren verschlepptem Einsatz mit halber Kraft vorprogrammiert und hat die Reputation der Supermacht schwer angeschlagen. Dabei wäre es mit einem kurzen, harten Schlag nach der Regel Niccolo Machiavellis leicht möglich gewesen, dem Spuk binnen einiger Monate ein siegreiches Ende zu setzen – mit 90 Prozent weniger Opfern und 90 Prozent weniger Kosten.
Nachweislich hätte auch der Afghanistaneinsatz bereits im Dezember 2001 siegreich beendet werden können – aber das wollte die Regierung George W. Bush nicht.
Stattdessen erfuhr die aus Sicht der Rüstungsindustrie bereits in Vietnam bewährte Strategie eines halbherzig geführten, endlos verschleppten Krieges in Afghanistan eine Neuauflage. Nach ebenfalls 20 Jahren unzureichendem Militäreinsatzes sowie dilettantischer und ineffizienter Bemühungen um eine Demokratisierung des Landes schloss auch dieses Abenteuer mit einem Debakel. Die mit einem besonders blamablen Abzug des CIA-geführten Militärs im August 2021 besiegelte Niederlage unter Bidens Präsidentschaft war der Höhepunkt einer unaufrichtigen Politik gegenüber dem islamischen Kulturraum.
Zwischen inkonsistenter Terrorbekämpfung, Unterstützung angeblich befreundeter Extremisten und stets im Fokus gehaltener Hilfe für notleidende Zivilisten läuft diese Pseudopolitik auf ein unterwürfiges Appeasement eines eigentlich überlegenen Kulturraumes gegenüber einem schwächeren hinaus.
Das wäre nicht einmal das fundamentale Problem, wenn sich der Islam zu einer fairen, demokratie- und freiheitskompatiblen Religion entwickelt hätte. Doch westliches Appeasement hat es ihm gestattet, sich stattdessen zu einer stark autokratisch orientierten, nicht rechtsstaatskonformen politischen Ideologie zu verhärten. Diese bedroht die Zukunft der freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie unter anderen mit Scharia und „moralisch“ gerechtfertigtem Terror – viel stärker als es der Leninismus je getan hat.
Joe Biden wusste aber auch an die zweite Seite des Selbstmordkurses anzuknüpfen, auf den die westlichen Nationen von den MIC-Militaristen schon seit über 100 Jahren geführt werden. Diese Seite steht in der Tradition beider vergangener Weltkriege und der Russischen Oktoberrevolution. In diesen innerhalb der europäischen Zivilisation geführten Kriegen war im scharfen Kontrast zu Vietnam und Afghanistan nicht halbherzige Zurückhaltung, sondern der gnadenlose Einsatz der kompletten Zerstörungskapazität angesagt.
Dass der Ukrainekrieg ganz in diesem Sinne das Potenzial zur Selbstzerstörung der europäisch geprägten Zivilisation hat, ist mit dem nüchternen Verstand leicht zu begreifen. – Doch die weiterhin unkritischen Medien des Mainstreams sind auch für diese Gefahr blind. Speziell haben sie nicht wie angemessen vor dem Eskalationskurs Bidens und seiner militaristischen Gesinnungsgenossen gewarnt. Gleichauf mit den Briten, die bereits kurz vor der russischen Invasion im Februar 2022 zusätzliche Waffen in die Ukraine geliefert haben und später auch mit den ersten Marschflugkörpern und DU-Geschossen den anderen europäischen NATO-Ländern vorausgeeilt sind, hat die US-Regierung mit ihrer Splittermunition einer neuen Dimension des Gemetzels den Weg geebnet. Ein strategischer Vorteil konnte sich nicht ergeben, da Russland solche Waffen für den Eskalationsfall ebenfalls im Depot hat.
Die infolge unzureichender demokratischer Kontrolle übermächtig gewordenen MIC-Militaristen haben es im Laufe der Nachkriegsjahrzehnte fertiggebracht, Millionen von Menschenleben für das Resultat zu opfern, das Überleben dieser Zivilisation und ihrer freiheitlichen Demokratie massiv zu gefährden – höchste Zeit, Lehren zu ziehen.
Christian Hamann, bis zur Pensionierung Gymnasiallehrer, lebt abwechselnd in Deutschland und Südamerika, schreibt auf seiner Webseite regelmäßig einen Blog.
Schlagwörter: Christian Hamann, Joe Biden, Krieg, Militärisch-industrieller Komplex, Militarismus